Abstract
1. Einleitung, Übersicht
2. Das Pyramidale Buch: Wissensnavigation als "moderne Kunst der Perspektive"
3. Die Neuronale Resonanz (NR)
4. Meta-Morphologie: Neue Perspektiven des Wissens
5. Neuronal Resonance und Multimedia-Technologie
6. Die Pyramide und die neue Kunst der Perspektive
7. Appendix
8. Literatur
Die neue Kunst der Perspektive:
Das Pyramidale Buch, die Neuronale Resonanz,
und
die Meta Pattern Machines
Abstract
Die Erkenntnisse der Neurowissenschaften stellen uns die
Herausforderung zur Interpretation "geistiger" und kultureller Leistungen im
Paradigma neuronaler Systeme: "die Austreibung des Geistes aus den
Geisteswissenschaften", wie Friedrich Kittler es nennt. Damit werden uns auch
die Möglichkeiten umfassender neuer Perspektiven geboten, über die
Rolle des "Menschen im Kosmos", über die Geschichte der Menschheit in ihrer
Einbettung in der Biosphäre des Planeten, und ihre Verbindung zur
protokulturellen Evolution organismischer Netzwerke, die schon seit Beginn des
Lebens vor 4 Milliarden Jahren ihre entscheidende Rolle in der Evolution
spielten.
U
nd es eröffnen sich Perspektiven auf
eine mögliche Nachfolge der menschlichen Intelligenz, des
Transhumanismus, an dessen Schwelle wir heute mit dem Bau von
intelligenten Maschinen, und genetisch optimierten Organismen, stehen. Die
thermodynamisch getriebene Evolution der Biosphäre, die seit 4 Milliarden
Jahren ihren unaufhaltsamen Fortgang nimmt, ist von keinem finalen Motiv
gebunden, gerade bei der Spezies Homo sapiens sapiens plötzlich Halt zu
machen. Unter dem neuronalen Paradigma lassen sich die weitreichenden Kultur-
und Kunst-historischen und geistesgeschichtlichen Ansätze von Warburg
(Mnemosyne) und Cassirer (Philosophie der symbolischen Formen) zu einer
Meta-Morphologie
[1] weiterentwickeln (nach
Goethe, Spengler und G. Bateson), die im Anschluß an die frühere
Denktradition des Humanismus neue Ansätze für einen philosophischen
Transhumanismus bieten.
[2]
Der folgende Vortrag / Artikel gibt eine Einführung und
Überblick neuerer Vorstellungen zur neuronalen Infrastruktur kultureller
Leistungen,
[3] und stellt den Begriff des
Neuronal Pattern Processors,
[4] der
Neuronalen Resonanz (NR),
[5] und das
theoretische Modell der
Metapattern Machine
vor.
[6] Basierend auf der Theorie der
Metapatterns wird ein allgemeiner Wissensbegriff
formuliert,
[7] der eine Kontinuität mit den
Pattern Transmissions der Biosphäre
aufweist.
[8] Weiterhin werden Anwendungen der NR
zur Konzeption neuer Formen von Multimedia-Systemen
skizziert.
[9] Der Vortrag / Artikel liegt auch in
HTML-Version als
Pyramidales Buch implementiert
vor.
[10] Dies ist eine vom Autor entwickelte
Design-Methode zur Implementation der
Wissensnavigation in
Hypermediasystemen, die von den
allgemeinen Grundsätzen der
Perspektive
[11] abgeleitet ist und auf den
Prinzipien der NR aufbaut.
1. Einleitung, Übersicht
Die letzten 50 Jahre sind der weltgeschichtliche Schauplatz
mehrerer wissenschaftlich- / technischer Entwicklungen, die unabhängig
voneinander und parallel laufend begonnen haben, nun aber zusehends
konvergieren, und in dieser Konvergenz Synergie-Effekte zeigen, die alle
Maßstäbe linearer Planbarkeit und Berechenbarkeit, damit auch der
Beherrschbarkeit sprengen:
1) Die Computerisierung, die sich heute im Zusammenwachsen mit
der Telekommunikation zum Hypermedia- und Internet-Komplex formiert
hat.
2) Die Micro- und Nano-Miniaturisierung, die seit den 70ern
mit den Computer-Microprozessoren begonnen hat, heute aber vor allem ihre
Auswirkungen im Bereich der Biotechnologien hat.
3) Die Gentechnologie, nach Entdeckung des DNS / RNS
Mechanismus durch Crick und Watson in den 50ern, die von der Micro- und
Computer-Technologie entscheidende Hilfe bekommen hat, die Komplexität
ihres Forschungsfeldes zu beherrschen.
4) Die Neurowissenschaften, die sowohl von den Fortschritten
der Mikrominiaturisierung der Biowissenschaften profitierte, als auch in
fruchtbarer gegenseitiger Stimulation mit den Forschungen der
Computer-Kognitionswissenschaften (AI) etc. steht.
Wir behandeln im Folgenden den Konvergenz-Effekt von
Hypermedia-Technologie und Neurowissenschaft, und erläutern den neuen
Begriff der
Neuronalen Resonanz (abgekürzt
NR).
[12] Die NR ist, von der Neuronalen Seite
gesehen, die
Substruktur aller
Kommunikationsvorgänge,
[13] das
"
Material" der
Semiosphäre.
[14] Die optische
Metapher unserer Begriffsweise wird geleitet von dem
allgemeinen Begriff
der
Perspektive, oder in Deutsch:
Des
Durchblicks.
[15] Wir werden eine wertvolle
Faustformel der Wissensnavigation kennenlernen:
Durchblick ist Überblick und Einblick im rechten
Augenblick.
[16]
Wir werden in einem
Rückblick auf die letzten 5
Mio Jahre anthropoider Geschichte die subtilen Verbindungen aufdecken, zwischen
den Leistungen unseres neuronalen Computers beim zielgenauen Werfen von
Gegenständen auf bewegliche Objekte, und unseren Fähigkeiten zur
Syn-Ballisation (=Symbolisation).
[17] Weiterhin
werden wir die neuronale Basis unserer Zeitvorstellung kennenlernen, die in dem
so
treffenden deutschen Wort des
Augen-Blicks unübersetzbar
eingekapselt ist.
[18] Wir werden eines der
Ur-Ältesten Symbole von
Hierarchie und Skalierung kennenlernen, die
Pyramide, die in der Implementation des
Pyramidalen Buches faßbare
Form angenommen hat,
[19] und die in dem global
verbreiteten Symbol auf der US-Ein-Dollar Note, dem
Auge auf der
Pyramide,
[20] ihre
syn-bolische
[21] Wirkung ausübt.
Das
Auge auf der Pyramide charakterisiert die stets wachende, und
wachsame, Intelligenz, und den entscheidenden, kritischen
Augen-Blick,
den
Kairos, wie er in Altgriechenland genannt
wurde.
[22]
Der
Augen-Blick symbolisiert die essentielle
Zeitkomponente jeder Form von Wissensorganisation, insbesondere heutiger
Hypermedia-Technologie. Da Zeit die kostbarste Ressource der heutigen westlichen
post-industriellen Menschheit ist, und dies trifft besonders auf
Entscheidungsträger zu, ist Wissen nur dann hilfreich, wenn es rechtzeitig
für Handlungen verfügbar ist.
[23] Die
Zeit ist auch das essentielle Element der Dynamisierung des Wissensbegriffs, des
Prozesswissens.
[24] Basierend auf der
Theorie der Metapatterns wird eine neue Form mathematischer Denkweise skizziert,
die auf dem Pattern-Paradigma aufbaut, und die von Spengler schon vor 80 Jahren
visionär vorgezeichnet wurde.
[25] Der
Zusammenhang aller Formen von Vererbung, Gedächtnis, und Wissen, wird in
der "globalen kosmischen Perspektive der Pattern Transmission Classes"
dargestellt, wiederum in einem
Pyramidenmotiv.
[26]
Nach diesen allgemeinen, theoretischen Überlegungen zum
Wissen und seinen Darstellungsformen, folgt eine Diskussion, über
mögliche Anwendungen der NR im Design von
Hyperimedia-Technologie,
[27] und die besondere
sozio-politische Situation der SW-Industrie, die ja für die Installation
der Hyperimedia-Technologie als gesellschaftliche Infrastruktur zu sorgen hat,
und es werden einige problematische Aspekte dieser Situation
behandelt.
[28] Den Abschluß bildet die
Diskussion eines neuartigen vom Autor entwickelten SW-Design-Prinzips: Dem
Software-"Lego"-System LPL.
[29]
2. Das Pyramidale Buch: Wissensnavigation als "moderne Kunst der Perspektive"
Das
Pyramidale
Buch
[30]
ist eine
Design-Methode zur Implementation der
Wissensnavigation in
Hypermediasystemen, die von allgemeinen Grundsätzen der
Perspektive abgeleitet und weiterentwickelt ist, und die insbesondere die
dynamischen Faktoren heutiger MM-Systeme berücksichtigt.
Die
Pyramide wird im vorliegenden Kontext als
Design-Metapher verwendet, also als bildliche Darstellung der
verschiedenen verwendeten Prinzipien. Die Zusammenhänge mit einem
neu
formulierten, allgemeinen Begriff der Perspektive sollen in dem Abschnitt:
"Die neue Kunst der Perspektive" weiter erläutert
werden.
[31] Die
Pyramide ist ein uraltes
Menschheitssymbol hierarchischer Systeme, und eignet sich damit gut zur
Darstellung der Anforderungen und Notwendigkeiten des Designs von
Wissensnavigation in
Hypermediasystemen,
[32] die ja (multi-)
hierarchische Text- und Medien- Verbindungs-Strukturen darstellen. Sie bietet
eine geeignete Visualisation der immer breiter werdenden Datenbasis, mit der wir
konfrontiert werden, je tiefer wir in die Details einsteigen, etwa im Fan-Out
der Hypertext-Links. Weiterhin eignet sie sich auch als Metapher für
subtilere Aspekte der Wissensnavigation, wie etwa der Dynamik, und der
menschlichen
Aufmerksamkeits- und
Gedächtnisfaktoren. Die
Verbindung zwischen der
Pyramide und der
Perspektive in der
Wissensnavigation von
Hypermediasystemen, ist leicht zu erkennen:
Der Benutzer ist immer an der Spitze der Hierarchie der
Darstellungsvorgänge, und befindet sich somit in dem virtuellen
Perspektiven-Schnittpunkt des Systems.
Die besondere Möglichkeit des
Pyramidalen Buches,
wie hier implementiert, ist die transparente Darstellung sowohl im Drucktext,
wie auch im Hypertext, was die Vorteile beider Medien verbindet. Ebenfalls eine
besondere hier implementierte Möglichkeit ist die multi-perspektivische
Darstellung. D.h. auf die Metapher der Pyramide angewandt: Es erlaubt
"mehrdimensionale" Pyramiden mit
mehreren Spitzen und
einem
Hauptkörper. Denn es hat sich in der Hypertext-Praxis gezeigt,
daß die
Wissensnavigation in Hypermediasystemen nicht
funktioniert, wenn sie in WWW-Manier (World Wide Spaghetti
Bowl)
[33] implementiert ist. Das System
muß eine systematische Struktur von multihierarchischen Zugangspfaden
bieten, die untereinander wiederum in systematischer Verbindung stehen. Das
bedeutet letztlich, daß eine Meta-Hierarchie benötigt wird, in der
alle anderen Hierarchien eingebettet sind. Die Pyramide bietet sich aus diesen
Gründen als geeignete Design-Metapher an.
2.1. Das kritische Verhältnis von
Überblick und Einblick
Ein Hauptthema des Designs der Wissensdarstellung und
-Vermittlung ist das Verhältnis von Überblick und
Einblick. Mit einer kurzen Formel können wir sagen:
Durchblick ergibt sich aus der richtigen Mischung
von Überblick und Einblick
Das deutsche Wort
Durchblick übersetzt sich
auf Lateinisch mit
Perspektive, und so können wir
multimediale
Wissensnavigation als eine "
moderne Kunst der
Perspektive" bezeichnen. Sie können sich vorstellen, daß
hinter dieser Faustformel tiefgreifende Infrastruktur-Problematiken des Wissens
und seiner Darstellung stehen, und daß es möglicherweise eine
entscheidende Zukunftsfrage für uns sein wird, wie Wissensnavigation in den
neuen Hypermedia installiert werden wird, wie leicht und praktisch, und wie
offen und zugänglich sie sein wird. An praktikablen Lösungen wird
überall gearbeitet, ich erinnere nur an das bekannte "Information Seeking
Mantra" von Ben Shneiderman:
[34] "Overview
first, zoom and filter, then details on demand". Hier wird das prekäre
Verhältnis von
Überblick und
Einblick
unter Berücksichtigung des Einsatzes multimedialer Mittel angesprochen. In
der Wissensnavigation versucht man, sich zuerst
Überblicke zu
schaffen, und relevantes Material dann möglichst effizient zum genaueren
Einblick darzubieten.
2.2. Der Computer als Camera
Obscura
Eine entscheidende Beschränkung in unserem Unterfangen,
möglichst weite Überblicke zu erhalten, ist ein Problem
der verfügbaren Computertechnologie: die minimale Darstellungsfläche
eines Bildschirms. Wir haben, um in Analogie zur alten optischen Technologie zu
sprechen, auf heutigen Computern nur ein winziges Guckloch zur Verfügung,
vergleichbar mit einer Camera Obscura, das uns vielleicht
Einblicke erlaubt, aber für breite, panoramische
Überblicke, also das, was wir umgangssprachlich mit
Perspektive verbinden, denkbar ungeeignet ist.
2.3. Durchblick ist Überblick und
Einblick im rechten Augenblick
Eine witere essentielle Komponente des
Durchblicks ist der
Augenblick, d.h. die
Zeitkomponente.
[35] Es ist von
entscheidender Wichtigkeit, wie schnell wir auf die verschiedenen Ebenen
zugreifen, und zwischen ihnen navigieren können, und natürlich, wie
schnell wir das gebotene Material aufnehmen und verstehen können. Darum
läßt sich unsere Faustformel unter Zusatz der Zeitkomponente so
fassen:
Durchblick ergibt sich aus der optimalen
Abstimmung von Überblick und Einblick im kritischen
Augenblick
Zeit ist heute die knappste und wertvollste Ressource
der westlichen post-industriellen Welt, und die knappe Stunde für einen
Vortrag (oder ca. 20 Seiten für einen Übersichtsartikel) wie diesen
reicht bei weitem nicht aus, um alle Zusammenhänge ausführlich zu
erläutern. Damit kann ich Ihnen lediglich einen groben
Überblick
vermitteln. Aber wenn ich damit erfolgreich bin, und Ihr Interesse
wecke, dann muß ich Sie enttäuscht zurücklassen, denn zum
wirklichen
Durchblick fehlt der genauere
Einblick.
Um die Möglichkeit zu bieten, das Material des Vortrags zu vertiefen, habe
ich es in dem
Pyramidalen Buch dargestellt. Dieses Prinzip erlaubt eine
bicompatible Darstellung eines Textes, sowohl in Papier-, also auch
HTML-Version, in der die Fußnoten und Hypertextverweise automatisch in
Hyper-Links auf die Memosys Website umgewandelt
werden.
[36]
Auf der Memosys Website liegen im WWW einige Megabytes Text,
die mit dem vorliegenden Thema zu tun haben, und dazu viele verschiedene
Einblicke geben, in vielen verschiedenen
Facetten, und aus vielen
verschiedenen
Blickwinkeln.
[37] Sie ist
der Erinnerung an die
Mnaemosynae, dem Lebenswerk von Aby Warburg, und
der Verwirklichung der "
Technological Ars Memoriae"
gewidmet.
[38]
Bei der Masse der Texte auf der Website tritt ein bekanntes
Problem auf: Das "
Lost in Hyperspace". Ganz ohne den
"
hand-holding-effect", also die Einführung und Einleitung durch
einen menschlichen Lotsen geht es wohl doch nicht. Das möchte ich Ihnen mit
dem Vortrag geben: So etwas wie eine
master navigation chart, eine
Darstellung der wichtigsten
topographischen Gegebenheiten, oder, wie ich
es mit einem anderen Begriff nenne:
The Architectonics and Tensegrity
Structures of Hypertext Node Networks.
[39]
2.5. The Architectonics and Tensegrity
Structures of Hypertext Node Networks
Tensegrity, eine Abkürzung für
Tensional Integrity, wurde von Buckminster Fuller als
Designprinzip für die Architektur freitragender Gebäude entwickelt. In
der Architektur wird die optimale Balance der Faktoren von Materialstärke
und Flexibilität mit den Belastungen der Schwerkraft und der Elemente
angestrebt. Die Tensional Integrity des
Informationsdesigns überträgt diese Prinzipien auf die
Spannungsparameter der menschlichen Aufmerksamkeit, der Aufnahmefähigkeit,
und des Gedächtnisses (bzw. Vergessens), sowie der
Unterstützungs- und Ballastfaktoren der technischen
Hilfsmittel.
Die
Pyramide ist gleichfalls auch ein Symbol für
die ungeheure Masse und Tiefe des menschlichen Wissens, das wir uns in den
vergangenen Jahrtausenden angehäuft haben.
Die Schrift stellt
nämlich einen erheblichen Ballastfaktor des Wissens
dar,
[40] wie auch Platon schon vor 2500
Jahren in Phaidros vorausgesagt hatte, und wir bekommen heute "das dicke Ende"
der Entwicklung mit ihrem vollen
Revenge-Effekt zu
spüren.
[41] Die in allen Bibliotheken und
Archiven gelagerte ungeheure Zahl von Büchern und anderen Schriftwerken
erzeugt eher
das Gegenteil von Wissen: nämlich den
"Nadel-im-Heuhaufen-Effekt": Das Material existiert zwar irgendwo in einer
Bibliothek, in irgendeinem Konferenzband, aber es ist in vielen Fällen
praktisch unmöglich geworden, es auch zu finden, und wenn es gefunden wird,
ist es aussichtslos, es alles lesen zu
wollen.
[42] Damit können wir feststellen,
daß
die Architektonik des menschlichen Wissens seit ca. 100 Jahren
in eine bedenkliche Schieflage geraten ist.
3. Die Neuronale Resonanz (NR)
In diesem Abschnitt soll der Zentralbegriff der
Neuronalen Resonanz (NR) erläutert werden. NR ist, allgemein
gesprochen, eine Dynamik- und Zeit-orientierte Darstellung der neuronalen
Prozesse in und zwischen Organismen. Die ursprüngliche physikalische
Bedeutung des Wortes
Resonanz meint das passive (Mit-) Schwingen
elastischer Materialien bei Einwirkung eines
Schall-Ereignisses.
[43] Bei Organismen ist
natürlich eine aktive Reaktion auf äußere Einwirkungen gegeben,
also müßte man korrekter von
Schwingungsmustern in Systemen von
gekoppelten Oszillatoren mit wechselseitiger Erregung
sprechen. Dies ist aber eine recht unhandliche Formulierung, und deshalb bleibt
NR als Terminus Technicus.
[44]
3.1. Die Neuronale Infrastruktur
Die Prozesse unserer Neuronalen Infrastruktur basieren auf
Pulsfrequenzen der elektrischen neuronalen Aktionspotentiale. Das Gehirn
befindet sich in ständiger neuronaler Aktivität, und seine Struktur,
die synaptischen Verbindungen seiner Neuronen untereinander, ist in
ständiger Veränderung. Während die Welt des Erlebens ihre
charakteristischen sinnlichen Qualitäten (Qualia) aufweist, ist die
Arbeitsweise des neuronalen Systems digital, die oben genannten Pulsfrequenzen
der Aktionspotentiale. Über große Gehirnareale visualisiert, bilden
diese Potentiale charakteristische Aktivationsmuster, bestehend aus
Oszillationsfeldern und logischen
Relations-Strukturen von
Neuronalen Assemblies, die formal als gekoppelte dynamische Systeme und
Neuronale Attraktoren behandelt werden, und deren Funktion durch ihre
Raum-Zeit-Dynamik bestimmt
ist.
[45]
Damit ist das
Raum-Zeit-Pattern auch die "Infrastruktur" der neuronalen
Prozesse in unseren Gehirnen,
unterhalb, und einige Millisekunden
bevor sie in unserem Normalbewußtsein als
Phänomene und
Noumena (Denk-Dinge)
erscheinen.
[46]
3.2. NR und die Kommunikation der
Organismen
Wenn Organismen in Kommunikation stehen, stehen ihre
Nervensysteme in einem wechselseitigen Stimulationsprozess. Wenn man die
neuronalen Potentiale während eines solchen Kommunikationsprozesses
mißt, kann man eine Frequenz-Synchronisation feststellen. In Analogie zu
klanglichen Phänomenen läßt sich daher
Kommunikation als
ein
neuronales Resonanz-Phänomen auffassen. Es lassen sich
Einschwing- und Ausschwing-Phasen und
Periodizitäten, also
Rhythmen,
feststellen.
[47]
Dieses Grundprinzip aller Kommunikation wird hier die
Neuronale Resonanz
NR genannt.
[48]
Je komplexer das Nervensystem der Tiere ist, desto flexibler
werden ihre Verhaltensmuster. Bei niederen Tieren ist das Verhalten weitgehend
genetisch programmiert. Seit Ende der Saurierzeit vor ca. 50 Mio Jahren,
verbreiteten sich Vögel und Säugetiere über die Erde. Bei ihnen
kann man erstmals von transgenerationaler Übertragung von
ontogenetischen Verhaltensmusterkomlexen über NR sprechen, also
zwischen der Eltern-Generation und den Jungen, wesentlich über die
Brutpflege, oder über
Herdenverhalten.
[49]
Ein Haupteffekt der NR ist in der Biologie auch als
Prägung bekannt,
mit der sich Jungtiere an die Verhaltensmuster ihrer Eltern oder älterer
Herdenmitglieder anpassen.
[50] Dies ist der
Mechanismus der
Transmission ontogenetischer Muster unabhängig und
parallel zur genetischen
Transmission.
[51]
Menschliche Kultur entstand auf der Basis der
Neuronalen Resonanz. Von
allen Tieren unterschieden und spezifisch menschlich sind die
Transmissionsformen, die mit
Symbolik und
Sprache, und
abstrakten Formalsystemen in Verbindung
stehen.
[52]
Es ist aber
zu betonen, daß die beim Menschen hinzukommenden Faktoren keine neuen
Funktionsweisen der Neuronen sind, sondern ihre Organisation, Komplexität
der Verschaltung, und ihre Anzahl.
3.3. NR: die unbewußte
Hintergrund-Hülle der Kommunikation
NR-Effekte sind uns allen wohlbekannt und geläufig, wenn
auch nicht unter diesem Namen. Die NR umgibt uns omnipräsent, so wie der
Fisch vom Wasser umgeben ist.
[53] NR ist die
unbewußte Hintergrund-Hülle aller Kommunikation, und es ist auch das
Prinzip, nach dem alle unsere motorischen Fähigkeiten installiert werden.
Vor allem unsere Kids kennen die hypnotischen Effekte der Computer-Ballerspiele
mit den Split-Second-Reaktionszyklen, und sie sind nicht selten süchtig
darauf. Die profitmaximierende Industrie hat tausenderlei solcher NR-Effekte in
die Computerspiele, und die Spielcasino-Automaten eingebaut, um über den
Nervenkitzel, und die endorphinen Reaktionen der Spieler, ihren Verdienst zu
maximieren. Gleichfalls finden wir intensive Verwendung von NR-Effekten in
vielen Arten von realem Kriegsgerät des Militärs. Hier wie dort wird
nicht gerne an die große Glocke gehängt, was das Geheimnis ihres
Einsatzes ist. Denn hier entscheidet man damit die Kriege, dort erkämpft
man sich damit die Marktanteile. Sehen wir uns weiter um, so ist die Werbung
ebenfalls ein dankbarer Anwender von NR-Effekten. In der Kunsttheorie nennen wir
es auch
Empathische Projektion,
Induktion oder
Evokation.
NR ist ein Teilbereich dessen, was in einer früheren
Epoche als
psychae bekannt war, nach Aristoteles
das Prinzip der
Bewegung, das allem Lebendigen
innewohnt.
[54] Im nachfolgenden christlichen
Zeitalter verlor sich aber dieser Zusammenhang, und die heutige Bedeutung von
"Seele" entspricht nicht mehr der antiken Vorstellung. Durch die christliche
Verbindung von
Unsterblichkeit mit dem Seelenbegriff ist eine
Verschiebung auf das Zeitlose, und statische, unwandelbare Aspekte,
eingetreten.
3.4. Ein Gedankenexperiment zur NR
Kommunikation
NR Kommunikation ist in der Psychologie als
Gestik,
Mimik, und
Körpersprache bekannt. Um eine bessere Vorstellung
von der NR zu bekommen, möchte ich Sie bitten, mit mir ein
Gedankenexperiment zu machen. Stellen Sie sich vor, Sie sind Anthropologe und
Sie besuchen für einige Monate einen bisher völlig unbekannten fremden
Stamm, und Sie verstehen gegenseitig kein Wort der anderen Sprache. Während
Sie mit diesem Stamm leben, werden Sie Experte für NR Kommunikation. Da Sie
nicht wissen,
WAS die Menschen sprechen, hören und sehen Sie umso
genauer hin,
WIE sie sprechen, gestikulieren, was sie mit ihrer
Körpersprache ausdrücken, und Sie erfahren, wieviel Kommunikation
stattfindet, bevor, und neben den Worten.
[55]
Wir stellen fest, das jeder von uns einmal ein solcher Anthropologe war, denn
als Babies kommen wir in genau eine solche Welt eines völlig unbekannten
fremden Stammes. Und auf Basis der NR lernen wir sehr schnell, in etwa einem
Jahr, die Grundelemente ihrer Sprache. Wir kommunizieren unser ganzes Leben
weiterhin unaufhörlich auf der NR-Ebene, aber diese Effekte sind
größtenteils so tief in unsere automatischen Reflexe eingegangen,
daß wir fast vollständig die bewußte Erfahrung davon verloren
haben.
[56]
3.5. NR und der Antagonismus von
Intellekt und Charisma
NR-Effekte sind also überall verbreitet, nur in einem
gesellschaftlichen Bereich sind sie unterrepräsentiert: der Wissenschaft,
und der Forschung, sowie den daran angegliederten Ausbildungs-Sektoren,
allgemeiner gesprochen, in den intellektuellen Subkulturen. Dies ist die
tragischer Aspekt unserer 5000-jährigen Schriftkultur. Ludwig Klages hat in
seinem umfangreichen Werk "Der Geist als Widersacher der Seele" eine Analyse
versucht,
[57] aber er hat m.E. die wesentlichen
Faktoren falsch interpretiert. Ich möchte das unter dem NR-Paradigma neu
formulieren. Der korrektere Titel wäre: "Der Antagonismus von Intellekt und
Charisma". Wir nennen Menschen, die eine besondere Begabung haben, über
NR-Kommunikation ihre Mitmenschen zu beeinflussen,
charismatisch. In den
letzten Jahrtausenden hat es eine gravierende Auseinanderentwicklung zweier
Subkulturen gegeben, die man in Variation des C.P. Snow'schen Themas
"Intellektuell" und "Charismatisch", bzw. "Introvertiert" und "Extrovertiert"
nennen kann.
[58] Menschen mit Charisma werden
in ihrer beruflichen Laufbahn bevorzugt Politiker, Soldaten,
Mannschafts-Sportler, Schauspieler, oder gehen in ähnliche Felder, wo sie
ihre Fähigkeiten im Direktkontakt mit anderen Menschen mit maximalen Effekt
einsetzen können. Sie sind meist stolz darauf, nichts von Bildung zu
verstehen. Mehr introvertierte, intellektuell und technisch veranlagte Menschen
wenden sich wissenschaftlichen und technischen Tätigkeiten zu. Die
Auseinanderentwicklung von Intellekt und Charisma nahm wahrscheinlich in der
Ursprüngen der Zivilisation in Mesopotamien und Ägypten ihren Anfang.
Charismatiker sind geborene Menschenführer, und Aristokratie als
Kulturtradition besteht in der Weitergabe von Wissen und Fähigkeiten des
Charisma in den Familien. Aus dieser Gruppe rekrutierte sich Adel und
Königtum. Es ist diesem erlauchten Kreis natürlich wichtig, daß
er von unerwünschten Konkurrenten freigehalten wird, und so entstand das
abgeschottete Adels-System, das sich bis 1918 in Europa an der Macht gehalten
hat.
Den Charismatikern fehlen aber meist die Talente
weitreichender und tiefgreifender Organisation, um dauerhafte Herrschaften
aufzubauen. Dazu brauchten sie die Intellektuellen, als Priester,
Wissenschaftler und Verwalter, und Bürokraten. Die Herrschaftsgeschichte
der Zivilisationen seit ca. -3000 war eine etwas instabile Allianz von
Charismatikern und Intellektuellen, weil letztere zwar als Juniorpartner zur
Ausübung der Macht nötig waren, sie aber keinesfalls übernehmen
durften.
[59] Es erwies sich für die
Arbeitsteilung der Herrschaft als sehr förderlich, daß die Erfindung
der Schrift eine Tendenz der Intellektuellen sehr verstärkte: die
körperliche Immobilität, die für Lesen und Schreiben nötig
war, führte zu einer Verkümmerung der NR-Fähigkeiten, auf denen
Charisma beruht. Jeder von uns hat es selber erlebt: In einem eisernen Training
wird jeder jungen Generation, wenn sie in die Schulen kommt, erst einmal das
oberste Gebot dieser Schriftkultur beigebracht: Das
Stille Sitzen.
Denn nur im
Stillen Sitzen kann man
Lesen und Schreiben.
Diese Stillegung des Körpers hat einen ausgeprägten Anti-NR
Effekt.
[60] Und so finden wir in unserem
Bildungs- und Wissenschafts-System überall den altehrwürdigen,
staubgeschwängerten Geist stiller Bibliotheken, langsamer,
würdevoller, abgemessener Bewegungen, der ehrfürchtigen Stille, oder
wie es die Spontis vor 30 Jahren sagten:
Unter den Talaren, den Muff von
Tausend Jahren. Wie oben angedeutet, sind es sogar 5000 Jahre,
nämlich der Schriftkultur der Menschheit, die sich hier zu einem
pyramidalen Krustenpanzer vergleichbar mit dem Ausmaß und dem Gewicht der
Cheopspyramide angesammelt haben: Die
Jahrtausende alten Institutionen und
Rituale unserer Schriftkultur.
Über die Jahrtausende hatten sich entgegengesetzte
Auslesesysteme für die Aristokratie und die Intellektuellen etabliert. Das
an der Schrift orientierte Wissenschaftssystem verlor weitgehend die
Berührung zu den Faktoren der Dynamik, und wuchs durch Anhäufung des
Materials. Aber wie bekannt, fiel nach 1918 der aristokratische Gesellschaftspol
weitgehend weg, und seitdem befinden sich die Gesellschaftssysteme, die sich
nach europäischen Muster ausgerichtet haben, in Imbalance. Denn die
Techniken des Charisma werden heute auf sehr niedriger Ebene von Menschen
eingesetzt, deren Schulung in Führungsqualitäten gravierende ethische
und moralische Lücken hat.
[61] Der
"unaufhaltsame" Aufstieg von Führer-Persönlichkeiten des 20. Jh., wie
etwa Adolf Hitler zeigt, daß der Charisma-Faktor durch Verstärkung
der Massen-Medien eine unerhörte Sprengkraft besitzt, gegen die das starre
und statische Instrumentarium der Intellektuellen keinerlei Handhabe bietet. Der
Faschismus ist ein Anzeichen eines großen Wiederaufschwungs von
NR-Technologien, und wird auch weiterhin eine sehr ernstzunehmende Kraft sein.
Man bedenke, daß schon die wirbelwindartigen Erfolge im Jihad der Araber
zwischen 600 und 1200 auf NR-Technologien
beruhte.
[62] Der Romanzyklus von Frank Herbert:
"Dune", ist ein sehr präzise in die Zukunft fortgeschriebenes
NR-Drama.
3.6. NR: ein altbekanntes Phänomen,
das wie Proteus unter vielen Namen und Verkleidungen
existiert
Das Verhältnis von verbaler Kommunikation und NR ist
analog etwa so wie das von den Wellen an der Oberfläche, zu dem gesamten
Wasserkörper des Meeres. Alle Organismen der Biosphäre sind seit dem
Anbeginn in eine Sphäre von unendlicher Interaktion eingebunden, die
Semiosphäre. Die gründliche Erforschung aller dieser Bereiche
ist noch recht rudimentär, erstens weil das Gebiet ungeheuer groß
ist, zweitens, weil es in bisher unausgelotete Tiefen des Un(ter)bewußten
hineinreicht. Daher ist es z.B. ein Arbeitsfeld der
Ethnopsychoanalyse.
[63]
Da NR ein dynamisches Phänomen ist, ist ihre Kenntnis und
Anwendungen ungefähr umgekehrt proportional zu der Durchdringung der
westlichen Kulturen durch statische Aufzeichnungsverfahren, wie der Schrift. Das
heißt, sie ist bei uns schlicht vergessen worden. Und so existierten
weitere und tiefere Kenntnisse in früheren, und heutigen, sog. "primitiven"
Kulturen, die aber durch die rasch fortschreitende Zivilisierung der Welt
(Globalisierung) vom Aussterben bedroht sind. Dies betrifft besonders Kenntnisse
"ungewöhnlicher" NR-Effekte, die mit sog. "alternate states of
consciousness" verbunden sind. In heutiger wissenschaftlicher Sicht sind diese
Phänomene mit Endorphin-Ausschüttung und anderen besonderen
gehirnchemischen Zuständen verbunden.
[64]
Wohlbekannt sind auch bei uns die Epilepsie-Anfälle, die durch
Stroboskop-Lichter und bei Techno-Veranstaltungen auftreten können. In der
Ethnologie kennt man Trance-Effekte, wie z.B. Schamanismus, Umbanda, Macumba,
Condomblé, oder andere okkulte Effekte.
Das am besten bekannte und verbreitetste NR-Phänomen ist
der sexuelle Akt. Im Westen ist NR auch oft bei Sportarten zu finden, die mit
Erlebnissen von High-Effekten verbunden sind, z.B. bei Skifahren, Motorsport,
Surfen. Generell ist NR immer involviert, wenn lange Sequenzen schneller
Reiz-Reaktionsmuster erzeugt werden, etwa auch beim
Tanzen,
Theater, und
Akrobatik. NR ist nicht nur ein Phänomen der
Interaktion von Organismen, sondern entsteht auch, wenn mit elastischen,
reaktionsfähigen Materialien unter Einsatz von Muskelkraft gearbeitet wird.
Die meisten Waffen und Geräte vor der Industrialisierung hatten solche
Eigenschaften.
[65] Das
Militär ist
daher starker Anwender von NR-Techniken, über die es
verständlicherweise recht wenig öffentlich zugängliche Literatur
gibt.
[66] Früher war auch die
Arbeit eine Domäne von NR, aber seit der Maschinisierung ist sie
fast völlig daraus verschwunden.
[67] Im
Computerbereich werden NR-Effekte intensiv in Computer-Ballerspielen angewendet,
und die dabei entstehenden gehirnchemischen Zustände erkären das
Suchtpotential dieser Techniken. Ein aus der Presse recht bekanntes NR
Phänomen ist der "Flow" Effekt von Csikszentmihalyi (1990). Mehr dazu in
der Sekundärliteratur.
[68]
3.7. Die fremdartige Welt der
NR
Die Welt der NR ist eine sehr fremdartige Welt. Während
die heutige Neurowissenschaft noch sehr stark der statischen, strukturellen
Vorstellung verhaftet ist, und das Gehirn aus der Sicht struktureller
Verknüpfungen (der Synapsen) z.B. als "enchanted loom" bezeichnet wird (als
verzauberter Webstuhl, nach Sherrington), so ist seine Funktion in der NR
Darstellung ein dynamisches Phänomen, eine unendlich komplexe
kontrapunktische Symphonie.
[69] NR ist also
weniger eine
Sichtweise, sondern eine
Hörweise, des Gehirns
"von innen", als geöffnete "Black Box", bei denen das Gehirn
elektrodynamisch transparent gemacht wird. Als Untersuchungsmethode ist dies
heute technisch noch nicht (in dieser Vollständigkeit)
machbar.
[70] Die Barrieren liegen in der
Komplexität, und der Problematik, zeitlich und räumlich fein
auflösende Messungen der Neuronenpotentiale zu machen. Die
Aktionsfrequenzen der Neuronen liegen im hörbaren Bereich, aber um diese
"Musik" hörbar zu machen, müßte man bei einem signifikanten Teil
aller Neuronen gleichzeitig die elektrischen Potentiale aufnehmen und einen
elektro- dymanisch- magnetischen Detektor durch alle Bereiche des Gehirns
hindurchsteuern können. Die dabei anfallenden Datenmengen würden all
unsere Computer überfordern, so daß uns das noch nicht viel bringen
würde. Heutige Verfahren erlauben mit Nadel-Elektroden nur das "Anzapfen"
einzelner Neuronen, oder sehr indirekte Messungen, wie EEG, oder räumlich
und zeitlich gering auflösende Bildverfahren, wie PET und NMR.
Nichtsdestotrotz läßt sich mit der heutigen Erkenntnislage eine
solche NR-Darstellung zumindest vorstellen. Es gelingt der Neurowissenschaft nur
sehr langsam, diese fremdartige Welt, die wir so selbstverständlich und
unauffällig zwischen unseren Ohren herumtragen, auch wirklich
wissenschaftlich begreiflich zu machen. Das Gehirn ist die "last frontier" der
neuzeitlichen Wissenschaft.
3.8. Die Wiederkehr des
pythagoräischen Weltbildes
Die NR ist eine unerwartete Wiederkehr eines uralten
pythagoräischen Weltbildes, das man nach den antiken Vorstellungen in den
unendlichen Fernen jenseits des Kosmos vermutet
hatte,
[71] und das nun unter Umkehrung der
Perspektive, in unser Gehirn mit seinen ca. 1500 cm
3 projiziert wird.
Eine weitere Diskussion dazu ist im Anhang.
[72]
3.9. NR: der direkte Zugang zu den
menschlichen neuronalen subsymbolischen Prozessen
Mit Aufkommen der Multimedia eröffnet sich die
Möglichkeit, dynamische Symbolsysteme zu realisieren. Das
revolutionäre Potential der Neuronal Resonance ist die
Möglichkeit des direkten Zugangs zu den menschlichen neuronalen
subsymbolischen Prozessen. Die heutigen neuronalen Kenntnisse erlauben
Hypothesenbildungen, die wir mit Computer-Hilfsmitteln in Modelle umsetzen und
testen können. Durch direkten Zugriff auf die neuronale Ebene kann die
gewaltige computationale Leistungsfähigkeit unserer Wahrnehmungssysteme
nutzbar gemacht werden, unter Umgehung der sehr aufwendigen und langsamen
verbal-symbolischen Ebene.
4. Meta-Morphologie: Neue Perspektiven des Wissens
Der Begriff des
Wissens in unserer Zivilisation
ist in entscheidendem Maße abhängig von (bzw. interdependent mit) dem
Haupt-Wissensträger, der (Alphabet-) Schrift, den Büchern, und den
Bibliotheken. Es ist offensichtlich, daß die heutigen technologischen und
sozialen Umwälzungen auch die fundamentalen Definitionen des Wissens
angreifen.
[73] Im Folgenden sollen einige der
sich ergebenden neuen Perspektiven über das Wissen dargestellt werden,
besonders der dynamischen Faktoren. Für Hintergrundmaterial wird auf die
Diskussion bei Spinner (1994, 1997)
verwiesen.
[74]
4.1. Die vernachlässigten Faktoren
des Wissens: Verfügbarkeit und Zeit
Einer der wichtigsten Faktoren von Wissen ist seine
Verfügbarkeit, bzw. der Reziprokfaktor, die
Kosten zu
seiner Erlangung. Sehr verbreitet ist heute eine irreführende
Tendenz eines Wissensbegriffs, der oft in der Presse zu finden ist, wie etwa:
"Die Menge des Weltwissens verdoppelt sich jährlich". Diese pauschale
Feststellung, von Spinner auch "Tonnen-Ideologie"
genannt,
[75] unterschlägt die sehr
unterschiedlichen
Verfügbarkeitsfaktoren. Denn das
"Weltwissen" als Abstraktum steht erstens nicht homogen jedem zur
Verfügung, und dann zu ganz unterschiedlichen Kostenfaktoren. Ein
Haupt-Kostenfaktor des Wissens ist die Zeit, denn mehr und mehr der Lebenszeit
eines Menschen wird heute für "Bildung" aufgewandt, und trotzem ist auch
das viel zu kurz, um auch nur einen winzigen Bruchteil des "Weltwissens" je zu
erfassen. Da heute mehr lebende Forscher und Wissenschaftler mehr "Wissen"
produzieren, als in der Geschichte der Menschheit insgesamt, hat die Produktion
von "Wissen" jedes praktikable Maß überschritten, es auch in eine
Integration zu bringen.
4.2. Der Unterschied von Primärem
Wissen und Mediatem Wissen
Ein weiteres Grundsatz-Problem liegt darin, daß "Wissen"
auf einem Datenträger (
Mediates Wissen) und "
Wissen im
menschlichen Gedächtnis" (
Primäres Wissen, oder
Immediates Wissen) zwar mit demselben Begriff belegt werden, aber
recht verschiedene Dinge sind. Ein Mensch hat Wissen
in seinem eigenen
Gedächtnis, um es
für seine Handlungen präsent zu
halten. Das
Datenwissen, also schwarze Zeichen auf weißem Papier,
die in irgendeiner Bibliothek liegen, für die wir keine Zeit haben, sie zu
lesen und zu verstehen, sind nicht für unsere Handlungen
nutzbar.
[76] Um
Mediates Wissen
in
Primäres Wissen zu überführen, fällt
ein erheblicher Kostenfaktor an. Dieser Kostenfaktor nimmt zu, je mehr
Mediates Wissen insgesamt vorhanden ist, da der Suchaufwand im
selben Maße steigt.
4.3. Die Theorie der Metapatterns
4.3.1. Metapatterns als abstrakteste Formulierung von Wissen
Im folgenden soll eine Fundierung von Wissen auf Basis der
Theorie der Metapatterns gemacht werden. Zur Theorie der Metapatterns ist unter
dem Titel "
Meta-Morphology and Neuronal Pattern Processors" ein
längerer Abschnitt im Appendix zu
finden.
[77] Meta-Morphology basiert auf
dem Begriff der
Metamorphose, einer Geistestradition, die auf Aristoteles
und Ovid zurückreicht, und in Deutschland besonders mit Goethe verbunden
wird.
[78]
Nach dieser
Theorie ist
Primäres Wissen eine Form von hoch organisierten
dynamischen Metapatterns in unseren Neuronalsystemen. Aufzeichnungen auf
Medien (
Mediates Wissen) sind sekundäre Wissensformen. Die bekannten
Wissens- Organisationsformen aus der Literatur, wie
Hierarchisierung,
Kategorisierung, etc., sind Anordnungen solcher Metapatterns.
4.3.2. General Pattern Processors und die Metapattern Machine
Auf der allgemeinsten Beschreibungsebene kann man sagen,
daß neuronale Systeme
General Pattern Processors und
Pattern Transformers sind. Gregory Bateson hat den allgemeinen
Begriff der
Metapatterns für
Patterns of Patterns
vorgeschlagen, und
Pattern Transformations sind eine spezielle Klasse
von
Metapatterns, nämlich
Patterns der
Veränderung.
[79] Mit Hilfe der
Metapatterns wird das bekannte
Rekursionsprinzip der Informatik in
das
Pattern Processing eingeführt. Technisch gesehen bedeutet
dies, daß hier zirkulär rückgekoppelte Neuronen-Verschaltungen
existieren, bei denen einige Neuronengruppen,
nennen wir sie
(N
2) die Arbeit anderer Neuronengruppen,
nennen wir sie
(N
1) observieren, und das bedeutet daß sie ihre Pattern
Inputs aus dem dynamischen Muster der observierten Gruppe (N
1)
beziehen, deren Patterns wiederum, von (N
2) werden, evtl. über
mehrere weitere Zwischen-Verarbeitungsschritte (N
3) bis
(N
x), zum Input von (N
1). Man beachte hierbei auch die
Verbindung mit der Rekursion, die eingesetzt wird, um Fraktale zu berechnen, bei
denen f
n(x
i) das Argument für die Berechnung von
f
n+1(x
i+1) ist, oder:
xi+1 = fn(xi)
Die Selbstähnlichkeit von Metapatterns im Neuronalen
System, und damit ihre fraktale Struktur, ist auch ein Hauptmerkmal ihrer
Arbeitsweise.
[80]
Um das Prinzip des
Pattern Processing gegen die
bekannte
Turing Maschine (TM) als allgemeinsten Begriff des
Computers zu kontrastieren, möchte ich ein allgemeines Neuronales
Netz eine "
Metapattern Machine" (MPM) nennen. Das theoretisch
unendliche Band der
Turing Maschine wird in einer MPM (
Metapattern
Machine) durch die fast unendliche Zahl der möglichen synaptischen
Verschaltungen der Neuronen abgebildet.
[81]
4.3.3. Wissen als Metapatterns
Um den oben genannten Begriff der
Perspektive wieder
aufzugreifen, soll hier die Metapher eines Aussichtspunktes benutzt werden: Je
höher der Turm sein soll, von dem wir schauen wollen, desto tiefer und
solider müssen seine Fundamente sein.
[82]
Hier soll ein
Tieferlegen der Fundamente des Wissens unternommen werden.
Es dreht sich um das Wissen, wie es sich im Gehirn manifestiert, und wie wir es
mit heutigen Mitteln am besten darstellen und vermitteln.
Eine neue Perspektive des Wissens dreht sich vor allem um die
Ablösung des konventionellen, statischen
Faktenwissens, also all
dem, was man mit Worten und Begriffen aufschreiben kann, durch
Prozesswissen, also dynamische Formen des Wissens. Der dynamische Begriff
des Wissens meint
Wissen in Aktion, also in der
Handlung. In der
Kunst ist das noch nicht vergessen, denn
Kunst kommt
be
kanntlich von
Können. Und so ist sehr viel von den
neu zu findenden Wissensformen in der Erfahrung der Kunst-Traditionen zu finden,
besonders auch in den sog. Performing Arts: Musik, Tanz, Theater, aber auch
Akrobatik, und sogar Sport.
[83]
4.3.4. Die neue Mathematik und Meta-Patterns
Die höheren Formen des Wissens, also das, was der
Gegenstand der Wissenschaften darstellt, beruhen auf
Systemen von
Metapatterns. Wir können die früheren Erfahrungen der
Perspektive als Paradigma anwenden.
[84] Der
Begriff der
Perspektive im allgemeinsten Sinne ist der eines
Hierarchischen Ordnungsfaktors über unsere äußere
und innere Wahrnehmung. Die Metapatterns der
inneren Wahrnehmung
nennen wir auch
Denken. Geordnetes Denken vollzieht sich in
hierarchischen Metapatterns, die eine
Architektonik formen, wie
Kant es ausdrückte.
Architektonik ist eine strukturelle,
statische Metapher, und es fehlt die Dynamik, die vor allem in der Musik zu
finden ist, also
Rhythmus,
Harmonik, und
Kontrapunktik. Es steht also noch aus, eine Systematik der
Bewegungen des Denkens zu
erstellen.
[85]
Die strukturelle Systematik der höheren Grade von
Abstraktion findet sich am reinsten in der
Mathematik. Es ist
heute zu erkennen, daß sich eine neue Form der Mathematik anbahnt, die
sich von der alten Beschränkung auf Zahlen und Quantitäten
loslöst.
[86] Heute erleben wir mit der
Multimedia-Technologie gänzlich neue Ansätze, Mathematik darzustellen,
als in der vergangenen Epoche.
[87] Das
Schlüsselwort der neuen Mathematik ist
Pattern. So beschreibt John
Barrow die essentielle Bedeutung des
Pattern als Basis der Mathematik.
(
Barrow
1998: 5-6, 57-58, 89, 190-193):
Barrow
(1998:
192): The inevitability of pattern in any cognizable Universe means that there
can exist descriptions of all these patterns. There can even be patterns in the
collections of patterns, and so on. In order to describe these patterns, we need
a catalogue of all possible patterns. And that catalogue we call
mathematics. Its existence is not therefore a mystery: it is inevitable.
In any universe in which order of any sort exists, and hence in any
life-supporting universe, there must be pattern, and so there must be
mathematics.
"A contemporary definition is that
mathematics is the science of pattern and deductive structure (replacing an
older definition of mathematics as the science of quantity and
space)."
Diese Denkweise wird von Spengler schon 1918 in seiner
"allgemeinen Morphologie mathematischer Operationen" formuliert:
Spengler
(1980:
116, transl. A.G.): the idea of a general morphology of mathematical
operations...
(p. 551): Mathematics ... as the
quintessence of morphologically equivalent quantities, like the totality of
quadratic numbers, or of all differential equation of a certain type, treated as
a new entity, as a new number of higher order ...
4.3.5. Die Meta-Morphologie als allgemeinste Wissenschaft des Wissens
Es ist letztlich egal, welchen Namen eine solche
allgemeinste Wissenschaft von den Formen des Denkens und der
Erkenntnis tragen wird, aber mit Sicherheit wird sie ähnlich
definiert werden und eine ähnliche Stellung einnehmen, wie Spengler es
vorausgedacht hat. Das ergibt sich aus einer Notwendigkeit, daß auch im
Wissensbereich immer ein bestimmtes Verhältnis von
Basisbreite und
Abstraktionshöhe vorhanden sein muß, das etwa den Proportionen
der Pyramide entspricht.
[88] Bei der heutigen
ungeheuren Differenzierung und Fraktionierung der Wissenschaften ist es
unbedingt erforderlich, daß neue höhere Stufen der Abstraktion
eingeführt werden, um die Einheit des Gesamtgebäudes zu erhalten. Es
dreht sich, wie Gregory Bateson und Spengler es visionär sahen, um die
völlig abstrakte, universale
Handhabung von Metapatterns auf allen
Ebenen und in allen Bezügen.
4.3.6. Die Pythagoräische Mathematik im NR Paradigma
Die Neuronal Computation Kapazität, die das Gehirn zur
Verarbeitung der Sinnesdaten und zur Steuerung der Körperaktivitäten
bereitstellt,
[89] kann als ein extrem
leistungsfähiger Analog-Computer angesehen werden. Im Gegensatz zu der
extrem schmalen Bandbreite des alphanumerischen Prozessors (Lesegeschwindigkeit
ca. 50 chars/sec) liegt die I/O und Processing Kapazität des gesamten
Sinnessystems im Gigabyte/sec.-Bereich. (Die visuelle Kapazität allein
liegt im Megabyte/sec.-Bereich). Die Pythagoräische Mathematik machte von
dieser großen Kapazität besonderen Gebrauch. Da die Zahlendarstellung
über Muster von Zählsteinen (psephoi) und über Frequenzen (auf
dem Monochord) realisiert war, konnte im einen Fall (psephoi) die
Gestaltwahrnehmung des Gesichtssinns für Berechnungen eingesetzt werden,
das Ergebnis wurde direkt als Gestalt erkannt. Das berühmteste
Psephoi-Legemuster wurde
Tetraktys genannt. Es war ein
gleichseitiges Dreieck, das von 10 Steinen gebildet wurde, mit der Legefolge 1,
2, 3, 4. (McClain 1978: 6). Auch hier finden wir also die von der Pyramide
bekannte Dreiecks-Struktur. Im Fall des Monochords wurden die Verhältnisse
der Klangfrequenzen (Harmonik) für die Berechnungen eingesetzt, und die
akustischen neuronalen Computer des Gehörs wurden direkt "angezapft". So
war die pythagoräische Mathematik zwar in einer Hinsicht primitiv, aber sie
erlaubte vor 2500 Jahren Rechenleistungen im Kopf, die erst heute wieder mit
Computern machbar sind. (Weitere Literatur: McClain 1978, 1984).
4.4. Analogien von Pattern Transmission
Classes und Wissen
Pattern Transmission ist die Übertragung
von Patterns in einem allgemeinen (re-) aktiven speichernden Medium, wie einem
Neuronalen Netz, einem Zellularautomaten, oder einer
Bakterienkolonie.
[90] Die hintergründige
philosophische Thematik ist die Frage nach der Identität:
Substanz-Identität oder
Pattern-Identität.
Nach ca. 2500 Jahren philosophischer und theologischer Bevorzugung von
Substanz-Identität ist heute ein Umschwung auf Pattern-Identität im
Gang.
[91]
Unter der
Perspektive der
Pattern Transmission lassen sich
Wissen,
Gedächtnis, und
Leben als äquivalente Phänomene auf
verschiedener Abstufung der Organisationshöhe darstellen. In der
thermodynamischen Sichtweise ist
Leben die Aktivität von dissipativen
Strukturen, ihre Muster gegen den entropischen Strom der Auflösung zu
bewahren, fortzupflanzen, und
fortzuentwickeln.
[92]
4.4.1. Phylogenetische und Ontogenetische Pattern Transmission
In der Biosphäre finden wir die zellulare Intelligenz der
Organismen, und das genetische Gedächtnis, die wir als Vorformen von Wissen
bezeichnen können. Es lassen sich verschiedene Klassen von Pattern
Transmission aufstellen.
Wir können grob unterscheiden zwischen
1) phylogenetischer (über DNS, RNS) und
2) ontogenetischer (Verhaltensmuster, Kultur)
Pattern Transmission.
ad 1) das Leben in der Biosphäre bildet eine
phylogenetische Pattern Transmission, bei der die
Patterns
der organismischen Stukturen über die Zeit (diachron) transmittiert
werden. Zwar sterben die Träger der Muster (die Körper der
Organismen), aber über den genetischen Mechanismus ist dafür gesorgt,
daß die jeweils nächste Generation wieder in der Ähnlichkeit der
Eltern-Generation geboren wird. Die Gene können als das
molekulare
Gedächtnis (
memory) der Biosphäre angesehen
werden.
[93]
ad 2) Ontogenetische Pattern Transmission
betrifft nicht-genetisch übertragene Verhaltensmuster. Im engeren
Sinne sprechen wir bei Tieren und Menschen von individuellem
Gedächtnis, bei der die Pattern Transmission über den
Lebenslauf der Individuen stattfindet.
4.4.2. Die globale kosmische Perspektive der Pattern Transmission Classes
Ontogenetische Verhaltensmuster (Protokultur, Kultur)
sind eine spezielle Unterklasse von Pattern Transmissionen in der
Biosphäre, deren tragende Hauptklasse die
phylogenetischen Patterns
sind. Ohne die Konstanz der genetischen Patterns gäbe es keine Transmission
der Verhaltensmuster. Der jeweilig entwicklungsmäßig auf ältere
Klassen aufsetzende Aufbau der verschiedenen Musterklassen läßt sich
in einer Pyramidendarstellung sehr gut
verdeutlichen,
[94] wobei zusätzlich noch
eine der perspektivischen Darstellung ähnliche temporale Verdichtung durch
die logarithmische Skalierung in Schritten von 5*10
n möglich
ist.
[95] Der Faktor 10 entspricht auch
ungefähr einer Akzelerationsrate der Veränderungen (der Dynamik)
zwischen den Klassen. Das folgende Diagramm gibt eine Übersicht über
die Pattern-Transmissionsklassen des Kosmos und der
Biosphäre.
[96]
Fig.
1: Die globale temporale Perspektiv-Ansicht der Pattern Transmission
Classes
4.4.3. Wissen, Gedächtnis, und Pattern Transmission
Wissen ist das, was in einem allgemein definierten
Gedächtnis aufbewahrt wird, um es für
zukünftigen Bedarf bereit zu halten. Es beinhaltet also
Antizipation, denn wenn man nicht die Erfordernisse der Zukunft im
Blick hätte, gäbe es keinen Grund, Wissen zu
sammeln.
[97] Im weiteren Sinne spricht man vom
kulturellen Gedächtnis, wenn eine
nicht-genetische
Übertragung von Wissen zwischen den Generationen (diachron)
stattfindet.
Wissen wird in allen Kulturen dadurch definiert, was eine
Kultur an
Wissenswertem, also
Bewahrenswertem,
überträgt. Umgekehrt bestimmt dieser Fundus an
Bewahrenswertem
auch eine Kultur im hohen Maße,
was sie
wie
überträgt.
4.4.4. Die Verbindung der ontogenetischen Pattern Transmission und der
Neuronalen Resonanz
Seit Beginn des Lebens auf der Erde stehen die Organismen der
Biosphäre in unaufhörlicher Kommunikation und Interaktion miteinander.
Dieses, nun schon seit ca. 4 Mrd. Jahren bestehende Kommunikationsnetzwerk wird
in seiner Gesamtheit auch die
Semiosphäre
genannt.
[98] Howard Bloom nennt es ein
Präkambrisches Global
Brain.
[99]
Seit ca.
500 Mio. Jahren existieren
Metazoa, multizellulare Lebewesen, mit der
großen Unterklasse der Nervensystem-Organismen, die auch
Tiere
(
animalia) genannt werden. Das Wort
anima ist die lateinische
Übersetzung des Griechischen
psychae, welches in der
Aristotelischen Fassung als
Prinzip der Bewegung definiert
wird,
[100] also etwas ganz anderes als die
heutige Idee der
Seele, mit der
anima normalerweise übersetzt
wird. Alles Verhalten, damit auch jede Kommunikation der Tiere, wird über
das Nervensystem
gesteuert.
[101]
Die NR ist die wechselseitige Erregung der Nervensysteme, die bei
Kommunikationsprozessen auftritt. Somit ist die NR das "Material" der
Semiosphäre.
[102]
4.5. Transhumanism: die neuronale Ebene
als scientific interchange layer
Die NR Sichtweise ist keine Neurophilosophie etwa im Sinne von
Paul Churchland. Aber sie erlaubt eine wissenschaftliche Neuaufnahme uralter
philosphischer Themen ohne den alten anthropozentrischen Überbau, was
Kittler (1980) "die Austreibung des Geistes aus den Geisteswissenschaften"
nennt. In heutigen www-Diskursen finden wir hier die Thematik des
Transhumanism (Nick Bostrom). Dies bietet den Anschluß an die
Arbeit von Cassirer: Die Erforschung von Funktionen und Leistung. Leben ist
Prozeß. Die Wiederentdeckung der Prozesshaftigkeit, Anknüpfen an
Anaximander, Heraklit, Aristoteles. "Geist" ist eine Lebensleistung, kein
metaphysisches Prinzip.
4.6. Ansätze für eine neue
Kartographie des Verstehens
Es findet sich an unerwarteter Stelle ein Hinweis, daß
die Ebene der Bilder nur eine untergeordnete Ansatzebene für die neuen
Wissensformen - bei Platon.
4.6.1. Come to where the Plato is...
Platon gibt in Phaidros eine fundamentale Kritik der
Schrift.
[103] Wir haben aber noch eine weiter
und tiefer gehende Schrift von Platon, in der er vor 2400 Jahren eine Analyse
des Verstehens lieferte, die auch heute noch nicht überholt ist, und die
sich in die heutige Sprache der Neuro-Wissenschaften kleiden läßt,
damit neu formuliert, aber im selben Sinn. Dies ist sein
siebter Brief.
Hier findet sich auch eine noch weiter und tiefer gehende fundamentale Kritik
der Schrift, in der Platon mit einer genaueren Darstellung die
Unzulänglichkeit der sprachlichen Beschreibung
belegt.
[104] Er zeigt uns dort, daß es
für die höheren Konzepte der Philosophie
fünf Ebenen der
Darstellung und des Verständnisses gibt, und es kommt ihm vor allem auf die
oberste Ebene an. Seine Beschreibung der Erkenntnis auf der obersten Ebene deckt
sich wesentlich mit der am Anfang genannten Erfahrung der Perspektive. Seine
Ebenen sind:
1) erstens der Name (onoma),
2) zweitens die Definition (der Begriff,
logos),
3) drittens das Bild (eidolon), "gezeichnet und wieder
weggewischt"
4) viertens das Wissen, oder die wissenschaftliche
Erkenntnis (episteme), "die in der Seele ihren Sitz hat"
5) fünftens das Seiende, die Idee.
Platons Kernaussage zur Wissensvermittlung ist
diese:
Denn es steht damit nicht so, wie mit
anderen Lehrgegenständen: es läßt sich nicht in Worte fassen,
sondern aus lange Zeit fortgesetztem, dem Gegenstande gewidmetem
wissenschaftlichen Verkehr und aus entsprechender Lebensgemeinschaft tritt es
plötzlich in der Seele hervor wie ein durch einen abspringenden Funken
entzündetes Licht und nährt sich dann durch sich
selbst.
Im Anhang ist der Text der betreffenden Stelle von Platons
siebtem Brief wiedergegeben.
4.6.2. Übersetzung der fünf Platonischen Ebenen des Wissens in NR
Terminologie
Die Übersetzung der Formulierungen Platons in eine
heutige NR Terminologie wird nicht schwerfallen. Zwar stellen wir uns heute
etwas ganz anderes unter
Platonischen Ideen vor, als was oben mit NR
benannt wurde, aber wir müssen die alten Philosophen ja nicht sklavisch
wörtlich nehmen. Außerdem ist zu beachten, daß die
Übersetzer, deren Version der Texte wir jetzt lesen, schon ziemlich stark
ihre, von 2500 Jahren Schriftkultur-Tradition geprägten NR Standards mit
eingegeben haben. Die vermeintlich "ewige" Platonische Idee findet ohne weiteres
ihre Heimstatt in der Semiosphäre, als "Immortality Complex", wo sie zwar
nicht ewig, aber immerhin recht langlebig
ist.
[105] Und dort ist sie wesentlich besser
aufgehoben als in dem christlichen Himmel, der ja nur einen recht schlechten
Abklatsch, um nicht zu sagen,
Verfälschung, der alten Platonischen
Konzepte darstellt. Wie am Anfang schon gesagt, erfordert die neue Perspektive,
daß wir uns bequemen müssen, viele, schon in Jahrtausenden
liebgewonnene Denk-Klischees neu zu
überdenken.
[106]
4.7. Das schwere Erbe der
Schrift-Vergangenheit
Das Erbe der Schrift-Vergangenheit liegt schwer auf all
unseren Bildungstraditionen und -Institutionen. Wir haben es mit den
Resistenz-Effekten von 5000 Jahren Schriftkultur und 2500 Jahren Alphabet-Kultur
zu tun. Frei nach Wilhelm Busch: "Reform wird als beschwerlich oft empfunden,
weil Institution stets mit Macht verbunden". Socially entrenched procedures,
rituals, institutions comfortably concreted accreted around the book culture -
The dead weight of the school and university system.
4.7.1. Deprogrammierung von 5000 Jahren Schrifttradition und 8000 Jahren
Ackerbau-Denken
In 5000 Jahren Schrifttradition ist die extrem verfestigte
Tendenz in den Zivilisationen entstanden, nur das als "Wissen" anzuerkennen, was
auf Speichermaterialien zementiert ist - mit extrem fatalen
Folgen.
[107] Ivan Illich hat die
verschiedenen Nemesis-Erscheinungen, vor allem im Schulwesen, ausgiebig
beschrieben. Man erinnere auch Mark Twain: "Don't let your schooling get in the
way of your education". Aber dahinter liegen, im Dunkel der Vorzeit kaum noch
erkennbar, noch einmal 3000-4000 Jahre Ackerbau-Denken. Wie Gellner (1993)
feststellt, ist das seßhafte Ackerbau-Denken von einem geradezu
pathologischen Drang nach festhaltbarer Materialität geprägt. Ein
Festungsdenken, das mit der physischen Unbeweglichkeit auch die psychische
Erstarrung konsequent nach sich zieht. Das ändert sich überhaupt nicht
mit der urbanen Gesellschaft der Händler, die ja die Schrift erfunden
haben, sondern verstärkt sich noch. Die Raffgier der Händler ist
sprichwörtlich. Nicht umsonst spricht man heute von
Buchhaltermentalität und
Erbsenzählergeist, wenn man
eine besonders beschränkte Denkweise charakterisieren will. Daher muß
man sehr weit in die Vergangenheit zurückblicken, um Denkalternativen
für die Zukunft zu finden. Die vorzivilisierten nomadischen Gesellschaften,
wie die australischen Aborigines, bieten noch passende Denkspuren, die aber
schon fast völlig verwischt sind.
[108]
Die Neuschöpfung des Wissens als Prozesswissen
erfordert eine fundamentale und radikale Neuorientierung. Dies ist auch im Zuge
einer Umgestaltung der ökomomischen Welt auf Nachhaltigkeit
unumgänglich. Alles muß so mobil und flexibel wie möglich
werden, und auf die minimalsten materiellen Grundlagen zurückdesigned
werden - De-Materialisation heißt das neue Schlagwort. Eine
weiteres zu erprobendes Rezept stammt von Aristoteles: Die Peripatetische
Schule. Dies heißt: Aller Unterricht nur in Bewegung. Hier ist auch
ein Rückgriff auf das alte Paideia-Konzept der Griechen durchaus
hilfreich. In der Buchkultur war das ja nicht zu machen, aber mit heutigen
Mitteln, wie Body Computing (Wearcomp), ist das kein Problem mehr.
Die MM-Technologie trägt aufgrund ihrer Eigendynamik die
Menschheit von der Schriftkultur weg ... the torrents of time have taken us and
are carrying us along. we are going nilly-willy... Die "Civilization of
Illiteracy" wie Mihai Nadin (1997) es auch darstellt...
Grundlegend dabei: Der Übergang vom Faktenwissen zum
Prozesswissen. Z.B. heute nicht mehr die Daten und Fakten lernen, sondern den
Zugang zu Datenbanken und Internet-Suchmaschinen.
4.7.2. Was ist aus dem Werden geworden?
Wiederaufnahme im Sinne der vorsokratischen Naturphilosophen
und des Aristoteles. Sehr alte Fragen, neue soziale und technische Bedingungen.
Die abendländische Zivilisation war für 2500 Jahre auf das Sein
konzentriert. Die Eleaten, Parmenides, Zeno, und Plato mit seinen ewigen Ideen
und was das Christentum daraus gemacht hat. Was ist aus dem Werden
geworden? Prozesshaftigkeit ist stärker mit Klang verbunden,
als mit Bild.
5. Neuronal Resonance und Multimedia-Technologie
5.1. Kriterien für das NR UI Design:
Rhythmus und die Rhetoric of Animated Pictures
Kommen wir kurz zur Anwendung der Neuronalen Resonanz in
Multimedia-Systemen. Das Schlüsselwort des NR UI Design ist "Rhythmus". Die
Arbeitssequenz und Arbeits-Geschwindigkeit sollte sich mit der Logik der
Arbeitsgänge decken. D.h. die Rhythmik der Arbeit soll sich in der
Hierarchie der Aufgaben reflektieren. Was oft gemacht werden muß,
muß entsprechend schneller gehen, als das, was selten gemacht wird. Vor
allem ist Geschwindigkeit essentiell, eine Latenzzeit von 1/10 sec. ist hier die
Schallmauer. Man erinnere sich, daß hierin die spezielle
Attraktivität der früheren Microcomputer lag, weil hier eine Maschine
bereitstand, die ihrem Benutzer (den Hacker) lange Sequenzen schneller
Reiz-Reaktionsmuster (das Keyboard-Hacking) ermöglichte. Dies war ein
typischer NR-Effekt. Er ging bezeichnenderweise sofort verloren, nachdem die
Mega-Corporations sich des neuen Spielzeugs bemächtigt hatten, und die
PC-SW genau zu dem wurde, was man schon von den Mainframes gewohnt war:
Komplizierte, schwerfällige, und ungelenke Monster, die jeden Ansatz von NR
zuverlässig im Keim erstickten. Die Einführung der mausgesteuerten GUI
war sozusagen die Anti-NR Geheimwaffe, da Maus-Klicksequenzen aufgrund
der vielen Hin-und Her-Bewegungen und der aufwendigen Hand- Augenkoordination
immer etwa eine Größenordnung langsamer sind, als Keyboard-Eingaben.
Man hatte damit, zur "Vereinfachung" für die vielen Millionen
"unsophisticated" Computer Users (all the rest of us, Jerry Pournelle), eines
der mächtigsten Mind-Amplification Potentiale des PC wieder verloren. Der
Verlust der NR kann als typischer Revenge-Effekt angesehen werden, der
mit der oberflächlich so ungeheuer attraktiven Verbesserung des UI durch
den Mac als Nebeneffekt eingehandelt wurde. Das soll weiter unten noch
ausführlicher diskutiert werden.
5.2. Abstufung der Verständnisebenen
(Skalierbarkeit) und Value-Added Strategies
Bei Platon wird deutlich auf die Notwendigkeit der Abstufung
der Verständnis- Abstraktions-Ebenen hingewiesen (Skalierbarkeit).
Abstraktion und Allgemein-Verständnis stehen notwendigerweise im
antagonistischen Verhältnis. Und man geht immer einen schlechten
Kompromiß ein, wenn man sich für eine Seite entscheiden muß.
Deshalb braucht man für jede Art von Wissen oder Technik eine
Einsteigerversion (die 100-Millionen Fliegen Version von MS-Win), und danach
braucht man bruchlose
Aufstiegsmöglichkeiten.
[109] Das Thema
wird also zur sozio-politischen Frage: Der Schaffung von geeigneten
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für allgemein zugängliche
Infrastrukturen.
5.3. Vorteile und Probleme der
Bilder
Es ist ein geflügeltes Wort zu sagen: "Ein Bild sagt mehr
als tausend Worte", aber wir sollten nicht vergessen, daß hier auch
erhebliche Probleme liegen.
[110] Nicht
umsonst sprechen die Medientheoretiker von einer Überladung unserer
Zivilisation mit Bildern. (s.o.: Postman, McLuhan, Illich, Pörksen, De
Kerckhove). Das Massenfernsehen mit Talkshows und Billigunterhaltung ist das
Symptom einer großen geistigen Verflachung, die durch die Bilderschwemme
entstanden ist. Warum haben große Religionen (Judentum, Islam) ein Verbot
bildlicher Darstellungen eingeführt? Z.B. das bekannte Gebot: "Du sollst
kein Bild von mir machen". Dies hat sicher nicht nur den Zweck, die
Machterhaltung der Schriftgelehrten-Kaste zu versichern.
5.4. Simplistische und sophisticated
Bildkunst. Kontrast zwischen den "Heiligenbildchen" der katholischen Kirche, und
der islamischen Ornamentik
Bilder wurden schon immer zur Erziehung und Erbauung des
"gemeinen Volkes" verwandt. Insofern besteht eine Parallele zwischen den
"Heiligenbildchen" der katholischen Kirche, und heutiger Comic-Heft Kultur, und
Fernsehunterhaltung. Während solche Medienstrategie auf der direkten
gegenständlichen visuellen Abbildung aufbaut, hat der Islam, eine der
großen Schriftreligionen, eine hochentwickelte Tradition der "Ornamentik"
(Arabeske). Die islamische Ornamentik ist ein Code hoher piktorialer
Sophistikation, den wir im christlichen Abendland aber nicht richtig verstanden
haben. In der europäischen Kunst-Tradition besteht dagegen eine gewisse
Verachtung für
Ornamente.
[111]
Es existiert in der europäischen Kunst ebenfalls eine
Tradition von hintergründiger Bildbedeutung, und das Lesen von Bildern auf
mehreren "Ebenen" (s.a. Gombrich, die Warburg-Schule), aber diese hat sich nie
von der gegenständlichen visuellen Abbildung abgelöst, und abstrakte
graphische Codes gebildet, wie es in der islamischen Ornamentik der Fall ist.
Westliche abstrakte Codes sind vorwiegend alphanumerisch, mit Sonderzeichen, wie
z.B. die mathematischen Zeichen. Dies läßt sich hauptsächlich
auf die Erfordernisse der Buchdrucktechnologie zurückführen, die als
mediale Infrastruktur die weite Verbreitung dieser Codes überhaupt erst
erlaubte. Auch die europäische Mathematik nahm ihren Aufschwung auf der
Infrastrukturbasis des Buchdrucks.
5.5. GUI und die fehlende "Grammatik der
Bilder"
Angesichts einer heute schon epidemisch und litaneihaft
anmutenden Gleichsetzung von "GUI" mit "User Friendly Interface" ist zu fragen,
ob und in welcher Form dynamische Prinzipien zur Weiterentwicklung der GUI
führen könnten, und ob die Computer-Industrie in diese Richtung geht.
Leider ist das keineswegs der Fall.
5.6. Der Revenge-Effekt als
Innovationsbremse
Einer zielstrebigen Weiterentwicklung stehen z.T. enorme
Hindernisse im Weg, die nicht technischer sondern
sozio-politischer Natur sind, und die in den offiziellen Agenden der
Industrie oder der Akademe nicht auftauchen, die man ethnologisch als "Totem und
Tabu"-Effekte bezeichnen könnte. Ein anderer Name dafür ist: "Revenge
Theory" (Tenner 1991), oder "Rebound Effekte" (Radermacher).
5.7. Die SW-Industrie und die
gesellschaftliche Institutionalisierung des Revenge-Effekts
Der Microsoft-Monopol-Prozess zeigt nur die Symptomatik einer
tieferliegenden Problematik der sozialen Integration von Technologie im
Allgemeinen und der SW-Technologie insbesondere. In einer fälschlich auf
rein technische Aspekte fixierten Sichtweise ist dies als SW-(Dauer-)Krise
bekannt. Dahinter stehen aber soziale Faktoren, wie etwa die
Expertokratie.
[112]
Das MS-Monopol läßt sich gut zur Demonstration der
gesellschaftlichen Institutionalisierung des
Revenge-Effekts
[113] durch eine
Machtgruppe, ie. eine Firma, verwenden. Der Revenge-Effekt ist die allgemein zu
verzeichnende Erfahrung, daß durch eine Technologie zwar in irgendeinem
gesellschaftlichen Prozess lokale Fortschritte erzielt werden können, sich
aber später als Folge Effekte einstellen, die diesen Fortschritt wieder
zunichte machen. Der Dauerstau auf den Autobahnen und Datenautobahnen ist ein
typisches Beispiel. Etwas verkürzt ist das so dargestellt:
MS macht
seine besten Geschäfte mit Produkten, die Probleme lösen sollen, die
wir nicht hätten, wenn wir keine MS-Produkte benutzen
würden.
Ein typischer
kommerzieller Einsatz des Revenge-Effekts
ist der wohl allen sattsam bekannte
Anti-Moore Effekt: obwohl die HW
Leistung sich ca. alle 18 Mo. verdoppelt, und wir heute ca. 1000 mal mehr
Leistung auf dem Desktop haben als vor 20 Jahren (1978 Standard: 8-16 K RAM, 256
K Floppy), frißt die neue SW immer soviel von dieser Leistung, daß
wir sie nur auf den neuesten, und leistungsfähigsten Maschinen laufen
lassen können. Seltsamerweise trifft dies in erster Linie für MS
Betriebssysteme zu.
[114]
5.8. Gesellschaftliche Inertia,
Machtmechanismen
Da das MS-Monopol nur ein Symptom der Krankheit ist,
läßt sich diese auch nicht an MS kurieren, d.h., auch wenn MS
zerschlagen wird, bleibt der Mechanismus derselbe, und ein anderer Konkurrent
wird bei der nächsten Gelegenheit versuchen, dasselbe zu erreichen.
Insofern ist MS nur der würdige Nachfolger von IBM, und IBM emulierte nur
AT&T, und AT&T emulierte nur Standard Oil, und so läßt sich
die Reihe mühelos bis auf Dschingis Khan, Darius den Großen, und
Pharao Cheops zurückverfolgen, womit wir wieder bei der berühmten
Pyramide angelangt sind, denn es handelt sich hier immer auch um Ausnutzen des
sozialen
Pyramiden-Effekts, der Konzentration und Machtverdichtung an der
Spitze, der bei Mumford als "The Great Machine" bezeichnet
wird.
[115]
Hinter dem MS-Erfolg liegt eine enorme Inertia der Industrie.
Der Siegeszug der GUI beruht auf Massen-Marktmechanismen von Millionen von
Käufern, die mit möglichst wenig Geld und wenig Trainingsaufwand in
den Genuß der
Computing Power kommen wollen. Das erzeugt einen
ungeheuren Sog des "kleinsten gemeinsamen Nenners", der unbarmherzig alles
ausmerzt, was auch nur den geringsten Anschein eines Heraushebens aus der
großen Masse macht. Das ist, nach Strich und Faden, das Strickmuster des
MS-Erfolges. Das MS-Win Interface ist bekanntlich eine schlechte Kopie einer im
Grunde genommen schon lange veralteten Technologie-Metapher, des Macintosh von
1984, es gab seither keinerlei Fortschritte in der
Grundkonzeption.
[116] Das MS-Win-System hat
den 1984-Standard noch nicht einmal erreicht. Dazu kommen enorme Kapitalkosten,
Hunderte und Tausende von Programmierer-Jahren, und damit die Notwendigkeit zur
Amortisation über die breitest mögliche User-Basis. Das alles
übersetzt sich in ein zwingendes Diktat des "hundert Millionen Fliegen
können nicht irren" Effektes, den MS so meisterhaft ausgenutzt hat, und dem
alle Anwender, ob sie nun wollen oder nicht, folgen müssen.
Wenn man eine bessere Technologie verbreiten will, muß
man auch auf andere Verbreitungs- und Marktmechanismen aufsetzen, als sie die
heutige SW-Industrie bietet. Man kann allein mit einer besseren Technologie in
der heutigen Konkurrenzsituation nicht überleben. Der Spruch von Ben
Franklin: "If you invent a better mouse trap, the world will beat a path to your
door" ist angesichts der Realitäten heutiger, von Milliarden-Werbesummen
aufgepumpter Märkte, pure Illusion.
5.9. Das
Software-"Lego"-Prinzip
Das
Software-Lego
[117]-Prinzip ist die
Design-Idee des LPL-Systems, das ich zwischen 1984 und 1994 entwickelt habe.
Sein Grundkonzept ist ebenso wie das Spiel, extrem
einfach.
[118] Und das Prinzip ist kein
technisches, sondern ein soziales: Es entspringt der Überlegung, daß
der unaufhaltsame Hang zur Komplexität heutiger SW und ihr
unersättlich steigender Computing-Ressourcen-Verbrauch ein Teil des
Revenge-Effekts ist, der mit eingeschliffenen Denkgewohnheiten der Informatiker
zu erklären ist. Ganz allgemein ist das die Problematik, daß
Informatiker technische Lösungen anbieten wollen und können, auch wenn
das Problem und seine Lösung mehr auf der sozialen Ebene liegt. Es lassen
sich mit Ivan Illich noch hintergründige Überlegungen
anschließen, über die
Expertokratie, also die Strategien, wie
Expertenkoalitionen ihre Macht und Einfluß in der Gesellschaft
maximieren.
[119] Das MS Monopol ist danach
nichts anderes als ein Beispiel für die erfolgreich durchgezogene
Implementation dieses Prinzips.
Daher muß man für eine grundsätzliche
Komplexitätsreduktion system-emanente Wege suchen. Dabei wird das Prinzip
angewandt, eine strikte Arbeitsteilung in der SW-Produktion einzuhalten: Hier
die Informatiker, die ihr Fachwissen in modulare Algorithmen-Lego-Baukästen
verpacken, und dort die Anwendungs-Experten, die mit diesen Baukästen
Problemlösungen stricken. Diese Baukästen sind nicht einfach "dumme"
Libraries, wie in der heutigen SW-Produktion, sondern autonome Module, die ihre
eigene Datenstrukturverwaltung machen. Das Fehlen derselben ist eine
Hauptursache der Kompliziertheit heutiger SW, z.B. bei C, was den Einsatz von
Informatikern zwingend erforderlich macht. Die integrierte
Datenstrukturverwaltung war eines der schlagenden Argumente bei
Minicomputer-SW-Systemen wie APL und MUMPS, die zu ihrer Zeit auch entsprechend
erfolgreich waren, oder heutigen Systemen wie Mathematica. Wenn dies installiert
ist, ist es nicht mehr weit zu halbintelligenten Prozessoren, die wie
Agenten funktionieren, d.h. auch quasi-autonom handeln können, und
eine Kenntnis ihrer internen Zustände haben, womit sie eine
Selbst-Auskunft über ihre Fähigkeiten und eine
Selbst-Diagnostik im Problemfall liefern können. Dies sind alles
wesentliche Voraussetzungen, um SW-Toolsets in die Hände von Fachexperten
zu geben, die aber nicht in allen Sätteln der Informatik ausgebildet sein
müssen und können. Mit ein wenig "grano salis" können wir APL und
MUMPS auch als frühe Vorläufer solcher halb-autonomer Agentensysteme
ansehen.
In der konventionellen SW-Produktion ist eine Trennung der
Implementationsebenen unmöglich, weil man immer einen Compiler braucht, um
die Libraries zusammenzusetzen.
[120] Und
Compiler sind, dem Komplexitätshang der Informatiker entsprechend, nun mal
komplexe Geräte. Ansätze wie LISP und Smalltalk versuchen den
umgekehrten Weg zu gehen, und den Interpreter und die Datenstrukturverwaltung
auf unterster Ebene systemweit zu installieren, was letztlich an der
System-Performance-Frage scheitert. Vom Prinzip her ist der Compiler (etwa C)
für die Anwendungs-Ebene entbehrlich, weil dort keine
Geschwindigkeits-Engpässe existieren, wie auf der tiefen run-time C-Code
Ebene. Aber man benötigt irgendeinen Mechanismus, um diese
Algorithmen-Lego-Steine zusammenzusetzen. Dafür reicht aber ein extrem
einfacher incrementeller Interpreter mit integrierter interaktiver User-Shell,
die TLSI-Maschine. Es gibt vermutlich keine einfachere Lösung für
einen incrementellen Interpreter, als diese. Der TLSI ist eine leicht
modifizierte Java-Maschine, oder umgekehrt. Alles weitere ergibt sich daraus,
daß man die Dinge so einfach und transparent macht, wie möglich. Zum
Beispiel, daß jegliche Konfiguration des Systems, wie Menu-Layouts,
Keybindings, Hilfstexte, Display-Konventionen, etc. in lesbare ASCII-Textfiles
auslagert sind, die jederzeit vor Ort mit einem beliebigen Editor zu
modifizieren sind. Dadurch erübrigen sich spezielle "nationalized" Versions
eines Programmes, weil alle National-Versionen eines Programms einfach durch
Auswahl der geeigneten ASCII-Text-Datei vor Ort einzustellen sind. Das ist
sicher nicht im Interesse eines SW-Monopolisten wie Microsoft, weil es die
Konrolle über Preisgestaltung etc. der Länderversionen eliminieren
würde.
In Informatik-Sprechweise ist die TLSI-Lego User-Schnittstelle
eine Kombination von EUPL (End User Programming Language) und UIL (User
Interface Language). Auf den obengenannten Prinzipien baut das LPL-System auf,
das 1985 eines der ersten hypertext-integrierten Entwicklungssysteme war, und
mit seinen 6 MB Source und 10.000 Routinen einen Beweis für die
Leistungsfähigkeit des Konzepts
bietet.
[121]
Das LPL System erlaubt aufgrund der Einfachheit des
incrementellen Interpreters extrem schnelle Turnaround-Zeiten zwischen Coding
und Debugging, und über das Hypertext-System eine ebenso schnelle wie
effiziente Library-Verwaltung, und damit ermöglicht es eine
durchgängige NR Arbeitsweise. In ca. 10 Jahren Erfahrung ab 1984 wurden in
der Arbeit mit dem LPL System die Prinzipien der technologischen Anwendung der
NR (Technological Ars Memoriae) empirisch gefunden, und dann ab ca. 1994
in theoretischer Forschung weiter aufgearbeitet.
6. Die Pyramide und die neue Kunst der Perspektive
Die
Perspektive ist für die Kunstgeschichte ein
Zentralthema, das weit über die technischen Aspekte der bildlichen
Darstellung hinausgeht. Ich beziehe mich wesentlich auf die Darstellungen von
Jean Gebser
[122] und Kim
Veltman.
[123] Auch die heutigen neuen
Methoden der Multimedia eröffnen uns neue, noch unerprobte
Darstellungsweisen, die zu neuen Perspektiven führen können.
Eine hierzu sehr passende Charakterisierung hat Karl Clausberg
mit seiner Diskussion des bekannten Flammarion-Bilds aus seinem Buch: "Neuronale
Kunstgeschichte" gegeben:
Clausberg (1999: 305): [Diese Aufgabe]
"richtet sich auf die unbekannten, noch nicht benannten, kaum denkbaren Dinge
jenseits des Sprachkokons, den Wilhelm von Humboldt als Mittler zwischen Mensch
und Welt beschrieben hat",
und:
Clausberg (1999: 307): "Das ins Auge Fassen
unbeschreiblicher Seherfahrungen".
Clausberg (1999: 289): In diesem noch heute
so beliebten pseudomittelalterlichen Weltbild mit spektakulären
Sphärendurchbruch hat die intellektuelle Mobilisierung neurokultureller
Rückkoppelungsprozesse - eine wesentliche Voraussetzung unserer so
erfolgreichen Technozivilisation - ikonenhafte Ausprägung
gefunden.
In sehr ähnlicher Weise beschreiben es McLuhan und
McLuhan in "Laws of Media":
McLuhan (1988: 5): The obligation to
explore, to find words for the inarticulate, to capture those feelings which
people can hardly even feel, because they have no words for
them...
6.2. Flammarion: Der Sucher durchbricht
den Rand des Kosmos
Fig. 2: Das Bild von Flammarion mit der Modifikation von
A.G.
6.3. Interpretation des
Flammarion-Bildes
Dies ist das bekannte Bild von Flammarion aus seinem Buch
"L'atmosphère" von 1888, das von Karl Clausberg in seiner "Neuronalen
Kunstgeschichte" (1999: 289-318) diskutiert wird. Ich habe durch eine
Modifikation an diesem Bild seinen Charakter wesentlich verändert, obwohl
nur der Hintergrund, nicht aber das Bild selber verändert wurde.
Clausberg führt im Detail aus, wie Flammarion sein Bild
als ironischen Scherz intendiert hatte, und es künstlich auf
"mittelalterlich" gestylt hatte, um eine anachronistische, abergläubische
Denkweise zu visualisieren, von der er sich dann umso besser und eleganter auf
seine "moderne" 19. Jh. Wissenschafts-Denkweise absetzen wollte, und um damit
die Überlegenheit seiner Wissenschaft zu demonstrieren. Wie Clausberg
weiter ausführt, hatte das Bild aber auf seiner verschlungenen
Rezeptionsgeschichte eine ganz andere Wirkung: es wurde zum Symbol des geistigen
Durchbruchs in neue Wahrnehmungsdimensionen. Er erwähnt:
Clausberg (1999: 292): ... einen abrupten
Vorstoß in neue Wahrnehmungsdimensionen. Wir begegnen einem scheinbar
furchtlosen Grenzgänger am fiktiven Weltrand; ihm ist es in effigie
gelungen, an der irrealen Berührungslinie von Himmelskuppel und
Erdoberfläche mit seinem Kopf die Sphäre der subjektiven Illusionen zu
durchdringen und mit bloßen Augen einen ersten ungetrübten Blick ins
flammende Räderwerk des Kosmos zu werfen.
Durch meine Modifikation habe ich dem Bild zu einer neuen
Tiefendimension verholfen, und es in den Kontext meiner Diskussion der Pyramide
gebracht.
[124] Wir finden auf dem
Flammarion-Bild ja zwei separate Weltenbereiche:
1) Die faßbare, greifbare Welt unseres Mesokosmos, die
die mittelalterliche "Käseglockenwelt" rechts im Bild symbolisieren soll:
die Welt der Gegenstände, Farben, Formen, und Sinneseindrücke. Und wir
haben:
2) eine "Jenseitswelt", die vom linken Bildrand in das Bild
hineinreicht.
[125]
Damit Sie diese Diskussion nicht gleich für pure Esoterik
halten, sage ich Ihnen jetzt, was ich mit der heutigen Bedeutung dieser
"Jenseitswelt" meine:
Es ist die Ebene der neuronalen Pattern
Transformations in unserem Gehirn, die ja so völlig andersartig
ist, als die Welt unserer sinnlichen Erfahrungen (der Qualia). Diese Ebene ist
aber nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis die Basis all unseres
Welt-Erlebens. Und denau das verbinde ich mit dem neuronalen Paradigma, das ich
vorstellen werde: den "Vorstoß in neue
Wahrnehmungsdimensionen".
[126]
Man muß hier auf die Tiefengeschichte dieses Bildes
zurückgreifen, die direkt mit den antiken Kosmos-Vorstellungen
verknüpft ist.
[127] Ob Flammarion diese
Motive absichtlich in sein Bild einarbeitete oder nicht, ist hierbei
unerheblich. Das zugrundeliegende Gedankenexperiment stammt aus den Schriften
von Archytas
[128] und Lucretius (1,
968),
[129] die in der Rezeption durch John
Locke
[130] Flammarion vermutlich zur
Verfügung standen. Die Argumentation der Euklidiker (also der Vertreter des
unendlichen, grenzenlosen Raumes) war ebenso
absurd
[131] wie genial: man postulierte,
daß es möglich wäre, an den Rand des Kosmus vorzudringen, und
von dort aus eine Hand durch die Grenze hindurch zu stecken, oder einen Speer
herauszuwerfen. Damit wollte man beweisen, daß der Kosmos notwendigerweise
unendlich sein mußte.
[132]
6.4. Das Auge auf der Pyramide:
Räumliche und Zeitliche Perspektive
Der Einstiegspunkt des Benutzers an der Spitze der der
hypermedialen Darstellungshierarchie verbindet die essentielle Kombinationen der
Faktoren von Überblick und Augenblick im Durchblick.
Dies ist in einem bekannten Symbol sehr gut visualisiert: "Das Auge auf der
Pyramide":
Fig. 3a: Das Auge auf der Pyramide von der US-Ein-Dollar
Note
Fig.
3b: Das Auge auf der Pyramide, schematisiert
Dieses Bild zeigt uns "Das Auge auf der Pyramide" aus dem
Wappen der USA, wie auf der US-Ein-Dollar
Note
[133]
dargestellt.
[134]
"Das Auge auf der Pyramide" läßt sich in seinen
Transformationen ebenso gut für die Gesetze der visuellen Perspektive
verwenden, wie für die zeitlichen Aspekte. Denn es stellt auch den
"Augen-Blick" dar, den kairos, den man optimal
nutzen muß. Und dieser Augenblick ist auf der Spitze der Pyramide.
Wir finden hier somit auch den zeitlichen Begriff der
Perspektive.
6.5. Die Verbindung mit der visuellen
Perspektive
Leicht schematisiert, sieht die obige Figur dann so aus: Das
Auge ist aus der Frontansicht in die bekannte Darstellung der Seitenansicht
transformiert:
Fig. 4: Das Auge auf der Pyramide, schematisiert
Durch Kippen des Symbols erhalten wir das bekannte Diagramm
der visuellen Perspektive.
Fig. 5: Die Transformation zur visuellen Perspektive
Der Blick von der Spitze der Cheops-Pyramide gibt uns, in
Stein gemauert, und für die Ewigkeit eingerichtet, die Fluchtlinien der
perspektivischen Darstellung, schon 4000 Jahre vor der
Renaissance.
[135]
6.6. Die Transformation der Perspektive
zum Hierarchischen Ordnungs-Schema
Fig. 6: Symbolisation und Perspektive als hierarchisches
Ordnungs-Schema
Die visuelle Perspektive ist ein hierarchisches
Ordnungs-Schema, das sich verallgemeinert auf die bekannten wissenschaftlichen
Kategorien- und Ordnungssysteme übertragen läßt. Hier ist das
Beispiel des
Arbor Porphyricus. Die genauen Zusammenhänge
können hier nur kurz angerissen werden: Sie beruhen auf der
menschheitsgeschichtlichen Verbindung zwischen der Entwicklung des Nervensystems
der Anthropoiden, und der in Millionen von Jahren evolvierten Präzision des
Werfens und Schleuderns von Steinen und Speeren, die eine der wichtigsten
Überlebenstechniken der Frühmenschen war. Nach William Calvin
(1989-1996b) ist das
Sym-Bolon eine Wiederverwendung von
neuronaler Computing Power, die die Menschen in einer Million Jahren des
präzisen Steine- und Speerwerfens aufgebaut
haben.
[136] (Das griech. Wort
Sym-Bolon bedeutet: Das
Zusammenwerfen, aus gleicher
Sprachwurzel kommt die
Ballistik).
In der Realisation mit Hypermedia-Systemen sind die einzelnen
Betrachtungsebenen zusammenhängende {Text- / Multimedia-} Sequenzen, die in
einem Darstellungskontext angeboten werden. Als Design-Kriterium ist zu
beachten, daß der konzeptuelle und kognitive Zusammenhang der menschlichen
Aufmerksamkeit gewahrt bleibt. Ein passendes Beispiel, wie es falsch gemacht
werden kann, bietet die heute im WWW so beliebte Aufsplitterung von Inhalten in
Mini-Stückchen, die gerade in ein Window des Computerbildschirms passen.
Das ergibt zwar pro Darstellungseinheit eine schnelle Aufnahmemöglichkeit,
und es ist mit der heutigen (nicht gerade optimalen) Browsertechnologie leicht
durchklickbar, aber der große Nachteil ist die den Kontextzusammenhang
völlig überlastende Fraktionierung des Materials in viele Hunderte und
sogar Tausende Mini-Stückchen. Man verliert bei dieser Methode den
Überblick vor lauter Einblick.
6.7. Die Perspektive über die Zeit :
Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft
Fig. 7: Die Pyramide der Zeitorientierung: The Present, The
Past, The Future
Ebenso ist
das Auge auf der Pyramide ein Symbol der
Zeitlichkeit, denn: In simplem Deutsch ist das "Auge, das uns anblickt", eben
ein "Augen-Blick".
[137]
Auch dies bezieht sich ursprünglich auf die neuronale
Computing Power des Werfens, denn es erfordert in unserem
Neuronalsystem ein extrem präzises Berechnungs-System, um
1) die Koordination unseres Muskelapparats und
Körperskeletts, und
2) die Flugbahnkrümmung eines Projektils, und
3) die gleichzeitige Bewegung des Ziels
gegeneinander vorauszuberechnen.
Hier finden wir den extrem wichtigen Bereich des
neuronal
anticipatory computing,
[138] der der
Schlüssel für all unsere Zukunftsprojektionen ist, was wir heute
Planung nennen. Denn
anticipation, also
Erwartung der
Zukunft, hat etwas mit
Berechenbarkeit zu tun, im Gegensatz zum
ergebenen Hinnehmen des zufälligen Waltens eines blinden Schicksals, oder
eines übermächtigen Gotteswillens.
Diese weitere Ausentwicklung des Zeitverstehens sahen Sie dann
dann in dem beschrifteten Diagramm der menschlichen Zeit-Orientierung mit
Gegenwart,
Vergangenheit, und
Zukunft, den
Hauptphasen
unseres Zeiterlebens, das hier auf die Pyramide projiziert
ist.
[139]
6.8. Die über-historische
Perspektive über die Zeiten
Die neuronale Bewältigung des
Zeiterlebens
führt uns direkt zum
Über-zeitlichen, dem
Ewigen,
und der
über-historischen Perspektive über die Zeiten
(
saecula saeculorum, wie es in der Kirche heißt). Die Ewigkeit ist
das Ur-Motiv der Pyramidenbauer, denn die Ägypter waren eine Kultur, die so
exzessiv mit der Ewigkeit beschäftigt war, wie keine andere vor oder nach
ihnen. Darauf wird ja in dem Freimaurer-Symbolismus des "Auges auf der Pyramide"
direkt angesprochen. Paul Virilio hat das ebenfalls mit Rückgriff auf die
alten mythologischen Motive als
Ereignislandschaft
bezeichnet.
[140]
7. Appendix
7.1. Meta-Morphology and Neuronal Pattern
Processors
The present contribution will describe temporal orientation on
the basis of a general theory of neuronal pattern processing, here called
Meta-Morphology. The next section will give a short overview of this
theory.
[141]
7.1.1. The Systematics of Patterns that Connect
Meta-Morphology is a technical term defined for
the
systematic study of patterns that
connect.
[142]
It is
used here in two variants of meaning: 1) as short form for
morphology
of metapatterns as introduced by Gregory Bateson, and 2) as
morphology of metamorphoses, as derived from Goethe's work
(
Goppold
1999d: 34-40, 236-246). The term
metapattern is central to the work of Gregory Bateson, since it
encapsulates his perspective and working method in one word, and Bateson
describes this from many different angles and aspects in his works
(
Bateson
1972-1986). A short definition is given in
"Mind and Nature":
Bateson
(1979:
12): The pattern which connects is a metapattern. It is a pattern of patterns.
Bateson
(1979:
18): We could have been told something about the pattern which connects:
that all communication necessitates context, that without context, there is no
meaning, and that contexts confer meaning because there is classification of
contexts... So we come back to the patterns of connection and the more
abstract, more general (and most empty) proposition that, indeed, there is a
pattern of patterns of connection.
Stafford Beer describes the essence of pattern as a
performance of the neuronal system:
(In
Sieveking
1974, preface): A pattern is a pattern because someone declares a
concatenation of items to be meaningful or cohesive. The onus for detecting
systems, and for deciding how to describe them, is very much on ourselves... A
viable system is something we detect and understand when it is mapped into our
brains, and I suppose the inevitable result is that our brains themselves
actually impose a structure on reality.
Pattern has recently gained prominence as key term for
mathematics. In his work "Impossibility", John Barrow points out the universal
importance of pattern perception and generation as the foundation of
mathematics, which he identifies as central to the modern exact sciences.
(
Barrow
1998: 5-6, 57-58, 89, 190-193):
Barrow
(1998:
192): The inevitability of pattern in any cognizable Universe means that there
can exist descriptions of all these patterns. There can even be patterns in the
collections of patterns, and so on. In order to describe these patterns, we need
a catalogue of all possible patterns. And that catalogue we call
mathematics. Its existence is not therefore a mystery: it is inevitable.
In any universe in which order of any sort exists, and hence in any
life-supporting universe, there must be pattern, and so there must be
mathematics.
A pattern definition of mathematics is quoted by
(
Allot
(www)):
"A contemporary definition is that
mathematics is the science of pattern and deductive structure (replacing an
older definition of mathematics as the science of quantity and
space)."
A very similar statement was already worded by the visionary
Spengler:
Spengler
(1980:
116): the idea of a general morphology of mathematical
operations...
(p. 551): Mathematics ... as the
quintessence of morphologically equivalent quantities, like the totality of
quadratic numbers, or of all differential equation of a certain type, treated as
a new entity, as a new number of higher order ... (transl.
A.G.).
The cosmologist
Tipler
describes the
importance of pattern continuity as criterium for identity (1994: 164, 282-284,
291-293).
7.1.2. Goethe, Morphology, and Metamorphosis
Morphology is derived from the Greek word
morphae, which is translated as: Gestalt, form, gesture, position,
pattern. (
Rost
1862: II,98;
Goppold
1999d: 128-129). The Greek
typos word
has nearly the same meaning field, which re-appears in
typology. Goethe
coined the term
morphology for the study of forms and their changes, his
perception of the "
patterns that connect".
Bateson
(1979: 17) refers to Goethe as source of
inspiration.
Severi
(1993: 309, 311-315) describes the
essentially holistic and dynamic character of Goethe's conception of morphology:
For Goethe, the living organism is an entity which cannot be reduced to the sum
of its components. The change of forms (the metamorphosis) of organisms follows
a logic which is different from the laws of physics, and it can only be
described by a systematic morphology. The Goethean
morphology is based on
the
Gestalt principle. (
Strube
1974: 540,
Britannica
: Gestalt psychology, Ehrenfels,
Köhler, Koffka, Wertheimer). It traces back to earlier work of Herder and
Vico. (Straube
1990: 168;
Herder
1975: XVI-XVII;
Berg
1990: 61). The temporal and dynamic character of the
Gestalt was the
leading criterium for Goethe's concept, which is poignantly expressed by the
term
Metamorphosis. (
Cassirer
1957: 146-147,
152 f.,
Cassirer
1922: 345-351, 362, 375 f., 386).
This is derived from Aristoteles, and Ovid's famous poem: Metamorphoses
(
Cramer
1993: 23 ff.). The morphological principles of
Goethe (or a derivation of them) were taken up in Germany by a school of
cultural morphology, whose best known proponents were Frobenius
(
Haberland
1973), and
Spengler
(1980), (
Felken
1988: 53). Also, the school of
Gestalt psychology (above:
Britannica
: Gestalt psychology), followed the lead of
Goethe's work. The liberal use of the term "
Seele" (soul) by workers of
the various
Gestalt schools, which may seem offensive to present-day
scientific standards, is best understood as direct application of the ancient
nature philosophical concept of
soul as the "essence of (e)motion" as
expressed by Aristoteles in his work "on the soul" (Picht
1987). A serious methodological problem for the
Gestalt workers was the
lack of suitable conceptual tools with which to approach their subject of study.
In Goethe's time, the calculus of Newton and Leibniz had just been invented
(Goethe had probably never learned it, and his mathematical understanding was
weak).
Riedl
(1995, 1996c) describes the obligation of
modern biology to Goethe's work:
Riedl
(1996c:
105): Morphology: since Goethe (1795), the methodology of comparing
Gestalt and to generalize the Typus; the cognitive basis for comparative
anatomy, taxonomy and phylogeny.
Riedl
(1995:
114)...Goethe... tried to understand the principle underlying his ability to
discern pattern.
A morphological influence leading to Bateson's concepts can be
shown through Ruth Benedict, whose work "Patterns of Culture" had been
influenced by Spengler (
Benedict
1934: 49-56), and her
work in turn influenced Bateson, via the other famous female disciple of Franz
Boas: Margaret Mead, who was Bateson's wife and collaborator at the time of his
fieldwork in New Guinea. (
Bateson
1979: 211-212).
Because the tenets of the German school of cultural morphology, mainly of
Spengler and Frobenius, are nowadays considered out of date, the term
morphology needs to be re-formulated for the present purposes. Also to
reach a differentiation in terms, the word
Meta-Morphology has been
coined.
7.1.3. Morphology and the Controversy of Form vs. Substance
The term
Morphology denotes a specific position in the
old philosophical controversy of
form and
substance.
[143]
According to
Bateson
(1972: 449), the emphasis on
form stands for a Pythagorean and Gnostic orientation, while the emphasis
on
substance (gr.:
hypokeimenon) has been a majority opinion in
Eropean intellectual history, as is exemplified in the important role of
substance in christian dogma (the transsubstantiation of the Eucharist), and of
the "substantial" role of matter-energy in contemporary physics
(
Lippe
1997: 126-163). The historical controversy over
these viewpoints was not just intellectual, as is evidenced by tens of millions
of victims of various intra-christian extermination campaigns against heretic
sects like Gnostics, Cathars, or Bogomils, as well as the 30-year war, whose
background theme was a conflict over the transsubstantiation. The (alleged) role
of this issue in the trial of Galilei is argued by
Redondi
(1991)
As
epistemological position,
morphology denotes
a preferred orientation towards
perception in the study of
form
over and against {
substance /
content /
materia} as most
important issue. (
Goppold
1998,
Goppold
1999d: 135-136). It may be noted that the
orientation towards
substance combines more naturally with a preference
for
being-things (ie. the domain of
ontology), and conversely, a
preferred orientation towards
perception treats the question of "what
things are" (
ontology), as secondary. In the history of Philosophy, the
dictum of Berkeley had expressed this most succinctly:
Esse est percipi:
to be is to be perceived. As was pointed out above, a pattern can claim
to no criterium of existence (ontology) other than being perceived.
(
Goppold
1999d: 41). The questions of time, change,
endurance, timelessness, and eternity loom as background issues behind the issue
of
form vs.
substance. Right from the very beginning of Greek
philosophy, these questions were argued between different schools of thought.
Two camps can be identified: the school of
being,
eternity,
stability and
endurance, with Parmenides, the Eleatic school, and
Platon as proponents, and the school of
becoming,
process and
change, with Anaximandros, Heraklit, and Aristoteles as proponents
(
Goppold
1999d: 22, 25-29, 39). Western European
societies have in the last 2300 years after Platon tended to emphasize the issue
of
being,
eternity, and
stability, as is exemplified by the
preferred orientation of the underlying socio-ideological fabric of these
societies in the last 2000 years,
Christianity, which is based on the
idea of an eternal heavenly kingdom of God and a corresponding hierarchy of
worldly powers, the feudalistic "ancien régime" that largely governed the
fates of western Eurasia until 1918 (
Goppold
1999d:
7-10, 18-19,
Lippe
1997). In the last 200 years, the
issue of
process became a foreground theme on the socio-political
agendas, with the French and communist revolutions marking historical political
turnpoints, and the emergence of thermodynamics, entropy, open systems, and the
chaos paradigm marking scientific "revolutions" with re-orientation toward
process issues (
Goppold
1999d: 8-9, 18, 34-39).
Nietzsche and Whitehead brought the theme of process back into the philosophical
discussion, with
Whitehead
's "Process and Reality"
(1969) serving here as the main philosophical point of departure
(
Goppold
1999d: 112-116). With "Zeitwelten",
Wiehl
(1998: 13, 25-27, 29-128) delivers a recent
philosophical statement and further temporal classifications basing on
Whitehead's work.
7.1.4. Meta-Morphology: the Patterns of Change
"Our virtues lie in the interpretation of
the time."
(Shakespeare, Coriolanus, IV, 7.)
The temporal aspects of patterns concern their stability and
their changes, and what makes a neuronal system mark two patterns at different
"points in time" as identical, similar, or entirely non-identical. On closer
examination, we discover that
change is a
class of meta-patterns
for itself, and has to be treated as such. On even deeper examination, it
becomes apparent that the apparently obvious stability of any pattern, say, the
perception of a tree in the countryside, or the letter "A" on a page, is the
result of extremely complex neuronal pattern processes that yield as final end
result an apparent constancy of a form that our consciousness then labels with a
word, like "tree" or "A". Especially, the expression above: "points in time"
needs to be carefully re-examined since this performs already an implicit
binding of our conceptualization towards a certain Newtonian-Leibnizian,
linear-time concept that must be brought before the inquisition (in Baconian
manner). Thus, the very oldest and venerable philosophical questions and answers
need to be re-examined afresh for a more general theory of
morphology
that takes the recent neurological findings into account. We come to realize
that neuronal
pattern perception and
-processing are the
key ingredient in mankind's quest to make the universe intelligible, to fashion
a
Cosmos from the pure
Chaos of the undiscriminate swarm of
photons, air pressure changes, and chemical and physical stimulants, that
organisms are exposed to every instant of their living existence. On this
facility are based not only the sciences, but also human society, and in the
wider sense, life, and the lawfulness of the universe.
(Goppold
(1999d);
Schunk
(1996); Spengler
: Morphologie der Wissenschaften (1980:
549-553)). While the phenomenon of change has taken a back seat in the history
of European philosophy, it had always kept a prominent position in the cultural
awareness of China, with the classic
I Ching.
(
Govinda
1983;
Sung
1971;
Wilhelm
1939).
Goethe's emphasis was on the permanence of
change of
all forms, the
metamorphosis.
Spengler
(1980:
9) defines the emphasis of his
morphology as the "logics of time" in
differentiation from the "logics of space". In the light of present scientific
usage, it is necessary to further differentiate between the reversible time of
Newtonian/Einsteinian physics (or the space/time continuum), and the
irreversible time of organisms and history, under the laws of thermodynamics.
(
Cramer
1993: 61 f., 80 f.). Spengler's "logics of
time" can be brought to coincidence with Cramer's concept of
organic
time, the
Zeitbaum (the tree of time)
(
Cramer
1993: 116-122), with its primary attributes of
"Synchronicity, Convergence, and Resonance" (
Cramer
1993: 159-264). The tree structure of organic time reflects the nested
hierarchies which the sciences of the organic are accustomed to deal with, as
expressed by Salthe's
hierarchies of scale, and hierarchies of
specification (
Salthe
1985). The hierarchies of
scale correspond to hierarchies of time in the "
Zeitbaum" (in other
terms:
fractal time), a factor whose vital importance becomes apparent
when technological computer driven applications of concurrent processes need to
implement local times and trans-hierarchical coordination for process control, a
task which the present VonNeumann derived computer architectures are not well
suited for. Corresponding to this, computer science has a theoretical weakness
dealing with time issues, as evidenced in the base of computational theory, the
Turing Machine (TM), the ultimate serial device. (Halang 1992).
Wiehl
(1998) gives a contemporary philosophical
rendering of these finer perspectives over local and global times, under the
title "Zeitwelten" (time worlds), where a further differentiation is introduced
between
subjective,
communal, and
historical time
(
Wiehl
1998: 7-13). His work relates to Whitehead's
metaphysics of process as precursor.
Wiehl
(1998: 13, 25-27, 29-128), Goppold
(1999d: 112-116),
Whitehead
(1969).
7.2. Robert Darnton: The Pyramidal
Book
I am not advocating the sheer accumulation
of data, or arguing for links to databanks—so-called hyperlinks. These can
amount to little more than an elaborate form of footnoting. Instead of bloating
the electronic book, I think it possible to structure it in layers arranged like
a pyramid. The top layer could be a concise account of the subject, available
perhaps in paperback. The next layer could contain expanded versions of
different aspects of the argument, not arranged sequentially as in a narrative,
but rather as self-contained units that feed into the topmost story. The third
layer could be composed of documentation, possibly of different kinds, each set
off by interpretative essays. A fourth layer might be theoretical or
historiographical, with selections from previous scholarship and discussions of
them. A fifth layer could be pedagogic, consisting of suggestions for classroom
discussion and a model syllabus. And a sixth layer could contain readers'
reports, exchanges between the author and the editor, and letters from readers,
who could provide a growing corpus of commentary as the book made its way
through different groups of readers.
A new book of this kind would elicit a new
kind of reading. Some readers might be satisfied with a study of the upper
narrative. Others might also want to read vertically, pursuing certain themes
deeper and deeper into the supporting essays and documentation. Still others
might navigate in unanticipated directions, seeking connections that suit their
own interests or reworking the material into constructions of their own. In each
case, the appropriate texts could be printed and bound according to the
specifications of the reader. The computer screen would be used for sampling and
searching, whereas concentrated, long-term reading would take place by means of
the conventional printed book or downloaded text.
Far from being utopian, the electronic
monograph could meet the needs of the scholarly community at the points where
its problems converge. It could provide a tool for prying problems apart and
opening up a new space for the extension of learning. The Andrew W. Mellon
Foundation has provided support for several initiatives in this direction. One,
a program for converting dissertations into electronic monographs, has just been
launched by the American Historical Association. Another, for producing more
ambitious e-books, is now being developed by the American Council of Learned
Societies. Others are in the works. The world of learning is changing so rapidly
that no one can predict what it will look like ten years from now. But I believe
it will remain within the Gutenberg galaxy—though the galaxy will expand,
thanks to a new source of energy, the electronic book, which will act as a
supplement to, not a substitute for, Gutenberg's great machine.
7.3. Jean Gebser: Ursprung und
Gegenwart
Jean Gebser
arbeitete 1932 bis 1947,
und mit späteren Überarbeitungen, bis 1965, an seinem Monumentalwerk
"Ursprung und Gegenwart
". (Gebser
1973
) Das Vorwort zu seinem Buch drückt mit
prophetischer Klarheit seine tiefe Sorge über die Krise der Menschheit aus,
deren Ursachen er in der Geistesentwicklung erkannt hat.
Gebser (1973: 15,16): Die Krise unserer
Zeit und unserer Welt bereitet einen vollständigen Umwandlungsprozeß
vor, der, vorerst noch autonom, einem Ereignis zuzueilen scheint, das von uns
aus gesehen nur mit dem Ausdruck "globale
Katastrophe
" umschrieben werden kann, das, von einem
nicht bloß anthropozentrischen Blickpunkt aus gewertet, sich als eine
Neukonstellation planetaren Ausmaßes darstellen muß. Und wir
sollten uns mit der gebotenen Nüchternheit durchaus darüber im klaren
sein, daß uns bis zu jenem Ereignis nur noch einige Jahrzehnte
verbleiben. Diese Frist ist durch die Zunahme der technischen
Möglichkeiten bestimmt, die in einem exakten Verhältnis zu der Abnahme
des menschlichen Verantwortungsbewußtseins steht. Es sei denn, es
träte wirkend ein neuer Faktor in Erscheinung, der dieses bedrohliche
Verhältnis überwände. Auf diesen neuen Faktor, auf diese neue
Möglichkeit hinzuweisen und ihn darzustellen, ist Aufgabe dieses Werkes.
Denn gelingt es nicht - oder: kann und soll es nicht gelingen -, daß wir
diese Krise durch unsere eigene Einsicht überstehen und damit der heutigen
Erde und der heutigen Menschheit durch eine Wandlung (oder Mutation) den
Weiterbestand für kürzere oder längere Zeit erwirken, so wird
die Krise uns überstehen. Mit anderen Worten: entweder überwinden wir
die Krise, oder sie überwindet uns. Doch es überwindet nur, wer
sich selber überwand. Entweder werden wir aufgelöst und ausgeteilt,
oder wir lösen auf und erwirken die Ganzheit. Mit anderen Worten :
entweder erfüllt sich die Zeit an uns -, dann heißt das Ende und
Tod für unsere heutige Erde und ihren Menschen; oder es gelingt uns, die
Zeit zu erfüllen -, dann heißt das Ganzheit und Gegenwart, dann
heißt das Erwirkung und Wirklichkeit der Ganzheit von Ursprung und
Gegenwart. Und damit: gewandelter Weiterbestand, in dem nicht der Mensch,
sondern die Menschheit, in dem nicht der Geist, sondern das Geistige, in dem
nicht der Anfang, sondern der Ursprung, in dem nicht die Zeit, sondern die
Gegenwart, in dem nicht der Teil, sondern das Ganze Bewußtheit und
Wirklichkeit werden. Und es ist das Ganze, das im Ursprung gegenwärtig und
in der Gegenwart ursprünglich ist.
7.4. Jean Gebser: Über das
Bewußtsein
Gebser (1973: 163): (Die drei bekanntesten
Definitionen oder Aussagen über das Denken:) Die erste, ... des Parmenides,
leitet, philosophisch gesehen, die mentale Bewußtseinsstruktur ein. Es ist
der Satz: "Denn dasselbe ist Denken und Sein". Hier ist Gleichsetzung,
und damit Maß und Gleichgewicht. Anders steht es mit den beiden anderen
Sätzen, welche, philosophisch gesehen, die rationale Phase des mentalen
Bewußtseins einleiten. Der erste stammt von Hobbes
.
Er lautet: "Denken ist Rechnen in Worten." Das Messende des Denkens,
seine Qualität, ist durch die Pluralisierung, die dieser Satz enthält,
und durch das numerische "Rechnen" zu einer Quantität geworden. Der andere
Satz, der des Descartes
, lautet: "Cogito, ergo
sum", "Ich denke, folglich bin ich". Hier hat nur noch das individuelle,
isolierte Denken Gültigkeit, und das räumlich betonte Sein des
Parmenides wird, noch dazu als Folge des Denkens, mit dem persönlichen Sein
identifiziert.
Gebsers Kernaussage zum Bewußtsein ist in (GEBSER73,
290-292):
Das Bewußtsein hat... immer
nachholenden Charakter und erschließt uns jeweils die
dimensionenärmere Struktur, da deren Vorgänge sich nur dort durch uns
realisieren lassen, wo sie durch eine zusätzliche Dimension Richtcharakter
erhalten.
Das Bewußtsein ist also eine
Funktion, die auf die sichtbar werdenden Abläufe der Wirklichkeit reagiert,
da sich diese in der dem jeweiligen Bewußtsein entsprechend
dimensionierten Welt darzustellen vermögen, so daß wir ihrer
ansichtig werden.
So können wir auf einige bisher
aufgestellte Definitionen verzichten. Nach der rationalsten unter ihnen, der
cartesischen, ist Bewußtsein mit Seele gleichbedeutend; die neue
Psychologie, vor allem die Tiefenpsychologie, wies nach, daß diese
Gleichsetzung unhaltbar ist.
Bewußtsein wurde auch mit den
Wissensinhalten gleichgesetzt. Man sprach in diesem Sinne von einem historischen
Bewußtsein, einem sittlichen Bewußtsein und so fort, und meinte
damit die wissensmäßige Präsenz historischer oder sittlicher
Dinge oder Werte. Aber auch diese Definition scheint uns unhaltbar zu sein.
Bewußtsein ist mehr als Wissen, mehr als bloße Kenntnis oder
Erkenntnisfähigkeit.
Die heutige psychologische Terminologie,
die als Gegensatz zum Bewußtsein ein "Unbewußtes" postuliert, macht
sich damit einer Verfälschung urgegebener psycho-somatischer
Tatbestände schuldig. Diese Terminologie und die durch sie falsch
strukturierten Phänomene sind ein Schulbeispiel für die
Fehlschlüsse, welche einem radikal angewandten Dualismus entspringen. Es
gibt kein sogenanntes Unbewußtes. Es gibt nur verschiedene Arten (oder
Intensitäten) des Bewußtseins: ein magisches, das eindimensional ist;
ein mythisches, das zweidimensional ist; ein mentales, das dreidimensional ist;
und es wird ein integrales geben, das vierdimensional sein wird und damit
ganzheitlich. Dieses kommende vierdimensionale Bewußtsein ist das am
Menschen sich darstellende, in den Menschen mutationsmäßig
umgelagerte, ursprüngliche nulldimensionale "Bewußtsein per se".
Denn so, wie der Atem vor dem Atmenden war,
so wie der Gedanke vor dem Denken war, das Sehen vor dem Sehenden, so wie das
Sein vor dem Seienden ist, genauso war und ist die Bewußtheit vor den
verschieden dimensionierten Bewußtseinsarten. Von Unbewußtem kann da
nirgends die Rede sein. Und es ist aufschlußreich genug, in welchem
Maße die psychologische Literatur noch heute das bloß
Unbewußte mit dem "Verdrängten" und dem Vergessenen identifiziert und
damit den reinen Gegensatzbegriff selber entwertet. "Unbewußt" - falls man
diesen irreführenden Begriff überhaupt verwenden will ist jeweils nur
die eine Dimension weniger, welche durch die nächste mehr-dimensionierte
Struktur erschlossen wird. Doch das schließt keine generelle
Gegensätzlichkeit von Unbewußtem und Bewußtsein ein, noch
weniger eine Negierung desselben, sondern lediglich eine Andersartigkeit des
Bewußtseins selbst: seine mutationsbedingte Differenziertheit und seine an
die jeweilige Dimensionierung gebundenen Manifestations- und
Realisations-Möglichkeiten.
Bewußtsein ist die Fähigkeit,
jene Zusammenhänge zu übersehen, die uns konstituieren: es ist ein
stets statthabender Akt des Integrierens und Richtens. Wir müssen uns
grundsätzlich darüber klar sein: Bewußtsein erschöpft sich
nicht in formalem Wissen, ja selbst nicht in verarbeitetem Wissen. Es ist weder
mit dem Denkprozeß identisch, noch beschränkt es sich auf das
bloße Ich-Bewußtsein. Seine erhellende Funktion besteht durchaus
nicht in bloßer Räumlichung und Zeitlichung. Es ist kein bloßes
Gegenüber zu den Dingen und Erscheinungen, sondern beobachtender Zuschauer,
aber auch handelnde Instanz und hat regulative Funktionen. Da es desgleichen den
Mutationen unterworfen ist (oder sie mitauslöst?), die eine Umlagerung der
vorgegebenen Ursprungsgegenwärtigkeit auf den Menschen zu übertragen
scheinen, ist es mit jeder neuen Mutation der Ausdruck dafür, daß
diese Ursprungsgegenwärtigkeit durch den Menschen realisierbar wird. Es ist
also nicht nur an das Ich gebunden, sondern auch an das Sich, ohne deshalb
numinosen Charakter anzunehmen (den es in der mythischen Struktur infolge der
noch nicht eingesehenen Wirksamkeit der Erinnerung hat)....
Die Art, wie wir die Welt sehen, hängt
durchaus von der Art unseres Bewußtseins ab, das dieser Welt Grenzen und
Fristen zu setzen
vermag.
[145] In dem
Maße, in dem wir diese dank unseres Bewußtseins integrieren, eine
Leistung, zu der uns nicht eine Erweiterung (oder Aufblähung) des
Bewußtseins, sondern seine Intensivierung befähigen kann,
gegenwärtigen wir das Sich. Das aber heißt gleichzeitig: in dem
Maße wird uns unsere ganze Konstitution durchsichtig, also nicht nur jener
"Teil", der sich bereits manifestierte und den wir durch die Herausarbeitung der
einzelnen Strukturen anschaulich zu machen versuchten, sondern auch jener
"Teil", der latent in uns ruht und der mit den bereits manifestierten zusammen
einer Gänzlichung zugänglich wird.
Nicht der Macht des Numinosen zu erliegen
(ohne sie deshalb zu rationalisieren), das ist bereits eine der Vorbereitungen
zu dieser Gänzlichung. Doch wir wollen mit dieser Forderung keiner wie auch
immer gearteten Hybris Vorschub leisten, denn wir betonten immer, daß es
darauf ankomme, zu "wissen" , wann wir uns geschehen-lassend, wann
geschehen-machend zu verhalten haben, indem wir auf die magischen Begebnisse
hören, den mythischen entsprechen und den mentalen Rechnung tragen und
dadurch bis zu einem gewissen, dem statthaften Grade, die magischen und
mythischen richten.
7.5. Addenda zur Wiederkehr des
pythagoräischen Weltbildes
Hier noch ein Seitenblick auf Karl Clausbergs Buch: "Neuronale
Kunstgeschichte" (1999), und die verschütteten pythagoräischen
Quellen. Das letzte Kapitel von "Neuronale Kunstgeschichte" enthält die
Diskussion des bekannten Flammarion-Bilds des Missionars, der den Weltrand
durchbrochen hat, und mit dem Kopf in eine Jenseitswelt der kosmischen
Feuerräder blickt.
Diese Jenseitswelt ist das alte
pythagoräische Motiv der Sphärenharmonien. Auf S. 295 weist
Clausberg auf den wahrscheinlichen Ur-Ursprung (das Gedankenmotiv) von
Flammarions Bild hin:
[146] "... antike
Alexander-Romane... Geschichte des Macarius Romanus..." Dies bietet den
passenden Anschluß an antike pythagoräische Themen, denn wie
erinnerlich war Aristoteles der Lehrer Alexanders, und Aristoteles war auch der
letzte große Philosoph der Dynamik, also eines Ur-Pythagoräischen
Motivs. Das Leben und die Person Alexanders war in seiner brillianten Fulguranz
ja geradezu eine archetypische Inkarnation dieser Dynamik. Und Alexanders
Feldzug brachte die Kulturverbindung von Europa und Asien zum Blühen.
Hierbei muß man auf die Rolle der Buddhistischen Philosophie eingehen, die
ebenfalls unter dem Paradigma der Dynamik steht. (Schmidt-Leukel
1992).
[147]
Es gab im antiken Hellenismus eine sehr starke
Cross-Fertilization zwischen westlichen und östlichen Philosophien.
Schnittstelle und Kernzentrum des Hellenismus, die Hochburg dieser antiken
Kultursynthese, war die nach Alexander benannte Stadt Alexandria. Die dort
konzentrierten Materialien gingen zum Ende der Antike erstmal verloren (Brand
der Bibliothek von Alexandria, Ermordung der Hypatia, etc.), sind dann aber 1000
Jahre später sehr verbrämt und verquast, durch vielerlei christliche
Bücherverbrennungen verstümmelt, in die italienische Renaissance -
Pythagoräik des Marsilio Ficino und Pico della Mirandola eingeflossen.
(Z.B. die bekannten Werke des (falschen) ägyptischen Hierophanten Hermes
Trismegistos). Auf S. 295-296 weist Clausberg darauf hin, daß das
Flammarion-Motiv zutiefst un-mittelalterlich ist. Im Unterschied zu Clausberg
(S. 296) komme ich damit auf viel frühere Vorbilder des Flammarion-Motivs.
Dennoch ist über die Renaissance-Verbindung auch deutlich, daß antike
Ideen in neuzeitlichen Motiven in vieler Form wieder auftauchen. Das
Hauptproblem ist, daß die antiken Belege des Pythagoräismus extrem
spärlich und extrem unzuverlässig sind. Hier sind besonders die
Arbeiten Aby Warburgs von Bedeutung, der exakt diese Schnittstelle in der
Bilderwelt Botticellis und ihrer Genealogie durch Marsilio Ficino bearbeitet
hat, womit wir wieder bei einer geistesgeschichtlich höchst bedeutsamen
Schnittstelle der Mnaemosynae angekommen sind.
Clausbergs Beschreibungen auf S. 297 und 298 weisen wiederum
auf einen Geistesinhalt hin, der sich in der damaligen (esoterischen) Sicht der
Pythagoräer entscheidend von der volkstümlichen (exoterischen)
Vorstellungsweise der Antike absetzte. Wir erinnern daran, daß ja Geheim-
und Einweihungskulte damals zum normalen Tagesleben gehören, wie die
Orphischen und Eleusinischen Mysterien. Nach Sicht der Pythagoräer ist
nicht das formlose Apeiron jenseits der Grenze des sinnlich erfahrbaren
Kosmos, sondern die hochgradig geordnete Sphärenharmonie.
Die Literatur zur Lehre der Pythagoräer ist jedoch mit
Vorsicht zu genießen, daher hier noch eine Anmerkung:
Die Pythagoräer waren mit strengstem Eid gebunden , ihr
Wissen geheimzuhalten. Wir müssen das Quellenmaterial also anders lesen,
als etwa wirtschaftliche Aufzeichungen.
[148]
Im Sinne der üblichen Taktiken von Spionage und Gegenspionage (Information
War) muß man annehmen, daß es sich bei den bekannten Versionen zur
Lehre der Pythagoräer um "cover up material" handelt, also das, was
absichtlich ausgegeben wurde, um unter vorsätzlicher Täuschung die
tiefer liegenden Themen zu verschleiern. Wir kennen genügend Beispiele aus
dem 2. WK, wie z.B. die Aliierten die Deutschen über die
Invasions-Pläne in Italien und Frankreich getäuscht haben. Da wir uns
Pythagoras als einen der intelligentesten Menschen vorstellen sollten, die je
gelebt haben, können wir es als sicher annehmen, daß er genau solche
Information War-Szenarien installiert hatte, um seine Lehre vor der
unerwünschten Verbreitung zu schützen. Hier also, das mit Vorsicht zu
genießende Quellenmaterial:
Behrendt (1992); Bloom (pyta);
Godwin
(1989);
Haase
(1998);
James
(1993);
Kayser
(1930-1950);
Kepler
(1982);
Mcclain
(1978-1984); Platon
(1988:
Timaios); Pyta-www; Rouget (1985: 187-226);
Rudhyar
(1988);
Schneider
(1951-1990); Stege (1925); Thimus (1868-1876); Timaios Locris (1779)).
7.6. Platon, siebter Brief: Die fünf
Ebenen des Wissens
Hier einige Auszüge des
Originaltextes:
[149]
.
Denn es steht damit nicht so, wie mit
anderen Lehrgegenständen: es läßt sich nicht in Worte fassen,
sondern aus lange Zeit fortgesetztem, dem Gegenstande gewidmetem
wissenschaftlichen Verkehr und aus entsprechender Lebensgemeinschaft tritt es
plötzlich in der Seele hervor wie ein durch einen abspringenden Funken
entzündetes Licht und nährt sich dann durch sich
selbst
[150]
... Wäre es aber meiner Ansicht nach
möglich, diese Dinge in einer für das Publikum befriedigenden Weise
niederzuschreiben oder mündlich vorzutragen, was könnte ich dann
für ein schöneres Werk aufweisen in meinem Leben als der Menschheit
durch solche Schrift ein großes Heil zu bescheren und das Wesen der Dinge
für alle ans Licht gezogen zu haben? Aber meines Erachtens bringt ein dahin
gerichteter (69) Versuch schwerlich einen Gewinn für die Menschen,
höchstens für die wenigen, die auf einen kleinen Wink hin selbst
imstande sind es zu finden...
... Ein drittes ist dann das
körperliche Bild, gezeichnet und wieder weggewischt, oder vom Drechsler
hergestellt und der Vernichtung preisgegeben, Veränderungen, von denen der
Kreis an sich, auf den sich alles dies bezieht, nicht betroffen wird, da er
etwas davon Verschiedenes ist.
... Das Vierte sodann ist die
wissenschaftliche Erkenntnis und die vernünftige Einsicht und die wahre
Meinung von diesen Dingen, alles Tätigkeiten, die sich
zusammenschließen zu einer Einheit, welche nicht in sprachlichen Lauten
oder in körperlichen Gebärden sich geltend macht, sondern in der Seele
ihren Sitz hat, wodurch denn klar wird, daß sie verschieden ist sowohl von
der Natur des Kreises selbst (72) wie auch von jenen vorhergenannten Punkten.
[Ebene 5] Am nächsten nun nach
Verwandtschaft und Ähnlichkeit steht dem fünften (der Idee) die
vernünftige Einsicht, während die anderen Momente ihr ferner stehen.
Das Nämliche wie von der gerundeten
Gestalt gilt natürlich auch von der geraden, und so auch von der Farbe, vom
Guten und Schönen und Gerechten, von jedem Körper, dem künstlich
hergestellten wie dem von Natur entstandenen, von Feuer, Wasser und allen
Elementen, von jedem lebenden Wesen und jeder Seelenverfassung, von jedem Tun
und Leiden.
Denn wer an einem dieser Dinge nicht
irgendwie jene vier Abstufungen erfaßt. hat (74), der wird niemals der
Erkenntnis des fünften in vollem Maße teilhaftig werden. Dazu kommt
noch, daß diese vier unteren Stufen ebenso sehr darauf ausgehen die
qualitative Beschaffenheit eines jeden Dinges aufzuzeigen als das eigentliche
Wesen desselben und zwar mit Hilfe der unzulänglichen sprachlichen
Darstellungsmittel (75).
Daher wird kein Vernünftiger es
jemals wagen das von ihm mit dem Geiste Erfaßte diesen unzulänglichen
sprachlichen Mitteln anzuvertrauen und noch dazu, wenn dieselben ein für
allemal festgelegt sind, wie es bei dem in Buchstaben Niedergeschriebenen der
Fall ist. Zum Verständnis dessen soll uns wieder das obige Beispiel
verhelfen. Jeder Kreis, der mit Mitteln der Sinneswelt gezeichnet oder von dem
Drechsler hergestellt wird, zeigt eine Fülle von Eigenschaften, die in
Widerspruch stehen mit jener fünften Erkenntnisstufe -- denn der sinnliche
Kreis gerät überall in das Gehiet des Geraden (76) -- während,
wie wir behaupten, der Kreis an sich von der gegensätzlichen Natur gar
nichts an sich hat, weder viel noch wenig.
7.7. Lucretius: On Unbounded
Space
Lucretius (1, 968):
Let us examine if it finite
be
All and entire, or reach unmeasured
round
And downward an illimitable
profound.
Thus, then, the All that is is
limited
In no one region of its onward
paths,
For then 'tmust have forever its
beyond.
And a beyond 'tis seen can never
be
For aught, unless still further on there
be
A somewhat somewhere that may bound the
same-
So that the thing be seen still on to
where
The nature of sensation of that
thing
Can follow it no longer. Now
because
Confess we must there's naught beside the
sum,
There's no beyond, and so it lacks all
end.
It matters nothing where thou post
thyself,
In whatsoever regions of the
same;
Even any place a man has set him
down
Still leaves about him the unbounded
all
Outward in all directions; or,
supposing
moment the all of space finite to
be,
If some one farthest traveller runs
forth
Unto the extreme coasts and throws
ahead
A flying spear, is't then thy wish to
think
It goes, hurled off amain, to where 'twas
sent
And shoots afar, or that some object
there
Can thwart and stop it? For the one or
other
Thou must admit; and take. Either of
which
Shuts off escape for thee, and does
compel
That thou concede the all spreads
everywhere,
Owning no confines. Since whether there
be
Aught that may block and check it so it
comes
Not where 'twas sent, nor lodges in its
goal,
Or whether borne along, in either
view
'Thas started not from any end. And
so
I'll follow on, and whereso'er thou
set
The extreme coasts, I'll query, "what
becomes
Thereafter of thy spear?" 'Twill come to
pass
That nowhere can a world's-end be, and
that
The chance for further flight prolongs
forever
The flight itself.
8. Literatur
Albarn
, K.; Smith J. M. , Steele,
S., Walker, D.: The Language of Pattern, Thames and Hudson, London
(1974)
Alexander
, C.: A Pattern Language:
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(1998)
Visible Language, Quarterly magazine, Rhode Island School of
Design
Williams, R.: The geometrical foundation of natural structure,
Dover, New York (1979)
Wizards of OS (www): http://www.mikro.org/Events/OS/
(URL)
Yates, F.: Giordano Bruno in der englischen Renaissance,
Wagenbach, Berlin (1989)
engl: Giordano Bruno and the Hermetic Tradition,
London, 1938, 1981
Yates, F.: Gedächtnis und Erinnern, VCH, Weinheim
(1990)
engl: The Art of Memory, Routledge&Kegan, London 1966
Young, A.: The geometry of meaning, Robert Briggs, Mill Valley
(1976)
The End
[21] Das Gegenteil von
dia-bolisch ???
[30] Der Begriff des
Pyramidalen Buches wurde von Robert Darnton geprägt. Darnton gibt in
seinem Artikel lediglich einige allgemeine Hinweise, daß das
Pyramidale
Buch in Schichten aufgebaut sein sollte. Meine Weiterentwicklungen betreffen
vor allem den Zusammenhang mit der Perspektive und die dynamischen Faktoren der
Wissensnavigation. Im Appendix ist ein kurzer Ausschnitt aus dem Originalartikel
von Robert Darnton beigelegt.
Weitere Materialien zum Pyramidalen Buch:
Goppold (1999d: 15-17):
http://www.noologie.de/desn05.htm
(URL)
Goppold (1999d: 109):
http://www.noologie.de/desn14.htm#DARNTON_PYRA
(URL)
Goppold (1999d):
http://www.bib.uni-wuppertal.de/elpub/fb05/diss1999/goppold/
(URL)
Vec (1999), Darnton (1999)
http://www.nybooks.com/nyrev/WWWarchdisplay.cgi
(URL)?19990318005F
...............................................................................
http://www.noologie.de/desn15.htm#PERSPECTIVE_VIEW
(URL)
...............................................................................
[32] Wissensnavigation
in
Hypermediasystemen: Der Begriff wird verwendet nach Kim Veltman:
http://www.mmi.unimaas.nl/Veltman/Sums/sumsarticles.html
(URL)
...............................................................................
[33] Robert Cailliau,
CERN
...............................................................................
[34] Shneiderman (1996,
1999)
...............................................................................
[35] Der
kritische
Augenblick hieß im alten Griechenland der
Kairos.
...............................................................................
[36] Hyper-Text ist, etwas
nüchterner betrachtet, die logische Fortsetzung des alten drucktechnischen
Prinzips der Fußnote in rekursiver Form.
...............................................................................
[37] Goppold (1983a-2000c):
http://www.noologie.de/
(URL)
...............................................................................
[38] Dies ist das Thema von
Frances Yates' bekannten Buch "The Art of Memory", Yates (1990).
Dazu auch das Projekt "Computer-Gedächtnistheater":
http://www.culture.hu-berlin.de/PM/Pro/CaG/Projektl.html
(URL)
Weitere Namen aus dem erlauchten Umkreis der damaligen
Renaissance-Visionäre, denen ich mich verpflichtet fühle, sind:
Giordano Bruno, Giulio Camillo, Robert Fludd, Marsilio Ficino, Pico della
Mirandola, Jacob Böhme, Theophrastus Bombastus Paracelsus, und last but not
least: Dr. Faustus. Weitere Bezüge auch auf die Paläste der
Erinnerung, die Augustinus vor 1600 Jahren in seinen Confessiones
genannt hat.
Eine wesentliche Verbindung besteht zu der Arbeit von
Athanasius Kircher (1602-1680), der seine Renaissance-Denkweise und
Menschheits-Vision mit der Technik der heraufziehenden Neuzeit verband, und
damals Multimedia-Ars Memoriae-Systeme entwarf, deren Konzeption in ihrer Tiefe
und Perspektive, und ihrem puren Wissenschatz, sicher noch einiges den meisten
heutigen Multimedia-Ideen voraus hatten. Er war damals in der beneidenswerten
Lage, sich in Rom sowohl am Zentrum des damaligen Weltwissens, und im Kreise der
größten Gelehrten seiner Zeit zu befinden, als auch von einem reichen
Umkreis von Sponsoren unterstützt zu werden.
...............................................................................
[39]
http://www.noologie.de/symbol01.htm
(URL)
...............................................................................
...............................................................................
...............................................................................
[42] Bekanntlich war der
letzte, der noch einen
Überblick und einen
Einblick in
alle Wissensbereiche der engeren abendländischen Kulturtradition hatte,
Gottfried Wilhelm Leibniz, ca. 1700.
Die heutige extreme Spezialisierung aller Wissenschaften ist
das Symptom der Krise, da ein Mensch nur noch auf einem winzig kleinen
Teilbereich des Wissens als Autorität auftreten kann.
Goppold (1999d: 58-61, 109, 110-111, 196)
http://www.noologie.de/desn15.htm
(URL)
http://www.noologie.de/desn23.htm#BIBLIOSPHERE
(URL)
................................................................................
[43] Resonance
(Encyclopaedia Britannica)
in physics, relatively large selective
response of an object or a system that vibrates in step or phase, with an
externally applied oscillatory force. Resonance was first investigated in
acoustical systems such as musical instruments and the human voice. An example
of acoustical resonance is the vibration induced in a violin or piano string of
a given pitch when a musical note of the same pitch is sung or played
nearby.
The concept of resonance has been extended
by analogy to certain mechanical and electrical phenomena. Mechanical resonance,
such as that produced in bridges by wind or by marching soldiers, is known to
have built up to proportions large enough to be destructive, as in the case of
the destruction of the Tacoma Narrows Bridge (q.v.) in 1940. Spacecraft,
aircraft, and surface vehicles must be designed so that the vibrations caused by
their engines or by their movement through air are kept to a safe
minimum.
Resonance in electrical systems is of a
somewhat different nature. Its occurrence in frequency-sensitive
(alternating-current) circuits makes it possible for communication devices
equipped with such circuits to accept signals of certain frequencies while
rejecting others. In a television receiver, for example, resonance occurs when
the frequency of one of the incoming signals reaching the circuit is near the
natural frequency of the circuit, which then responds by absorbing maximum
energy from the signal as the current within the circuit surges back and forth
in step with the very weak current in the antenna.
A form of resonance somewhat analogous to a
certain kind of mechanical resonance has been detected on the nuclear scale.
This phenomenon, called magnetic resonance, occurs when atoms or their nuclei
respond to the application of various magnetic fields by emitting or absorbing
electromagnetic radiation of radio and microwave frequencies. See also magnetic
resonance.
................................................................................
[44] S.a. den ähnlichen,
aber eher statischen Begriff aus der Theorie autopoietischer Systeme: die
strukturelle Koppelung.
[45]
Breidbach
(1993-1997), Brock (NeuroAe), Brock (1994),
Calvin (1989), (1991) (1996a),
Edelman (1992),
Gazzaniga (1989),
Haken (1992),
Maturana
(1982-1994a),
Pöppel (1978-1995),
Riegas (1990),
Roth (1996),
Schmidt (1987, 1991),
Spitzer (1996),
Mühlmann (1996: 30);
Brock:
http://www.uni-wuppertal.de/FB5-Hofaue/Brock/Projekte/NeuroAe2.html
(URL),
Howard
Bloom: Tools of Perception - The Construction of
Reality: History of the Global Brain, Part VII:
http://www.heise.de/tp/english/special/glob/default.html
(URL)
................................................................................
................................................................................
[47] Uexküll, in
Cassirer (1994: 23-25); Gumilev (1990) geht mit der physikalischen Metapher
noch weiter, und spricht von Phänomenen der
Induktion.
................................................................................
[48] Goppold (1999d: 40-45,
52-53).
http://www.noologie.de/desn09.htm
(URL)
In der Theorie autopoietischer Systeme wird ein
ähnlicher, aber mehr statischer Begriff verwendet: die
strukturelle
Koppelung. S.a. Maturana & Varela (1987): "Der Baum der Erkenntnis",
Maturana (1991), und Luhmann (1993) "Soziale Systeme".
................................................................................
[49] S.a. Brock (1994);
Gumilev (1990: 109, 179); Portis (1979)
Howard
Bloom: "Mammals and the Further Rise of Mind":
History of the Global Brain, Part VI:
http://www.heise.de/tp/english/special/glob/default.html
(URL)
Gumilev (1990: 178): "Animals and birds as well as men
bring up and train their offspring."
................................................................................
[50] Z.B. Konrad Lorenz und
seine Graugänse
................................................................................
[51] d.h. von der
Elterngeneration zu dem Nachwuchs.
Gumilev (1990: 179): "...'signal heredity'
is simply another name for tradition."
Cassirer (1994: 125-127, 125): [der] spezifische...
Unterschied ... der zwischen dem Werden der "Natur" und dem der "Kultur"
besteht. [Anführungszeichen im Original]... "Bildung und Umbildung
organischer Gestalten" ist das große Thema aller Morphologie der Natur...
Beweglichkeit und Dauer...
................................................................................
................................................................................
[53] Das er aber deswegen
nicht bemerken kann.
................................................................................
................................................................................
[55] Goppold (1999d:
203-206)
http://www.noologie.de/desn24.htm
(URL)
[56] Goppold (1999d: 71-72,
80, 227-228)
http://www.noologie.de/desn10.htm#SPRACHLICH_NICHTSPR
(URL)
http://www.noologie.de/desn10.htm#ALTERSSTUFEN
(URL)
http://www.noologie.de/desn25.htm
(URL)
................................................................................
................................................................................
[58] Weiteres zu den
Psycho-Schaltkreisen von Introvertierten und Extroverierten, bei Howard
Bloom:
"Pythagoras, Subkulturen und der Psycho-Bio-Schaltkreis",
History of the Global Brain, Part XVI, Bloom (www):
http://www.heise.de/tp/deutsch/special/glob/default.html
(URL)
Bloom (pyta):
http://www.heise.de/bin/tp/issue/tp.htm
(URL)?artikelnr=2624&mode=html
Robert Pirsig hat in "Zen and the Art of Motorcycle
Maintenance" eine ähnliche Charakterisierung aufgestellt.
Ebenfalls ist in diesem Zusammenhang die Theorie von Gumilev
(1990) zu nennen, der sein Konzept des "drive" einführt, dies erklärt
er ebenfalls mit physikalischen Metaphern wie "Induktion".
Goppold (1999d: 84-89):
http://www.noologie.de/desn11.htm
(URL)
................................................................................
[59] S.a. Goppold (1999a):
http://www.noologie.de/symbol09.htm
(URL)
Erdheim (1984)
Es wurden verschiedene Strategien angewandt, um zu versichern,
daß die Intellektuellen nicht doch versuchten, die Macht zu
übernehmen. Die älteste und sicherste war wohl die Kastration,
die im alten Perserreich, in den islamischen Ländern, und in China bis
Anfang des 20. Jh. verbreitet war. Das Eheverbot (Zölibat) der katholischen
Kirche war eine wesentliche Grundlage der Machtteilung mit der weltlichen,
aristokratischen, Macht, die das Vorrecht dynastischer Linien für sich
allein reservieren wollte. Somit wurde den dynastischen Tendenzen der klerikalen
Amtsinhaber eine Bremse verpaßt. (Allerdings rekrutierten sich die
höheren Chargen der Kirche traditionell meist aus den dynastischen
Familien, wie z.B. die römischen Päpste.) Alle anderen offiziellen
Erkärungen zum Sinn und Zweck des Zölibats kann man als gezielte
Desinformation ansehen.
................................................................................
[60] Goppold (1999d: 199):
http://www.noologie.de/desn23.htm
(URL)
................................................................................
[61] Um es auf einen
Kontra-Punkt zu bringen: Popper (Die offene Gesellschaft und ihre Feinde) und
Bloom (www) kritisieren zu Recht, aber auf ungenügender Wissensbasis, die
totalitären Tendenzen von Platon's Gesellschaftsmodell, da hinter Platon
das damals über viele Jahrtausende ausgefeilte System der ethischen
Schulung der
aristoi (der Adeligen) stand, die
araete. Diese Kenntnis ist in einem mindestens 3000-jährigen
(also schon zur Zeit Platons anhaltenden) Niedergang praktisch völlig
verloren gegangen. Julius Evola ist einer der sehr, sehr wenigen (aristoi), die
sowohl eine fundierte Kenntnis davon hatten, als auch die Distanz zum Faschismus
wahren konnte, obwohl er leider zu oft fälschlich als Parteigänger
desselben angesehen wurde.
................................................................................
[62]
http://www.noologie.de/symbol12.htm
(URL)
................................................................................
[63] Goppold (1999d: 139-153,
203-235), Erdheim (1984), Krauss (1904), Reichmayr (1995)
................................................................................
................................................................................
[65] Weiteres Material zu NR
und vor-industrielle Technologie:
Goppold (2000b):
http://www.noologie.de/symbol12.htm
(URL)
................................................................................
[66] Zur miltärischen
Anwendung von NR Technologie:
Goppold (2000b):
http://www.noologie.de/symbol12.htm
(URL)
................................................................................
[67] "Arbeit und Rhythmus"
(Bücher 1924)
................................................................................
[68] Goppold (1999d: 71-79,
203-235)
Goppold (1999g),
http://www.noologie.de/symbol16.htm
(URL)
Goppold (1999h),
http://www.noologie.de/symbol17.htm
(URL)
Goppold (2000b),
http://www.noologie.de/symbol12.htm
(URL)
................................................................................
................................................................................
[70] Das meßtechnische
Problem ist, daß Neuronen über die Gliazellen ja elektrisch
abgeschirmt sind, und deshalb liegt eine nicht-invasive, räumlich
richtungsgetreue (quadro-) und feinauflösende Aufnahme der Potentiale
großer Neuronenfelder und ihre Übertragung nach Außen noch ein
wenig außerhalb der technischen Machbarkeit.
................................................................................
[71] Also der "Jenseitswelt"
der Sphärenharmonien, die in dem Flammarion-Bild links erscheint.
................................................................................
................................................................................
[73] Goppold (1999d: 64-79,
139-141, 154-202), Nadin (1997), Norman (1970-1982), Spinner (1994)
................................................................................
[74] und:
www.informatik.hu-berlin.de/~fritsch/Wissen/
................................................................................
................................................................................
[76] Es sei daran erinnert,
daß eine analoge Argumentation volkswirtschaftlicher Art bei Faust II
geführt wird, als Mephisto dem Kaiser vorschlägt, Geld drucken zu
lassen, das durch die Bodenschätze, die unter der Erde des Reiches liegen,
gedeckt sein soll. Niemand denkt an den realen Aufwand (=die Kosten), der
erforderlich ist, die Bodenschätze auch wirklich zu heben. Sonst wäre
die Spekulationsblase sofort geplatzt. Ähnlichkeiten mit heutigen
Futures-and Bond Markets sind durchaus beabsichtigt.
Literatur: Binswanger (1985)
................................................................................
Weitere Literatur:
Goppold (2000a),
http://www.noologie.de/symbol08.htm
(URL)
Goppold (1999d):
http://www.bib.uni-wuppertal.de/elpub/fb05/diss1999/goppold/
(URL)http://www.noologie.de/desn.htm
(URL)
Goppold (1999g),
http://www.noologie.de/symbol16.htm
(URL)
................................................................................
[78] Goppold (2000a):
http://www.noologie.de/symbol08.htm
(URL)
Cramer 1993: 23 ff.
................................................................................
[79] S.o.:
Meta-Morphology
................................................................................
[80] Auch hierfür gibt
die Pyramide eine (sehr vereinfachende) visuelle Metapher: Stellen Sie sich die
in hunderten (oder tausenden) von Iterationen ausgerechneten Werde einer
Fraktalfunktion in Schichten übereinander angeordnet vor, und Sie erhalten
ein räumliches Gebilde, eine
Fraktale Pyramide (oder auch einen
Fraktalen Kegel, da es hier eine
Fraktaldimension ist, kommt es
auf diesen Unterschied aber nicht mehr an.)
................................................................................
[81] Der
Haupt
unterschied der MPM zur TM ist, daß eine
Metapattern Machine (MPM) unbegrenzten Zugriff auf ihre eigenen
inneren Zustände hat, die für sie ebenso
Patterns sind, wie
mögliche Inputs von außen, durch ihre Sinnes-Rezeptoren. Das
ergibt sich einfach dadurch, daß eine MPM ja kein externes Band hat,
sondern die synaptischen Verschaltungen, die auch als
State Table
im Sinne der TM angesehen werden können. Wie wir von der
konstruktivistischen Neurowissenschaft erfahren, beziehen real existierende
Neuro-Systeme der Organismen die Hauptmasse ihrer "Inputs" aus den internen
Patterns, und nicht von außen. (Maturana, Varela, Glasersfeld, v.Foerster,
Roth, Singer, Schmidt, ...)
M.E. ist diese Fähigkeit der Metapattern
Machines, ihre internen Zustände zu lesen und zu interpretieren,
etwas, das TMs nicht können: denn dies stößt auf das
Halteproblem: Eine TM1, die mit der State Table und dem Band einer
anderen TM2 konfrontiert wird, kann diese zwar emulieren, aber nicht
bewerten, d.h. nicht feststellen, ob TM2 ein valides TM Programm ist.
Ein anderer wesentlicher Unterschied ist, daß eine TM einen definierten
Zeichenvorrat hat, und vor allem einen solchen benötigt, um
überhaupt arbeiten zu können, daß aber "in der freien Natur" und
für allgemeine MPM keinerlei Vorgaben existieren, was denn eigentlich als
Zeichen zu gelten habe, und was die Schwellenwerte dafür sein
sollen. Ein Zeichen ist nur das End-Ergebnis eines schon sehr selektiven
Pattern Processing.
Ein weiterer wesentliche Unterschied besteht darin, daß
die TM das ultimate serial device ist, während die MPM die
ultimate parallel-Maschine ist. Auf Computer-Terminologie umgesetzt, ist
die Zahl der synapsen pro Neuron (1000-10000) analog zu einer Daten-Wortbreite
mit 1000-10000 bits.
Dahinter steht, hier nicht formal zu fassen, die
Möglichkeit, daß die MPM Trans-Turing Eigenschaften hat, also in
ihrer Leistung prinzipiell jenseits der heutigen Computer liegt. Ein Hinweis
darauf, daß Selbst-Referenz, dieser ultimate informatische
Inzest (J. Weizenbaum), für die MPM eine
ganz normale Selbsverständlichkeit ist.
................................................................................
[82] Dies ist eine alte
architektonische Faustregel, die schon den alten Pyramidenbauern bekannt war: In
unserem Fall handelt es sich um eine
historische Perspektive, also den
Blick über die Zeit. Auch hier zeigt sich die Weitsicht und die Erfahrung
der alten Ägypter, die alles an Dauerhaftigkeit übertrifft, was die
Menschheit nach ihnen konstruieren konnte: Das Leuchtturm von Alexandria war
(mit Unsicherheitsfaktor 50m) etwa genauso hoch wie die Cheops-Pyramide (147 m),
und stand von -280 bis ca. 1300, als er durch ein Erdbeben zerstört wurde,
insgesamt etwa 1500 Jahre. Die Cheops-Pyramide widersteht den schwersten nur
möglichen Erdbeben, sie wurde ca. -2500 erbaut, ist also 4500 Jahre, damit
dreimal so alt, und hat gute Chancen, noch einige 10.000 Jahre länger zu
überdauern. Sie repräsentiert damit im Produkt von Alter und Höhe
einen nie wieder angenäherten Rekord. Die zu erwartende Lebensdauer unserer
heutigen Wolkenkratzer und Türme ist vielleicht max. 200-300 Jahre, wegen
der sehr korrosionsanfälligen Stahlbeton-Bauweise, und wegen der immensen
Personal- und Energiekosten, um ein solches Gebäude gerauchsfähig zu
halten. (Stahlbeton-Brücken sind noch kurzlebiger und müssen ca. alle
50 Jahre grundrenoviert werden).
................................................................................
[83] Goppold (1999d: 71-73,
76-79, 87-88, 203-227)
http://www.noologie.de/desn10.htm
(URL)
http://www.noologie.de/desn19.htm
(URL)
http://www.noologie.de/desn24.htm
(URL)
................................................................................
[84] Siehe dazu die Diagramme
des Abschnitts: "Die neue Kunst der Perspektive". Gebser hat schon vor 50 Jahren
den Weg gewiesen, aber heute müssen alle Erkenntnisse der heutigen
Wissenschaft und Technologie, über die Gebser nicht verfügte,
eingearbeitet werden. Und hier sind die letzten 50 Jahre seit Gebser eine
entscheidende Periode, in der sich die Nebelwand gelichtet hat, hinter der die
Dynamiken unserer Zukunft verborgen waren.
................................................................................
[85] Aber hier sei auf
bestehende philosophische Ansätze, wie den von Hegel und Gotthard
Günther, hingewiesen.
................................................................................
[86] Die Mathematik
entwickelte sich seit 2300 Jahren unter den erheblichen medialen Zwängen
der dominanten (Verbal-) Schrift und der Drucktechnik, die einseitig auf diese
Schrift hin optimiert war. Mathematisches Denken weist aber eine
grundsätzliche Non-Kommensurabilität mit dem verbalen Schriftdenken
auf. So fielen die andersartigen Bedürfnisse mathematischer Ausdrucksweise
"unter den Tisch" und wurden in ein Prokrustesbett der vorherrschenden
Kommunikationsmedien eingepreßt.
Zur tiefergehenden Argumentation muß die
Sequentialisierung der Mathematik beachtet werden, die seit Euklid den Formen
der Schrift angepaßt wurde, während die früher vorherrschende
betrachtende, geometrische Weise, zurückgedrängt wurde. Der letzte,
der diese alte Methode einsetzte, war Kepler. Das war aber zur Zeit von
Descartes, mit dem die analytische Geometrie ihren Siegeszug antrat, und die
Mathematik danach prägte.
................................................................................
[87] So sei auf Mathematica
verwiesen, aber auch Simulationsprogramme vieler Art.
................................................................................
[88] Etwa dem Faktor 7-10,
zwischen Höhe und Volumen. Der Unterbau auf 1/2 Höhe hat etwa 6/7 bis
9/10 des Gesamtgewichts.
................................................................................
................................................................................
[90] Z.B. das "Game of Life"
(Conway), Ben-Jacob (1998), Edelman (1992).
................................................................................
[91] The cosmologist
Tipler describes the importance of pattern continuity as criterium for
identity (1994: 164, 282-284, 291-293).
................................................................................
[92]
http://www.noologie.de/desn07.htm#SEINWERDEN
(URL)
................................................................................
[93] Auch hier gibt es einen
subtilen Bedeutungsunterschied zum Englischen, denn im Deutschen Wort
Gedächtnis ist eine starke Assoziation an (verbales)
Denken
enthalten, die aber hier nicht zutrifft.
................................................................................
[95] Diese Zahlenbeispiele
sind natürlich mit einer gewissen Freiheit demonstrationshalber
gewählt. Z.B. kann man den Buchdruck auch um 1200, das (unsichere) Datum
seiner Erfindung in China oder Korea, ansetzen. Aber 5000 Jahre ist ziemlich
exakt das Alter der Schrift. Über die älteren Daten läßt
sich noch besser streiten, da jederzeit neue archäologische Funde die
Situation verändern können.
................................................................................
[96] Goppold (1999d: 40-46),
http://www.noologie.de/desn09.htm
(URL)
................................................................................
[97] Hier spielen die alten
Aristotelischen Begriffe der
Causa Finalis und der
Entelechie ihre
Rolle. Es ist in der Terminologie wichtig, Anthropomorphismen zu vermeiden.
Wissen ist ein Sonderfall des allgemeinen Systems von
Pattern-Transmission in der Biosphäre.
................................................................................
[98] Goppold (1999d: 40-52,
116-118)
http://www.noologie.de/desn09.htm
(URL)
http://www.noologie.de/desn16.htm#SEMIOSPHERE
(URL)
................................................................................
[99] Howard
Bloom:
"Creative Nets in the Precambrian Age", History of the Global Brain, Part II,
Bloom (www). http://www.heise.de/tp/english/special/glob/default.html
(URL)
................................................................................
................................................................................
[101]
Sekundärliteratur:
Breidbach (1993), (1997) and Brock (NeuroAe), Brock
(1994),
Calvin (1989-1996b),
Edelman (1992),
Gazzaniga (1989),
Haken
(1992),
Maturana (1982-1994a),
Pöppel (1978-1995),
Riegas (1990),
Roth (1996),
Schmidt (1987, 1991),
Singer (1992),
Spitzer
(1996)
................................................................................
[102]
http://www.noologie.de/desn16.htm#SEMIOSPHERE
(URL)
................................................................................
Goppold (1999d: 191-202):
http://www.noologie.de/desn23.htm
(URL)
................................................................................
[104] Es gibt dem Ganzen
noch eine pikante Note, daß er das Ganze schriftlich macht, und mit seinen
gesammelten Werken der erste Vielschreiber der Menschheit ist. Er scheint sich
um diesen Widerspruch wenig gekümmert zu haben.
Weiteres Material dazu:
Goppold (1994):
http://www.noologie.de/plato07.htm
(URL)
Goppold (1994):
http://www.noologie.de/plato08.htm
(URL)
................................................................................
[105] Goppold (1999d:
116-120, 137):
http://www.noologie.de/desn16.htm#SEMIOSPHERE
(URL)
................................................................................
................................................................................
[107] Siehe die obige
Diskussion von: "der Antagonismus von Intellekt und Charisma"
................................................................................
[108] Dechend (1977-1997),
Strehlow (1971).
................................................................................
[109] Dies ist mit heutiger
SW-Design Philosophie noch nicht gegeben, weil es sich kapitalmäßig
nicht auszahlt, für vielleicht 1-5 % Power Users noch einmal 10-20 % mehr
Kapital zu investieren, wenn sie nur 1-5 % des Gesamtumsatzes bringen. Hier
müssen andere Strategien von Value-Added Services entwickelt werden, die
aber bei den bestehenden Copyright Secrecy Blockaden der Implementationen nicht
möglich sind.
................................................................................
[110]
Spinner (1997: 507): "Ein Bild sagt mehr als tausend Worte", lehrt das
Sprichwort. Aber trotzdem informiert es in der Regel weniger
(gegenständlich eingeschränkter) und schlechter (inhaltlich ungenauer)
als eine allgemeine und exakte Theorie über größere
Zusammenhänge.
................................................................................
[111] Es liegt aber hinter
der islamischen Ornamentik noch etwas anderes, als der psychische Zwang, jede
verfügbare Oberfläche maximal zu verschnörkeln (Horror vacui).
Hier liegen andere Formen des abstrakten pictorialen
Wissens, die z.T. im
Gegensatz zur orthodoxen Islamischen Gelehrsamkeit stehen, und daher nicht
explizit gemacht werden können, und in verschlüsselter Form in der
Kultur mitgeführt werden. Falls es ein fundiertes Wissen darüber gab,
ist es im Westen ausgestorben, und falls es dazu noch Wissende in den
islamischen Ländern oder anderswo gibt, halten sie ihr Wissen gut
verborgen. Wir finden auch im Abendland eine hochentwickelte Ornamentik, die der
islamischen entspricht, in unseren Kathedralen. Die Sekundärliteratur
listet einige dieser nicht immer ganz im westlichen "scientific mainstream"
befindlichen Quellen:
Albarn (1974),
Alexander (1977),
Bain (1973), Bliss
(1978),
Critchlow (1976),
Emmer (1993), Fuller (1975),
Gombrich (1982),
Jones (1987), Lawlor (1982), Liedl (1990, 1993),
Merne (1974), Pyta-www,
Tufte (1990, 1992), Visible Language,
Williams (1979), Young
(1976).
http://members.aol.com/areoasis/Reviews/pythagoras.html
(URL)
................................................................................
[112] Wird noch weiter
unten diskutiert. S.a. die Schriften von Ivan Illich, und Goppold (1999a):
http://www.noologie.de/symbol09.htm
(URL)
Goppold (1999d: 191-202):
http://www.noologie.de/desn23.htm
(URL)
................................................................................
[113] Landauer (1995),
Tenner (1991): "Revenge Theory", Radermacher: "Rebound Effekte"
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[114] Es gibt einen etwas
dümmlichen Vergleich, der hier immer zitiert wird:
"Wenn die Autotechnologie denselben Fortschritt gemacht
hätte wie die Computertechnologie, dann würde ein Rolls-Royce heute 1
DM kosten, und eine Million Kilometer für einen Liter Benzin fahren".
Die wirkliche Situation ist aber anders: "Wenn die
Verkehrstechnologie denselben Fortschritt gemacht hätte wie die
Softwaretechnologie, dann würde jeder von uns heute mit Schlachtschiffen
und Panzerkreuzern zum Einkaufen, zum Büro, und zur Disko
fahren."
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[115] Mumford (1934, 1977),
Weitere Literatur: Diamond (1976), Gellner (1993),
Goppold (1999d: 110-111):
http://www.noologie.de/desn15.htm
(URL)
................................................................................
[116] Goppold (2000b):
http://www.noologie.de/symbol12.htm
(URL)
Goppold (2000c):
http://www.noologie.de/symbol13.htm
(URL)
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[117] "Lego" ist ein
geschütztes Warenzeichen.
[118] Das bringt darum aber
eine erhebliche Erklärungs- und Verständnis-Schwierigkeit mit sich.
Denn es ist anscheinend für technologie-orientierte Diskurse, in denen
Leistungsfähigkeit wohl automatisch und unbewußt mit Komplexität
gleichgesetzt wird, zu einfach, als daß es dort überhaupt
wahrgenommen werden kann. So, nach Erfahrung des Autors, in den letzten ca. 10
Jahren.
[119] Man kann das als
vonNeumannsches Spiel ansehen, in denen sich langfristige Machtkoalitionen der
professionellen Expertengruppen in sehr komplexen Transaktionen und
Verträgen bilden, und versuchen, möglichst viel von den knappen
gesellschaftlichen Ressourcen unter ihre Kontrolle zu bringen. Eine
ausgezeichnete Analyse neben Illich liefert Straub (1990) für die Physiker.
Wie jede andere Expertengruppe haben auch die Informatiker die Tendenz, ihren
Einfluß und ihre Macht zu maximieren, und dafür zu sorgen, daß
ihre Dienste in der Gesellschaft tendentiell immer mehr gebraucht werden und
höher bezahlt werden, als vorher. Ein geflügeltes Wort in der DV
nannte es: sich unentbehrlich programmieren. Man interpretiere das Y2K Problem
unter diesem Aspekt. Deshalb ist es von Informatikern kaum zu erwarten,
daß sie sich ernsthaft Gedanken machen, wie sie sich vielleicht
überflüssig machen könnten. Selbstverständlich ist diese
Argumentation ein wenig verkürzt. Für tiefschürfendere Argumente
siehe Landauer (1995), Goppold (1999a), Illich (1978) und Straub (1990).
[120] Cox (1996) analysiert
die Situation ebenfalls recht gut, aber da er einer der Erfinder von Objective-C
ist, ist seine "Choice of Options" natürlich schon festgelegt. Auch er
muß einen Allerwelts-Compiler bemühen.
[121] Weitere Literatur:
Goppold
(www):
http://www.noologie.de/symbol.htm
(URL)
Goppold
(2000c):
http://www.noologie.de/symbol13.htm
(URL)
Goppold (1992):
http://www.noologie.de/lpl08.htm
(URL)
Goppold
(1993):
http://www.noologie.de/lpl09.htm
(URL)
[122] Gebser (1973), Siehe
auch die Auszüge aus der Arbeit im Appendix.
Jean Gebser hat ausführlich beschrieben, wie die
Entdeckung der Perspektive in der Renaissance mit einer grundlegenden
Veränderung der Wahrnehmungsgewohnheiten, und gleichzeitig mit
grundlegender Re-Orientierung, und Umstrukturierung des Weltsystems verbunden
war.
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[123] Veltman (1986):
http://www.mmi.unimaas.nl/Veltman/Sums/sumsarticles.html
(URL)
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[124] Ein wesentlicher
Aspekt meiner Erweiterung, der hier aber nicht weiter behandelt werden kann, ist
die Verbindung zu dem Thema der Raumtiefe bei Gebsers (1973) Diskussion der
Perspektive.
[125] Ich habe diese
"Jenseitswelt" mit dem bekannten graphischen Trick der unendlichen Regression,
den Sie aus vielen Bildern schon kennen, in eine Unendlichkeit ausgedehnt, die
der heutigen Denkweise gemäß ist, während die kosmische
Jenseitswelt des Flammarion'schen Originals dagegen
flach und
platt wirkt, und in ihrer
Zweidimensionalität genau
der Gebser'schen Beschreibung des Mittelalterdenkens entspricht.
Das betrifft nicht das gedruckte Bild, das ja auf dem Papier
notwendigerweise zweidimensional ist, sondern die Denkerfahrung, unsere innere
Vision, die dabei empathisch evoziert wird. Ich komme hier auf den
Begriff von Clausberg zurück: "Das ins Auge Fassen unbeschreiblicher
Seherfahrungen"
Sie können jetzt noch mehr sehen: Das Bild der
unendlichen Regression formt eine Pyramide, deren Spitze, für uns nicht
sichtbar, im Unendlichen verschwindet, wir sehen die Pyramide nur von unten, von
ihrer Basis. Und Sie können sehen, wie die Hand des Suchers (oder des
Missionars, wie Flammarion ihn nennt) direkt auf diesen Fluchtpunkt im
Unendlichen, bzw. die Pyramidenspitze, ausgerichtet ist. Wenn Sie ganz genau
hinsehen, dann formen seine Finger die Spitze einer Gegenpyramide, die genau auf
diesen unendlichen Fluchtpunkt ausgerichtet ist. Dies mag zwar wie eine
Spielerei anmuten, aber es hat ganz wesentliche Auswirkungen, die in der
Diskussion der nächsten Figur zum Tragen kommen werden.
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[131] Wie Tertullian immer
sagte: Credo quia absurdum.
[132] Wer den Film "Asterix
in Amerika" gesehen hat, der wird das alte Motiv aus der Schrift von Lucretius
wiederfinden, als Miraculix vom Schiff des Lucullus mit einem Katapult über
den "Weltrand" befördert wird.
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[133] Das Auge auf der
Pyramide auf der US-Ein-Dollar Note ist ein äußerst vielseitiges
Symbol, das man z.B. als kennzeichnend für die heutige Globalisierung
ansehen kann. Denn wir stellen fest, daß auf der ganzen Erde, über
alle Kontinente, die Menschen diesem grünen Stück Papier, auf dem
dieses Symbol prangt, ihre Reverenz erweisen.
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[134] Goppold (1999d:
58-61, 109, 110-111, 196)
http://www.noologie.de/desn15.htm
(URL)
http://www.noologie.de/desn23.htm#BIBLIOSPHERE
(URL)
Weiteres Material: Lippe (1997).
Wir alle kennen die geläufige Interpretation: dies ist
das Auge Gottes, das in seinem ätherischen Strahlenkranz, alles sehend,
und völlig unbeeinflußt, völlig transzendent, losgelöst
über dem Weltgeschehen schwebt, das in der schweren Materie der Pyramide
eingeschlossen ist. Wir brauchen uns nur die ungeheure Plackerei der
ägyptischen Fronsklaven vorzustellen, die notwendig war, diese Pyramide zu
errichten, und wir bekommen eine direkte empathische Erfahrung von der Macht des
Projektionsmechanismus dieses Symbols, das uns die Härte und Trostlosigkeit
dieses Erdendaseins deutlich macht, und die unendliche Ferne eines Deus
Absconditus, der davon völlig losgelöst, in seinem Himmel der
Ewigkeit schwebt.
An diesem Beispiel erkennen wir eine der grundlegenden
neuronalen, empathischen Wirkungsweisen von Symbolen, die über
konditionierte Reaktionen im Neuronalsystem des Beobachters standardisierte
Erfahrungen auslösen. Je älter eingeübt und je
"selbstverständlicher" die Bedeutung eines Symbols, desto tiefer seine
neuronalen Wirkmechanismen, und desto unbewußter ist seine Wirkung.
Das wissen vor allem diejenigen am besten, die seit
unzählichen Generationen ihre Macht über die Symbole souverän
ausüben. Die hintergründige Bedeutung dieses Symbols ist folgende:
Dieses Bild zeigt Gott in seiner Transzendenz, in seiner
Außerweltlichkeit, denn sein Auge ist durch den Stahlenkranz von dem
massiven, materiellen Pyramidensockel abgetrennt. Man erinnere sich an eine
ähnliche Diagrammatik, die in der heutigen Physik verwendet wird: Den
Relativitäts-Lichtkegel als die Begrenzung aller möglicher
Welterfahrungen. Ebenso läßt sich hier eine direkte Verbindung zu dem
Objektivitätskriterium der Wissenschaft erstellen, denn auch der objektive
Forscher muß, mit seinem Beobachterauge losgelöst, über den
Dingen schweben. Die Verbindung von Methode und Technik finden wir in dem Namen
für das Linsensystem der Kamera: Das Objektiv.
S.a. Feyerabend (1975, 1993).
Wenn wir dagegen meine Komposition auf Basis dese Bildes von
Flammarion ansehen, fällt auf, daß der Sucher dort den Kontakt mit
der Pyramidenspitze von Innen aufnimmt. Dieses Bild zeigt Gott in
seiner Immanenz, denn hier finden wir beides, die materielle Welt,
wie die kosmische, im Inneren der Pyramide, damit auch innerhalb
des menschlichen Seh- und Erfahrungsfeldes. Dies ist von
entscheidender soteriologischer Bedeutung, und stellt einen der
größten Konfliktpunkte der Religionen dar. Z.b. war die gnostische
Sicht die der völligen Transzendenz Gottes, nach der alle Materie
sogar das Werk eines bösen Geistes war, des Demiourgos, wie er in
völliger Verkehrung des Platonischen Originals aus Timaios genannt wurde.
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[135] Dazu noch ein
Gedankenexperiment: Stellen Sie sich bitte vor, daß Sie auf auf der Spitze
der Pyramide der Abbildung von Fig. 3 stehen, und mit dem Kopf den Platz
einnehmen, den das Auge im Dreieck hat, so daß Ihr eigenes Auge also in
dem Schnittpunkt der Seitenkanten der Pyramide liegt. Sie erhalten dann eine so
intensive Erfahrung von konvergierenden Perspektiv-Sichtlinien, wie es in
irgendeiner realen Situation auf der Erde nur möglich ist. Dabei gehen wir
davon aus, daß die altägyptischen Pyramiden ja exakt glatte
Seitenflächen hatten, und die Kanten exakt auf gerade Linienführung
poliert waren.
Es gibt noch eine geschichtliche Verbindung: Das Auge auf
der Pyramide stammt von dem Wappen der USA, das vor ca. 200 Jahren entworfen
wurde. Es steht wahrscheinlich in direktem Zusammenhang mit dem berühmten
Ausspruch, den Napoleon etwa zur selben Zeit vor der Schlacht bei den Pyramiden,
genauer am 21. Juli 1798, getan hat: "Soldaten, von der Höhe dieser
Pyramiden schauen vierzig Jahrhunderte auf euch herab..."
->
http://www.noologie.de/desn15.htm
(URL)
Dieser Augen-Blick von der Höhe der Pyramide ist,
in der mythischen Freimaurer-Interpretation, auf der Dollarnote festgehalten
worden. Nicht ganz ohne Hintersinn ist auch die Unterschrift dieses Symbols:
"Novus Ordo Seclorum" (Neue Ordnung der Weltenalter). Auf der Spitze der
Pyramide haben wir einen Perspektivblick wie von einem hohen Turm, worauf es mir
hier ankommt.
Ich möchte Ihnen hier ein noch Gedankenexperiment
anbieten, bei dem verdeutlicht wird, was es bedeuten kann, wenn man
plötzlich mit einer völlig neuen Perspektive konfrontiert wird. Sie
haben es vielleicht schon persönlich erlebt: Stellen Sie sich vor,
daß Sie im dichten Nebel auf einem Berg gestiegen sind, und Sie haben nur
hier und da ein paar schemenartige Fetzen von Bildern gesehen, und nun
reißt die Nebelwand auf, und Sie stehen plötzlich vor dem
atemberaubensten Panorama, das Sie sich vorstellen können. Sie können
sich die seelische Gewalt einer solchen Erfahrung sicher gut vorstellen.
Abstrahieren wir nun das sinnliche Erlebnis der Landschaft zu
einer mehr intellektuellen Erfahrung, die Wissenschaftler manchmal haben, und
wir finden hier die raren Augenblicke wahrer Entdeckung, die ein Forscherleben
krönen, und wir finden hier auch das Zeugnis, das uns von Petrarca von
seiner Besteigung des Mt. Ventoux hinterlassen hat, und das Jean Gebser in
seiner epochalen Bedeutung für die geistige und seelische Entwicklung des
Abendlandes herausgearbeitet hat. (Gebser 1973)
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[136] Goppold (2000b):
http://www.noologie.de/symbol12.htm
(URL)
................................................................................
[137] Weiteres Material:
Goppold (1999d: 54-57):
http://www.noologie.de/desn09.htm#FAUSTVIRT
(URL)
Goppold (1999d: 58-63):
http://www.noologie.de/desn09.htm#MENSCHZEITSTRU
(URL)
Goppold
(2000a):
http://www.noologie.de/symbol08.htm
(URL)
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[139] Die Fähigkeit,
die Tiefenstrukturen der menschlichen Geistesentwicklung zu erfassen, und
Projektionen auf die Zukunft zu entwerfen, nenne ich hier
Die Kunst der
historischen Perspektive. Spengler (1980) nannte das
Kulturmorphologie, und alle großen Historiker (z.B. Vico, Gibbon,
Ranke, Toynbee, Gebser, Gumilev) hatten ihre spezielle Sichtweise
davon.
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[140] Zitat aus Goppold
(1999g): http://www.noologie.de/symbol16.htm
(URL)
Goppold (1999g): Using a term by Paul
Virilio (1998), the above perspective view can be called an Event
Landscape. It is like the view from a high mountain, as that related by
Petrarca 1335 on the summit of Mt. Ventoux (Gebser 1973: 38-45), or that related
in the Bible in Matth 4,3-11 and Luc. 4,3-13. It is the grand panorama over the
history of the universe, of which Heraklit said in B 64: ta de panta oiakizei
Keraunos. It is a perspective that can rightly only be enjoyed by God,
because it is too good for us mere mortals.
Zitat aus Virilo:
Virilio (1998): Für Gott ist die
Geschichte eine Ereignislandschaft. Für ihn gibt es keine Abfolge, weil
alles gleichzeitig da ist... Diese nur schwer vorstellbare transhistorische
Landschaft erstreckt sich über alle Zeitalter hinweg, von einer Ewigkeit
bis zur anderen. Und dieser kaum denkbaren Zone entspringen seit Anbeginn der
Zeit die Generationen, die sich durch ihren beständigen Wandel gegen den
Horizont einer ewigen Gegenwart abzeichnen... Eine Zeitlandschaft, in der die
Ereignisse unversehens an die Stelle der Oberflächengestalt... treten, in
der Vergangenheit und Zukunft aus ein und derselben Bewegung hervorgehen und
ihre Gleichzeitigkeit offensichtlich zutage tritt.
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................................................................................
http://www.noologie.de/desn09.htm
(URL)
http://www.noologie.de/desn17.htm
(URL)
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http://www.noologie.de/desn07.htm#FORMSUBST
(URL)
http://www.noologie.de/desn17.htm
(URL)
[144] Darnton (1999)
http://www.nybooks.com/nyrev/WWWarchdisplay.cgi
(URL)?19990318005F
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[146] Die Urmotive des
Bildes stammen nach meinen Kenntnissen aus der antiken Literatur zur
Unendlichkeit des kosmischen Raumes: Archytas und Lucretius (1, 968), und der
Rezeption durch John Locke.
->:
UNENDL_KOSMOS, p.
43
................................................................................
[147]
http://www.noologie.de/desn16.htm#PATICCA_SAMUPPADA
(URL)
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[148] Gumilev (1987-1990)
beschreibt in seinen Büchern, daß man historisches Quellenmaterial
immer "gegen den Strich" lesen muß, denn wenn etwas aufgeschrieben wurde,
dann hatte der Schreiber immer eine "Agenda", und die war nicht, daß er
die Historiker der Nachwelt möglichst genau darüber informieren
wollte, "wie es wirklich war".
http://www.newciv.org/ISSS_Primer/seminarp.html
(URL)
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[150] Siehe Fulguration:
Konrad Lorenz (1992), und Gumilev:
Gumilev (1990: 198): ... "lightning is
energy, in my language anti-entropic impulses that with their rise disrupt the
processes of death, the entropy of the Universe. Force, the cause provoking
acceleration, saves Cosmos from conversion into Chaos, and the name of this
force is Life. But in the eternal war of the protogenic elements, the servants
of Kronos, the hundred-handed giants or asura (Sanskrit), lose nothing because
they have nothing to lose. Kronos changed their appearance every second, and so
deprived them of personal qualities and properties."
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