Noologie, Teil IV:
Natürliche Führerschaft und Charisma.
What They Can't Teach You at Harvard Business School
Vorwort
Dieser Teil der Noo-Serie ist in der augenblicklichen Fassung eine Inhalts-Programmatik für eine spätere ausführliche Schrift, wie die Handlungs- und Macht-Theorien von Teil I bis III in einem Modell der Führerschaft weiter geführt werden können. Hier sollen die Verbindungen der "Macht mit sanfter Hand", der emotionalen, empathischen Intelligenz, und des Charisma anhand praktischer Anwendungsbeispiele und als Führungstheorie ausgearbeitet werden.
1. Einführung: Die Situation der Führerschaft in Deutschland
Deutschland hat aufgrund bestimmter geschichtlicher Umstände ein "spanngsreiches" Verhältnis zu dem sozial-politischen Thema der "Elite". Man kann das deutsche Stimmungstief zu Beginn des 21. Jh.'s auch als eine "Krise der Eliten" bezeichnen. Dies wurde z.b. unlängst (Mai 2004) sogar von einem der höchsten Repräsentanten deutscher Politik kritisch bemerkt, und zwar in der Abschiedsrede von Ex-Bundespräsident Johannes Rau. Generisch kann man "Elite(n)" als "Führungsschicht(en)" bezeichnen. Hier soll insbesondere das Spannungsfeld von institutioneller und natürlicher Führung behandelt werden. "Natürliche Führerschaft" oder Charisma ist so etwas wie "der Stein der Weisen" der Führung, denn man kann vieles zu und über Führerschaft lernen, trainieren, und im Assessment Center testen, aber Charisma gehört nicht in diese Kategorie. "What They Can't Teach You at Harvard Business School" kann man dazu mit einen einstmals bekannten Management-Beratungs-Buchtitel paraphrasieren. Das Thema des Charisma wurde in der Soziologie durch eine Diktion von Max Weber bekannt. Gerade in Deutschland hat man aufgrund schlechter historischer Erfahrungen mit "Führer"-Charisma besondere Probleme. Das hat aber anscheinend dazu geführt, dass sich eine Art Anti-"Führer"-Charisma-Unkultur in den deutschen Eliten festgesetzt hat.
Oswald Spengler: Die Prinzipien der sozio-kybernetischen Theorie
Es war hauptsächlich Oswald Spengler, der in seinen Studien einige der essentiellen Elemente der "natürlichen Führerschaft" und des "Charisma" herausgearbeitet hat. Die vorliegende Schrift beruht u.a. auf einer Kenntnis vor allem der wissenschaftlich nicht rezipierten Passagen in den Werken Spenglers.
Oswald Spengler ist so etwas wie der große Dr. Jeckyll und Mr. Hyde der Geschichtsphilosophie. Sein Lebenswerk ist heute praktisch nur noch für die Thesen und Theorien bekannt, in denen er sich irrte, und seine viel tiefer und weiter reichenden Entwürfe sind völlig vergessen. Der Grund dafür ist leicht zu finden: In den letzten 50 Jahren hat kaum noch jemand seine Schriften in Gänze gelesen, und alle, die über ihn schrieben, haben sich an einem Geschichtsbild und -Denken orientiert, das dem Denk-, Ideologie- und Macht-Konstellations-System (der political correctness) der Nachkriegszeit (bürgerlich-freiheitlich-demokratischer, oder marxistischer Provenienz) entstammt. Und unter diesem Bild lassen sich die Irrungen und Wirrungen Spenglers leicht aufzählen: seine bekannte falsche morphologische Kulturtheorie von pflanzenartigen, boden-verwachsenen Kultur-"Organismen", seine These von der zwingend gleichen Phasenfolge der Kulturentwicklungen in allen Weltregionen, ihr natur-gesetzlich-zwingendes Aufblühen, Entfalten, und Absterben, ihre strikte Isolation, und damit äquivalent, ihr Quasi-Parallelismus quer durch die Jahrtausende, in dem sie immer wieder dieselben Stufen und Ausformungen durchlaufen. Beispielhaft für diese Einschätzung ist die Kritik von Jaspers (1955: 264), oder das Nachwort von Koktanek "Oswald Spengler in unserer Zeit" in (Spengler 1980: 1250-1296), oder das Buch von Felken (1988).
Die visionären Beiträge Spenglers wurden dabei wohl übersehen. Ein weiterer wesentlicher Grund dieser Fehleinschätzung ist, daß das morphologische Denken als (mögliche) Kulturtechnologie verlorengegangen ist. Natürlich waren die Kulturmorphologen Frobenius und Spengler in einem Denk- und Wertesystem der Jahrhundertwende befangen, das nach 1945 "zum alten Eisen" gehörte, und da sie einer gewissen Deutschtümelei anhingen, war ihre Denkweise nachher auch nicht mehr "politically correct". Jaspers (1955: 264) drückt es wohl ganz präzise aus: "Morphologische Gestaltfolgen werden kausal aufgefaßt". Nur wer versteht hier wen nicht? Nach Spengler war niemand mehr in der Lage, morphologische Gestaltfolgen auch morphologisch interpretieren. Denn Spengler hat es ausdrücklich klar genug gemacht, dass Morphologisches Denken einen ganz anderen Charakter hat, als kausal / rational basierendes. Aber um das genauer zu differenzieren, fehlte die geeignete Sprache, und so ist es leicht, morphologische Aussagen mit rationalistischer Brille zu fehl-interpretieren.
Wenn man seine Werke mit der entsprechenden Unterscheidung liest, können wir bei Spengler die wesentlichen Prinzipien einer sozio-kybernetischen Theorie schon vorweg-genommen finden. (Natürlich kann man ihn auch als Vorläufer heutiger sozio-biologischer Theorien ansehen, wie etwa von Howard Bloom, aber das ist hier nicht beabsichtigt).
[835] Man muß nur einige seiner Schlüsselworte, die wie Fußangeln zur Fehl-Interpretation einladen, entschärfen. Das gefährlichste Schlüsselwort ist der Begriff der
Rasse: So wie er es gebraucht, hat
Rasse nichts mit Biologie und Darwinismus zu tun, sondern sie ist ein
kulturelles Phänomen, dessen hervorstechende Charakteristik er mit dem Begriff
Takt assoziiert. Und Takt ist wiederum eine Erscheinung aus der Phänomenologie der
Neuronalen Resonanz. Was Spenglers Missverständnis des "Faustischen" bei Goethe angeht, das habe ich in Teil II ausführlich behandelt.
[836]
Die folgenden Zitate sind aus Spengler (1980).
Aber während die Antike, an der Spitze das Forum von Rom, die Volksmasse zu einem sichtbaren und dichten Körper zusammenzog, um ihn zu zwingen, von seinen Rechten den Gebrauch zu machen, den man wollte, schuf "gleichzeitig" die europäisch-amerikanische Politik durch die Presse ein Kraftfeld von geistigen und Geldspannungen über die ganze Erde hin, in das jeder einzelne eingeordnet ist, ohne daß es ihm zum Bewußtsein kommt, so daß er denken, wollen und handeln muß, wie es irgendwo in der Ferne eine herrschende Persönlichkeit für zweckmäßig hält. Das ist Dynamik gegen Statik, faustisches gegen apollinisches Weltgefühl, das Pathos der dritten Dimension gegen die reine, sinnliche Gegenwart. Man spricht nicht von Mann zu Mann; die Presse und in Verbindung mit ihr der elektrische Nachrichtendienst halten das Wachsein ganzer Völker und Kontinente unter dem betäubenden Trommelfeuer von Sätzen, Schlagworten, Standpunkten, Szenen, Gefühlen, Tag für Tag, Jahr für Jahr, so daß jedes Ich zur bloßen Funktion eines ungeheuren geistigen Etwas wird. Das Geld nimmt seinen politischen Weg nicht als Metall aus einer Hand in die andre. Es verwandelt sich nicht in Spiele und Wein. Es wird in Kraft umgesetzt und bestimmt durch seine Menge die Intensität dieser Bearbeitung.
(1137-1138)
Die Demokratie hat das Buch aus dem Geistesleben der Volksmassen vollständig durch die Zeitung verdrängt. Die Bücherwelt mit ihrem Reichtum an Gesichtspunkten, die das Denken zur Auswahl und Kritik nötigte, ist nur noch für enge Kreise ein wirklicher Besitz. Das Volk liest die eine, "seine" Zeitung, die in Millionen Exemplaren täglich in alle Häuser dringt, die Geister vom frühen Morgen an in ihren Bahn zieht, durch ihre Anlage die Bücher in Vergessenheit bringt, und, wenn eins oder das andre doch einmal in den Gesichtskreis tritt, seine Wirkung durch eine vorweggenommene Kritik ausschaltet.
(1139)
Geld ist zuletzt die Form von geistiger Energie, in welcher der Herrscherwille, die politische, soziale, technische, gedankliche Gestaltungskraft, die Sehnsucht nach einem Leben von großem Zuschnitt zusammengefaßt sind. Shaw hat vollkommen recht: "Die allgemeine Achtung vor dem Gelde ist die einzige hoffnungsvolle Tatsache in unserer Zivilisation... Geld und Leben sind unzertrennlich... Geld ist das Leben."(1) Zivilisation bezeichnet also die Stufe einer Kultur, auf welcher Tradition und Persönlichkeit ihre unmittelbare Geltung verloren haben und jede Idee zunächst in Geld umgedacht werden muß, um verwirklicht zu werden. Am Anfang war man begütert, weil man mächtig war. Jetzt ist man mächtig, weil man Geld hat. Erst das Geld erhebt den Geist auf den Thron. Demokratie ist die vollendete Gleichsetzung von Geld und politischer Macht.
(3) Es steht mit dem bürgerlichen Ideal der Freiheit nicht anders. In der Theorie und also auch in Verfassungen mag man grundsätzlich frei sein. Im wirklichen Privatleben der Städte ist man unabhängig nur durch das Geld.
[1] Vorwort zu "Major Barbara".
(1167)
Weltwirtschaft ist die zur Tatsache gewordene Wirtschaft in abstrakten, vom Boden völlig fortgedachten, verflüssigten Werten.
(1167-1168)
Die Erfindung des klassisch geformten Geldkörpers aber ist so außerordentlich, daß wir seine tiefe, rein antike Bedeutung noch gar nicht begriffen haben. Wir halten ihn für eine jener berühmten "Errungenschaften der Menschheit". ... Die Münze als Geld ist eine rein antike Erscheinung und nur in einer ganz euklidisch gedachten Umgebung möglich; ...
(1169-1170)
Aber daneben hat das Abendland in starrer Bewunderung der Antike Münzen geprägt, nicht nur als Hoheitszeichen, sondern in dem Glauben, daß das bewiesenes Geld sei, dem Wirtschaftsdenken wirklich entsprechendes Geld. Ganz ebenso ist schon in gotischer Zeit das römische Recht übernommen worden mit seiner Gleichsetzung von Sache und körperlicher Größe, und die euklidische Mathematik, die auf dem Begriff der Zahl als Größe aufgebaut war. So kam es, daß die Entwicklung dieser drei geistigen Formenwelten sich nicht wie die der faustischen Musik in rein aufblühender Entfaltung vollzog, sondern in Gestalt einer fortschreitenden Emanzipation vom Größenbegriff.
(1175)
Die Banken und damit die Börsen haben sich seit 1789 am Kreditbedürfnis der ins Ungeheure wachsenden Industrie zur eigenen Macht entwickelt und sie wollen, wie das Geld in allen Zivilisationen, die einzige Macht sein. Das uralte Ringen zwischen erzeugender und erobernder Wirtschaft erhebt sich zu einem schweigenden Riesenkampf der Geister, der auf dem Boden der Weltstädte ausgefochten wird. Es ist der Verzweiflungskampf des technischen Denkens um seine Freiheit gegenüber dem Denken in Geld.(1)
[1] Dies gewaltige Ringen einer sehr kleinen Zahl stahlharter Rassenmenschen von ungeheurem Verstand, wovon der einfache Städter weder etwas sieht noch versteht, läßt von fern betrachtet, welthistorisch also, den bloßen Interessenkampf zwischen Unternehmertum und Arbeitersozialismus zur flachen Bedeutungslosigkeit herabsinken. Die Arbeiterbewegung ist, was ihre Führer aus ihr machen, und der Haß gegen die Inhaber der industriellen Führerarbeit hat sie längst in den Dienst der Börse gestellt. Der praktische Kommunismus mit seinem "Klassenkampf", einer heute längst veralteten und unecht gewordenen Phrase, ist nichts als ein zuverlässiger Diener des Großkapitals, das ihn wohl zu benützen weiß.
(1192)
2. Natürliche Führerschaft und Charisma
Definition, ihre Wiedererweckung in einer Welt im Umbruch. Die Grossen Traditionen der Natürlichen Führerschaft. Geschichtliche Beispiele. Heute und Ausblicke in die Zukunft.
Das Gottkönigtum der Altwelt-Menschheit. Die Arbeiten von Julius Evola zur spirituellen Legitimation der Herrschaft. Das Chinesische Kaisertum und das Mandat des Himmels. Seine letzten Rudimente im Japanischen Kaisertum. Das Römische Gottkaisertum und seine Aufspaltung in politische und geistige Führung im Christlichen Abendland. Mohammed und die Begründung des arabisch-islamischen Khalifats (siehe auch die folgenden Kapitel). Versuche zur Wieder-Vereinigung der politischen und geistigen Führung in der Geschichte des Abendlands als Antwort auf die islamische Herausforderung. Die Staufer-Kaiser, die Renaissance-Päpste, die grossen Mönchsorden der Christenheit: Benediktiner, Zisterzienser, Franziskaner, Jesuiten und ihre charismatischen Gründer. Der Jesuiten-Orden als Spiegelbild islamischer Krieger-Orden: Murabatim, Mameluken und Janitscharen. Max Weber und die Ablösung der spirituell- charismatischen Führerschaft durch die institutionell- hierarchisch- organisatorisch- technokratische. Die Untergänge der alteuropäischen Zivilisation von der Französischen Revolution bis zu den 1.&2. Weltkriegen als Fanal / Final. Julius Evola, Oswald Spengler, und die neuzeitlichen Ansätze zur Re-Institution der charismatischen Führerschaft: Faschismus, Mussolini, Hitler und ihre Folgen. Neu-Ansätze der spirituellen Legitimation der Führerschaft: Mutter Theresa, Karol Wojtyla, und die Wiederkunft des Machtpolitik-Papsttums. Ayatolla Khomeini und die Wiederkunft des Islamischen Khalifats. Die Buddhistische Tradition der Spirituellen Führerschaft, Mönchstum und Gottkönigtum, Tulkus, Rinpoches, und der Dalai Lama. New-Age Gurus, Charisma, Sex und Macht. Macht und Herrschaft statt aus den Läufen der Gewehre nun über die Bildschirme der Fernseher und Computer: Technokratie, Mediokratie und Weltherrschaft. Das Imperium von IBM und "veni vidi vici", das Kommen des Gross-Usurpators Bill Gates. Die neuen Kampfzonen des dritten Weltkriegs: Maschinen- und Denk-Software: Computer-Viren, Informationskrieg und der Global-Kampf der Glaubens- und Religions-Systeme.
3. Die fehlende soziale Qualität der natürlichen Führerschaft
Die heutige Zivilisationskrise als Krise der Eliten
Die Auswahlverfahren, Arbeitsweisen, und Denkhorizonte, Verantwortungs- und Maximierungs-Strategien heutiger Politiker und Manager. Warum der Niedergang der Natürlichen Führerschaft die Gefahr des Zusammenbruchs der Zivilisation birgt. Lähmende Folgen der Isolation der universitären Elite von der politischen und wirtschaftlichen. Das Spannungsfeld zwischen Faktenwissen und Handlungsfähigkeit, von rational-kognitiver und emotional-empathischer sozialer Intelligenz. Die Überkomplexität wissenschaftlich-technischer Sachverhalte und Auswirkungen als Bremsfaktor der Entscheidungsfindung. Die ethische Korruption heutiger Macht-Eliten. Der Niedergang der Natürlichen Führerschaft in Deutschland. Die grosse Vision und der Fluch des preussischen Staates. Die Vernichtung der Natürlichen Führerschaft als Folge der Nazi-Herrschaft.
4. Anti-Charisma und genetische Programmierung
Der "Untergang der Abendländischen Zivilisation":
Systematische Gründe und genetische Programmierung.
Einige Gedanken zur heutigen Konfrontation westlicher und islamischer Kulturen. Wichtige Vorbemerkung: Der Islam ist zwar auch eine Religion, aber im vorliegenden Kontext wird hauptsächlich seine Eigenschaft als Instrument und Agentium der sozio-politischen Praxis betrachtet. Das ist nicht immer und nicht notwendigerweise aus dem Inhalt des Koran abzuleiten.
[837] Die zwei grossen Traditionen des islamischen charismatischen Führertums: Das Khalifat und die Shiitische Tradition der Nachkommen Ali's. Der Islam hat wie kein anderes soziales Grossexperiment der Menschheitsgeschichte die Verbindung spiritueller und politisch- / militärisch- / organisatorischer Führung mit solch unerbittlicher Konsequenz verfolgt, und zu solcher Höhe gebracht. Und deswegen stand das christliche Abend-Land schon mehrmals vor dem "Untergang", und es war sicher auch nicht das letzte Mal. Die heutige Macht-Politik der USA unterstützt einerseits die reaktionärsten Kräfte der islamischen Welt (z.B. die wahhabitischen Saudi-Herrscher) mit Billionen von Petro-Dollars und fordert gleichzeitig mit militärischen Macht-Konfrontationen die radikal-islamischen Kräfte heraus. Dies wird mit grosser Wahrscheinlichkeit genau den entgegengesetzten Erfolg haben, den es bezweckt: Es wird den "schlafenden Giganten" des islamisch-arabischen Khalifats, der "wahren charismatischen Führerschaft" wieder erwecken, und alle "Wahren Gäubigen" zum "Finalen Djihad" aufrufen. In biblischer Version ist das das Armaggedon. Die Muslime haben mehr Erfahrung mit charismatischen Führertum als der christliche Westen (siehe nächster Abschnitt). Und es wird sich noch zeigen, was auf den Schlachtfeldern des "asymmetrischen Krieges" der letztlich entscheidende Faktor sein wird: Ferngelenkte Smart Bombs oder "wirklich" intelligente, mit Atom- / Chemie- / Biologie-Waffen ausgestattete, zu allem entschlossene Gottes-Krieger, denen der eigene oder andere Massentod völlig gleichgültig ist. Die komplexe westliche Zivilisation ist im irregulären Krieg sehr viel verwundbarer als die "self-sufficient" Nomadenkulturen, in denen der Islam einmal entstanden ist. Und wenn erst einmal der Planet eine atomar verstrahle Wüste ist, können sich auch die alten Nomaden-Tugenden wieder bestens bewähren.
[838]
5. Wer die Geschichte nicht kennt, ist gezwungen sie zu wiederholen.
Georges Santayana and The Lessons of History: Eine "spirituelle" Idee als das grösste eugenische Langzeit-Massen-Experiment im Jahre 1400 vor Adolf. Als Benedikt von Nursia sein mönchisches Programm im Jahre 527 installierte, setzte er zwar einen wesentlichen Grundstein für den spirituellen und organisatorischen Aufstieg Europas. Aber er setzte damit auch ein fatales genetisches Anti-Selektions-Programm in Bewegung. Aufgrund des Massenerfolges der Mönchsbewegung und dem damit essentiell verbundenen christlichen Zölibat wurde in den folgenden 1300 Jahren in Europa mit sehr folgenreichem Erfolg das genetische Potential spirituell und politisch gleichzeitig begabter Menschen aus der Gesamtbevölkerung herausselektiert.
Eine der grossen Tragödien der Menschheitsgeschichte: Was wir heute aus dem Untergang der Buddhistischen Sonnenreiche lernen können, die sich von 200 BC bis ca. 1000 CE von Zentral-Asien, Kushan und Baktrien, über Indien, bis Java und Sumatra erstreckten. Von den Wolkenmädchen zu Purdah und Schleierzwang: Die Zerstörung eines Weltreiches der Toleranz und der Lebens-Leichtigkeit durch den Islamischen Djihad. Die Zivilisations-Untergänge der zentral-asiatischen Seidenstrassen-Kulturen, Dunhuang, Mogao, Bamyian, über Khajurao bis Borobudhur, und ihre heutigen Nachfolger, die nur den einen, exklusiven, und einzig wahren Glauben dulden. Das Symbol-Ereignis: Die Sprengung der Buddha-Statuen von Bamyian durch die Taliban. Das Mönchstum, das den Aufstieg der Buddhistischen Zivilisationen begründet hatte, ist auch eine genetische (Mit-) Ursache für ihren Untergang: Aufsaugen und Eliminieren des spirituell-politischen Potentials durch Selbst-Sterilisation der Elite. Das genetische Kontrast-Programm des Islam: hunderte Frauen (und tausende Kinder) in den Harems der politisch Mächtigen. Zwar sind die Rekorde der Ober-Potenz-Potentaten der Vergangenheit wohl heute kaum noch zu überbieten,
[839] aber es lässt sich feststellen, dass in Saudi-Arabien die Königsfamilie mit ihren leiblichen Nachkommen die gesamte Herrschafts-Struktur ihres Landes unter sich aufgeteilt hat. Das sorgt dann für den entsprechenden sozialen Sprengstoff, weil alle anderen jungen Saudis in dieser Struktur keine Aufstiegschance haben.
6. Das Quartett der Zeitbomben
Oder: Die Vier Apokalyptischen Reiter des Untergangs.
Auf dieser Stufe beginnt in allen Zivilisationen das mehrhundertjährige Stadium einer entsetzlichen Entvölkerung. Die ganze Pyramide des kulturfähigen Menschentums verschwindet. Sie wird von der Spitze herab abgebaut, zuerst die Weltstädte, dann die Provinzstädte, endlich das Land, das durch die über alles Maß anwachsende Landflucht seiner besten Bevölkerung eine Zeitlang das Leerwerden der Städte verzögert. Nur das primitive Blut bleibt zuletzt übrig, aber seiner starken und zukunftreichen Elemente beraubt. Es entsteht der Typus des Fellachen.
Spengler (1980, 681)
Die Vier Apokalyptischen Reiter des Untergangs manifestieren sich als die folgenden Global-Phänomene:
1) Die ökologische Zerstörung der Biosphäre durch Global-Hyper-Kapitalismus.
2) Die galloppierende Vergreisung der westlich-abendländischen Bevölkerungen.
3) Die rapide weiter zunehmende Versteppung und Verwüstung der hauptsächlichen islamischen Kernterritorien. In Folge Wasserknappheit und Kriege um Wasser-Ressourcen. Im Epizentrum des Konfliktgebiets: Israel und Palästina.
4) Die gleichzeitig weiter explodierende Bevölkerung in diesen Gebieten. Hunderte von Millionen unzufriedener verzweifelter junger Männer auf der Suche nach den gelobten Ländern, wo sie ihre weiter explodierende Nachkommenschaft aufziehen können.
Die klare Stossrichtung der Expansion: Europa. Daraus folgt: Das Armaggedon ist in den nächsten ca. 50 Jahren zu erwarten.
7. Ausblicke und Lösungsansätze
Nach den vorangegangenen eher katastrophisch angehauchten Szenarien ist es Zeit, die Marschrichtung umzukehren. Erstens ist es das Privileg jeder Kultur- / Macht- / Polit- / Religions-historischen Theorie, schon nach ein bis zwei Generationen als völlig falsch erkannt zu werden da, anders als in der Naturwissenschaft, kein Experiment wiederholt werden kann, und vor allem weil diejenigen, die sich die Experimente und Theorien ausdenken, meist nicht die sind, die sie dann in die Tat umsetzen. Siehe dazu die katastrophalen Folgen der Aufklärung in der Französischen Revolution, von Marx und dem Kommunismus, sowie die Arbeiten von Evola und Spengler und dem Faschismus.
Wie in den folgenden Kapiteln erläutert wird, liefern uns heutige wissenschaftliche Chaos-Theorie- und Thermodynamik-Modelle (cum grano salis) neue Interpretations- und Erklärungsmöglichkeiten, die früheren Politik- und Gesellschaftswissenschaftlern nicht zur Verfügung standen. Zu Recht kommen uns daher heute die grossen Geschichtsmodelle von Vico, Spengler, Toynbee, Jaspers, und allen weniger bekannten Interpreten des Gross-Dramas der Weltgeschichte etwas altbacken vor. Chaos-Theorie- und Thermodynamik-Modelle lassen sich hervorragend auf die komplex interagierenden Formen anwenden, die in so verwirrenden Faktoren erscheinen, wie menschliche und natürliche Fruchtbarkeit, soziale Permissivität und Rigidität, und wie sie im augenblicklich erscheinenden Kampf der Kulturen (nach Huntingdon) über die Einzelschicksale von Menschen, Nationen und Religionsgemeinschaften zum Grossdrama der Weltgeschichte ausgespielt werden. Lev Gumilev hat hier grundlegende Vorarbeit geleistet.
Vom Islam lernen: Spirituelle Essentials im täglichen Leben
Die Re-Integration gewisser spiritueller Essentials in das tägliche Leben.
Es ist irrelevant, zu welchem Gott man wie betet, Hauptsache man tut es ca. 5 mal am Tag, regelmässig, und alle anderen tun es auch. Das regelmässige Beten des Islam als sozio-hygienische Prozedur ist eine Erweiterung und Verbesserung des jüdischen Prinzips des Sabbath. Es lässt sich auch so ausdrücken: Das Ruhen der profanen Aktivitäten zu ganz bestimmten geregelten Zeiten wirkte für die Integration der Gesamtgesellschaft wie die Pfeiler einer Kathedrale, nur mit dem Unterschied, dass sie aus "Nichts" bestehen, bzw. aus der Umkehrung des Materiellen, was man auch "das Spirituelle" nennen mag, wenn man will. Die mehrfache Verneigung ist auch ohne Beten zu einem Gott als spirituelle Technik sehr wirksam. Im indischen Yoga existiert z.B. die Übung der Surya Namaskar, der "Sonnengruss", die eine ähnliche spirituelle Wirkung hat, wie die islamischen Verbeugungen, und sie ist auch gut geeignet für ganz profane physische Konditionierung. Ebenso gibt es im Tibetischen Buddhismus ähnliche Übungen. Die strikte und regelmässige Unterbrechung der gehetzten Denk- und Handlungsmuster mit einer spirituellen Übunng würde in unseren industriellen Gesellschaften innerhalb kurzer Zeit sehr segensreiche Auswirkungen haben. Ein weiteres wichtiges Element ist der Islamische Umgang mit der Zins-Akkumulation, die eins der grössten Probleme der heutigen kapitalistischen Welt darstellt. So könnten einige wohltuende Anleihen beim Islam auch die alte Feindschaft der Kulturen auflösen und zur nachhaltigen Besserung der Situation der Menschheit beitragen.
8. Führerschaft, Mythologie, Ordnung und Thermodynamik
Die Kämpfe von Chaos gegen Kosmos. Kosmogonien und Urwelt-Schlachten.
Der temporäre Sieg von Recht und Ordnung.
Altweltliche Mythologie und Moderne Chaos-Theorie. Thermodynamik, Evolution und Emergenz. Die Mühle des Hamlet. Hertha v. Dechend und die "Achse des Kosmos". Lev Gumilev: "Ethnogenesis and the Biosphere", 198:
... "lightning is energy, in my language anti-entropic impulses that with their rise disrupt the processes of death, the entropy of the Universe. Force, the cause provoking acceleration, saves Cosmos from conversion into Chaos, and the name of this force is Life. But in the eternal war of the protogenic elements, the servants of Kronos, the hundred-handed giants or asura (Sanskrit), lose nothing because they have nothing to lose. Kronos changed their appearance every second, and so deprived them of personal qualities and properties."
In diesem Kapitel sollen einige der weiter reichenden Implikation dieser Theorien für das künftige Sozio- / Politico- / Spiritual- Engineering beleuchtet werden, welches das lernbare Grund- Hand-Werks- Zeug künftiger Eliten darstellen kann, deren Hintergrundwissen die "Natürliche Führerschaft" und das Charisma integriert hat.
[837] Weiteres Material zu meiner Einschätzung des Islam ist unter:
[838] So ähnlich hat es Frank Herbert mit seinem "Dune"-Epos für eine nicht mehr allzu ferne Zukunft dargestellt.
[839] Der Harem ist auch keine Erfindung der islamischen Gesellschaften, sondern kam in praktisch allen patriarchalischen despotischen Systemen der Menschheit vor. Aber in islamischen Gesellschaften haben sich diese Formen eben noch am längsten gehalten. Siehe: Matt Ridley: "The Red Queen".