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9.1. Hermann Hesse: Das Glasperlenspiel
9.2. Marius Schneider: Einleitung zur Kosmogonie
9.3. The Master of The Universe - Der Gesang des Avatar
9.4. Eine Wanderung zur Erd-Musik
9.5. Schopenhauer: Über die Musik
9.6. The Kratylos Question: Toward an Onoma-Semephonic Theory
9.7. A Hypothetical Semephonic Network of Aoide Vocabulary
9.8. Human culture before history: The Age of Aoidoi
9.9. Song as syn-aisthetic technology
9.10. The mentation modalities of sounding and moving visual images

9. Die Glasperlenspieler: The Basics of Syn-Aisthetic Technology

9.1. Hermann Hesse: Das Glasperlenspiel

(Extract from DENK.DOC)

@:GLASPERLENSPIEL
9.1.1. Die Vision des Glasperlenspiels
Leibniz wurde 1646 geboren, mitten in die Verwüstung der Zivilisation hinein, die der dreißigjährige Krieg in Deutschland hinterlassen hatte. Das Bild und der Eindruck dieser Verarmung und Öde prägten die Anfänge seines Lebenswerks entscheidend. Im Jahre 1943, also ziemlich genau dreihundert Jahre danach, erlebte Europa eine weitere Katastrophe, diesmal viel universaleren Ausmaßes. Das was Spengler in seinem "Untergang des Abendlandes" ein paar Jahre vorher beschworen hatte, war im vollen Gange. Die Endzeitphase des abendländischen Geistes war angebrochen. Das katastrophale Auseinanderbrechen aller Wertsysteme und Strukturen, die man als zentral und bestimmend für die Kultur Europas und als seinen besonderen Beitrag für die Menschheit angesehen hatte. In diesem Jahr machte Hermann Hesse in einem seiner letzten größeren Werke einen Versuch. In dieser Stunde der Finsternis des abendländischen Geistes entwarf er eine Vision der Rettung dieser Werte: Eine Wiedervereinigung der Kunst und der Wissenschaft in dem Glasperlenspiel . Dies beschreibt er so:

9.1.2. Theorie des Glasperlenspiels
Man erwarte also von uns nicht eine vollständige Geschichte und Theorie des Glasperlenspiels, auch würdigere und geschicktere Autoren als wir wären dazu heute nicht imstande... Und ein Lehrbuch des Glasperlenspiels soll dieser unser Aufsatz ja noch weniger sein, ein solches wird auch niemals geschrieben werden. Man erlernt die Spielregeln dieses Spiels der Spiele nicht anders als auf dem üblichen, vorgeschriebenen Wege, welcher manche Jahre erfordert, und keiner der Eingeweihten könnte je ein Interesse daran haben, die Spielregeln leichter erlernbar zu machen. Diese Regeln, die Zeichensprache und Grammatik des Spieles, stellen eine Art von hochentwickelter Geheimsprache dar, an welcher mehrere Wissenschaften und Künste, namentlich aber die Mathematik und die Musik (beziehungsweise Musikwissenschaft) teilhaben und welche die Inhalte und Ergebnisse nahezu aller Wissenschaften auszudrücken und zueinander in Beziehung zu setzen imstande ist. Das Glasperlenspiel ist also ein Spiel mit sämtlichen Inhalten und Werten unserer Kultur, es spielt mit ihnen, wie etwa in den Blütezeiten der Künste ein Maler mir den Farben seiner Palette gespielt haben mag.

Was die Menschheit an Erkenntnissen, hohen Gedanken und Kunstwerken in ihren schöpferischen Zeitaltern hervorgebracht, was die nachfolgenden Perioden gelehrter Betrachtung auf Begriffe gebracht und zum intellektuellen Besitz gemacht haben, dieses ganze ungeheure Material von geistigen Werten wird vom Glasperlenspieler so gespielt wie eine Orgel vom Organisten, und diese Orgel ist von einer kaum auszudenkenden Vollkommenheit, ihre Manuale und Pedale tasten den ganzen geistigen Kosmos ab, ihre Register sind beinahe unzählig, theoretisch ließe mit diesem Instrument der ganze geistige Weltinhalt sich im Spiele reproduzieren.

Diese Manuale, Pedale und Register nun stehen fest, an ihrer Zahl und ihrer Ordnung sind Änderungen und Versuche zur Vervollkommnung eigentlich nur noch in der Theorie möglich: die Bereicherung der Spielsprache durch Einbeziehung neuer Inhalte unterliegt der denkbar strengsten Kontrolle durch die oberste Spielleitung. Dagegen ist innerhalb dieses feststehenden Gefüges oder, um in unserem Bilde zu bleiben, innerhalb der komplizierten Mechanik dieser Riesenorgel dem einzelnen Spieler eine ganze Welt von Möglichkeiten und Kombinationen gegeben...
HESSE43 , S. 11,12

9.1.3. Anfänge und Vorgeschichte des Glasperlenspiels
Es liegt letzten Endes völlig im Belieben des Historikers, wieweit er die Anfänge und Vorgeschichte des Glasperlenspiels zurückverlegen will. Denn wie jede große Idee hat es eigentlich keinen Anfang, sondern ist, eben der Idee nach, immer dagewesen. Wir finden es als Idee, als Ahnung und Wunschbild schon in manchen früheren Zeitaltern vorgebildet, so zum Beispiel bei Pythagoras , dann in der Spätzeit der antiken Kultur, im hellenistisch-gnostischen Kreise, nicht minder bei den alten Chinesen, dann wieder auf den Höhepunkten des arabisch-maurischen Geisteslebens, und weiterhin führt die Spur seiner Vorgeschichte über die Scholastik und den Humanismus zu den Mathematiker-Akademien des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts und bis zu den romantischen Philosophien und den Runen der magischen Träume des Novalis . Jeder Bewegung des Geistes gegen das ideale Ziel einer Universitas Litterarum hin, jeder platonischen Akademie,... jedem Annäherungsversuch zwischen exakten und freieren Wissenschaften, jedem Versöhnungsversuch zwischen Wissenschaft und Kunst oder Wissenschaft und Religion lag dieselbe ewige Idee zugrunde, welche für uns im Glasperlenspiel Gestalt gewonnen hat. Geister wie Abälard , wie Leibniz, wie Hegel haben den Traum ohne Zweifel gekannt, das geistige Universum in konzentrische Systeme einzufangen und die lebendige Schönheit des Geistigen und der Kunst mit der magischen Formulierkraft der exakten Disziplinen zu vereinigen. In jener Zeit, in welcher Musik und Mathematik nahezu gleichzeitig eine Klassik erlebten, waren die Befreundungen und Befruchtungen zwischen beiden Disziplinen häufig.

Und zwei Jahrhunderte früher finden wir bei Nikolaus von Kues Sätze aus derselben Atmosphäre, wie etwa diese: "Der Geist formt sich der Potentialität an, um alles in der Weise der Potentialität zu messen, und der absoluten Notwendigkeit, damit er alles in der Weise der Einheit und Einfachheit messe, wie es Gott tut, und der Notwendigkeit der Verknüpfung, um so alles in Hinsicht auf seine Eigentümlichkeit zu messen, endlich formt er sich der determinierten Potentialität an, um alles hinsichtlich seiner Existenz zu messen. Ferner mißt aber der Geist auch symbolisch, durch Vergleich, wie wenn er sich der Zahl und der geometrischen Figuren bedient und sich auf sie als Gleichnisse bezieht." Übrigens scheint nicht etwa nur dieser eine Gedanke des Cusanus beinahe schon auf unser Glasperlenspiel hinzuweisen oder entspricht und entspringt einer ähnlichen Richtung der Einbildungskraft wie dessen Gedankenspiele; es ließen sich mehrere, ja viele ähnliche Anklänge bei ihm zeigen. Auch seine Freude an der Mathematik und seiner Fähigkeit und Freude, Figuren und Axiome der euklidischen Geometrie auf theologisch-philosophische Begriffe als verdeutlichende Gleichnisse anzuwenden, scheinen der Mentalität des Spieles sehr nahe zu stehen, und zuweilen erinnert sogar seine Art von Latein (dessen Vokabeln nicht selten seine freien Erfindungen sind, ohne doch von irgendeinem Lateinkundigen mißverstanden werden zu können) an die freispielende Plastizität der Spielsprache.

Und allgemein bekannt sind ja jene Berichte, Märchen und Sagen aus den Jugendzeiten aller Kulturen, welche der Musik, weit über alles nur Künstlerische hinaus, eine seelen- und völkerbeherrschende Gewalt zuschreiben, sie zu einem geheimen Regenten oder einem Gesetzbuch der Menschen und ihrer Staaten machen. Vom ältesten China bis zu den Sagen der Griechen spielt der Gedanke von einem idealen, himmlischen Leben der Menschen unter der Hegemonie der Musik ihre Rolle. Mit diesem Kultus der Musik ("in ewigen Verwandlungen begrüßt uns des Gesangs geheime Macht hinieden" - Novalis ) hängt denn auch das Glasperlenspiel aufs innigste zusammen.
HESSE43 , S. 13,14

Das Spiel, wie ich es meine,.. umschließt nach absolvierter Meditation den Spieler so, wie eine Oberfläche einer Kugel ihren Mittelpunkt umschließt, und entläßt ihn mit dem Gefühl, eine restlos symmetrische und harmonische Welt aus der zufälligen und wirren gelöst und in sich aufgenommen zu haben.
HESSE43 , S. 213

Denn die Innenseite, die Esoterik des Spiels, zielt wie alle Esoterik ins Ein und All hinab, in die Tiefen, wo nur noch der ewige Atem im ewigen Ein und Aus sich selbst genügend waltet.
HESSE43 , S. 127
9.1.4. Der Orden der Glasperlenspieler
Hesse scheint bei der Arbeit an seinem Werk von der Ausweglosigkeit des "Untergangs des Abendlandes" so befangen gewesen zu sein, und von der Wucht der damaligen Ereignisse so erdrückt gewesen zu sein, daß er seinen Orden der Glasperlenspieler nicht anderes sehen konnte als in rein nachvollziehender Betrachtung der Kulturleistungen der vorangegangenen Zeiten: Ob diese Behandlung befriedigend erscheint, muß man dem Geschmack des Lesers, und vor allem seinen eigenen Vorstellungen von der Kultur und der Zukunft, überlassen. Mich selber hat der Inhalt von Hesses Glasperlenspiel etwas unbefriedigt gelassen, was aber die Bedeutsamkeit der Idee, der Struktur, in keiner Weise schmälert. Seine Arbeit ist die Wiederaufnahme einer uralten Idee, die offenbar zu allen Zeiten die größten Geister der Kunst und der Wissenschaft beseelt hat, wie sie ja auch bei Leibnz bestimmend gewesen zu sein scheint. Und damit hat Hesse einen Ankerpunkt gesetzt, an dem sich weitere Arbeiten dieser Art anknüpfen können. Das "Leerstellendenken" nimmt diese Gelegenheit wahr. Hier soll eine Weiterführung des uralten Mythos oder Archetyps des Glasperlenspiels und des Ordens der Glasperlenspieler gemacht werden. Hesses hat mit seinem Werk das Glasperlenspiel als geschichtliche Vision formuliert. Der Mythos drückt etwas aus, das im Unterbewußten der Menschen latent seine Wirkung tut. Auch wenn der Einzelne nicht in der Lage sein mag, diesem Mythos in seinem Handeln immer nachzukommen.

9.2. Marius Schneider: Einleitung zur Kosmogonie

@:SCHNEIDER_KOSMO
9.2.1. Marius Schneider: Cosmogony
The Plan to reconstruct the sound-based cosmogony or cosmogonies of the Ancient World was aim and centre of Marius Schneider's efforts during almost fourty years of his life. Unfortunately he could not finish this voluminous work before he died in 1982, but the 18 books completed by himself are meanwhile made ready for Publication by his widow, Mrs. Birgit Schneider. It is our good luck that Professor Schneider prepared - Perhaps in 1981 - an introduction which presents the essence of his findings and thoughts. This introduction is printed here. The author says at the outset that according to a widespread thought in old cosmogonies, the creation originated from a sound. This sound - may it be envisaged as a word, a svllable, a cry or a natural noice - is essentially a spaceless (but space-suggesting) rhythm which carries an aspiration to create visible things within a concrete time. Thus these acoustical rhythms appear as first gods or first mothers of things. But there is, on the other hand, the idea of the anthropocosmos, i.e. the man as a microcosmos within the nature as a macrocosmos. In this view, the universe seems to be animated, and this enables the man to address the nature immediately. Pointing at many analogies between man and nature as found in myths and narrations all over the world, the author explains that all things are brought together in common numbers. Then he describes the astrolabium, a device to depict and read the starry sky, widely used in the Middle Ages. From here, he proceeds to "Tones and Numbers", and concentrates on the harmonic series and its analogies to the growth of the universe in remote antiquity. "Celestial harmony" as known from Plato's Politeia is explained by Schneider with respect to the harmonic series. This chapter seems to be the most important one, and it leads to an interpretation of the modes or scales used by the Ancient Greeks. Sounds in the Indian doctrine of chakras and reflections on the holy syllable AUM, consequently a delineation of the creator are given at the end of the introduction.

The table of contents added before the references shows the disposition of the whole work.

9.2.2. Inhalt des Gesamtwerks
Kosmogonie von Marius Schneider

1 Berg, Baum Höhlen und Quellen im Anthropokosmos
2 Die akustischen Grundlagen der Urwelt
3 Die Urwelt im "Mutterleib der Zeit", der Wunsch
4 Das Chaos
5 Die Urwelt IV, 9 über dem Chaos als Anfang der sichtbar werdenden Welt
6 Klangsymbole. Zeit, Zahl Rhythmus und Symbol
7 Anthropokosmos
8 Stoff (das Material)
9 Die raumzeitlichen Grundlagen der Zwischenwelt. V/VI = Lichttonw.elt
10 Menschheit I = Urmensch (V/VI)
11 Welt VII, Zahlen und Opferle hre, dazu Saman (bisher 12, zu Kreis VI,1)
12 Baum mythologisch (VII)
13 Schöpfung und Haut (VII)
14 Menschheit II, nach der Sintflut (VII)
15 Die Welt VIII: Das Wort auf Erden (Ritual)
16 Musikinstrumente
17 Das Kultbild
18 Yoga
19 Sonnenwende, Johannisfeier
20 Kreislauf von Tod und Leben
21 Vorfrühlingsriten Karneval
22 Medizinriten
23 Regenritual

9.2.3. Vorwort
Der Nachruf auf Marius Schneider im zwölften Band unseres Jahrbuchs schloß mit dem Ausdruck der Hoffnung, sein Lebenswerk, eine musikalische Kosmogonie, werde bald in druckreifer Fassung vorliegen. Große Teile des vielbändigen Werkes sind inzwischen von der Gattin des Gelehrten redigiert worden, und nun harrt das Manuskript der Publikation. Zur Zeit der Arbeit an den -- unvollendeten -- Schlußkapiteln hat Marius Schneider seinem Werk eine Einführung vorangestellt, und diese ist so konzipiert, daß man sie gleichsam als Essenz des Textkorpus betrachten kann. Die Einführung sei im vorliegenden Band als erster Beitrag abgedruckt und damit den Grundgedanken der in der alten Welt weit verbreiteten Kosmogonie ein Weg in die moderne Öffentlichkeit gebahnt.

Offensichtlich hat das Analogiedenken aus ferner Vergangenheit, das Marius Schneider so eindringlich herausstellt, in der arabischen Welt noch lange nachgewirkt. Wohl in diesem Sinne schreibt eine in Kairo gefundene Abhandlung aus der Zeit um 1800 dem Puls der menschlichen Schlagadern eine musikalische Natur zu. Der arabische Aufsatz erscheint als Kommentar zu einer Passage aus dem Medizin-Traktat des Ibn Siná (Avicenna, gest. 1037), der auf die griechische Antike zurückgeht und bis in unsere Tage als Standardwerk tradiert wird. Gabriele Braune hat die Abhandlung des Muhammad al 'Attár untersucht und darin eine Erläuterung des arabischen Tonsystems als Ergebnis der Saitenteilung auf einem Monochord sowie einen Vergleich des einzelnen Pulsschlags mit dem chronos protos in der Musik gefunden.
<8>
9.2.4. Kosmogonie
von MARIUS SCHNEIDER(1)

Den ersten Anstoß zu dem Versuch, die innere Struktur der alten Kosmogonien als ein einheitliches, in sich durchaus konsequentes Gedankengefüge wieder freizulegen, gab der weit verbreitete Gedanke, daß die Schöpfung aus einem Klang entstanden sei. Ob es sich dabei um ein Wort, eine Silbe, einen Schrei oder ein Naturgeräusch handelt, ist zunächst weniger wichtig als die Sinnhaftigkeit des klingenden Urvorgangs. Sie liegt in dem Wunsch, etwas zu erschaffen, und m anifestiert sich als khngender Rhythmus, der eine unsichtbare und ungreifbare "leere Form" oder -- genauer formuliert -- seine akustische Gestalt ist, die aus Zeit und Klang besteht. Noch erscheint dieser Rhythmus nicht als Sprache, die mit Bild und Begriff operiert, sondern erst als ein geschlossenes tönendes Gefüge, das sich raumlos (aber dennoch raumsuggerierend) ohne konkrete, sichtbare Gestalt in der Zeit entfaltet. Die an sich neutrale Zeit wird durch die Sinnhaftigkeit des Rhythmus erfüllt und qualifiziert. Er präfiguriert schon in seiner undifferenziertesten Form einen kaum merklichen Dualismus, den sogenannten "Nicht-Dualismus" von Hebungen und Senkungen, die sich nicht einmal annähernd zu Gegensätzen auswachsen, sondern nur die Ordnung der im Fluß befindlichen Bewegung gewährleisten können.

Hebung und Senkung setzen sich gegenseitig voraus. Ihre leichten Stauungs- und Entstauungswirkungen erzeugen nicht den Fluß der Zeit. Sie bestimmen aber die Zeitgestalt, in der die Bewegung verläuft. Pendelnd ordnet sie den Fluß der inneren Beziehungen, ohne die es keine lebendige Einheit geben kann. Entscheidend ist bei dieser schöpfungsgeschichtlichen Priorität des Klangs, daß die sogenannten Urgewässer nicht als wirkliches Wasser, sondern als die Rhythmen der Klangwellen des Wortes zu verstehen sind. Das Rauschen ist älter als das Wasser, das vulkanische Summen älter als das Feuer. Am Anfang aller Dinge (= Urwelt) geht -- nach unseren Begriffen - die Folge der Ursache voraus. Es heißt auch, daß der Ton oder der Feuerschein ihrem Erzeuger vorauslaufen, insofern man sie hören oder sehen kann, bevor der Erzeuger in persona erscheint. Der Übergang von der rein akustischen, unsichtbaren Urgestalt, die keine greifbare Gestalt ist, zu den konkreten Rhythmen der sichtbaren Welt vollzieht sich durch die "Bekleidung" oder durch den "Regen", die auf die unsichtbaren oder ungreifbaren Urformen "herabfallen". Sie geben ihnen einen Namen und lassen schließlich auch ihre konkrete Gestalt heranwachsen. Man kann diese rein akustischen Urrhythmen auch als Ideen bezeichnen, aber man darf sie nie mit festen Begriffen oder optischen Vorstellungen verbinden, weil sie nur als unmittelbar ansprechende, wort- und bildlose Klänge zu verstehen sind. Bei ihrem Übergang zur materiellen, sichtbaren Welt ist die durch Hans Kayser erkannte Wechselseitigkeit von Auge und Ohr zu berücksichtigen. Hört man eine Folge von Oktavversetzungen des gleichen Tons und schreibt sie innerhalb der Partialtonreihe nieder, so erhält man eine geometrische Reihe: 1 2 4 8 16 usw., deren Abstände wir nicht mit dem Auge als Perspektivisch empfinden, während unser Ohr diese Abstände nicht als ungleichförmige Distanzen, sondern als gleichförmige Intervalle registriert. Die Tonzahl ist perspektivisch, der Tonwert (der akustische Eindruck) ist äquidistant. Was im materiellen Bereich des Auges fehlt, hat das Ohr und umgekehrt. Was im Empfindungsbereich dem Auge fehlt, hat das Ohr und umgekehrt. Diese Reziprozität
<9> von Perspektive und Äquidistanz ist eine der fundamentalen Manifestationen der Polarität.

1/4 1/3 1/2. 1/1 2/1 3/1 4/1

perspektivisch äquidistant(2)

Dazu ist im Hinblick auf das Verhältnis zwischen der akustischen Urwelt (soweit diese vorwiegend vokal gedachte Urwelt nicht in eine Urmaterie einbezogen wird) und der materiellen Schöpfung zu bemerken, daß bei der Erzeugung der Töne durch konkret angefertigte, sichtbare Instrumente die Größenverhältnisse und die damit verbundenen Empfindungen umgekehrt erscheinen: Je länger oder höher ein Rohr bzw. eine schwingende Saite ist, um so niedriger ist ihr Ton, und je kleiner oder niedriger sie sind, um so höher sind die Töne. So besteht ein gewisses Umkehrungsverhältnis zwischen den reinen Klängen der abstrakten Urwelt und denen, die in der konkreten Welt durch konkrete Instrumente erzeugt werden.

Die akustischen Rhythmen sind die Urgötter oder Urmütter der Dinge: Ihre vielfachen Geburten sind die Urmodelle der Wandlungsmöglichkeiten eines gleichen Stoffs. Um sich die Natur dieser rhythmischen Potenzen zu vergegenwärtigen, braucht man nur dem vielfachen Figurenwechsel und den ihm unterschiebbaren Sprachsilben in einem indischen oder afrikanischen Trommelspiel zu lauschen und sich dabei jenen Mythos zu ve rgegenwärtigen, nach dem die ganze Welt aus einem Trommelspiel hervorgegangen sein soll. Solche Klänge gelten in den alten Kosmologien als die Urgestaltung des Opfers, durch das allein eine schöpferische Kraft in ihrer reinsten Gestalt wirksam werden kann. Das Uropfer ist das Verklingen der Rhythmen in der Zeit oder das Opfer der Lebenszeit, die in wahrhaft aufklingendem Lebensatem fähig ist, neue lebende Rhythmen zu schaffen. "Alles, was die Götter tun, tun sie durch Gesang. Der Gesang ist das Opfer" (Shatapathabrähmana VIII, 4,3,2). "Zuerst schufen die Götter den Gesang, dann den Agni, dann die Opferspende" (Rgveda X, 88,8). Rhythmus und Klang verhalten sich zueinander in der Zeit wie Bewegung und Körper im Raum. Der Rhythmus manifestiert sich im Klang, und dieser breitet sich auch in der Zeit aus, bis er in die Unhörbarkeit zurückkehrt, aus der er hervorgekommen ist. Der rhythmische Klang ist das Opfer, das -- in der Fachsprache der Veden - "sich ausbreitet". Indem dieses Opfer sich ausbreitet, erschafft seine Zeitteilung alle Urformen der Welt, aber die Töne dieser "leeren", gewissermaßen "unbekleideten" Formen werden erst dann hörbar, wenn sie sich vom Rhythmus dieser Formen ergreifen lassen.
Das Opfer entwickelt sich durch Tapas (= Hitze), d.h. als eine "alles verzehrende, flammende Macht, eine alles überwältigende Glut und innere Begeisterung, durch die Entsagung und Weltverzicht zur natürlichen Lebensweise werden. Tapas bedeutet mehr als Askese. Es ist das schöpferische Prinzip, das der Kälte des intellektuellen Begreifens die Wärme des Ergriffenseins gegenüberstellt" (3). Dies heißt in dem hier besprochenen Fall: des Ergriffenseins durch einen Rhythmus.

Man kann sich den Urrhythmus zur Not als eine autonom existierende Gedankenoder Willensmanifestation denken. "Vorstellen" kann man sich eine solche Stimme, die ohne T)er existiert, ebenso wenig, wie man den spezifischen Klang benennen könnte, weil sowohl unser Denken als auch unser Sprechen von bestimmten Be griffen und bildhaften oder greifbaren Voraussetzungen ausgehen, die auf Klänge nur leihweise aus anderen Sinnesgebieten angewendet werden können. Für spezifische Klan gfarben hat unsere
<10> Sprache keine Bezeichnungen. Wir sprechen von hohen, harten, weichen, scharfen Klängen, von rollendem oder heftigem Donner, aber keines dieser Adjektive hat eine spezifisch akustische Bedeutung. Die Musik überschreitet die Grenzen unseres Denkens und unserer Vorstellungskraft. Zwar hat auch sie im konsequenten Fortschreiten einer Melodie ihre Logik, aber ihr innerstes Wesen gehört einer anderen Welt an, einer Welt, in der sie sich durch etwas Urwüchsiges und grenzenlos Wucherndes und Fortrankendes entwickeln kann. Dies kommt z.B. noch in dem fast pausenlos sich windenden Oboenspiel orientalischer Schlangenbändiger zum Ausdruck. Vorstellbar und sichtbar werden rhythmische Gestalten erst dann, wenn sie über den akustischen Ursprungsbereich hinausgewachsen sind und konkrete Gestalt angenommen haben. Ist dies der Fall, so erscheint der Klang natürlich nicht mehr als die primäre, alles erzeugende Kraft, sondern selber erst als das Produkt konkreter Vorgänge. Trotzdem tönt der klingende Rhythmus urgeschichtlich als der Schöpfer, der die Dinge, nachdem er sie gewünscht und damit "erfunden" hatte, sang und laut werden ließ. Dadurch wurde er selbst zum ersten Modell oder zum Trager der ersten Modelle aller späteren, seinem Gesang entsprechenden konkreten Objekte. Der Ubergang vom nur Hörbaren zum Sicht- und Greifbaren oder von der leeren zur ausgefüllten Form impliziert ein Umkehrungsverhältnis zwischen den zwei Hauptphasen der Schöpfung: nämlich zwischen der akustischen Welt, deren Rhythmen alle Dinge präfigurieren, und der konkreten Schöpfung, welche die Dinge refiguriert. Da die Zeit bereits vor der Entstehung des Raumes existierte, so muß sie -- aufgrund des eben erwähnten Umkehrungsverhältnisses - vorher entweder stillgestanden haben, oder sie verlief kreisförmig zugleich vorwärts und rückwärts wie Ewigkeit. Jedenfalls ging in der Urzeit die "Folge" der Ursache voraus. Bevor das Wasser entstand, war das Rauschen. Älter als der Wind war ein säuselndes Geräusch. Und wo auch immer zwei verschiedene Wesen die gleichen Stimmen und Bewegungsrhythmen aufweisen, da sind sie in ihrer Wurzel miteinander verwandt; und zwar auch dann, wenn ein jedes von ihnen einer anderen Kategorie (z.B. Mensch oder Tier) angehört.

Die Wurzel dieser in der konkreten Schöpfung erkennbaren Verwandtschaft liegt jedoch in den rein akustischen "leeren Formen" der Urzeit, die als der Sitz der eigentlichen Wahrheit gilt. Sie ist der Sitz der Wahrheit, weil sie ein Klanggebilde ist, welches (sich ausbreitend) dahinschwindet, indem es sich selbst aufopfert, vergeht und damit zugleich die denkbar feinste Form der Gestaltung aufweist. Wahr ist eigentlich nur das der Maya nicht unterworfene Ungestaltete. Unter allen Gestaltbildungen aber ist die musikalische die unstofflichste und flüchtigste, die ungre ifbarste und begrifflich die unverbindlichste. Darin ist sie der Sprache weit überlegen. Sie ist die sich unmittelbar mitteilende Wahrheit in dauernder Bewegung. In der konkreten Welt ist diese Wahrheit ein Rhythmus, der alle Objekte durchfließt ohne Rücksicht auf deren Identität. Die einzelnen Wesen sind nur Reson anzraume, die je nach ihrer Eignung von den klingenden Strömen mehr oder weniger belebt werden. Rhythmen bestimmen die Bewußtseinszustände ihrer Objekte in Zeit und Raum.

Zeit und Raum streben aber nicht von einem Punkt aus geradlinig einer bestimmten Zukunft oder Richtung zu. Sie dehnen sich von einer gemeinsamen Mitte ausgehend gleichmäßig in konzentrischen Kreisen aus: von ewiger Gegenwart in die Zukunft, nach 4 oder 8 Himmelsrichtungen, in Höhe und Tiefe, wobei jeder kleinere, bereits überschrittene Kreis zum "Gedächtnis" oder zur Substruktur des größeren Ringes einer vergänglichen Gegenwart wird. Denn alle Zustände sind letzten Endes Bewußtseinszustände, die sich in verschieden tiefen Schichten ausbreiten.

<11> Die alten Kosmogonien bleiben jedoch unverständlich, solange man sich nicht die Idee des Anthropokosmos klar vor Augen hält. Der Anthropokosmos ist nicht nur der M akrokosmos, in dem der Mensch als Mikrokosmos in enger Naturverbundenheit lebt, sondern schließt auch die Idee einer geistigen Verbundenheit zwischen Mensch und Natur ein.Genauso wie der Mensch, so gilt auch die Natur als ein denkendes und fühlendes Wesen aus Stoff und Geist. Daraus ergibt sich die Allbeseeltheit der Welt und die Möglichkeit des Menschen, die Natur direkt anzusprechen. Selbst das Chaos ist als Kreislauf oder Stoffwechselstockung und psychische Störung zu verstehen: Regen als Tränen, Donner als Zorn, aber auch als befruchtende Stimme, leises Blätterrauschen als zartes Wort. Natürlich sind Felsen keine Knochen und Regen keine Tranen, wohl aber Produkte der gleichen Urrhythmen. Was im Lauf der Jahrhunderte zu dichterischen Formen geworden ist, drückt in den Kosmologien die restlose Verbundenheit von Mensch und Kosmos aus. "Das seiende Band im Nichtseienden fanden -- dem Herz sich einwärts zuwendend -- die Dichter heraus" (R.gveda X, 129,4). Natürlich sah man nicht die für unsere Augen sichtbare Landschaft als eine menschliche Gestalt an, sondern man unterschied ebenso in der Natur wie im Menschen verschiedene Bewußtseinsarten und Funktionen als eine mehr oder weniger starke Angleichung oder Analogie zwischen Makro- und Mikrokosmos. Im "normalen" Bewußtsein sind Natur und menschliches Bewußtsein unverbunden. Doch in dem Maße, wie sich beim Menschen eine tiefere Einsicht bildet, enthüllt sich die Welt dem "höchsten" Bewußtsein als eine überindividuelle Einheit, in der Mensch und Natur mit- und ineinander leben. Da nun der Mensch das innere Gefüge des Kosmos nur an sich selbst erfahren kann, so erschließt er aus der Struktur seines eigenen Wesens auch das Wesen der Natur.

Die Mandukya-Upanishad unterscheidet drei Formen des Bewußtseins: den Wachzustand, den Traum und den Tiefschlaf. Die erste Form entspricht dem normalen subjektiven Bewußtsein, in welchem Subjekt und Objekt einander gegenüberstehen. Die Zeit teilt sich hier in Vergangenheit und Gegenwart, woraus das kausale Denken seine Schlüsse auf die Zukunft zieht. Das "Bewußtsein" des Traumzustands hingegen beherrscht in erster Linie das Fühlen, Wünschen und Wollen. Das logische Denken verwandelt sich in ein Analogiedenken, durch das Objekte der verschiedensten Erscheinungsebenen homologisiert werden. Damit setzt die sogenannte "Zwielichtsprache" der Mythologie ein, wodurch der Gegensatz von Ich und Nicht-Ich allmählich überwunden und eine urweltliche Wesensgleichheit von Subjekt und Objekt angebahnt wird.

Die völlige Verschmelzung und Aufhebung der Subjekt-Objekt-Beziehung vollzieht sich im Tiefschlaf, in welchem in "unbewegter Bewegung" der Vorstoß zum Absoluten und zur "Ganzwerdung" erfolgt, d.h. die völlige Einschmelzung des Individuums in das universelle kosmische Sein, das weder Vergangenheit noch Zukunft, sondern nur Gegenwart ist. Im Tiefschlafbewußtsein enthüllt sich die letzte, unpersönliche Wirklichkeit, die mit Worten nicht beschrieben werden kann. Sie umfaßt das Erlebnis des Undenkbaren, das im Denkbaren wirksam ist, des Unhörbaren, das im Hörbaren spürbar wird, und des Unsichtbaren, das den Hintergrund des Sichtbaren bildet. Sie ist die vollkommene Leere. Mit dem wachen Tagesbewußtsein steht der Mensch der Natur gegenüber. Im Traumbewußtsein sinkt er in die Natur zurück. Im Allbewußtsein des Tiefschlafs stößt er auf seine Wurzeln, wo sich das Individuum in der (der Natur und dem Menschen gemeinsamen) leeren Welt reiner Gestalten und zeitloser Energien auflöst. Die Leere ist also kein
<12> Negativum. Sie gilt sogar als die höchste Fülle, insofern sie alles Werdende, wenngleich in völlig entdinglichter Form, in sich schließen soll. Ihr treuestes Abbild in unserer Welt liefern die "leeren, unsichtbaren Formen" der Musik. Solange die Objekte vom Wachbewußtsein des Subjekts betrachtet werden, bilden sie für dieses Subjekt konkrete Gegenstände. Im Traumbewußtsein hingegen existieren sie innerhalb ihres Betrachters, wodurch sie ihre Materialität und Greifbarkeit, ihre Eindeutigkeit und ihre konkreten Inhalte verlieren, weil sie wie Abbilder in einem Spiegel erscheinen. Es verbleibt den Objekten nur noch die äußere, sichtbare Form, die "spiegelgleiche Wahrheit". Zu wirklich leeren Formen, zu reinen Rhythmen, in denen die Schöpferkraft (sich ständig wandelnd) rein akustische Gest alt annimmt, werden sie erst beim Übergang vom Traumzustand in den Tiefschlaf.

In der vorliegenden Arbeit wird der Kosmos in zehn konzentrische Kreise eingeteilt. Die Kreise I--IV umfassen die akustische Urwelt und den Tiefschlaf. Die Kreise V--VII entsprechen der langsam erwachenden, konkreten Schöpfung, dem traumenden Kosmos zwischen der Urwintersonnenwende und dem ersten Morgenrot. Die hell erleuchtete Welt im wachen Zustand zieht sich vom Morgenrot bis zur Sommersonnenwende (VIII-X) hin. (Schwarzer Hirsch, der Sprecher des Siouxstammes [die heilige Pfeife 1966], sagt: "Die Kraft der Welt wirkt sich in Kreisen aus. Jedes Ding strebt danach rund zu sein ") Die Urkomponenten der Einheit befinden sich in den ersten konzentrischen Kreisen, in der Mitte der Welt. Sie bilden den sogenannten Nichtdualismus in Gestalt von zwei konsonanten Tönen (Oktav). Mit ihnen ist das Verhältnis von Tag und Nacht oder Leben und Tod präfiguriert. Doch sind sie auf akustischer Basis weder tonal noch rhythmisch wirkliche Gegensätze. Als einander kompensierende Kräfte ganzheitlich fließender Gestalten werden sie erst dann als Gegensätze gewertet, wenn das Geschehen nicht mehr als ein konsonanter, rhythmischer Fluß, sondern als Dissonanz und Bewegungsbruch empfunden wird. In diesem Fall verhärten sich die periodischen, leichten Stauungen und Enthemmungen zu ausgesprochenen Widerstandszonen oder alternativen Begriffen. Das Denken sucht dann Au swege durch Formeln wie: das Hohe erzeugt das Tiefe und umgekehrt; der Tod erzeugt das Leben und das Leben den Tod; die Nacht erzeugt den Tag und der Tag die Nacht. Eine zeitliche Abfolge wird zur kausalen Folge. Aus dieser Situation ergeben sich drei Denkformen: a) ein akustisch-metaphysisches, dem Unterbewußten nahestehendes Sinnen, in dem alle künftigen Dinge als klingende Modelle (leere Formen) rhythmisch präfiguriert sind und in denen es keine Gegensätze und nur ein Minimum an Gestalt gibt; b) das Denken, welches die in der konkreten Welt vorhandenen und sich gegenseitig aus. schließenden Gegensätze zur Grundlage einer formalen Logik macht; c) einen rituellen, fast traumhaften Prozeß, durch den die akustischen Urmodelle trotz konkreter und erstarrter Formen und Gegensätze und der Verschiedenartigkeit, in der sich die gleichen Urmodelle in der materiellen Welt manifestieren können, mit Hilfe des Analogiedenkens und mythologischer Vorstellungen wieder auf ihre ursprüngliche akustische Einheit zurückgeführt werden können. Dies erfolgt mittels eines lebenden -gesungenen oder beweglichen, eventuell sichtbar getanzten -- Symbols, durch das der ursprünglich den verschiedensten Dingen gemeinsame Rhythmus transparent, ja sogar als deren causa formalis oder exemplaris erkannt werden kann. Die Formen a) und c) könnten archetypisch bewertet werden, insofern sie die im Urgedächtnis des Anthropokosmos erhaltenen Grundgestalten der Emotion darstellen (a), die sich in entsprechenden Lautäußerungen und körperlichen Gesten (c) zu erkennen geben. Im bewußten Denken (b) hingegen entstehen die verschiedenen Deutungen, durch
<13> die sich die Weltbilder der einzelnen Kulturen und Religionen voneinander unterscheiden. Im rituellen Handeln ist die Vielfältigkeit jedoch längst nicht so groß wie im kausalen Denken. Der Kern dieses Handelns sind in den alten Religionen im wesentlichen stets Mantra und Gesang, in welchen selbst das der.logischen Sprac.he entnommene Wort eine viel geringere Bedeutung hat als der Laut an sich. Das Analogiedenken und die Symbolerfahrung fußen auf dem Erlebnis der Wiederkehr gleicher Grundrhythmen in den verschiedenen Objekten, d.h. auf den verschiedensten Ebenen des Seienden. Dadurch entstehen Gruppen, wie z.B. bei Pan-ku(4), deren senkrechte Reihen analoge Erscheinungen auf verschiedenen Ebenen enthalten, während die horizontalen auf den zeitlichen Verlauf dieser Erscheinungen deuten:

Nacht Dämme- Morgen- Vor- Mittag Nach- Abend- Nacht rung rot mittag mittag rot

23-2 3-5 6 7-11 12-13 14-17 18 19-22 Uhr

Tiefschlaf Traum Wach. Traumzustand

Kindheit Pubertät Jünglings- Mannes- reifes Greisenalter alter Alter alter

Winter Frühling Sommer Herbst Winter

Nord Ost Süd West Nord

Klagen Rufen Lachen Singen Seufzen Klagen

Wenn aber z.B. in der Kategorie der Elemente das Feuer nicht nur dem Süden, sondern auch anderen Richtungen koordiniert werden kann, so liegt dies daran, daß jedem Objekt neben seinem Hauptstandort auch sein eigener Zeitfaktor zukommt. Daraus ergibt sich die Formel:

glimmendes aufflackerndes loderndes verlöschendes Feuer Nord Ost Süd West Mitte

Die ergiebigsten Quellen für die Rekonstruktion der Kosmologien finden wir in der altindischen Tradition. Was sie uns lehrt, ist sowohl philosophischer als auch mythologischer, ritueller als auch musikalischer Art. Viel fragmentarischer sind die Uberlieferungen Ägyptens, des Vorderen Orients, des fernen Ostens und der alten amerikanischen Hochkulturen. Doch -- im Gegensatz zu Indien -- schenken sie uns Bildvorlagen von unschätzbarem Wert (wenn wir von den geradezu "barockisierten" Darstellungen des späten Buddhismus absehen). Von großer Bedeutung sind auch die abgesunkenen Kulturgüter, Volksbräuche und Riten vieler Naturvölker. Denn große Teile ihres Zeremonials wie ihrer Mythologie sind der Ausdruck einer (allerdings meist nicht mehr voll verstandenen) Naturphilosophie.

Das Material wird hier nicht j eweils im Rahmen einer bestimmten Kultur unterbreitet, sondern in der Sachordnung, welche die systematische Darstellung der Kosmologie erfordert. Diese Methode -- ein Greuel für die überzeugten Arealforscher -- hat sich hier als die einzig mögliche und fruchtbare erwiesen. In ihr tritt, allen kulturhistorischen Vari anten zum Trotz, die ursprüngliche Einheitlichkeit und Folgerichtigkeit des
<14> kosmologischen Denkens deutlich zutage. Die Basis dieses Weltbildes dürfte in erster Linie den weit verbreiteten Megalithkulturen zugeschrieben w-erden. Ein immer erneutes Durchdenken der uns erhaltenen Texte und eine gründliche Analyse des von mir untersuchten Bildmaterials erlaubt den Versuch der Darstellung einer bestimmten, in sich durchaus konsequenten Denkweise, durch die das alte Weltbild entstanden ist. Viele ihrer Formulierungen erscheinen uns oft nur deswegen so abstrus, weil sie aus Vorstellungen stammen, die vordergründig oft durchaus logisch erscheinen, hintergründig aber periodisch in rhythmischen Wellen verlaufen, die, wenn sie nur wortlos klingen, Bildassoziationen mit sehr schwimmenden Umrissen (Traumbilder) hervorrufen können. Aus solchen Rhythmen fließen die Bilder der mythologischen Sprache, die wir angesichts ihres akustischen Hintergrundes "Bildbehelfe" nennen.

Der großen Verbreitung, die dieses Weltbild gefunden hat, entsprechen freilich die starken Abweichungen und Aufsplitterungen, durch die oft nur noch eine mehr oder weniger zusammenhängende Auswahl von Symbolen und Mythologemen einer u rsprünglich vielleicht einheitlichen Philosophie übrigblieb. Im Hintergrund aber muß einst die Weisheit einer Erlösungsreligion gestanden haben, die bald eine Selbsterlösung, bald eine Erlösung durch Gott anstrebte.

Die hier vorliegende Arbeit geht von dem Prinzip aus, alles, was koordiniert werden kann, zunächst in einen lockeren Zusammenhang zu bringen, insbesondere durch gemeinsame Zahlen. Dank dieser Methode werden oft Dinge zusammengeführt, zu deren Koppelung wir aufgrund unserer Denkweise nicht gekommen wären. Die Zahlenordnung braucht nur den Texten entnommen zu werden. Aus ihr ergeben sich direkte, völlig neutrale, an keine bildhaften Vorstellungen oder Kulturen gebundene Relationen. Sie bestimmen den jeweiligen kosmologischen Standort eines Phänomens. Dies kann numinal in ganz verschiedenen Urweltschichten wurzeln. Grundsätzlich wird hier ein neues Durchdenken des akustischen Schöpfungspostulats und seiner Folgen versucht. Oft wird übersehen, daß die alten Kosmologien keinen statischen Zustand, sondern ein dynamisches Werden darstellen. Es besteht kein Widerspruch, wenn der heilige Berg bald 3, bald 5, 7 oder 9 Stufen hat, denn der Berg, der zwischen Himmel und Erde steht und beide Weltteile miteinander verbindet, wird in dem Maße, wie das Universum sich erweitert, auch höher. Es handelt sich dabei nicht um verschiedene Traditionen, sondern um verschiedene Schöpfungsetappen. Das gleiche gilt für die wachsende Zahl der Himmel und der Erden. Eine andere Schwierigkeit entsteht dadurch, daß man die Vorstellung der Urgewässer ("die Wasser über den Himmeln und unter der Erde") nicht als Symbol des Wortes in klingender Luft erkannt hat.

So könnte man trotz der vielen Abweichungen die gemeinsame Grundlage aller Kosmologien mit einem heute verschwundenen Tempelmodell vergleichen, welches in den verschiedensten Ländern und Zeiten einmal als Vorlage für den Bau zahlreicher Heiligtümer gleicher Bestimmung gedient hat. Vielen unter ihnen wurde eine Fülle von Anbauten und Ornamenten hinzugefügt; manche sind sogar nur noch in toter Nachahmung des Originals entstanden, ohne jedoch die Grundmaße und die führenden Linien zu verändern. Aber fast alle diese Tempel sind heute eingestürzt. Den Bau zu rekonstruieren bleibt kein anderer Weg, als das Geröll der besterhaltenen Tempel aufzulesen und die jeweils zusammenpassenden Bruchstücke wieder aneinanderzufügen. Dabei wird manches Zwischenglied, das in einem Heiligtum verlorengegangen ist, aus den Trümmern eines anderen, ihm verwandten Tempels hervorgezogen werden können, wenn nur der Platz, den dieses Element im Baugedanken einnimmt, in beiden Fällen der gleiche ist.
<15> Selbst wenn die Konkordanzen zuweilen aufgrund äußerer, durch kulturgeographische oder historische Entfernungen bedingter Aspekte nicht sofort erkennbar sind, so sind die Zusammenhänge doch gesichert, sobald ihnen die gleiche Ordnungszahl oder der gleiche Sinn zugewiesen wird oder werden kann. Diese zunächst höchst unsystematisch erscheinende Vermischung und Auswertung eines zeitlich und räumlich oft sehr verschiedenen Materials muß natürlich durch weiteres Durcharbeiten und Vermehren der Dokumente allmählich auch enger klassifiziert werden. Aber sie war beim heutigen Stand der Forschung notwendig, um überhaupt die innere Struktur dieser überall nur fragmentarisch erhaltenen Kosmologien zu erkennen. Bei einem exklusiven Studium emer einzelnen Kultur wäre dies niemals möglich geworden. Es sei aber schon jetzt darauf aufmerksam gemacht, daß z.B. die Zahlenordnung der chinesischen Überlieferung teilweise und die der Kabbala (besonders wenn sie ihre Zahlen über 22 hinausgehen läßt) mehr oder weniger erheblich abweichen. Dies sind meist Sonderentwicklungen, die über gemeinsame Grundlagen mit anderen Kulturen hinausführen.

Es ist sicher methodisch richtig, die Dinge zunächst nach Kulturarealen und Zeitepochen zu ordnen, aber sie dürfen auch nicht rücksichtslos aus ihrem unterschichtigen Zusammenhang gerissen werden, denn sehr oft präsentiert sich die Vergangenheit -- vertieft oder verflacht -- im neuen G ewande, das meist nur notgedrungen verändert worden ist. Daß die späten Megalithkulturen einen wesentlichen Anteil an diesen Gedankengängen haben, dürfte schon aus der Bedeutung hervorgehen, welche dem Stein zugeschrieben wird. Trotzdem haben zweifellos auch alt- und jungpflanzerische Kulturen entscheidend mitgewirkt.

9.2.5. Das Astrolabium
Eine wesentliche Hilfe zur Rekonstruktion des alten Weltbildes gewährt uns ein Astrolabium, das sich im Museo Naval zu Madrid befindet(5). Es zeichnet sich unter vielen anderen besonders durch die äußerst klare und vielseitige Linienbildung seiner Spinne (Filigran) aus. Es entstammt der Werkstatt des Michel Coignet in Antwerpen, wo es im Jahre 1598 hergestellt wurde (s. Abb. 1).

Astrolabien sind stereographische Projektionen des Sternhimmels, die dazu dienen, bei der Winkelmessung der Gestirne die Höhe ohne mathematische Berechnung festzustellen. Sie existieren in sphärischer oder plamsphärischer Form und waren im Mittelalter von Indien bis Spanien sehr verbreitet. Da das planisphärische Astrolabium die von Hipparch aus Nicäa (um 150 vor Chr.) erfundene winkeltreue, stereographische Projektion voraussetzt, kann es laut R. T. Gunther schwerlich vor dieser Zeit entstanden sein(6). Aber so einleuchtend diese Altersbestimmung auch ist, steht sie doch im Widerspruch zu der Gestaltung der Spinne. Das in dieser Arbeit angeführte Bildmaterial wird uns nämlich zeigen, daß sich die wesentlichen Konturen der Kultbilder des ersten Jahrtausends nach Christus ebenso wie die nichtchristlichen, ja sogar die der früheren Bilder mesopotamischer, ägyptischer und amerasiatischer Herkunft lückenlos in die hier gegebene planisphärische Ordnung einfügen lassen. Selbst der Rahmen vieler Bilder stimmt oft mit dem der nautischen Quadranten überein. Zweifellos diente das Filigran (die "Spinne") ursprünglich dazu, den Platz der einzelnen Fixsterne anzugeben. Man findet darin aber auch Linien und Gestalten, die nicht astronomisch motiviert sein können. Darum erscheint es mehr als möglich, daß dieses Diagramm teilweise aus der Projektion einer älteren kultischen Darstellung des Weltalls auf das Bild des Sternhimmels hervorgegangen
<16> ist. In diesen Astrolabien ist gewiß Astronomisches, Astrologisches und Mythologisches miteinander verbunden. Uberdies scheint in diesen Kultbildern der durch die Drehung des Firmaments bedingte räumliche Stellungswechsel der Gestirne mittels einer Vervielfachung, d.h. durch eine Superposition von jeweils zwei oder vier wichtigen Positionen angedeutet zu werden. Man hat eine überzeitliche und überräumliche Darstellung der Welt und eine Aufhebung der Gegensätze angestrebt, indem man die verschiedenen Phasen der Su kzession simultan sichtbar machte. Von den vier Phasen ist im Astrolabium nur die erste dargestellt, während von den drei anderen nur das Gegenbild (Kopf nach unten) der im Filigran dargestellten ersten Phase in ihren wesentlichen Zügen hier durch punktierte Linien angedeutet wird. Zeitliches Nacheinander und räumliches Nebeneinander sollen ebenso wie eine helio. und eine geozentrische Sicht ineinandertreten und ein Bild der Einheit geben. Solche Vervielfältigungen führen dann zu bekannten Modellen wie auf den Abbildungen 2 a- 2d.

Alle von mir in das Astrolabium eingezeichneten Doppellinien (so z.B. 5, 14, B-Bi, D--D i usw. in Abb. 2c) scheinen auch mythologischen Wanderwegen zu entsprechen. Kosmogonisch kennzeichnet die senkrechte Linie A-Ai die Weltachse; doch da das Astrolabium eine stereographische Projektion des Himmelsgewölbes auf eine Fläche darstellt, so bereitet die Orientierung einige Schwierigkeiten. Von den Kreisen I--X entsprechen die Ringe I-IV der raumlosen, akustischen Urwelt, welche innerhalb des Wendekreises IV/V die mythische Urzeit (den "Mutterleib der Zeit") bildet. Beim Übergang des Ringes IV nach V befindet sich je nach dem Betrachter die Winter- oder Sommersonnenwende, bei IX/X liegen Sommer- oder Wintersonnenwende. Zwischen diesen beiden Endpunkten rundet sich der Kreis VII (Tag- und Nachtgleiche), dessen Größe sich mit der des Tierkreises deckt, ihn nur im Raum 31 auch zweimal (bei 23,5 Grad Ost und West) überschneidet, aber im Bilde höher zu liegen scheint als VII. Dies fällt besonders bei 15 in den Blick. Durch diese Lage soll die Schiefe der Ekliptik angezeigt werden, deren Winkel von 23,5 Grad bei 11--31--8a und 8a-20a--12a angedeutet ist. Deswegen befindet sich der Mittelpunkt des Zodiakus nicht bei 11, sondern bei 8 und sein Nordpunkt bei 10a, wo auch der Polarstern zu stehen scheint. Der kleine, punktierte Kreis zwischen 11 und 8 weist auf die Präzession. Neben dem Bereich der "Erdkrote" (Räume 19--25) sind besonders die halben "Räder" (Raum 17) des Kreises VII zu erwähnen, welche im Kultbild wesentliche Stützen der dargestellten Objekte bilden. Der höchste Punkt befindet sich (soweit dies bei einer Kugel moglich ist) je nach dem Standort des Betrachters entweder im Raum 11 oder oberhalb des Raums 1 bzw. unterhalb des Raums 25 (beide im Kreis X).

Zwischen IV und V vollzieht sich die Sommersonnenwende, im zehnten Kreis das Wintersolstitium. Das in das Astrolabium einbezogene Kultbild zeigt aber, daß man auch das obere Ende der vertikalen Linie A--Ai (über dem Haupt 1) als den höchsten Punkt ansehen kann und dementsprechend die Sommersonnenwende bei X und die Wintersonnenwende bei IV ansetzen konnte.

Dazu ist vielleicht folgendes zu bedenken: Am Mittag des längsten Tages steht die Sonne für den Bewohner der nördlichen Halbkugel hoch im Meridian, also im Süden, gleichzeitig aber im Nordpunkt ihrer Jahresbahn, d.h. im nördlichsten Punkt des Tierkreises oder "im Himmel". Umgekehrt steht sie um die Mitternacht des kürzesten Tages tief unter dem Horizont im Norden (in ihrer untersten Kulmination), gleichzeitig aber im Südpunkt ihrer Jahresbahn, im südlichsten Punkt des Tierkreises oder "in der Unterwelt". Kosmische und irdische Richtungen sind einander entgegengesetzt.

<17> Um die Analyse des Astrolabiums und die spätere Besprechung der darin einzugliedernden Kultbilder zu erleichtern, sind die Linien, welche die ganze Spinne durchlaufen, in größerem Maßstab mit großen Buchstaben, die kleineren Figuren im Inneren mit arabischen und die um den Mittelpunkt kreisenden zehn Ringe mit romischen Zahlen bezeichnet worden (s. Orientierungsblätter A und B). Hoch oben schließt das Astrolabium mit einer kopfförmigen Figur (Räume 1 und 2) ab. Darunter befinden sich zwei brillenartige Einbuchtungen (3), in denen oft zwei Augen untergebracht werden. Ein wichtiges Maß stellen die zwei parallel verlaufenden Doppellinien (5) dar, zwischen denen der Raum einer Schulterbreite größerer Menschengestalten vorgesehen ist. Sie entsprechen etwa einer babylomschen Elle. Angesichts der Bedeutung dieses Abstandes der zwei senkrecht verlaufenden Doppellinien wurden sie im Orientierungsblatt A bis nach unten gezogen. Der normale Abstand dieser Linien erweitert sich erst bei 21 (Erdkröte 16--25) und gibt damit in jedem Kreise den nötigen Raum für je eine Sprosse einer Leiter (Himmelsleiter oder Weltenbaum), die dadurch entsteht, daß dem Kreis IV ein Viereck, dem Kreis v ein Fünfeck, dem Kreis VI ein Sechseck usw. entspricht. Dabei bilden sich innerhalb des Raumes 5-5 je eine oder zwei horizontale Linien (Sprossen), während im Quadrat (Kreis IV) auch die vertikalen Seiten mit 5--5 übereinstimmen. Wie Winter- und Sommersonnenwende, so läßt sich auch die Zeit in entgegengesetzter Weise darstellen. Die Welt IV kann sowohl am Mittag als auch zu Mitternacht beginnen und der Kreis X sowohl zu Mitternacht als auch am Mittag enden, obgleich das Astrolabium grundsätzlich den Übergang von IV zu V als Sommersolstitium und X als Wintersonnenwende angibt. Vielleicht ist auch diese Gegensatzlichkeit aus dem Umkehrungsverhältnis zu verstehen, das, sieht man vom Klang ab, die Beziehung zwischen Himmel und Erde charakterisiert; Shatapatha-Brähmana V,1,4,7 sagt, was im Himmel unten oder links liegt, erscheint auf Erden oben oder rechts und umgekehrt. Dazu ist jedoch zu bemerken, daß der Ton diese Umkehrung nicht erleidet, weil er ebenso auf direktem Wege wie als Echo -- zwar schwächer an Lautstärke, aber formal in seiner Ausrichtung - immer unverändert bleibt. Näher als das Umkehrungsprinzip liegt die Vermutung, daß die gegensätzliche Bewegung mit der anschwellenden Ausbreitung und der abschwellenden Schrumpfung des Lichts zusammenhängt. Das Bild dafür sind zwei nach links und rechts sich windende Widderhörner, zwischen denen ein Licht steht oder zwei Pferde, die ihr Licht- und Klangopfer "ausbreiten", indem sie mit dem Sonnenwagen den Tierkreis nach zwei verschiedenen Richtungen durcheilen. Das Licht selbst (die Sonne) ruht im Stirnauge des Widders oder des Wagenlenkers. Im Kultbild schließt das Astrolabium sowohl das heliozentrische wie auch das geozentrische Weltbild ein. Geozentrisch gesehen befindet sich die Erde im Kreis IV, und die Sonne kommt scheinbar aus III,7 über VII (Horizont) hervor(7) und steigt geradlinig oder bogenförmig bis zum Kreis X empor. Vom heliozentrischen Standpunkt aus dreht sich die Erde (Räume 19 und 20) um die solare Mitte.

Besonders starke Hinweise gibt das Zw illingszeichen im Raum 16, welches im alten Ägypten generell als ein Zeichen der Vereinigung galt (so z.B. die Vereinigung des Nordund Südreiches). Es versinnbildlicht aber in ältester Zeit den kosmologischen Standort des Geschlechts und je nach der gegebenen Situation alles, was im einzelnen Lebewesen doppelt vorhanden ist: Hörner, Augen, Ohren, Hände und Füße. Der Gegenpol zu 16 befindet sich auf den Bildern auch im Raum 6 (direkt über dem Kreis V oben). Doch ist er im Astrolabium nicht vermerkt.

Das ganze Diagramm des Astrolabiums dürfte dem Yantra entsprechen, d.h. einem rein linearen Schema, wie es schon im alten Indien auf Sand oder Felsen gezeichnet
<19> wurde, um die Idee eines Bildes so abstrakt wie möglich zu halten. Das deutet die Leere, die Nicht-Bildlichkeit der Wahrheit an. In dieses Filigran, das im Grunde die wesentlichen Umrisse eines Kompositionsmodells enthielt, wurden dann die verschiedensten konkreten Bilder (Mandala) eingebettet. Die rein lineare, nie spezifizierte Linienführung bot die letzte Möglichkeit, das "Wahre" und "Ungestaltete" noch optisch zu suggerieren. Sie konnte aber besser durch die "leeren Formen" der Musik ausgedrückt werden. Die Musik bildete die rhythmische Grundformel einer Gesamtkonzeption, in welcher der erste optische Niederschlag das Diagramm war, das nun seinerseits dazu diente, die verschiedensten Bilder der Mayawelt aufzunehmen. Aufgrund solcher Diagramme wurden im Wiedergeburtsritual die Gottheiten durch Singen von Mantras angerufen, und dort erhielten sie einen bestimmten Platz(8).

Das Astrolabium ermöglicht eine Einordnung der Bilder in die gegebenen Linien des Filigrans und enthüllt durch den auf diese Weise gewonnenen Platz den kosmologischen Standort einer jeweils dargestellten Erscheinung. Ein solcher Standort markiert auch den charakteristischen Zeitpunkt (Kairos), der aber frei von jeder sittlichen Wertung ist. Zwar stehen Positives und Negatives stets einander gegenüber, aber immer mit der gleichen Zahl. Es gibt z.B. sowohl V gut als auch V böse oder V oben und V unten. Die Fixierung des Standorts ist insofern von großer Bedeutung, als dadurch ebenso der Kontext wie das Wachstum und der gelegentliche Stellungswechsel der Dinge erfaßt werden können. In der Tat zeigen die Schöpfungsmythen ganz eindeutig, daß die Welt kosmologisch nie als ein starres, unveränderliches Gebäude, sondern als eine ständig sich verändernde, anwachsende oder vergehende Erscheinung dargestellt wurde. Gerade dies kommt im Astrolabium deutlich zum Ausdruck. Jeder Standort trägt jeweils die Zahl des Kreises, zu dem er gehört. In der Tradition der amerikanischen Mayavölker tragen die Götter solche Zahlen sogar als Namen.

Die dem Astrolabium entsprechende Sternkarte umfaßt in ihrem Zentrum den nördlichen Sternhimmel rechts bis zum Kreis VII und links bis VI. Ab VI links und die ganzen Randzonen beiderseits gehören dem südlichen Firmament an. Setzt man bei VII rechts die Grenze, so entspricht Orion im Kreis VIII der Sternkarte dem Kreis VI des südlichen Sternhimmels. Sirius und Großer Hund figurieren im Kreis IX und entsprechen im südlichen Himmel dem Kreis V. Der Eridanus, der von IX nach X fließt, erstreckt sich auf der Gegenseite von V nach IV, d.h. er kehrt zum "neunfachen Totenfluß" IV,9 zuruck. Da die Position der Kreisenden Gestirne dauernd wechselt (wofür wir theoretisch 4 Hauptphasen annehmen), während die Kultbilder vorwiegend in senkrechter Stellung in den Positionen 1 oder 3 aufrecht oder umgekehrt (im Blatt A den durchgezogenen oder punktierten Linien entsprechend) verharren, so kommen bei der Analyse der Bilder in erster Linie nicht die Sterne, sondern das lineare Geiüst des Diagramms in Betracht. Bei der Milchstraße allerdings, ähnlich wie beim Weltenbaum, müssen die 4 Positionen der vollen Drehung berücksichtigt werden; denn ihr oberer Bogen im Astrolabium fällt auf die Doppellinie D-Di und der untere (punktierte) Bogen dehnt sich spiegelbildlich vom unteren Rand des Zodiakus (Raum 15) nach links und rechts horizontal bis 32 aus (4. Position). In aufrechter Stellung (Position 1 und 3) dagegen erscheint sie wie eine Amphore oder wie eine Mandorla, in der die mittelalterlichen Maler oft den thronenden Christus darstellten. In dieser Position muß die Milchstraße am Ende der Stierzeit senkrecht über der Erde gestanden und den Platz des aufrechten Weltenbaums eingenommen haben. Ihr Raum erstreckt sich fast hufeisenförmig vom Kreis V nach außen hin bis X (s. Sternkarte). Angesichts des ständigen Positionswechsels der Gestirne sind in Blatt A und B die Beschriftungen des Zodiakus und die zahlreichen Häkchen, welche im Filigran
<24> dieses Astrolabiums aus dem 16. Jahrhundert die Präzession berücksichtigten, entfernt worden.

Wenn im Laufe des Textes zuweilen von Ost oder West die Rede ist, so sind damit nicht die Himmelsrichtungen im Kultbild gemeint. Dies gilt lediglich als ein Hinweis auf das Frühlings- oder Herbstäquinoctium. Beide werden durch denselben Kreis VII angezeigt, aber durch VII (Ost) oder IV (West) näher bestimmt. Während der letzten Umlaufzeit (26000 Jahre) fiel die Rolle des Polarsterns im Jahre 4100 einem Stern des Kepheus, dann dem Schwan und um 1400 (beim Übergang von der Stierzeit zur Widderzeit) der Vega und der Leier zu. Es ist jedenfalls bemerkenswert, daß in dem Diagramm des Coignet-Astrolabiums (vgl. Abb. 1) die Leier des zirkumpolaren Raums als Nr. 33 in der Mitte des Raumes 8, also im hohen Norden steht, was vielleicht einen Rückschluß auf die Entstehungszeit des Filigrans erlaubt. Nach der mythologischen und symbolischen Analogieordnung werden die Tag- und Nachtstunden hier in folgender Weise dem Jahresablauf zugeordnet:


Dieses Schema ist aufgrund des folgenden Satzes aus Atharvaveda XIX,53,2 entworfen: "Die Zeit hat sieben rollende Räder" Dazu tritt noch die Überlegung, daß die rhythmische Zeit, die "alles erschafft und wieder vernichtet" (ibid. XIX, 53,5--7 und 54,1--5), auch die Bahn ist, auf der sich das Klangopfer der Lebenssubstanz vollzieht, dessen charakteristische Zahl ebenfalls die Sieben (Kreis VII) ist. In dieser Zeitordnung laufen zweimal je fünf Monate einander parallel, so daß sie zusammen nur fünf "Räder" brauchen,
<25> während für die Winter- und die Sommersonnenwende je ein Rad benötigt wird. Dies sind zusammen sieben Räder.

Die Zeittafel ist auf den Frühlingspunkt im Stier ausgerichtet. Bei den Traditionen, die vom Frühlingspunkt im Widder ausgehen, verschieben sich die Stunden: Mitternacht beim Steinbock, Aquinoctium 6 Uhr usw. Demgemäß liegt dann die "gefährliche Stunde zwischen Hund und Wolf" (= 21--22 Uhr) zwischen Skorpion und Schütze. Da das Astrolabium ein Werk des ausgehenden 16. Jahrhunderts ist und zahlreiche Häkchen auf eine Abweichung von der Grundfigur (Spinne, Filigran) deuten, so stellt sich erneut die Frage, ob diese Deviationen auf die Präzession zurückgehen oder ob die Spinne einen vom Astrolabium unabhängigen Ursprung hat. Jedenfalls stellt in den alten Kultbildern die "Krote" (19--24) die Erde dar.

Der Verfasser kann seinem leider 1975 verstorbenen Freunde Reinhard Schubart nur zögernd in der Auffassung beipflichten, daß das Astrolabium nach der Zwillingszeit auszurichten sei, in der die Erde "dem Zeichen der Virgo (Spica) sehr nahestand, bis die Jungfrau die Erde verließ, zum Himmel emporflog und sich eine Wohnung nahe dem Stande des Bootes wählte. In Ägypten und Mesopotamien war diese Jungfrau die große Mutter Venus, die als Symbol der Fruchtbarkeit eine Ähre in der Hand hielt. Sie entsprach der Sommersonnenwende, während das Äquinoctium bei den Zwillingen und dem Schützen lag " Zu dieser Situierung der Virgo gibt R. Schubart folgende astronomische Begründung:

"Nach der damaligen Vorstellung betrug der synodische Umlauf des Saturns 378 Tage, der des Jupiter 399, der der Venus 584, der des M ars 780. Der siderische Umlauf der Venus betrug 225 Tage, der des Jupiter 12 Jahre (das Jahr, wie es üblich war, zu 364 Tagen gerechnet) oder 4368 Tage.

Im Hinblick auf die Präzession dauern

26000 synodische Umläufe des Saturn 26000 mal 378 = 9 828 000 Tage
12000 synodische Umläufe des Mars 12000 mal 780 = 9 828 000 Tage
27000 Sonnenjahre zu 364 Tage 27000 mal 364 = 9 828 000 Tage
43680 siderische Umläufe der Venus 43680 mal 225 = 9 828 000 Tage
2250 siderische Umläufe des Jupiter 2250 mal 4368 = 9 828 000 Tage

Wendet man nun die 3640 siderischen Umläufe der Venus auf die 12 Abschnitte des Präzessionskreises (Tierkreis) an, so dauert jeder dieser 26 000 synodischen Abschnitte 3640 siderische Umläufe der Venus oder 3640 mal 225 = 819000 Tage (12 mal 819 000 = 9 828 000). Daraus ergibt sich die nahe Beziehung des Umlaufs der Venus zur Jahreszahl (364) und zur Wanderung des Himmelspols. Die synodischen und siderischen Umläufe der Venus und des Jupiter stehen aber nicht nur in Wechselwirkung zum Jahresablauf, sondern auch zu den synodischen Umläufen von Saturn und Mars und -- was hier sehr wichtig ist - zum siderischen Umlauf des Jupiter. Deshalb die so starke Betonung der Spica oder Jungfrau in dem Filigran des Astrolabiums und seine ganz klare Stellung zu den Äquinoctialpunkten der Gemini und seiner Komponente Sagittarius, und vor allem seiner eindeutigen Lage zum Sirius."

Anschließend verweist R. Schubart auf Alfred Jeremias(9), nach dessen Ausführungen der "göttliche Frühling" der Sumerer mit dem Ende der Zwillingszeit und dem Anfang der Stierzeit zusammenfiel, in denen die Milchstraße während des Frühlingsäquinoctium bei Sonnenaufgang vertikal wie ein leuchtender Baum über dem Beschauer glänzte, währendsie sich in der herbstlichen Tag- und Nachtgleiche horizontal wie ein großes Band oder Meer oder wie ein über den Himmel gezogener Äquator ausbreitete.

<26> Der obere Rand dieser Milchstraße entspricht im Astrolabium der geschwundenen Linie D--Di. Wenn nun die Milchstraße zu gewissen Zeiten für Babvlon wie ein Band am Horizont lag, so stand der Orientierungskreis fast senkrecht über ihr. Der Verlauf dieses Kreises ist: Hydra, Virgo, Ursa major, Draco, Ursa minor, Cepheus, Cassiopeia, Andromeda, Cetus, Crux.

9.2.6. Töne und Zahlen
Aufgrund seiner Höhe, seiner Klangfarbe, seiner Stellung im rhythmischen Verlauf und seiner Dauer hat jeder einzelne Ton seinen Sinn, der zwar nicht begrifflich, wohl aber musikalisch erfaßt werden kann. Treten mehrere Töne nebeneinander, so entsteht eine Melodie, die sich uns als eine geschlossene, folgerichtige, aus hohen und tiefen Tönen bestehende Beziehungsreihe emprägt, obgleich dieser Ablauf der Töne keineswegs einen kausal bedingten Vorgang bildet. Verläuft die Beziehungsreihe ruckwärts, so ändert sich zwar ihr Sinn, aber sie wird nicht sinnlos, wie das z.B. bei einem gesprochenen Satz der Fall wäre. Die Begriffe "vorwärts" und "rückwarts" oder "hoch" und "tief" sind unserer Vorstellungswelt entnommen. Sie gehören in Wahrheit nicht zum Wesen der Musik. Wir gebrauchen diese Ausdrücke, weil unserer Sprache nichts Besseres zur Ve rfügung steht. Das Erlebms und Verständnis einer Melodie ist nur in direktem Umgang mit ihr möglich, weil eine derartige akustische Erfahrung sich weder beschreiben noch umschreiben läßt, obgleich an einer Melodie vieles meßbar ist, insbesondere mittels Zahlen und durch Proportionen.

Man kann ihr Metrum markieren, so z.B. durch Takte oder Taktgruppen zu 2+1 (= 3/8), zu 2+2, zu 2+3, zu 2+2+2 oder 3 +3 usw. Neben dieser Addition kann man sowohl die Zeitverhältnisse als auch die Tomntervalle durch Proportionszahlen andeuten. So entstehen in einer Partialtonreihe die Inte rvalle des - desi - asi - des(2) - f2 - as(2)- ces(2) - des( - es( - f3 usw., die in der Oberto nreihe den Verhältnissen 1: 2: 3: 4: 5: 6: 7: 8: 9: 10 usw. entsprechen und hier zugleich den Kreisen I--X zugeordnet werden. Aber ebensowenig wie die Zahlen den Erleb niswert, d.h. die Qualität des Rhythmus, der sich innerhalb des Metrums ausprägt, wiedergeben können, so vermögen sie auch nicht etwas über den funktionalen Wert der Töne innerhalb der Melodiegestalt auszusagen. Die Zahlen verhalten sich zum musikalischen Erlebnis wie der reine Begriff zum gelebten Inhalt eines Satzes. Obgleich die Zahl als solche keinen qualitativen Inhalt mitteilen kann, so weist sie doch (rechnerisch oder anschaulich) in quantitativer Weise auf etwas hin, das im akustischen Bereich qualitativ gehört und erlebt werden kann. Auf diese Weise bildet die Zahl eine Brücke zwischen der akustischen Urwelt und dem konkreten, sicht- und tastbaren Bereich der Schöpfung, wobei nicht übersehen werden darf, daß diesseits der Brucke eine ganz andere Sprache gesprochen wird als jenseits. Zwischen dem akustischen und dem optisch-haptischen Dasein verläuft ein tiefer Graben. Es wurde schon e rwähnt, daß unsere Sprache, von Onomatopien abgesehen, für alle Sinnesempfindungen geeignete Bezeichnungen besitzt außer für den Bereich der Klänge. Ist die äußere (quantitative) Grenze ihrer Eigenschaften (z.B. laut und leise) überschritten, so spricht man von hellen und dunklen, warmen und kalten, hohen und tiefen, weichen und harten Tönen. Immer sind die Adjektive aus anderen, nichtakustischen Sinnesgebieten gewählt. Auch stehen Auge und Ohr in einem bemerkenswerten Wechselverhältnis. Stellen wir Oktaven dar und notieren ihre Frequenzen, etwa:
<27>

1 2 -- 4 8 16
des des i des2 des( des(4),

so sehen wir die geometrische Reihe als eine Perspektive, wahrend wir die einzelnen Intervalle nicht als verschiedene, sondern als gleichförmige Distanzen hören. Kosmologisch betrachtet sind Zahlen neutrale, meist adjektivisch gebrauchte Zeichen; sie dienen dazu, die jeweiligen kosmologischen Standorte der Objekte zu kennzeichnen und auf deren Zugehörigkeit zu bestimmten Kreisen oder Tönen und Rhythmen hinzuweisen. Damit ist ein wesentlicher Charakterzug der in diesem Buche angewandten Methode formuliert. Die Standorte der Zahlen sind für die Einschätzung des Kairos eines Phänomens von grundsätzlicher Bedeutung.

"Alles hast du nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet... Nimm die Zahl aus den Dingen, und alles geht unter" (Buch der Weisheit 11,20, griechische Fassung). Es ist auch kein Zufall, daß man in vedischer Zeit die Hymnen nach der Zahl ihrer Metren anordnete(10). Doch können Inhalte von Texten, die mit der gleichen Zahl verbunden sind, oft erheblich voneinander abweichen. Sie scheinen zuweilen einander sehr ähnlich; bei genauerem Zusehen steht die angeführte Idee aber in ganz anderen ideologischen Zusammenhängen. Der viel zitierte Satz "die Dinge sind Zahlen" wird dem hier beschriebenen Phänomen nicht ganz gerecht, denn die Zahlen vertreten nicht die Dinge selbst, sondern sie zeigen nur die j eweiligen Zeitpunkte oder Orte, in welche Mythologie und Ritual jedes Geschehen einzuordnen pflegen. Ihre weite Verbreitung läßt vermuten, daß sie einmal ein Verbindungsglied zwischen der pythagoräischen Zahlenlehre und der indischen Samkhya-Philosophie bildeten.

Älter als die Zahl sind die Klänge und ihre Intervalle, deren Größe, instinktiv als konsonant oder dissonant empfunden, Zahlenproportionen entsprechen. Der Klang ist das Schöpferische und Naturgegebene, die Zahl ist ein intellektuelles, ordnendes Element. Um ihre kosmologischen Standorte feststellen und definieren zu können, wurden bei der Durchforschung des Materials alle Daten zunächst nach den in ihnen enthaltenen Zahlen zusammengestellt.

Die Zahl stellt ein ordnendes Kriterium und zugleich ein praktisches, wesenhaftes und sicher sehr altes Hilfsmittel dar, um Proportionen von Zeiteinteilung wie von Saitenoder Rohrteilung (Partialtöne) auszudrucken. Solche Proportionen sind schon in sehr primitiven Kulturen aus der Panpfeifen- und Musikbogentechnik bekannt und werden in der Praxis eher intervallmäßig gehört als gezählt. Klänge und Proportionsgefühl sind im menschlichen Gebrauch älter als Zahlenverhältnisse. Sie gehören primär und wesenhaft zum empirischen Experimentieren, während das Zählen dem abstrakten Denken entspringt. Töne hören und ordnen beruht nach Leibniz auf einem unbewußten Rechnen der Seele. Schöp fungsgeschichtlich sind die Dinge ursprünglich nicht Zahlen, sondern Tonverhältnisse. Trotzdem erleichtert eine Anordnung nach Zahlen die Forschung ganz erheblich. Zahlen und letzten Endes auch Töne sind gewissermaßen die Hausnummern der Dinge und weisen auf den gemeinsamen Standort, sie erschließen sogar den Weg des Symbols. So lassen sich die verschiedenen Erscheinungen, deren Inhalte durch ein Symbol koordiniert werden können, insofern sie an ihrer Wurzel durch einen gemeinsamen Rhythmus untereinander verwandt sind, aufgrund ihres gemeinsamen Zahlenwertes auch musikalisch einordnen. Unter diesem Gesichtspunkt können Zahlen tatsächlich etwas erzählen. Zeigt sich die gleiche Zahl sowohl in einem Ritual als auch in der rhythmischen oder klanglichen Beschaffenheit eines Gesangs, formal oder substantiell, auch auf einer zeitlichen oder räumlichen, anatomischen, physiologischen, astronomischen,
<28> philosophischen oder mythologischen Ebene, so liegt in der Regel eine kosmologische Verbindung vor, an die wir angesichts der sachlichen Entfernungen dieser Ebenen und aufgrund unserer in völlig anderen Kategorien verlaufenden Uberlegungen "normalerweise" nicht denken würden.

Die Zahlen sind nicht dualer Natur, aber sie zeigen den Dualismus an, insofern die ungeraden auf Aktivitat und die geraden auf Passivität hinweisen. So können bereits in der Urwelt II (= 2. partialton) ein vierter, in III ein sechster, in IV ein achter Ton erscheinen usw., wobei zu bemerken ist, daß solche geraden Zahlenwerte -- akustisch verstanden -- Oktavwiederholungen, also hohe Konsonanzgrade darstellen, die nur als eine Bekräftigung des bereits Erworbenen gelten können. Die ungeraden Zahlen hingegen präfigurieren das Kommende.

Wie die gnostische Philosophie, insbesondere Maximus, dargelegt hat, ist die Zahl nichts Uranfängliches. Sie ist weder Substanz noch Akzidenz, weder Qualität noch Quantität. Die Zahl kann erst dort einsetzen, wo der Schöpfungswunsch die Welt des reinen Seins verließ und in der Urw-elt laut geworden ist, d.h. akustische Gestalt gew-onnen hat. Dabei erfährt er eine erste Verminderung seines Wahrheitswertes. In der konkreten Welt kann die Zahl zunächst auch nur die Quantität des "bereits Ausgesagten" (= Erschaffenen) anzeigen, nicht aber das Wesen (das Wie) der Dinge und deren gegenseitige Beziehung ausdrücken. Sie tritt nicht in das Reich der Wesenheiten ein, denn alles diesseitige Sein ist weder reines Sein schlechthin noch Urwelt, sondern ein zeitlichräumlich qualifizierendes und quantitierendes Sein. Der Schöpfer ist über dem Sein. Das Viele bildet in Gott eine Einheit, und der begriffliche Gegensatz von Vielheit und Einheit ist Ausdruck und Zeichen einer Bewegung und eines Werdens, welche über das reine Sein hinausgehen. Die vielheitliche Zahl ist die Bewegung der Einheit. Die Reihe der Zahlen ist die fortschreitende Synthese der ursprünglich einfachen und unentwickelten Einheit. Die wahre Einheit ist überhaupt keine Zahl, weil sie keine Bewegung in sich enthält ii. Die Idee einer ursprünglichen Unbeweglichkeit der Kreatur ist ein Widerspruch in sich selbst, denn die Begriffe von Entstehen und Unbeweglichkeit schließen sich gegenseitig aus oder stehen beziehungslos einander gegenüber. Die Ständigkeit ist nicht ein potentieller Zustand des Werdens, sondern das Ende der Verwirklichung der Potenz beim Werden der geschaffenen Dinge. Die Bewegung ist nicht selbstherrlich, sondern eine geworfene, die sich selbst begrenzt (12). Alles Gewordene ist ein passiv Bewegtes, nicht aber Selbstbewegung. Ausdehnung und Kontraktion bilden die allgemeine Wesenheit aller Dinge(13). Zeit und Raum sind Ausdruck der Endlichkeit, weil sie das Sein nicht als ein einfaches, sondern als ein qualifiziertes besitzen. Unendliche Zeit und unendlicher Raum sind ein Widerspruch in sich selbst. Endliches Sein ist Abstand, Anfang und Bewegung, d.h. eine Zeit, die Anfang, Mitte und Ende hat. Es ist das Kennzeichen der von der Zeit zerdehnten Dinge. Gott besaß die Ideen der Dinge von Ewigkeit her. Die Verwirklichung dieser Ideen durch quantitative Ausfüllung verringert den Abstand zwischen dem bloßen Dasein und der Idee, d.h. dem reinen Sein(14).

Damit kommen wir zu einer typischen Formulierung des Rhythmus, der im Gegensatz zur reinen Zeitteilung eine zugleich quantitierende und qualifizierende Teilung von Raum und Zeit mit eigenem Anfang und Ende ist, die sich an dem j eweiligen in Betracht kommenden Material vollzieht. Der Rhythmus ist immer Bewegung, und selbst dort, wo er am Ende seiner Verwirklichung erstarrt ist, zeigt er noch seine letzten Regungen an.
<29> Rhythmus ist - im Gegensatz zum gestaltlosen, reinen Sein -- die lebende Gestalt des biologisch empfundenen Daseins.

Was die (insbesondere in der Samkhya-Philosophie, der "Zählenden") so entscheidende Zahl festlegt, ist der jeweiligee kosmosche Standort eines.Phänomens, dessen Erscheinung aber den numinalen, hintergründigen Wert des Phänomens auch nicht völlig herauszustellen vermag. Zwei Ereignisse, die auf den gleichen kosmologischen Platz fallen, können in ihrer letzten Wurzel oder in ihrem reinen Sein doch noch verschieden sein; was sie aber ganz entschieden vereint, ist der Zeitpunkt und ihre äußere Erscheinung. Solche Zahlen sind keine rechnerischen Begriffe, sondern Symbole von Rhythmen, die unmittelbar empfunden werden und jeder begrifflichen Analyse entgleiten. Ordnen wir uns aber selbst in diesen Rhythmus ein, ohne ihn sezieren zu wollen, so gibt er uns die Möglichkeit, ähnliche, aber auf den verschiedensten Lebensebenen erscheinende Dinge in die ihnen gemeinschaftliche Ordnung einzureihen. Dabei müssen sie nicht aufgrund ihrer j eweiligen Gattungszugehörigkeit (Mensch, Baum, Pflanze usw.) oder Funktion voneinander getrennt werden. Das gleiche gilt für den Zeitpunkt. So wird man z.B. alles, was in Mensch und Natur zeitlich mit dem Frühjahr zusammenhängt, unter dem gleichen Standort vereinigen können. Dadurch wird die Zahl hier zum Wegweiser, ganz gleich, ob die durch sie hergestellte Verbindung kausaler oder nicht kausaler, analoger oder homologer Art sei. Ihr gleichzeitiges und gleichwertiges Auftreten in den verschiedensten Zeiten und Kulturen enthüllt überdies den ideolo gischen Zusammenhang dieser Kulturen. Die Bilder der Anschauung wechseln; im Gegensatz hierzu bleiben die Zahlen -- allen historischen und kulturgeographischen Unterschieden und selbst den verschiedenen, aber symbolverbundenen Daseinsebenen innerhalb der gleichen Kultur zum Trotz -- konstant.

9.2.7. Sphärenharmonie
Carl-Allan Moberg hat 1937 in seiner reich dokumentierten und trefflich kommentierten Arbeit "Sfärenas Harmonie" (15) alle von der Antike bis zum 17. Jahrhundert angestellten Versuche aufgezählt, die Klänge der Sphärenmusik mit bestimmten Tönen zu identifizieren. Meines Wissens ist es um diese Frage wieder still geworden. Zwar hat sich Jacques Handschin(16) inzwischen bemüht, das Problem wegzudiskutieren und die ganze Vorstellung von den tönenden Gestirnen als ein Hirngespinst der Neu-Pythagoräer zu diskreditieren. Er bagatellisiert die Stelle in Platons "Staat" (617 B) und verweist sie in das Gebiet der Poesie. Er kümmert sich nicht darum, daß diese Stelle immerhin in dem sehr ernst gemeinten "Staat" mit der zentralen Idee der "Spindel der Notwendigkeit" verbunden ist: Diese Art von Poesie bildet in der alten Welt die mythologische Einkleidung eines durchaus ernst zu nehmenden philosophischen Hintergrundes. So leugnet er das Klingen der Sphären rundweg ab, obgleich Platon klar und deutlich schreibt: "Auf jedem Kreise (= Sphäre, die sich um die Spindel der Notwendigkeit zieht) saß eine Sirene, die sich mit ihm drehte und ihren Eigenton hören ließ, derart, daß alle 8 Stimmen einen großen Zusammenklang bildeten " Ferner heißt es, daß drei andere Frauen, jede auf einem Thron, in gleichen Abständen auf einem besonderen Kreis saßen. Es waren die Töchter der Notwendigkeit, Lachesis, Klotho und Atropos, die zusammen mit den Sirenen die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft sangen. Klotho (Gegenwart) bewegte zeitweise mit der rechten Hand den Außenkreis, Atropos (Zukunft) ergriff mit der Linken
<30> die inneren Kreise, und Lachesis (Vergangenheit) packte mit beiden Händen abwechselnd bald die inneren, bald die äußeren Kreise an.

Dazu äußert sich Handschin in folgender Weise: "Es handelt sich bei der Sphärenharmonie offenbar um einen Gedanken von symbolischem, eigentlich theologischem Inhalt. Doch wurde er nach zwei Richtungen präzisiert und verhandgreiflicht: 1. Die Pythagoräer scheinen tatsächlich angenommen zu haben, das Weltganze sei nach denselben, einfachen Zahlenverhältnissen geordnet wie die Tonwelt, d.h. die Planetensphären in ihren gegenseitigen Entfernungen entsprächen den musikalischen Intervallen. 2. Wenigstens die populäre Fassung ihrer Lehre glaubte, daß durch die Bewegung der Himmelskörper, die, sei es in bezug auf ihre Raschheit, sei es in bezug auf Ausdehnung (Schwingungszahlen -- Saitenlängen), gegeneinander abgemessen wäre, reale gegeneinander abgemessene Töne entstehen. -- Indessen sehen wir, daß schon Platon nicht auf dem Boden dieser Konkretheit steht, denn die Sirenen, die er je auf einer Himmelsphäre stehen und in einem Ton singen läßt, sind offenkundig ein poetisches Bild. Er hat nirgends im Ernst gesagt, daß jene Sphäre (oder die ihnen angehefteten Planeten) tönen " Den Ausspruch des Pythagoräers Archytas, die rasche Bewegung erzeuge einen hohen und die langsame Bewegung bringe einen tiefen Ton hervor, versucht Handschin(17) so zu deuten, als ob Archytas damit nicht die Frequenz, sondern die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Tons gemeint hätte. Schließlich wird die Sphärenharmonie sogar mit Paulus, Röm. VIII, gekoppelt.

Wenn Jacques Handschin glaubte, alle diese Vorstellungen auf eine "Verwissenschaftlichung" rein poetischer Gedankengänge zurückführen zu müssen, so bestätigte er damit nur seine grundsätzliche Ablehnung des Analogiedenkens und seine Verkennung des Wertes der Mythen bei Platon. Nun besteht allerdings schon seit Plutarch eine solche Fülle von sich widersprechenden Tonreihen, die den einzelnen Gestirnen zugeteilt werden, daß man kaum noch an die Möglichkeit einer Losung dieses Problems glauben möchte.

Vor allem fehlt jeder konkrete, historisch frühe Ansatz. Da wir die Überlieferung nur aus ihrem Endstadium kennen, sind wir gezwungen, mit einer Hypoth ese zu beginnen. Der Versuch, den Erich Moritz von Hornbostel(18) anstellte, das Problem von der altchinesischen Tradition her zu lösen, steht insofern auf schwachen Füßen, als seine Koordination von Tönen (in Quintfolge) und Gestirnen auf einer Annahme beruht, die sich weder in den babylonischen Grundstufen noch in den Zwischenstufen I und II quellenkundlich belegen läßt.

Die Voraussetzungen, von denen hier ausgegangen werden soll, sind allerdings zunachst ebenfalls sehr fragwürdig oder beruhen zumindest auf sehr kärglichen, primären Gegebenheiten; sie können erst in dem Maße anerkannt werden, wie sie im Endresultat zu einem annehmbaren Ergebnis führen.

Wir setzen voraus, daß die Tiere, deren klangsymbolische Bedeutung in den Kreuzgangstudien des Verfassers(19) klargestellt worden ist, zugleich auch Teile eines musikalischen Tierkreises sein könnten. Zu diesem Zweck lassen sich allerdings nur Stier, Löwe und Fisch mit den ihnen entsprechenden Tönen e, f und h heranziehen. Ferner dürfte der Pfau (d) insofern in Betracht kommen, als er aufgrund seiner mythologischen Stellung "zwischen Himmel und Erde" einer der beiden Tag- und Nachtgleichen (Widder oder Waage) entsprechen könnte. Versucht man nun, diese drei oder vier Töne in irgendeiner geschlossenen musikalischen Reihe unterzubringen, so ergibt sich nur eine einzige Möglichkeit: eine chromatische Ordnung, die sich in drei astrologisch gebräuchliche Gruppen aufteilt:
<31>

c, des, d, es = Widder Krebs, Waage, Steinbock (Kardinalzeichen)
e, f, fis, g = Stier Löwe, Skorpion, Wassermann (feste Zeichen)
as, a. b, h = willinge Jungfrau, Schütze, Fische (bewegliche Zeichen) ¥

An diese Hypothese schließt sich eine zweite. Sie besteht in der Annahme, daß jedes Gestirn auf die gleiche Weise tont wie die Tierkreiszeichen, in denen es seine astrologischen Sitze hat. In diesem Fall ist:
die Sonne = Lowe = f
der Mond = Krebs = des
Saturn = Steinbock = es oder Wassermann = g
Jupiter = Schütze = b oder Fisch = h
Mars = Widder = c oder Skorpion = fis
Venus = Stier = e oder Waage = d oder Jungfrau = a Merkur = Zwilling = as oder Jungfrau = a oder Waage = d. Venus und Merkur werden zuweilen vertauscht, da beide die Töne a und d gemeinsam besitzen.

Versuchen wir nun aufgrund dieser beiden Hypothesen den sogenannten Planetenbaum zu rekonstruieren, so erhalten wir folgende Tonreihe: Sommer = des f a, Herbst = d fis b, Winter = es g h, Frühling = c e as (s. die Tafel auf S. 33, Reihe D und E). Wie kann diese scheinbar zusammenhanglose Folge von Tönen entstanden sein? Wir nehmen die Antwort voraus: Sie entspringt einer Partialtonreihe, die durch ihre spätere Einbettung in ein zwölfstufiges System verschleiert worden ist. Der Gedanke, an dieser Stelle die Folge der Obertöne einzuschalten, kommt aus folgender Überlegung. In der Brhadaran. yaka Upanishad I,4,6 heißt es: "Die Schöpfung ist eine Überschöpfung des Brahma weil er als Höherer (als er selbst war) die Götter erschuf und weil er als Sterblicher die Unsterblichen schuf" Thot, der ägyptische Schöpfer der Welt, erschrak vor jedem Wesen, das er selbst mit Hilfe von 7 Silben (kha) oder seinem siebenmaligen Lachen ins Leben rief, weil es ihm jedes Mal größer und höher erschien als er selbst. Dies ruft die Vermutung wach, daß zumindest in der philosophischen Spekulation die Progression der erschaffenen Töne, in denen die Urrhythmen der Dinge zum Aufklingen kamen, als eine Partialtonreihe gedacht war, in welcher der niedrigste Ton fo rtwährend Töne erzeugt, die höher sind als er selbst. So schuf wahrscheinlich Brahma in seiner Erleuchtung die Töne des, desi, as i, des2, f2 als Grundton samt seinen ersten vier Partialtönen und präfigurierte aus diesem durch 5 Töne dargelegten Dreiklang die Töne III,7 (ces2), IV,9 (es() und V,10 (f(4)) (s. die Tafel auf S. 33, A und B). Damit war die Grundlage für die 10 Kreise, Ringe oder Welten geschaffen, deren akustische Natur, weitergeführt in den Tönen 11 bis 21 der Reihe C, mit einer materiellen Natur überschichtet wurde, so daß die Welt konkret werden konnte. Brahma schuf sowohl die "gestaltlose" (klingende) als auch die gestaltete Welt (Maya), welche "die Form des Formlosen" ist. Zu diesen Welten gehören auch die Gestirne, wie sie in den Reihen A, B und C angegeben sind. Mit der Zahl 21 war die "Zahl des Geschaffenen" (akustisch) erreicht. Dazu trat nur noch das Bewußtsein, welches in den 22 Shruti (Intervalle) die Klänge der göttlichen Offenbarung erkannte. Nachdem daraus ein göttliches Alphabet von 22 Buchstaben (wie in der Kabbala) geschaffen war, vermehrten sich auf dieser Basis die Partialtöne (Reihe D), und
<32> es entstanden die Tierkreiszeichen, welche den Planeten, der Sonne und dem Mond entsprachen, sowie sie bereits den entsprechenden Zweigen des Planetenbaums zugeordnet wurden.

Das Brahman liefert das Urmaterial. Die Partialtonreihe ist aber weder eine Tonart - noch eine melodiefähige Tonleiter, sondern eine melodisch noch gestaltlose Materialleiter mit einem ihrem Entstehen eigenen, sich allmählich verlangsamenden Rhythmus. In den Lehrbüchern der Physik wird sie oft mißverständlich als natürliche Tonleiter ("gamme naturelle") bezeichnet. In der altindischen Lehre ist alles, was Gestalt hat, "unwahr". Wahr ist nur die gestaltlose Leere. Wenn aber überhaupt etwas geschaffen, d.h. gestaltet werden soll, so liegt der reine, bildlose und unsichtbare Klang als Melodiegestalt der Wahrheit wenigstens näher als jede andere linguistische oder konkrete Gestalt. Das Brahman, welches als Urton den ersten Partialton hören läßt, entspringt der schöpferischen Kraft des Rhythmus, mit dem er bei jedem ungeradzahligen Partialton eine neue Klangebene schafft und bei jedem geradzahligen Ton den ihm entsprechenden ungeraden tieferen Ton durch die Oktavierung konsolidiert.

Die Sphärenmusik bildet keine Tonleiter, sondern sie ruht auf einem Baum, dessen übereinandergeschichtete Obertone (Äste) in der Proportion 2: 1, 3: 2, 4: 3 usw. die Akkordsäule der Weltachse entstehen lassen.

Es stellt sich nun die Frage, aus welchen Gründen der Ton des als Ausgangspunkt der Sphärenharmonie gewählt wurde. Es versteht sich von selbst, daß eine absolute Tonhöhe heute nicht mehr feststellbar ist. Man muß die in der Partialtonreihe gegebenen Proportionen im Toniaum derart situieren, daß die drei oder vier Tierkreiszeichen, deren Töne uns aus dem Claustrum San Cugat bekannt sind(2)=, auch an den ihnen entsprechenden Plätzen erscheinen. Mit anderen Worten: der Stier muß dem Ton e, der Löwe dem f, der Fisch dem h und der Pfau dem d entsprechen. Nur der Ton des (= Mond) kann die Basis einer solchen Partialtonreihe sein. Wenn der Mond dem ersten Partialton entspricht, so deutet dies sicher auf eine Synarchie von Sonne und Mond. Die Basis der Sphärenharmonie ist die Urwelt II,4 bis IV,8 oder V,10. Ihre Ausdehnung reicht bis in die Welt X (Tafel auf S. 33, Reihe A und B). Ihre sieben oder acht Bahnen (Fixsterne, Saturn, Jupiter, Mars, Sonne, Mond, Venus und Merkur) weisen auf die Ritualwelt VII/VIII (Reihe C). Ihrem urweltlichen Ursprung gemäß verläuft ihre Zeit zugleich vorwärts und rückwärts, weil unter den 3 Göttinnen (Moiren), welche die Sphären drehen und in die Harmonie der Sirenen einstimmen, Lachesis das Geschehene, Klotho das Gegenwärtige und Atropos das Bevorstehende singt. "Und Klotho berühre von Zeit zu Zeit mit ihrer. Rechten den äußeren Umkreis der Spindel iind drehe sie mit, Atropos aber ebenso die inneren (Kreise) mit der Linken. Lachesis aber berühre mit beiden (Armen) abwechselnd beides, das äußere und das innere" (Platon, "Staat", 617d). Die jeweilige Zahl der einzelnen Kreise und Partialtöne findet sich auch in den typischen Symbolzahlen der Gestirne wieder: die IV für den Mond und die "m ihm" leuchtende "weibliche Sonne", V und VI für Morgen- und Abendstern und auch für Merkur (Pentagramm und Hexagramm), VII für die "siebenstrahlige" Sonne der Tag- und Nachtgleiche und 20/21 Silben, mit denen man im Kreis X laut Chandogya-Upanishad II,10, 1--5 beim Samangesang die Sonne im 20. und 21. Partialton erreicht (Sommersonnenwende). Doch, obgleich die Sonne zunächst am Anfang der Reihe keinen eigenen Ton hat (es sei denn den unhörbaren Ton in der Akasha), gilt sie als "heißer Gesang", ja sogar als "unübertönbar" (Atharvaveda X,7,28). "Der dort glüht, den soll man als Udgitha (Hochgesang) verehren, denn indem er aufgeht, lobsingt er für die Geschöpfe, verscheucht er Dunkelheit und Furcht" (Chandogya-Upanishad I,3,1). Da die 6 ersten Töne <34> Mond- und Venusklänge sind, kann die Sonne nur als jenseitiger, bei Null im leeren Raum (Akasha) stehender, klingender Anreger der Vibration verstanden werden. Auch später gibt sie sich mit Ausnahme von f = Kreis X,20,40 nur als Licht im Morgenstern v,10 kund. Auch die Welt III,7, die das "Auge" (Dreieck) der Sonne in der Urwelt enthält, ist kein spezifischer Sonnenton, und III,6 hebt besonders die Position der Urvenus hervor, deren Klang in der Urwelt III dem 3. und 6. Partialton as entspricht (Reihen A und B). Dieser Ton ist eigentlich eine Art Zwillingssitz. Die Urvenus (III) könnte Abendund Morgenstern sein. Sie scheint aber nicht dem uns geläufigen Gestirn zu entsprechen. Sie ist eine "männliche Virgo" (Kerenyi), em merkurisches Venuswesen, halb denkend und halb gestaltend. Cicero (Somnium Scipionis 10) sagt sogar, daß Venus und Merkur im gleichen Ton erklingen ("in quibus eadem vis est duorum"), so daß die 8 Gestirnbahnen nur 7 Töne ergeben. Diese Einheit von Merkur und Venus schwmdet in der konkreten Welt, und ihre Urkraft verteilt sich m der Folge auf mehrere Klänge, welche durch die Weiterführung der Partialtonreihe (C und D) entstehen: die Töne a und as = Jungfrau und Zwillinge werden dem Merkur zugeschrieben, während die Venustöne d (Waage) und e (Stier) sind. Wo die Töne d und e der Venus entsprechen, dürften e der Morgenstern (der I.eitton zur Sonne f) und d der Abendstern (der Leitton zum Mond des) sein. Es muß versucht werden, der Entwicklung der Sphärenmusiktheorie erneut nachzugehen. Aus der Partialtonfolge entstehen die auf S. 33 in den Reihen A und B genannten Töne und Gestirne, die sich bis zum 10. Ton auf Mond, Venus, Sonne und F ixsterne beschränken. Vollständig wird die Reihe der Gestirne erst mit dem 13. Partialton, welcher die chromatische Folge einleitet (C) und nach der Oktavierung (= 26. Ton) dieses Tons auch das a (25) einschließt. Somit kann die chromatische Reihe auch bereits mit dem 22. Partialton und dem entsprechenden Tierkreiszeichen (Gruppe D) beginnen. Der Venus aber steht nun nicht mehr der Urweltton as (12) zur Verfügung. Dafür erhält sie die Töne d (17, Libra) und e (19, Taurus), von denen das e vielleicht einmal dem sonnennahen Merkur angehörte. Jedenfalls werden dem Merkur nun die Töne as (12, 24, 48, Gemini) und a (25, 50, Virgo) zugeschrieben.

Die Tonfolge der Reihe C ist entweder chromatisch (wenn man die Töne abwechselnd unter und über der gestrichelten Linie liest) oder sie bildet 2 Ganztonreihen, wenn man sie oberhalb oder unterhalb dieser Linie liest. Beide Tonfolgen sind im alten China nachweisbar: die erste im Bau der Panflöte Pai--hsiao(21), die zweite in der alten chinesischen Musiktheorie(22). Die Anordnung (Reihe E) gibt die gleiche Koordination von Tönen und Gestirnen wieder, teilt sie aber in 4 Gruppen zu 3 Tönen in je zwei großen Terzintervallen (= 3 Töne) auf. Es ist möglich, daß man sich diese Entwicklung als das Produkt eines Wirbels vorgestellt hat, der einerseits konzentrisch und chromatisch und andererseits exzentrisch in vier Terzschrittgruppen verlief. Nach der Überlieferung der Edda waren die Gestirne ursprünglich Feuerfunken, die dem Muspellsheim entflogen waren und umherirrten, bis die Götter ihnen Wege und Sitze anwiesen(23). Demnach könnten die Töne b/h den später noch zu beschreibenden Wirbel in der Urwelt III,7 gebildet haben, aus dem die 4 Gruppen zu 3 Tönen entsprangen.

Ziehen wir nun die Darstellung der Sphärenharmonie aus Platons "Staat" heran. Ein Mann, namens Er, war mit einigen Kriegskameraden vom Tode auferstanden. Er erzählt von der Wanderung seiner Seele im Jenseits: 7 Tage verweilten sie auf einer Wiese. Nach ihrem Aufbruch am 8. Tage seien sie nach weiteren 4 Tagen an einen Ort gekommen, wo man von oben herab ein gerades Licht wie eine Säule über den ganzen Himmel und die Erde verbreitet sah, am meisten dem Regenbogen vergleichbar, aber glänzender und
<35> reiner. Als sie noch einen Tag weiter gewandert waren, seien sie zu diesem Licht gelangt und hätten dort mitten in dem Lichte vom Himmel her die Enden der ihn zusammenhaltenden Bänder befestigt gesehen...An diesen Enden aber sei die Spindel der Notwendigkeit befestigt, vermittelst derer alle Sphären in Umschwung gesetzt werden, und an dieser seien die Stangen und der Haken von Stahl, der Wirtel aber sei gemischt aus diesem und anderen Metallen. Dieser Wirtel habe folgende Eigensch aften: seine Form sei die eines gewöhnlichen Wirtels. Sie sei so, als wenn in einem großen und durchweg ausgehöhlten Wirtel ein anderer ebensolcher kleinerer eingepaßt wäre, wie wenn Schachteln ineinander passen, und ebenso ein anderer dritter und ein vierter und noch vier weitere. Denn 8 Wirtel seien es insgesamt, welche ineinanderliegend ihre Ränder von oben her als Kreise zeigen, um die Stange her aber nur eme zusammenhängende Oberfläche eines Wirtels bilden; diese aber sei durch den achten mittendurch getrieben. Der erste und äußerste Wirtel habe auch den breitesten Kreis des Randes, der zweite sei der des sechsten, der dritte der des vierten, der vierte der des achten, der fünfte der des siebenten, der sechste der des fünften, der siebente der des dritten, der achte der des zweiten. Und der des größten sei bunt, der des siebenten der glänzendste, der des achten erhalte seine Farbe von der Beleuchtung des siebenten, der des zweiten und fünften seien einander sehr ähnlich, gelblicher als jene; der dritte habe die weißeste Farbe, der vierte sei rötlich, der zweite aber übertreffe an Weiße den sechsten. Indem nun die Spindel gedreht werde, kreise sie zwar immer ganz in demselben Schwunge; in dem umschwingenden Ganzen aber bewegten sich die 7 inneren Kreise langsam in einem dem Ganzen entgegengesetzten Schwung. Von diesen gehe der achte am schnellsten; auf ihn folgen der Schnelligkeit nach zugleich miteinander der siebente, sechste und fünfte; als der dritte, seinem Schwunge nach, kreise, wie es ihnen geschienen, der vierte, als vierter aber der dritte und als fünfter der zweite. Gedreht aber werde die Spindel im Schoße der Notwendigkeit. Auf den Kreisen derselben säßen oben auf jeglichem eine mitumschwingende Sirene, deren jede immer nur einen Ton von sich gebe, so abgestimmt, daß aus allen achten insgesamt eine Harmonie zusammenklänge. Um die Spindel der Notwendigkeit herum saßen in gleicher Entfernung ihre Töchter, drei Schicksalsgöttinen in weißen Gewändern, die Moiren Lachesis, Klotho und Atropos, und sangen zu der Harmonie der Sirenen. Lachesis sang das Geschehene, Klotho das Gegenwärtige, Atropos das Bevorstehende. Klotho berührte von Zeit zu Zeit mit ihrer Rechten den außeren Umkreis der Spindel und drehte sie mit, Atropos ebenso die inneren mit der Linken, Lachesis berührte mit beiden Armen abwechselnd beides, das Außere und das Innere. Aus diesem Text ergibt sich folgendes Zahlenschema:

Fixsterne Saturn Jupiter Mars Venus Merkur Sonne Mond Merkur Venus

1 2 3 4 5 6 7 8

1 6 4 8 7 5 3 2

Fixsterne Venus Mars Mond Sonne Merkur Jupiter Saturn

Aus diesen Zahlenreichen ergeben sich grundsätzlich zwei Aspekte: ein astronomischer und ein astrologischer. Unter dem ersten, welcher m dem Zahlenschema durch die obere Reihe dargestellt ist, folgen einander 1. F ixsternhimmel, 2. Saturn, 3. Jupiter, 4. Mars, 5. Venus oder Merkur, 6. Merkur oder Venus, 7. Sonne, 8. Mond. Dies entspricht der
<36> normalen Stellung der Planeten am Firmament. Die untere Reihe gruppiert die Gestirne aufgrund der Breite des "Randes" der Wirtel, genauer und sinngemäßer übersetzt: nach der Breite oder Weite der "Lippen" der Wirtel, d.h. der s,ngenden Sirenen. Aus dieser u nteren Zahlenreihe ergibt sich die astrologische Gestirnfolge, in welcher Sonne und Mond (7 und 8) in der Mitte des Systems stehen, während Mars und Venus (4 und 6) ein ausgesöhntes Paar bilden.

Die astronomische Reihe entspricht der Raumwirklichkeit: Mars und Venus kämpfen um die Herrschaft der zwischen ihnen liegenden Erde. Die astrologische Ordnung dürfte den eigentlichen Lobgesang der Sphären aufklingen lassen: den Frieden zwischen dem kriegerischen Mars und der lebenswarmen Venus oder die "Vermählung der beiden Gestirne", deren Tochter Harmonia die Frau des Schlangentöters Cadmus war. Nun sollen diese Gestirne nicht nur in verschiedenen Tonhöhen erklingen, sondern aufgrund der verschiedenen Randbreiten der Lippen auch verschiedene Vokale verlauten lassen. Über die Verteilung dieser Vokale sind sich allerdings auch die antiken Autoren nicht ganz einig. Fest steht zunächst nur Omikron als der Laut des Mars(24). Von den vier erhaltenen antiken Tonreihen ist eine unvollständig. Die relativ b este Reihe bringt Plutarch mit A Ä I E Omikron (offen) Y Omega (geschlossen). Doch muß schon hier bemerkt werden, daß statt des Y vielleicht auch der Vokal U gemeint sein kann, der im griechischen Alphabet als OU zwischen Omikron und Omega liegt. Es ist auch möglicH, daß, wie noch zu erwähnen sein wird, dieses Y nur als Bindelaut zwischen Omikron und Omega diente.

Versieht man die auf der oberen Zahlenreihe des folgenden Schemas rückläufig angezeigte (astronomische) Reihenfolge der Gestirne mit den ihnen entsprechenden Vokalen, so entsteht das System des Musikbeispiels A:

Mond Sonne Venus Venus Mars Jupiter Saturn F ixsterne Merkur Merkur

8 7 6 5 4 3 2 1

A E Ä I O mikron (U) OY Omega

Cancer Leo Gemini Tau rus Aries Piscis Aquarius Capricornus
Hier klingen die Vokale in der Reihenfolge des griechischen Alphabets auf. Merkur, der in der Urwelt als dritter Partialton (as) einen Teil der "bärtigen" Venus bildete, wird hier nicht erwähnt. Venus als Abend- und Morgenstern (d und e) erscheint zweimal. Man kann auch denken, daß beide Gest irne (Merkur und Venus) in ähnlichen Bahnen laufen und die gleichen Kräfte verkörpern. So schildert Cicero die Sphärenmusik als ein Traumerlebnis: "in quibus eadem vis est duorum".

Die ganze Vokalfolge, die der naturgegebenen Ordnung der Gestirne entspricht, teilt sich in zwei ebenfalls naturgegebene phonetische Gruppen auf: 1. in eine velare: Omega (geschlossen)-U-Omikron (offen), in welcher von D Saturn bis Mars die Lippen der Sirenen sich zunehmend vertikal voneinander entfernen; und 2. in eine palatale Gruppe A E Ä I, die vom Mond über Venus und Sonne bis zum Merkur reicht und durch die zunehmende Verengung der horizontalen Lippenweite zustande kommt. Beide Formelri umfassen den Gesang der sieben Vokale des ägyptischen Priesters Demetrius: "Ich rufe dich an, Herr, mit einem gesungenen Hymnus. Ich preise deine Herrlichkeit A E Ä I O Y O". Der Laut Ä entspricht im griechischen Alphabet dem H (s. Beispiel A, S. 38). Das erste O steht für Omikron, das zweite für Omega.

<37> Zieht man die zweite, untere Reihe des Zahlenschemas heran, so erhält man das Beispiel B, in welchem die Sonne mit dem Vokal E in der Mitte des Systems steht. Schließlich sei noch auf das Beispiel C hingewiesen, das Merkur und Venus mit vertauschten Tönen aufführt. Unter den vier anti ken Autoren, die über die Verteilung der Vokale bestim mte Angabe hinterlassen haben(25), herrsch-t insofern Einigkeit, als sie alle das Omi kron für den Vokal des Mars halten. Jupiter und Saturn werden bald dem Omega, bald dem Y zugeschrieben. Untersucht man die Abweichungen in den Zuordnungen der palatalen Reihe, so stellt sich heraus, daß die Vokalfolge A E Ä I zwar grundsätzlich bestehen bleibt, aber durch die spätere Bemühung, die Sonne in die Mitte des Systems zu bringen, immer wieder verschoben wird. Die in der folgenden Tabelle durch einen Pfeil nach links verwiesenen Vokale sind die einander widersprechenden Vokale der Sonne (E, A oder I), welche die antiken Schriftsteller nicht zwischen Merkur und Mond, sondern zwischen Mars und Venus stellten.
Mars (Sonne) Venus Merkur Sonne Mond

Omikron I Ä E A Demetrius

O I Ä E A Plutarch

O Ä E I A

O = E A Ä Y(?) Lydus

O A I Porphyrius
Bildet die Formel des Beispiels F eine geschlossene Melodie menschlichen Singens (hier das gregorianische Te Deum), in welchem die Töne der erdennahen Gestirne sich nach musikalischem Belieben untereinander verbinden oder wiederholen können, so weisen die Beispiele A bis C nur auf einzelne Vokale und Töne, die wahrscheinlich vorwiegend in Terzparallelen zusammenklingend gedacht waren. Ein voller Zusammenklang ergibt die progressive Verkleinerung der Tonabstände von unten nach oben, welche (ähnlich wie bei den Ästen des Weltenbaums) die Urgestalt der Sphärenharmonie als eine vom 1. bis zum 25. Partialton ununterbrochene Obertonreihe ausweist. Sicher haben in diesen Gesängen nicht nur die einzelnen Vokale, sondern auch die Vokalverbindungen oder Einleitungsklänge eine Rolle gespielt. Doch sind wir über deren Bedeutung nur wenig unterrichtet. Sie liegen vorwiegend an der Grenze des velaren oder Palatalen oder innerhalb des palatalen Bereichs. Die Verbindung A bis O (Beispiel B und C) erinnert an den Ruf IAO des ägyptischen Mond- und Schöpfergottes Toth, an den Begriff TAO und an die heilige Silbe AUM, deren zwei Vokale fast wie ein nasales O ausgesprochen w.erden. Über E bis I = Sonne + Venus oder Merkur (Beispiele A und B) äußert sich Plutarch in seiner kleinen Schrift: "Was das Wort EI bedeutet, das auf den Toren des Apollontempels in Delphi eingraviert war". Demnach ist E als 5. Buchstabe des griechischen Alphabets mit dem Ton des Sonnengottes zu identifizieren. "EI" lautet auch der Gruß, mit dem der Pilger den Tempel des Gottes betritt. E ist die Sonne, die den Pilgern das "erkenne dich selbst" zuruft; I ist die Antwort des Pilgers (= Merkur bzw. Venus): "Du bist!" Der Ruf des Apollon soll eine Warnung sein; die Antwort soll die Ehrfurcht des Menschen vor der Wahrheit bezeugen. Es liegt nahe zu vermuten, daß diese Gedanken des Plutarch mit gnostischen Vorstellungen zusammenhängen: Sein eigenes Selbst erkennen heißt die wirkliche Wahrheit in der Stimme erfassen und dadurch neu geboren werden.
<39>

In Westafrika, wo sich noch viel altägyptisches Kulturgut erhalten hat, werden die Laute Ä--I in schneller und dauernder Wiederholung zur Ermutigung bei Gefahren gebraucht (Duala). Bei den Bambara gelten IO, YO und OYO als Weltschöpfungssilben. Die Formel OYO entspricht der Folge Omikro-Y--Omega, d.h. M ars--Jupiter--Saturn. Die Tonart, in der diese Gesänge verlaufen, dürftte zumindest materialmäßig dem im Mittelmeergebiet weit verbreiteten Hij az-Kar (Beispiel D) oder Hij az-Usharan (Beispiel E) entsprechen. Dazu ist zu bemerken, daß in diesen (wenigstens aus der heutigen Praxis noch sehr bekannten) Tonarten die zwei wichtigsten gliedernden Schwerpunkte (die Töne g und c) auch in der Sphärenmusik betont werden, insofern der Ton g (Saturn) das Ende und der Ton c (Mars) den Übergang von der oberen zu der unteren Strukturhälfte c bis g bilden.

Überträgt man die hier gegebenen Tonreihen in das alt--griechische Transpositionsskalensvstem, wodurch -- im Gegensatz zu den Oktavgattungen -- die absolute "Höhe" der Gestirne gewahrt werden kann(26), so zeigt sich auf dem gemeinsamen Ambitus f-fi, daß die feststehenden Rahmentöne (Ecktöne) Klänge der Sonne und die der Mese Töne des Jupiter sind. Die dazwischenliegenden, bew-eglichen Töne stellen diejenigen Gestirne dar, die, je nach dem Ethos der Tonart, mehr oder weniger gebraucht oder gar vermieden werden. Daß bei dieser Ethosbewertung astrologische Gesichtspunkte mitspielten, dürfte außer Zweifel stehen. Um dies augenscheinlich zu machen, sind in der folgenden Tabelle alle Tonarten auf die gleiche Basis (f) transponiert. Die Tonika, die jede Skala in untransPoniertem Zustand hätte, ist links an erster Stelle vermerkt.

Sonne (Saturn/Mond) Jupiter Sonne
Fixsterne

H Mixolydisch: f es des ces b as ges f

| Mars
E Dorisch: f es des c, b as ges f

| Saturn
A Hypodorisch: f es des c b as g '. f

| Venus
D Phrygisch: f es d ' c b as g f

| Merkur
G Hypophrygisch: f es d c b a g f

| Venus
C Lydisch: f e " d c b a g f

F Hypolydisch: f e d c h a g f

Capr. Canc. Sag. Gem. Scorp.

Leo Taurus Libra Aries Pisces Virgo Aquar. Leo

Der dorische Modus wird durch die Vorherrschaft von Sonne, Jupiter und Mars charakterisiert. Je mehr Gestirne in einem Modus auf diese Weise hervortreten, um so mehr
<40> verliert er die Eindeutigkeit der vorausgegangenen Tonarten. Das Ethos dieser Tonarten besteht offenbar darin, daß sie zwar alle in Sonnen- und Jupitertönen verankert sind, aber ihren sittlichen Wert in dem Maße verändern, als sie andere Planeten mit aufnehmen und dadurch astrologisch starke Oppositionen oder Konjunktione.n schaffen. Je mehr Planeten in einem Modus aufeinanderstoßen, um so zersplitterter ist das "Horoskop"der Tonart. Der planetenarme, aber starke dorische Modus ist für Platon der Ausdruck der Strenge, der männlichen Besonnenheit, der Tatkraft und des Mutes, weil er neben den Grundklängen der Sonne und des weisen Jupiter nur noch den Ton des kriegsstarken Mars umschließt. Das Hypodorische fügt den finsteren, aber zähen Saturn hinzu. Der phrygische Modus ist enthusiastisch und (insbesondere im religiösen Sinne) stark gefühlsbetont. Er ist nicht so besonnen wie das Dorische. Er strahlt die Kraft der Venus im Bereich der Waage aus. In der Hypotonart gilt er als orgiastisch. Inwieweit dafür Merkur in Anspruch genommen werden kann, bleibt allerdings zweifelhaft. Das Zarte und Empfindsame, welches dem Lydischen (unserem Dur) und Hypolydischen nachgerühmt wird, ist wohl der doppelten Mitwirkung der Venus als Sexte und als Leitton in den Zeichen der Waage und des Stiers zu verdanken. Die mixolydisc'he Tonart soll "hoch, trauernd und scharf klingend wie Trauergesänge" sein, was vielleicht auf den ernsten Charakter der drei emzigen Gestirne (Sonne, Mond, Jupiter) weist, von denen Sonne und Jupiter unter je einem "klagenden" Halbton stehen.

Mit dieser Deutung der Ethoslehre geraten wir in Widerspruch zu der Auffassung von E.M. von Hornbostel, der nur die absoluten Höhen der Toniken jeder Oktavgattung ("harmoniai") für die astrologischen Exponenten einer Tonart hielt. Da man aber, wie O.J. Gombosi nachgewiesen hat, in der Praxis alle Modi durch Transpositionen auf den gleichen absoluten Grundton gebracht hatte (wie es in der obigen Tabelle dargestellt ist), hätte für jeden Ausdruck eines bestimmten Ethos in seiner Oktavgattung das Instrument von Fall zu Fall umgestimmt werden m üssen. Es hätte auch keinen Sinn, den dorischen Modus aufgrund seiner Tonika als den Exponenten männlicher Besonnenheit zu werten, wenn man in seiner Skala die Töne der Venus, also e und d statt es und des, benützte. Es bleibt allerdings die Frage offen, ob bei dem zweimaligen Vorkommen der Venus (mit den Tönen d und e) nicht ein Mondton (des/d) verdrängt worden ist. Daß das Ethos der Töne sich nur m den Transpositionsskalen und nicht in den Oktavgattungen verwirklicht hatte, hat. O.J. Gombosi(27) klar erkannt. Auch verweist er in diesem Zusammenhang auf die Spuren dieser ethischen Gebundenheit der Einzeltone, die sich noch in der aristoxenischen Plutarch-Stelle über die Unverwendbarkeit gewisser Töne in der dorischen Tonart zeigen: "Hätte man diese Töne angewandt, so hätte man sich wegen ihres Ethos schämen müssen."

Der Modus erhält sein Ethos durch die Anzahl und den Charakter der Planetentöne, die er umfaßt. Da die griechische Planetenreihe auf die Töne e d c h / b a g f beschränkt war, mußten die anderen Töne (ges as des es) als frei von Ethos oder als Töne von Planeten im Fall oder m Verbannung gelten.

9.2.8. Die Klänge der Chakraslehre
Der Ordnung der Schöpfung -- als Anthropokosmos verstanden -- gemäß gliedert die Chakraslehre auch den menschlichen Körper in 5 oder 7 wesentliche Kraft- oder Bewußtseinszentren (Chakras, Lotosse), von denen ein jedes eine bestimmte Gruppe von Lauten trägt. Der Anfang dieser Klänge liegt, beim Menschen ebenso wie beim Anthropokosmos,
<41> im Parabindu, d.h. in einem unausgedehnten geometrischen Punkt, der (im Gegensatz zu den drei "ausgedehnten" Bindus) dreifacher Natur ist. Beim Bersten dieses geometrischen Punktes entsteht der unmanifestierte Klang, der beim Verlassen des Äthers (Akasha) als Nada, d.h. als undifferenzierter, aber hörbarer Klang hervortritt und damit auch Bindu (Nasalhauch) und Bija (Keimsilbe) produziert(28). Mit dem Hörbarwerden des Klanges bildet sich ein Hohlraum. Dieser Resonanzraum ist das durch drei ausgedehnte Bindus (Nada, Nasalhauch und Keimsilbe) abgegrenzte "erhabene Dreieck des göttlichen Wunsches" (Kamakala), die Welt zu erschaffen. Dieser Raum ist der "Urkopf", welchem das von Nada ausgehende klingende "Shabdabrahman" in folgenden Manifestationen entstromt.

Nada Bindu Bija
Mond Sonne Feuer
Nabel Herz Stimme (Kehle)
Wille Tat Erkenntnis (Avalon 82)
TH K A

Das Dreieck enthält drei Reihen zu 16 Lauten oder "Buchstaben". Die erste Reihe beginnt mit A, die zweite mit K, die dritte mit TH. Daher der Name Akatha-Dreieck. Zu diesen 48 Lauten treten in den Innenwinkeln des Dreiecks die drei Laute Ha, Ksha und Lla (nasal). Diese 51 Laute verteilen sich im menschlichen Körper auf folgende Weise:

Kreise
IX Scheitel Übergang von S zu H (ausgesprochen wie ch in "Nacht")
H (M)
VII/VIII Stirn/ Hauchlaut H
Auge
(Ather) Keimlaut Aum

VI/V Mund/ Vokale a a i i u u
Kehle ri ri lri lri
(Akasha) e ai o au ah ang
tenuis aspirata, media, media asp., nasal

III Herz guttural k kh g gh ng
(Luft) Palatal ch cch j jh nj
cerebral t th
Keimlaut Y

III Nabel cerebral d dh n
(Feuer) dental t th d dh n
labial P Ph
Keimlaut R

V/VI Geschlecht labial b bh m
(Wasser) halbvokal l r y
Keimlaute: kurzes A V

VII/VIII Steiß halbvokal
(Erde) sibilant
Palatal sh, cerebral sh, dental s
Keimlaut L

<42>
Im Scheitel ruhen die Klänge S (stimmhaft) und das leise ausgehauchte H. Der im Stirnlotus und im Geschlechtszentrum aufgeführte Laut M gilt als androgyn. Unter "Geschlecht" sind die inneren, unter "Steiß" die äußeren Genitalien zu verstehen. Oft werden diese beiden Zentren in einem einzigen zusammengefaßt. Ferner ist zu bemerken, daß der Stirnlotus auch den Aushauch H tragen kann. Die Kehle dagegen birgt die Vokale. Die Keimsilben sind Halbvokale. Vom Herzen zum Steißchakra schließt sich allmählich der Mund, von den gutturalen angefangen über die cerebralen und labialen Klänge zu den Zischlauten.

Unter den Chakras entsprechen Steiß, Geschlecht und Nabel der materiellen, Herz, Kehle und Kopf der geistigen Welt. In der Abb. 3 liegt die Mitte zwischen Nabel und Herz. Aber das Herz kann auch die Mitte bilden, so daß die geistige Welt nur durch Kehle, Kopf und Scheitel vertreten wird. Andere Anordnungen teilen dem Steiß und dem Geschlecht materielle, der Kehle und dem Kopf geistige, dem Nabel und dem Herzen vermittelnde Aufgaben zu. Der Steiß, der "geheime oder uralte Platz", vertritt das Element Erde, den Sakralplexus mit vier Lauten oder Lotosblättern. Das Geschlecht wird mit sechs Lauten, die dem Wasser entsprechen, assoziiert. Zum epigastrischen Nabellotus gehören mit 10 Lauten dicht unter dem Zwerchfell der Solarplexus, das Feuer und die Kräfte der Wandlung (Verdauung, Assimilation, Verwertung organischer Stoffe zum Aufbau physischer Energien). Das Herzchakra reguliert den Kreislauf; sein Element ist die Luft. Mit seinen 12 Lauten ist es das von der Keimsilbe Y geborene "Weltenwort".

Diesen grobstofflichen Lotossen folgen drei feinere Zentren, in denen sich das Bewußtsein bildet: 1. die Kehle, das "Tor der Befreiung", durch das die bislang unhörbaren Laute hörbar werden; ihre Klänge sind die 14 Vokale und 2 Hauchlaute, welche der Sprache Gestalt (oder Volumen?) geben; das sinnvolle Sprechen entsteht zwischen dem Stirn- und Kehlkopfchakra; 2. das zwischen den Augenbrauen liegende und mit 2 Lauten sich darstellende Stirnzentrum, um welches sich senkrecht Ge hirn und Nase und seitlich Augen und Ohren gruppieren; 3. der Scheitel, dessen Zirbeldrüse das willkürliche Nervensystem und die "tausend Laute" beherbergt(29).

Neben diesen Hauptchakras gibt es eine Reihe von Nebenchakras, die in der Literatur leider nur gelegentlich und ohne Erwähnung einer spezifischen Ordnung genannt werden. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die meist erwähnte und hier dargestellte Folge nicht auch in anderer Weise, nämlich als der "achtfache Pfad" innerhalb der acht Chakras denkbar wäre.

7 Chakras Blätter der Lotosse 8 Chakras

Scheitel 1000
Stirn 2 2 Stirn
Kehle 16 16 Mund
14 Kehle
Herz 12 12 Herz
Nabel 10 10 Solarplexus
8 Nabel
Geschlecht 6 6 Geschlecht
Steiß 4 4 Steiß
50 72

Diese zweite Ordnung würde allerdings nicht den 50 Lauten, sondern den 72 Nadi entsprechen, die zwischen Stirn und Steiß strömen.

<43> Die Klangzentren sind auf zweifache Weise miteinander verbunden (Abb. 3): zunächst durch zwei sich um einen Stab windende I-ebensströme, von denen der linke (Ida) weiblich-lunar und der rechte (Pinggala) männlich-solar ist. Pinggala entspricht dem hellen Bewußtsein und den zentrifugalen Kräften; Ida umschließt' die regenerie enden, 'zen- tripetalen Energien des Unterbewußten. Der Stab ist die Sushumna, eine imaginäre Wir-. belsäule, die von dreigliedriger Qualität (guna) ist und zugleich der Ort, in den der duale Fluß des Lebens (beim Geschlecht und beim Stirnchakra) einmünden kann. Mittels dieser drei Kanäle strömen die 72000 Lebenskräfte bildenden Nadi durch den menschlichen Körper. An der Basis (Steiß) liegt Kundalini , die "Schlange" und "allmächtige Jungfiau", das Bewußtsein, eingerollt im Schlafe, bis Nada, die initiale, klingende Wirkkraft, in ihr erwacht und sich "zischend" oder "wie Bienen summend" vom Steiß bis zur Zunge und Nasenspitze erhebt, wo sich ihre zwei Bahnen wieder vereinigen. Kundalini ist die Förderin der stofflichen Prakriti, die große "Weltverwirrerin"(=, die, solange sie als Hüterin der Maya an der Basis der Sushumna eingerollt schläft, den Zugang zum höheren Bewußtsein verschließt. Ist sie erwacht und ist sie, sich aufrichtend, im Kopfchakra ihrem geistigen Partner (Scheitelchakra) begegnet, der sich ihrer zischenden Stimme mit seinem H-Laut widersetzt, so sinkt sie, von besserem Wissen erfüllt, wieder ab und realisiert dabei im Herzchakra des Menschen die höchste Erkenntms. Der Kundalini-Yoga erwächst aus dem Bestreben, das in der Maya befangene Leben durch geistige Konzentration (Meditation) aus seiner verhaftung mit dem konkreten Dasein zu befreien, um sich der akustischen Ursubstanz der Welt zu nähern und dann, durch höheres Wissen gereinigt und gelöst, sich wieder in das materielle Dasein des Alltags einzugliedern. Mit Lauten wurde die Welt geschaffen und durch Laute vermag der Mensch auch zu ihrem und zu seinem eigenen Anfang zurückzukehren. In diesen Lauten klingt das unmittelbare Wesen des Seienden auf. Der Yogin kann sie, seine Konzentration auf die in den verschiedenen Chakras ruhenden Kräfte lenkend, nach Ausschaltung der äußeren Sinneseindrücke in seinem Körper aufrufen. Der Raum, in dem sich dieses Geschehen abwickelt, ist jedoch nicht der konkrete Körper des Yogin, sondern sein "urzeitlicher" Körper, der als kosmisches "Gedächtnis" eines früheren, rein akustischen Zustandes im jetzigen Körper überlebt. Darum sind die Nadi und die drei Kanäle weder Nerven noch Adern noch Wirbelsäule, sondern in außergewöhnlichen Bewußtseinszuständen erlebte Vorgange, die nicht in bestimmten physiologischen Organen lokalisiert werden können. Sie umfassen die Laufbahn des sogenannten "Prana", ein Wort, das kurz mit "Atem" übersetzt werden kann, aber eigentlich die Gesamtheit der psychischen und physischen Energien bezeichnet, von denen alle Bewegungund alle Wandlungskraft ausgehenund deren Urmanifestation der vom lautlosen Denken eingeleitete Klang ist. So aufgefaßt verkörpert Prana das Urprinzip der Schöpfung in dem ersten Bewußtseinsraum, im Akasha , der als klangtragendes Medium für die Urbewegung gilt und dessen Wortwurzel (sanskr. kash) leuchten, strahlen bedeutet. Vom Vertrauen in dieses Urgedächtnis getragen wagt der Yogin den ersten Schritt, indem er sich zunächst von diesem seinem Urgrund ergreifen läßt, ohne den Versuch zu machen, selbst etwas zu ergreifen oder zu begreifen. Eine Erleuchtung ist mcht das Ergebnis einer aktiven Besitznahme, denn die Grundlagen des Geschaffenen entstehen durch Rezeption. Der Yogin ist -- ebenso wie der Anthropokosmos -- ein "Geworfener", ein Hörender, der jeden Rhythmus, den er selber ausführt, zunächst innerlich vernimmt und sich ihm hingibt, damit der Abstand von Subjekt und Objekt sich auf ein Mindestmaß verringere.

Da das konkrete Dasein in den erd-betonten Chakras (Steiß, Geschlecht) wurzelt, kann der Mensch seine akustische Urexistenz nur wieder freilegen, indem er die in seinem
<45> Inneren schlafenden, unhörbaren Kräfte durch geistige Sammlung weckt. Diese Erweckung erfolgt dadurch, daß der Meditierende sich im Geiste leuchtende Buchstaben vorstellt, die auf seinem Atem von der Nase bis zum Wurzellotos (Steiß) strömen. Ist diese Sammlung des noch unhörbaren' Lichtes.der leuchtenden Bucuchstaben im Stirnchakra erreicht, so muß der Yogin seinen Körper zum Akasha machen, d.h. entpersönlichen, und zum leeren, kosmischen Konsonanzraum werden lassen. Dann klingen die Keimsilbe v und der kurze A-Laut im Geschlechtschakra auf, welches der eigentliche Mutterschoß der Laute ist, die im Akasha der Kehle geboren werden sollen. So beginnt die Sublimation und der Aufstieg der Kräfte aufgrund ihrer Verklanglichung, vorausgesetzt, daß der Laut A lebendig gedacht, gehört, gefühlt und rot gesehen wird. Ist das dem Geschlechtschakra entsprungene A im Kehlchakra auch nach außen hin laut geworden, so soll ihm die im Scheitel erlebte, männliche Keimsilbe Ha oder Ham im Stirnchakra gegenübertreten, um -- zusammen mit dem weiblichen A -- das überindividuelle AHAM entstehen zu lassen. Dieses AHAM soll die ganze Welt im Keim in sich schließen. Das hinzutretende M ist der androgyne Laut, der zur Vereinigung der beiden Krafte in der Sushumna führt.

Eine andere heilige Silbe ist AUM, die nur in einer geistigen Ent rückung im Scheitelchakra voll erlebt werden kann, weil sie den Menschen von seiner Selbstbegrenzung befreit und ihn mit dem unendlichen All eins werden läßt. Doch, da ein solches Erlebnis, wenn es konstant wäre, zu einer Negation des irdischen Lebens führte, so muß das nur mit höherem Wissen ausgestattete Bewußtsein alsbald in eine konkrete, begrenzte Welt zu rückkehren, wo sein Leben von der Kraft der Silbe HUM im Herzchakra getragen wird.

"OM (AUMm) ist der geistige Aufstieg zur Allheit, HUM der Herabstieg der Unendlichkeit in die Tiefe des Herzens. HUM kann nicht sein ohne OM. Aber HUM ist das Geheimnis des Herzens. Im konkreten Dasein ist es der mittlere Weg, der sich weder im Endlichen, noch im Unendlichen verliert... OM ist das Unendliche; HUM ist das Unendliche im Endlichen, das Zeitlose im Zeitlosen, das Ewige im Augenblick, das Zustandliche im Gegenständlichen, das Formlose im Formhaften: die Weisheit des großen Spiegels, der sowohl die Leere wie die Dinge widerspiegelt...In OM öffnet sich der Mensch; in HUM gibt er sich hin. OM ist das Tor der Erkenntnis, H UM das Tor der verwirklichung im Leben. HUM ist ein Opferlaut, aber kein Ausdruck des Zorns oder der Drohung. Das U bildet die untere Grenze der menschlichen Stimmlaute. Die Sanskritsilbe hu bedeutet: Opfer, ein Opfer darbringen. Das einzige Opfer, das der Buddha anerkennt, ist das Opfer des eigenen Selbst"(31). Im Gegensatz zu dem buddhistischen OM dürfte die Silbe, AUMm, welche die innere Struktur des OM darzustellen scheint, eine noch eingehendere Analyse dieser Laute erlauben. AUMm durchläuft die ganze Vokalreihe A, E, Ä, I, Omikron, Omega, U, die uns auch in der Sph ärenharmonie entgegentritt. Da aber zwischen der Schöpfung und der Meditation über deren Ursprung eine Rückbeziehung besteht, bewirkt AUM die Rückkehr (A U) der konkreten Welt zum Ursprung. AUM ist der Weg, der vom hellen A zum dunklen U führt, während MUA (U A) der vokale Ausdruck des Schöpfungsweges von U nach A ist. Die Turiya (m) ist der Nach-Laut (Anu-svara), dessen Tongebung sich einem nasalen ng nähert. Dieser Halbvokal ist der Inbegriff des Atman, d.h. des belebenden Atems, der mit einem leisen m die Silbe MUA, mit der die Schöpfung begann, in Gang brachte. In umgekehrter Form (als AUMm) wird die Schöp fung einmal ausatmen. Mit dieser Form kann der meditierende Mensch auch den Weg von der konkreten Welt zu ihrem und seinem Ursprung wiederfinden. In dem Halbvokal (ng), der sich in
<46> der Aussprache der Turiya (m) manifestiert, vollzieht sich eine Einschmelzung des Dualismus (zwischen Vokal und Konsonant) zur Einheit, aus der auch die ganze Schöpfung einmal hervorgegangen ist und zu der sie wieder zu rückkehren soll. Die Turiya wird auch als Punkt, Tropfen, als Urlicht oder Edelstein versinnbildet. Sie ist die "Spitze" der Silbe oder des "Pfeils" AUMm, der höchsten Wirklichkeit und die Voraussetzung zu jeder Befreiung und Erlösung des eigenen Selbst (Atman), zur wahren Erleuchtung. "Dieser Laut öffnet das innerste Wesen des Menschen als eine höhere Wirklichkeit, die von je in ihm und um ihn gegenwärtig war, die er jedoch durch die seelische Abgrenzung seiner vermeintlichen Ichheit willentlich ausgeschlossen hat " Diese Silbe ist ein "Mittel, die Mauern unseres Ego niederzureißen und uns der Unendlichkeit unserer wahren Natur, die in der Verbundenheit mit allem Lebenden besteht, bewußt zu werden. Om ist der tiefe Urton zeitloser Wirklichkeit, der aus anfangloser Vergangenheit in uns schwingt und uns entgegentönt, wenn wir durch vollkommene Stillung des Geistes unseren inneren Gehörsinn entfalten"(32).

9.2.9. Der Schöpfer
Mit Recht hat Werner Müller(33) darauf aufmerksam gemacht, daß in der ethnologischen Forschung der wirkliche Tatbestand allzu oft durch europäische Denkformen getrübt wird. Wenn für em von jeder sinnlichen Erscheinung gelöstes Heiliges, Unbegreifliches oder Altehrwürdiges Begriffe wie "Gott" gebraucht werden, handelt es sich noch nicht um einen persönlichen Gott. Schon in der Sprache kommt zum Ausdruck, daß hier selten eigentliche Denkakte über die Urkräfte der Natur zugrunde liegen. Primär ist vielmehr ein intuitives, ehrfurchtsvolles Erleben des ständigen Wechsels einer letzten Endes unfaßbaren Wirklichkeit. Die sichtbaren Gegenstände der Welt sind nur Abbilder des in großem Glanz strahlenden Heiligen, das hinter ihrer Erschemung liegt.

Ausdrücke wie Orenda, Manitu, Mana usw. sind niemals als dynamische Energie zu verstehen, sondern als Träger und Überbrmger des kraftvollen Heiligen, das alles durchdringt. Sie sind stets an eine bestimmte konkrete Erscheinung gebunden und treten nie abstrakt auf. Sie sind nicht Geist, sondern eme Eigenschaft, die sich mit einer ko nkreten Wirklichkeit verbindet.

Das Heilige ist das Hintergründige, der unsichtbare Rhythmus, der alle Dinge durchfließt und wieder verläßt, vorausgesetzt, daß sie vibrationsfähig sind. Sehr oft ist es eine uranische, solare Kraft, die jedoch ohne eine lunare Erde nicht zur Auswirkung kommen kann. Das solare Element ist das lichtvoll klingende Wort, das lunare ist der Resonanzboden, durch den sich ein erleuchtender Schall ausbreitet und wirksam wird. Solar und lunar sind keine Gegensätze. Sie deuten auf die Synarchie des klingenden Lichtes im Wort. Die Personifikation solcher Kräfte ist Sache der Mythologie, welche hintergründige Wahrheiten gleicher Art auf verschiedenen Ebenen ausdrückt, so z.B. die Vorstellung von einem lichtsprechenden Schöpfer anstelle eines lichtspendenden Klanges, der außer der Luft keinen Träger besitzt.

Auch das heliozentrische und das geozentrische Weltbild stellen keine wirklichen Gegensätze dar. Vielmehr geht es um das gleiche Phänomen, das von zwei verschiedenen Standorten aus gesehen wird. Das erste ist das abstrakt Gedachte, das zweite das vom Menschen konkret und wirklich Erlebte, eine assimilierbare Wahrheit.

<47> Wenn auch bei Naturvölkern kaum die Rede von einer universalen schöpferischen Urkraft ist, so scheint die Idee einer solchen anonymen Kraft oder Potenz in der Religionsphilosophie der Hochkulturen doch sehr häufig vorzukommen. Als eine solche P,otenz gilt auch der Begriff des Opfers. In der Mythologie vollziehen, d.h. "breiten" die Götter das Opfer sogar aus, indem sie, die selber nur Gesänge sind, sich ausdehnen, sich selbst aufopfern, bis ihre vokale Existenz verklungen ist. Werden solche Götter, die durch ihre Selbstaufopferung das Heilige verbreiten, jedoch schlechthin als unpersönliche Mächte oder abstrakte Potenzen bezeichnet, so läuft das rituelle Geschehen Gefahr, durch eine allzu intellektuelle Komponente entkräftet zu werden. Und daraus erklärt sich die Tatsache, daß man auch im Ritual der Hochkulturen -- im Gegensatz zu ihrer Philosophie -- die Potenzen als "Setzer, Sammler, Anhäufer, Erhalter, Trenner" usw. bezeichnet und auch jedem dieser "Götter" ein bestimmtes persönliches Metrum zuschreibt. Auch die Zeit, das Opfer, die Lebens kraft, das Feuer, das Wasser und "Oja" (die Kraft der Götter) oder das Brahman (der erleuchtende Spruch) werden, obgleich sie völlig unpersönliche Potenzen sind, direkt an- und ausgesprochen. Jede Erscheinung, die einen "Namen" (klingenden Rhythmus) hat, ist eine selbständige Wesenheit(34), und jedes Individuum, das diesen Namen ausspricht, teilt seinen eigenen Rhythmus mit dem des von ihm namentlich erwähnten Objekts.

Die Welt wird geschaffen, und doch erschafft diese Kreatur sich zum Teil auch selbst, insofern sie das für sie im voraus Geschaffene (präfigurierte) hört und ihm gehorcht. Dieses Hören und Gehorchen bildet die Antwort der Kreatur auf das Schöpfungswort. Der Mensch ist das, auf was er hört, und als solcher trifft er die Auswahl aus dem Gehörten, die seinen Charakter und sein Schicksal bestimmt. Diese anfänglich unsichtbaren, rein akustischen Rhythmen des primär Gehörten nehmen mit der Materialisierung der Schöpfung alsbald sichtbare, konkrete Formen an. Schöpfung bedeutet gestaltete Bewegung, deren Umrisse, ähnlich wie die des Atems oder der Wolken, zunächst weitgehend undeterminiert sind. Ihnen voraus gehen die Rhythmen des urschöpferischen Wortes. Eine Stimme vermittelt das erste Erkennen durch emen Gehöreindruck, der aber bald vom Gesichtssinn überschichtet wird wie beim neugeborenen Menschen. Damit entsteht im Umkreis einer Stimme jene primäre anthropo. oder zoomorphe Vorstellungswelt, in der sich die erste Orientierung des Menschen vollzieht. Diese zugleich akustisch und optisch wahrgenommene Bewegung prägt sich dem Denken und dem Vorstellen des natürlichen Menschen so stark ein, daß die Personifizierung schlechterdings zum Modell wird, auf das alle Bewegungsgestalten mehr oder weniger zuruckgeführt werden. Durch sie erlebt der Mensch nicht nur seine ersten Freuden und Ängste, sondern er überträgt sie unter dem Begriff des "Anthropokosmos" auch auf die ganze Welt emschließlich ihres Schöpfers. Als ein Mikrokosmos im Makrokosmos erweitert der Mensch überdies sein Wissen durch Analogieschlüsse. Menschen und Tiere in Bewegung sind akustisch (Stimme) und optisch (Körper) die Vorstellungsmodelle der Schöpfung. Der Mensch ist nicht nur das Maß, sondern auch das Vorbild der geschaffenen Welt. In der Stimme zeigt sich die Stärke. Der Kopf ist der Himmel, das Becken mit dem Sakrum ist die Erde. Der Rumpf, in welchem die fundamentalen Organe vereinigt sind, entspricht der Atmosphäre, welche die Beziehung zwischen Himmel und Erde ordnet. Ob der Schöpfer eine Person mit wandelbarer Stimme (Donner), eine Stimme ohne Träger oder ein reines Prinzip ist, hängt nur von der Art der Formulierung ab, mit der ein immer wieder gleicher Tatbestand zum Ausdruck gebracht wird: menschlich, anschaulich, mythologisch, philosophisch oder am äußersten Rand wirklichen, noch nachvollziehbaren Verstehens beinahe unmenschlich.
<48>
9.2.10. Anmerkungen
1 Wie im Vorwort bereits erwähnt, wird hier nur die Einführung zu dem umfangreichen Werk
veröffentlicht. Sie ist bis auf minimale, allein der Verständlichkeit dienende Korrekturen unverändert wiedergegeben. Allerdings beginnt der Originaltext im Hinblick auf das Gesamtwerk mit folgenden Worten: "Einige grundsätzliche Bemerkungen sind notwendig, den Weg zum Verstandnis der alten kosmologischen Denkweise zu bahnen. Diese knappen Darstellungen sind größtenteils ohne Literaturnachweise verfaßt. Sie enthalten bereits Hinweise auf Daten. die erst spater (besonders im Kapitel Urwelt) voll verständlich werden können. Sie mögen dem Leser zur besseren Orientierung dienen, wenn er während der Lekture dieses Buches auf sie zurückgreifen möchte" Das lnhaltsverzeicbnis des Werkes, soweit dem Manuskript zu entnehmen, ist am Schluß der Einleitung, auf S. 49 des vorliegenden Bandes abgedruckt. - Angemerkt sei auch, daß die vom Autor benutzte Umschrift der indischen Wörter weitgehend belassen wurde. Diese Schriftfassung entspricht älteren Übersetzungen und Sekundärtexten, und von dort her werden die Wörter in Zitaten vielfach verstanden.

2 Hans Kayser: Akroasis. Die Lehre von der Harmonik der Welt, Basel 1946 und Stuttgart 1947, S. 54. <49> <50>

9.3. The Master of The Universe - Der Gesang des Avatar

@:AVATAR
Extract from: BIB-AG:DENK.DOC

At the turn of the years 1980 to 1981, I had an experience which shattered my conceptions of the mind, of the self, and of the universe. The following poetical text is a transcription of what I remembered or the event some later time, I have recorded it as well as I could. But every one of those who have made similar experiences, knows that it is entirely impossible to convey with words the force of such an impact. Still there is a lot of literature that has tried again and again to express it, even in the full knowledge that it is not possible. To try to translate the account from German to English would be futile, and so I leave it as I recorded it. I have later found out that this account is identical in vein with the Bhagavad Gita (BHAGAVAD-GITA ). It also describes the ancient cosmology of the creation of the Universe out of sound as described by Marius Schneider. It is also the central theme of the Vedas. And, to complete the circle, it is also the theme of the Timaios Question mentioned in the introduction ->: TIMAIOS .


9.3.1. Der Gesang des Avatar
Teil I
Eine Nacht am Meer.
Ein südlicher Strand, Palmen, linde Luft.
Der Wanderer steht mit nackten Füßen im Sand,
überspült von den Ausläufern der Wellen,
die den fast waagerechten Strand mit einem Film Wasser
bedecken. Die Wolkendecke, eben noch dunkel und dicht,
wird lichter und reißt auf.
Die selbstbezogene Ego-heit verliert sich
in einem unendlichen Kosmos von Sternen,
nicht mehr steht der Wanderer an einem Strand,
sondern er steht plötzlich mitten im Weltall,
der Wasserfilm zu seinen Füßen widerspiegelt getreulich
das Abbild des Himmelgewölbes über ihm.
Trunken steht er da, ein Stern unter Sternen,
ein Gedankenfunken in der Milchstraße des Bewußtseins.

Es öffnet sich das innere Ohr und der Wanderer
vernimmt von ferne und schwach, den Gesang des Erhabenen:

O Bewußtsein, O vereinzeltes,
O Ego im Käfig Deiner Selbstspiegelung,
schätze Dich glücklich für diesen Moment der Offenheit,
in dem du die Sphären jenseits Deiner Beschränktheit erahnen
kannst ! Höre, was du erfassen kannst von meinem Lied,
von dem Lied, das ich selber bin,
von dem Lied das sich selber singt.
Was du hörst, ist nur eine Schwingung,
ein Unterton sozusagen, meiner Melodie.
Ich spiele mich in einem dir übergeordneten Kosmos ab,
außerhalb Deines Raumes und Deiner Zeit.

Die Menschen nennen mich auch den "Der sich selbst erzeugt",
der Aus-Sich-Selbst-Geborene, der Kommende, der Messias,
der Maitreya, Oroborus, Phoenix, QuetzalQuatl oder VeraCocha.

Ich, der Gesang, bin, wie Ihr sagt, ewig, für euch, die Ihr
euch einer Zeit unterwerft, falsch, wenn Ihr glaubt,
unendlich durch alle Zeiten , sondern einfach jetzt,
jenseits von Zeit ewig ist während.
Du, das einzelne Bewußtsein, ihr als Menschheit,
eure Welt, euer Planet, euer Weltall,
sind die Harmonien meiner Melodie.

Was du hörest, hat keinen Anfang und kein Ende,
dein Verstand versucht sich etwas zu konstruieren,
mit dem er anfangen kann, mit dem er weitergehen kann,
mit dem er aufhören kann.
Dies ist die Natur und die Aufgabe deines Verstandes,
sei bedacht, daß dein Verstand dir die Bilder vorgaukelt,
die er will.

So, wie das was ihr Diesseits nennt
eine Widerspiegelung dessen ist, was ihr Jenseits nennt,
so vibriert alles nach meinem Rhythmus und erhält von mir
seine Form und seine Lebendigkeit.

Am Ende ist das was am Anfang immer sein wird,
der Geist der sich durch seine Permutationen und
Transformationen in seinem eigenen Bewußtsein wiederspiegelt,
und der Fokus dieser Widerspiegelungen ist es,
was sich MENSCH nennt.

MENSCH ist der Name des Gebildes,
mit dem sich der Geist selber erkennt.
Mensch hat viele Daseinsformen und Daseinsfährten.
Mensch ist die ursprüngliche Faltung
des Bewußtseinsgebildes des Einen, eine Faltung des unendlich
klaren, leuchtenden und reflektierenden Gebildes auf sich
selber. Mit dem Eintreten dieser Faltung ensteht
das Phänomen der unendlichen Widerspiegelung,
manche nennen es Maya.

Mein Gesetz ist die Harmonie,
die Getriebe des Kosmos sind meine Melodie.
Was sich dem geformten Bewußtsein als Ereignisse darbietet,
sind die Teile meiner Komposition.
Ihr kurzsichtigen Beobachter meiner Werke,
die ihr euch beliebt, den Stücken meiner Komposition
Namen zu geben, und sie zu bewerten, merket auf,
denn ihr seit es ebenso, die ihr meine Instrumente seid.

Das Bewußtsein verirrt sich in den Korridoren
der unendlichen In-Sich-Selbst-Spiegelung,
und kristallisiert sich in zwei dualen Formen,
das was sich der menschliche Geist nennt,
und die Gesetze der Natur, der Schwerkraft und der Entropie.
Die Gesetze sind, da sie das Duale des Geistes
sind, von diesem Geist untrennbar, für diesen Geist,
der sich als leicht, unstet und frei begreift,
die Eisenhärte der Materie.

O wisset, ihr die ihr wissen wollt,
ihr, die ihr der Freiheit des Geistes nachtrauert,
wenn ihr euch in euren Leibern gefangen seht,
wisset um die Gesetze der Bindung und der Befreiung,
der Formung, Erhaltung und Auflösung.
Ihr, die ihr leidet unter den Fesseln eurer Schwerkraft,
unter den Konsequenzen des niemals wieder aufzuhebenden
einmal Getanen,
wisset über die Notwendigkeit eurer Möglichkeit,
und wisset von dem Privileg, mit dem ihr ausgestattet seid.
Werft, wenn ihr könnt, einen Blick in die Welt der Geister,
in der die Zahl der Engel auf einer Nadelspitze Legion ist,
in der als König der Sohn der unfruchtbaren Frau herrscht.

Wisset um den Preis, der zu zahlen ist, für jeden Geist,
der sich aus seiner materiellen Hülle herausheben will,
wisset, daß ihr es seid, die den Preis festgesetzt habt.

Und der Nachhall des Geistes verklingt:
Bedenke, o Mensch, dies alles ist mein Spiel,
und siehe, du bist ich selber, so wie ich du bin,
mein Gesetz ist dein Gesetz und meine Kraft liegt bei dir.
Du benutzt meine Allmacht um dich zu machen und mich.
Bedenke und fühle wie die Macht der Auflösung
ebenso die Macht der Erzeugung ist,
ich wirke aus dir wie ich selbst, du bist ich,
jederzeit und immerdar.

Du spielst das Spiel, und du kannst, wenn du willst,
das Spiel spielen, daß du weißt, daß du ein Spiel spielst.
Dies ist sowohl die Erzeugung von Maya als auch ihre Auflösung!

Und der Wanderer steht mitten im Kosmos,
die laue Luft umweht seine Haut.
TEIL II


O Bewußtsein,
O welches Du glaubtest, Du seiest das Menschliche,
Höre die frohe Kunde!
Angebrochen ist der Morgen,
gekommen ist die Zeit zum Aufbrechen!
Ich künde Dir die Worte der Befreiung,
die Lösung von den Fesseln!
Steige mit mir über die Horizonte hinweg!
Fliege mit mir jenseits von Raum und Zeit!

Der große Morgen des großen Tages bricht heran.
Zuende geht die Nacht der Dualität.
Zuende geht die Nacht der Trennung von
Denken und Fühlen, von
Männlich und Weiblich, von
Form und Inhalt.
Zuende geht die Nacht der Schmerzen, in der
sich die Dualitäten in Karmischer Konsequenz
immer weiter auseinanderpolarisierten,
und sich ihre Verzweifelung über ihr Getrenntsein
gegenseitig zuschrieen.

Gekommen ist der Moment der Wieder-Vereinigung,
Gekommen ist die Stunde der Wiederkehr,
Gekommen ist der Tag der Heimholung,
Zu den Müttern.

9.3.2. Die Bhagavad Gita
@:BHAGAVAD_GITA
Die Bhagavad Gita , Urgesang und heiligste Schrift der hinduistischen Religion. Ich hatte zu der Zeit, als ich meine Version vernommen hatte, dieses Werk noch nicht gelesen. Hier folgen einige Auszüge aus diesem Lied, die in ihrer Struktur mit dem "Gesang des Avatar " übereinstimmen. Die Zahlen bezeichnen die Numerierung der Gesänge und der Verse, laut BHAGAVAD-GITA . Dazu Kommentare und Verweise auf den "Gesang des Avatar". GAxx verweist auf Zeile xx.

Stets wenn Verbrechen sich erhebt
Und Frömmigkeit zu wanken droht,
Erschaffe ich mich selbst erneut
Durch meines Willens Machtgebot
4,7

GA32-34. Der Avatar ist der "Selbstgeschaffene". Er ist der Geist, der Fleisch geworden ist. In der christlichen Mythologie ist er der "Sohn Gottes", aber nur aus der irdischen Sichtweise. Diese Sichtweise entsteht durch Projektion des Avatar-Wesens in die Zeitlichkeit.


Es kennen meinen Ursprung nicht
Die Götter noch der Seher Schar,
Weil ich der Götter Urgrund bin
Und früher als die Seher war.
10,2

GA102-104. Geister und Götter gehören zu demselben logischen Typus (der mytho-logischen Phantasiewesen). Zwar ist der Mensch als Kreatur den Göttern nachgeordnet, aber das Bewußtsein als universelles Prinzip ist den Göttern übergeordnet.

Nie war die Zeit, da ich nicht war,
Nie kommt der Tag, da ich nicht bin,
Im Lauf der Zeit herbei fürwahr.
2,26

Ich bin der Ursprung dieses Alls,
Aus mir stammt alles, was je ward.
10,8

GA36-38. Da der Avatar eine Doppelnatur hat, steht er in seiner göttlichen Eigenschaft jenseits von Zeit -- im Jen-Zeits, wie ich das auch nenne.

Ich wohne als Seele allen Wesen ein,
Ihr Ende bin ich, ihr Beginn
Und ihre Mitte, ich allein.
10,20

GA40-42, 73-80. Der Mechanismus dieser Erzeugung, der im indischen Sprachgebrauch Maya genannt wird, wird in GA57-61, und 82-96 beschrieben.


Vergänglich sind die Leiber nur,
Der ew'ge Geist, der sie beseelt,
ist ohne Ende, ohne Maß.
2,18

Ich bin der Wesen Anbeginn,
Ich bin der Tod, der alles rafft,
Bin Ruhm, Beredsamkeit und Glück,
Bin Klugheit und Verstandeskraft.
10,34

Ich bin als Vers der Festgesang,
Ich bin als Lied das Weihelied.
10,35

Ich bin der Same jedes Dings,
Ich bin's, der alle Wesen trägt,
Denn ohne mich kann nichts bestehn,
Beweglich oder unbewegt.
10,39

In tausendfältiger Gestalt
Sich meine Größe offenbart -
Nur einen kleinen Teil von ihr
Nannt' ich in deiner Gegenwart.
10,40

GA27-28. Aus der irdischen Sicht ist es natürlich unmöglich, den vollen transzendenten Umfang des Avatar zu sehen. In Gesang 11 zeigt sich der Avatar in dieser seiner kosmischen Gestalt dem Arjuna, der von der ungeheuren Vision zu Boden gedrückt wird. Dazu die folgenden Verse bis 11,38, die ich von der "Du" Form (des Sprechers Arjuna) in die "Ich"-Form umgewandelt habe, um in der vorhergehenden Redeweise zu bleiben.

Unvergänglich-Höchster bin ich
und des Urgesetzes Hüter,
Bin der Hort des Universums
Und des Weltenalls Gebieter.
11,18

Mond und Sonne sind mir Augen,
Arme reck' ich, ungeheuer,
Opferflamme loht vom Mund mir,
sengt das All mit ihrem Feuer.
11,19

Ich bin's der dies All gestaltet.
Über Sein und Nichtsein erhaben,
Unvergänglich ewig waltend.
11,37

Aller Götter Sein hat erst mit mir begonnen,
Wissen und Gewußtes bin ich,
Der ich die Welt aus mir gesponnen.
11,38

Was immer in der Welt erscheint,
Ein Bild von Schönheit, Stärke, Pracht,
Das, wisse, ist entstanden stets
Aus einem Teile meiner Macht.
10,41

Wer in dem Tun das Nicht-tun sieht
Und in dem Nicht-tun sieht das Tun,
Tut alle Werke einsichtsvoll,
Weil in "Ergebung" sie beruhn.
4,18

Siehe GA110-122. Ergebung, "Islam" ist die korrekte Geisteshaltung des Kriegers, das auszuführen, was ihm aufgegeben. Wie die Geschichte zeigt, war der Islam in dieser Hinsicht ganz besonders erfolgreich. Der Inhalt der Bhagavad Gita ist an den in seiner Kastengesellschaft lebenden indischen Menschen gerichtet, und da speziell an den Kshatria , den Kriegertyp (Arjuna ) den Menschen also, der in seiner Welt handeln muß, und Entscheidung über Leben und Tod zu fällen hat. Sie betrifft daher zum größeren Teil die Grundsätze der Lebenshaltung dieses Menschentyps, seine Ethik.

9.4. Eine Wanderung zur Erd-Musik

oder: Der Spaziergang in einem neolithischen Plattenspieler

@:ERD_MUSIK
9.4.1. Vor-Sätze
1. Die Ereignisse der sinnlich wahrnehmbaren Sphäre stehen in einem synchronen Zusammenhang mit den Strukturen anderer Ebenen, die keine solche lineare Zeit kennen, wie sie unser kartesisch-newtonisches Universum aufweist.

2. Unsere lineare Erzählschrift zwingt einer Darstellung eines Ereignisses eine lineare Zeit und einen linearen Zusammenhang (eine Kausalität) auf. Dies ist ein reines Kunstprodukt des verwendeten Zeichen-Symbolsystems. Schon die arabische Schriftsprache erlaubt es (siehe die Geschichten aus 1001 Nacht), unendlich tiefe Bedeutungs-Hierarchien zu konstruieren.

3. Der folgende Bericht ist in diesem Bewußtsein der Zwangsjacke unserer Schriftsprache geschrieben, und es wird versucht, mit den verschiedensten Hilfsmitteln ihren linearen Einfluß zu verringern. Es handelt sich hier um eine Ereignisstruktur, die von mehreren Ebenen ausgeht. Nicht allein der menschliche Aktor ist hier wichtig, nicht allein die Gefühle und Gedanken, die er hat, sondern das Bild des ganzen Ereignisfeldes.

9.4.2. Der Ort
Die Menschheit kennt mehrere globale Knotenpunkte, oder Kraftzentren der Erde, etwa das Hochland des Himalaya oder das Hopi-Gebiet der Rocky-Mountains. Das Gebiet, von dem hier gesprochen wird, kann ebenfalls zu den Kraftpunkten der Erde gerechnet werden kann. Es handelt sich um eine Inselgruppe im südlichen Ozean. Welche genau, wird durch die Geschichte vielleicht noch deutlicher. Das Erlebnis fängt so unverfänglich an, wie jene andere bekannte Geschichte, die an einer verwahrlosten Bus-Station in Neu-Mexico beginnt. Auch hier ist es ein Bahnhof, wenn auch für Flugzeuge, aber das ist kaum ein Unterschied, heute. Eines schönen Tages auf diesen Inseln der immer schönen Tage kommt ein Mann, nennen wir ihn den Wanderer, mit einem Reisesack über der Schulter, an. Er ist, wie der ganze Heuschreckenschwarm von Touristen mit ihm, auf diese südliche Insel gekommen, um ein wenig Sonne tanken, und sich zu erholen von der grauen Härte seiner nördlichen Heimat. Es erwartet ihn hier auch kein angegrauter, weiser Zauberer, sondern nur eine Spur, eine sehr vage dazu. Er sieht im Kiosk ein Buch, das aus der dort angebotenen üblichen Schund- und Trivialliteratur ein wenig heraussticht: "Über die Guanchen". Mit der Nennung dieses Namens dürften wir den Kundigen den Ort des Geschehens verraten haben. Es ist hier nicht der Zweck, viel zu verheimlichen, denn dann bräuchte man ja die Geschichte garnicht zu erzählen. Aber es ist halt auch ein bißchen Märchen dabei, und Märchen sind immer ein bißchen verschleiert.

Der Wanderer kauft das Buch, schlägt es auf, und findet eine dürftige Darstellung dessen, was aus den spärlichen und verfälschten Quellen nach der Eroberung durch die Weißen Männer von diesen Ureinwohnern der Inseln noch bekannt ist. Drahtige Burschen sollen sie gewesen sein, fähig zu ungeheuren Heldentaten, sie hatten Gemeinwesen mit manchmal absonderlichen Rechtssystemen. In einem ihrer Staaten war Stehlen eine Mutprobe, und wer gut Stehlen konnte, war sehr geehrt, im Nachbarstaat hingegen wurde einem Dieb gleich die Hand abgeschlagen. Über die Stellung der Frauen wurde wenig berichtet, wie üblich in der Macho-Kultur der Eroberer. Es soll hohe Priesterinnen gegeben haben, die die goldenen Äpfel hüteten, einen Schatz, der ewiges Leben bewahrte. Hier ein Stück Mythos, die Sagen kennt er noch, der Wanderer, von den alten Griechen. Und noch einige Zusatzinformationen, die er selber hat: Mutter-Erde-Kult, Matriarchalisches Zeitalter, Steinzeit. Diese Inseln ragen ebenso unvermittelt, wie die geologische Formation der Vulkanfelsen aus dem Meer ragt, mit ihrer Steinzeitkultur 20.000 Jahre aus der Urzeit in die europäische Moderne hinein. Steinzeit, fast zum Greifen. Sie mußten noch einiges besessen haben, um sich so verhältnismäßig nahe beim Festland gegen die Raubzüge vieler Eroberer behauptet zu haben. Was war ihre Kraftquelle? Nur ganz, ganz wenig hat sich heute noch von ihnen erhalten, den Ureinwohnern. Die Rasse ist untergegangen, nicht diesmal, weil die Eroberer die Einwohner massenhaft abschlachteten, wie sie es sonst taten, hier gingen sie subtiler vor: Sie ließen die Eingeborenen nicht mehr untereinander heiraten, sondern nahmen sich die Frauen selber (was war so begehrenswert an ihnen?), und sie verschleppten die Männer aufs Festland, so daß die Rasse den Typ der Eroberer annahm. Nur ein oder zwei Relikte ihrer Kultur sind geblieben: Ein Stock-Kampf nach Art des japanischen Kendo und eine Pfeifsprache, "El Silbo" nennen sie es. Einige Leute in den Bergen können es noch. Aber das Telefon und Funk macht auch eine solch praktische Kunst wertlos.

Der Wanderer fand seine schlimmen Erwartungen von dieser vom Tourismus heimgesuchten Inselgruppe bestätigt. Ein widerlicher vollgebauter, ausgeplünderter Streifen Land, die Straßen voller Autos, die Strände voller Hotelburgen und Touristen, ein Ekel-Zeichen unseres Jahrhunderts. Wie üblich, bei seinen Besuchen in solchen südlichen Ländern, war ihm schmerzlich bewußt, daß er durch sein persönliches Mittun in diesem Touristenunheil das verstärkte, was er bedauerte. Auf der Hauptinsel konnte er nicht bleiben, aber da waren noch einige kleinere Inseln, und zu einer von ihnen nahm er die nächste Fähre. Als das Schiff auf die Insel zufuhr, ragte sie wie ein steiler Klotz aus dem Meer, eine verbietende Festung, unzugänglich von allen Seiten, senkrechte Felsenkliffs, einen halben Kilometer hoch, an denen sich die Gischt brach. Nach der Landung ging es sofort mit dem Bus auf die Fahrt ins Innere, in endlosen Schleifen und Serpentinen. An kahlen, steilen Bergen vorbei, an stark terrassierten Hängen, die anzeigten, daß hier -vor wieviel Jahren wohl- viel, viel mehr Menschen gelebt hatten als jetzt, durch einen Wald hindurch, der den Zentralteil bedeckt.

9.4.3. Der Feenwald
Der Wanderer las in seinem Reiseführer über diesen Wald: Früher war diese Inselgruppe ein grünes Paradies. Die Wälder reichten bis an den Strand und überall flossen frische Bäche. Das Klima war über die Maßen mild, und ewig frühlingshaft. Es gab keine gefährlichen Tiere, und die Nahrung wuchs auf den Bäumen. Es war eine Natur, wie wir sie immer wieder auf den mittelalterlichen Wandteppichen finden, vorzugsweise mit Einhörnern besiedelt, auch in den alten griechischen und römischen Sagen finden wir sie, diese Nymphenwälder, in denen der Pan sein Spiel treibt. Dort, im zerstörten Europa, war es mit dieser Herrlichkeit spätestens nach dem Untergang des kretischen minoischen Reiches ein Ende, hier hielt es sich noch 2000 Jahre länger. Nach der Eroberung wurde hier gnadenlos gebrannt und gerodet, und heute sind alle Inseln nackt, verblichen, und ausgezehrt, und der Heuschreckenschwarm der Touristen vollendet das, was die Raffgier der Streiter Jesu begann. Mit einer Ausnahme, dieser Insel hier. Die Insel ist so zerklüftet und unbegehbar, daß noch einhundert Jahre nach der Eroberung sich Guerillabanden in den Bergen durchschlagen konnten, und den Eindringlingen das Leben schwer machten. Bevor die Straße gebaut wurde, mußte früher alles beschwerlich mit dem Schiff, das wegen schlechter See nur unregelmäßig fahren konnte, zu den wenigen Häfen gebracht werden. Die Natur hatte hier länger ausgehalten. Und mit der Touristenzeit hatten einige moderne Planer im Zentralministerium weit, weit weg, auf dem Festland endlich das Einsehen, daß ein zusammenhängender Wald mehr Kapital in Form von Touristenbussen brachte, als das Holz, das ja leichter aus allen Urwäldern Afrikas, Asiens, und Südamerikas geholt werden konnte, als hier von den steilen Bergen. Also ließ man den Rest des Waldes stehen, und baute Wege hindurch, legte Picknickplätze an, mit schön gemalten Tafeln nach Art der amerikanischen Nationalparks, und man stellte eine Feuerwache auf, da die Touristen es nicht lassen konnten, immer mal Feuerchen zu machen, oder brennende Kippen liegenzulassen, was gerade neulich wieder etwa ein Zehntel des noch verbliebenen Waldes gekostet hatte.

Man hatte damit, so eher beiläufig, ein einmaliges Stück Natur, wenn auch nicht bewahrt, so doch vor einem wesentlich schnelleren Untergang gerettet. Dieser Wald ist einzigartig auf der ganzen Erde. Die ständig wehenden Passatwinde bringen eine feuchtigkeitsgesättigte Luft von Norden an die überaus steilen Hänge, die bis in 1600 m Höhe ragen, es bildet sich Kondensation, eine Art "steigender Regen", also Wassertröpfchen, die zuerst als Nebel vom Wind mit hochgetragen werden und immer größer werden, bis sie schließlich von den bärtigen Flechten an den Bäumen aufgesogen werden. Die Bäume auf der Nordseite der Insel sind allesamt mit einem dicken Pelz dieser Flechten überwachsen, der diesem Wald nicht den Anschein eines Waldes gibt, sondern eine Versammlung von urweltlichen Ungeheuern, Traumzeitgestalten aus einer Danteschen Unterwelt beschwört. Offenbar haben die Flechten eine ähnliche Funktion wie die Lunge, mit ihrer ungeheuer großen Oberfläche können sie die Feuchtigkeit aus der Luft heraussaugen. An den Orten auf anderen Inseln, wo dieser Urwald abgeholzt worden ist, stellt sich nicht einmal mehr die Kondensation ein, der "steigende Regen". Die Flechten erzeugen offenbar auch noch das Mikroklima, das diese Kondensation begünstigt.

Jenseits der Wasserscheide, auf der Leeseite, ergibt sich ein Bild eines Kontrastes, wie man sich ihn nicht stärker denken könnte: Steht man auf der einen Seite mitten im dichtesten Nebel und in feuchter Kälte, so braucht man nur 20 Meter zu gehen, und die Straße zu überqueren, die auf der Wasserscheide entlang die Insel in zwei Hälften teilt, dann ist man auf einmal im schönsten Sonnenschein, warmen Wetter, und einem lichten Mischwald, der mit seinen mediterranen Gewächsen lichter und lieblicher nicht sein könnte. Die Mikroklimata der Insel sind ein meteorologisches Kuriosum. Es kann hier vorkommen, daß die allerverschiedensten Wetterlagen, nur ein paar hundert Meter voneinander entfernt, auftreten. Hier Sturm, dort Sonnenschein. Die Insel ist eine klimatische Drehscheibe.

Außerdem ist die Insel eine Fundgrube für Botaniker. Hunderte und tausende von seltenen und noch unbekannten Pflanzenarten bevölkern sie. Dagegen ist sie, was Tiere anbetrifft, fast unbewohnt. Steht man in den Wäldern der Insel, und lauscht, so ist die Stille fast vollkommen, nur das leise Rauschen des Windes, das melodische Knarren eines alten Baumes, ganz, ganz vereinzelt ein Vogelruf. Keine größeren Tiere. Kaninchen, von den Spaniern hier ausgesetzt, sind zahlreich. Aber keine anderen. Schlangen, so wird gesagt, können hier nicht überleben. Die Wälder der Insel machen den Eindruck, als wären sie ein Hain der Flora, einer Wald- und Pflanzengottheit, und kein Tier wagt es, diese Stille zu stören.

9.4.4. Wanderers Aufstieg
Es kursierten an den Tischen in den Tavernen Geschichten von Leuten in den Bergen, die noch etwas von der alten Guanchen-Lebensweise bewahrt hatten. Besonders eine Frau, die noch die alten Rezepte für die Kräutertränke wußte. Der Wanderer spitzte die Ohren, und bei der nächsten Gelegenheit machte er seinen "Aufstieg" aus den dumpfen Dünsten der wohligen Besoffenheit der Touristenszene am Strand. Die Hügelzone der Insel, da, wo die Menschen siedeln, wo der Wald schon gerodet ist, macht einen überaus trübseligen Eindruck. Kahle Bergrücken, Staub, Fahnen stinkenden Rauchs, wenn irgendwo mal wieder Abfall verbrannt wird. Die Bevölkerung besteht eigentlich nur aus zwei Gruppen: Die, die mit ein wenig Geld aus der Fremde zurückgekommen sind, und sich hier ihren Alterssitz gekauft haben, und die, die davon träumen, in die Fremde zu gehen, und das große Geld zu verdienen, und dann hier zurückzukommen, und sich einen Alterssitz zu bauen. Der Touristenrummel hat diese Situation noch nicht so sehr verändert. Und es gibt in dieser Beziehung keinen Unterschied zu den hunderttausenden von Bergdörfern in fast jedem Gebiet Südeuropas, die durch jahrhundertelange Fehlbewirtschaftung und Raubbau bis auf die Knochen, sprich Felsen abgenagt, der heutigen Generation nichts als die sichere Aussicht auf ein weiteres Menschenalter der Plackerei auf einer wie ein altes Weib fruchtlos gewordenen Natur geben. In dieser Zone wohnte auch die Weise Frau. Ihr Haus war auf den ersten Blick nicht so sehr von den anderen verschieden, aber es war sehr spezifisch angelegt. Der Weg zu dem Haus führte den Besucher in eine linksgewundene Spirale. Das Haus selber bildete in seiner Architektur verschiedene nachgeordnete Kammern. Es blühten viele Blumen in und um das Haus, Vögel zwitscherten unaufhörlich.

Dem Wanderer wurde ein freundlicher Empfang bereitet. Die Weise Frau bemerkte bald, daß er noch andere Dinge im Sinn hatte, als die anderen Touristen, die nur kamen, um ein paar Souvenirs aus der Ureinwohnerzeit zu ergattern, oder etwas von dem selbstgemachten Wein, dem selbstgemachten Kräuterlikör.

Etwas anderes wurde offenbar. Die Weise Frau war nicht so wie der Lehrer aus jener anderen, bekannten Geschichte, ein selbstbewußter Zauberer, der im Vollbewußtsein seiner magischen Kräfte dem Fremden souverän entgegentrat. Sie war anders. Sie war eine Weise Frau, die nicht wußte, daß sie die Weise Frau war. Das Wissen ruhte in ihr, aber es war nicht der bestimmende Teil ihres Lebens. Von außen machte sie den Eindruck einer Frau, die ihr ganzes Leben ungeheur hart gearbeitet hatte, um sich und ihre Familie auf diesem kargen Berge durchs Leben zu bringen, und obendrein noch ihre Kinder auf eine weiterbildende Schule weit, weit weg von hier, auf dem Festland zu schicken. Welche Entbehrungen. Nur ihre Gestalt war gerader, ihr Blick klarer, als die anderen. Sie war zuerst Mutter, Dienerin, Versorgerin des Haushalts. Und tief, tief in ihr ruhte eine Kunst, aus alten Tagen, aus den Zeiten "davor". Diese Kunst harrte darauf, geweckt zu werden.
.....
Aus einem Besuch wurden mehrere. Aus einem Thema wurden viele. Vieles, was die Frau selber nicht mehr "gewußt" hatte, kam zutage. Wissen, von dem sie nicht wußte, daß sie es wußte. Wissen um Pflanzen, Kräuter, Rituale. Das kollektive Unbewußte, das mit dem Untergang der alten Sprache keinen Weg mehr zur Oberfläche gefunden hatte, brauchte lange, um sich einen Weg zu bahnen. Hinweise kamen auf, Verbindungen, die die Frau vielleicht nicht selber sehen konnte, die sich dem Wanderer dank seiner vielfältigen anderen Informationen erschlossen. Eine bestimmte Pflanze, ein bestimmtes Ritual, ein bestimmter Ort. Sie nannte den heiligen Namen, der, der geheim bleiben mußte, den Namen der Großen Mutter: MA.... Die Worte sanken ein in des Wanderers Herz. Die Bewohner dieser Insel hatten die Vergangenheit vergessen, sie hatten nicht mehr den Schlüssel, um sie zu wecken. Das alte Märchen von der schlafenden Prinzessin, die durch einen Besucher von einer fernen Welt geweckt werden muß.

Der Wanderer unternahm einen Spaziergang über die Insel. Zusammen mit Freunden ging er in den Wald auf der Nordseite. Die Geister der Insel waren ihm günstig gestimmt. Die Einwohner hatten gewarnt. In diesen Wäldern, obwohl nur etwa 10 Kilometer im Durchmesser, konnten sich Fremde rettungslos verlieren, und tagelang umherirren, wenn der Nebel hochkam, und die Bergwälder in eine trostlos hoffnungslose Unterwelt verwandelten, in der die flechtenbehangenenen Bäume aussahen wie Gespenster aus einem danteschen Inferno, wo jede Richtung aussah wie jede andere, und wo man nie mehr als 20 Meter geradeaus gehen konnte, weil einen wieder ein unmöglich steiler Berghang zwang, aus der Richtung abzuweichen. Sie hatten Glück, und MA... führte die Fremden in einem exakten Rundkurs einmal um das Zentrum herum. Als sie aus dem Wald traten, nach einigen Stunden Umherirrens, waren sie an exakt der Stelle, an der sie in den Wald hineingegangen waren.

Neben dem Weg liegend, hatte der Wanderer einen Stock gefunden. Zwei Meter lang, gerade, genau das, was er für die beschwerliche Tour durch die steilen Hänge brauchte. Die Guanchen, die Ureinwohner, hatten solche Stöcke, mit denen sie sich wie Stabhochspringer in mächtigen Sätzen über meterbreite Felsspalten hinwegkatapultiert hatten. Der Wanderer trug diesen Stock, und fühlte, wie das Holz mit ihm eine Verbindung einging. Die Pflanze aus den Erzälungen der Weisen Frau wurde auch gefunden. Wieder so eine kleine und unauffällige Pflanze, unscheinbar wächst sie am Wegesrand. Überall sorgt die Mutter Natur für die passenden Hilfsmittel, um mit ihr in Verbindung zu treten.

9.4.5. Das Ritual
Der Tag des Rituals war gekommen. In aller Frühe, als es noch dunkel und kalt war, auf dem Berg, stieg der Wanderer, mit seinem Stock den Weg tastend, in die Höhe, zu dem heiligen Hain. Er nahm die Pflanze, aß sie im Bewußtsein der Kräfte, denen er sich öffnete. Es war kalt, und dunkel. Nebelschwaden trieben dicht durch die Luft. Regen kam vom Tal her hochgetrieben, setzte sich in feinen Tröpfen in alle Kleider, wurde gierig von den Flechten der Bäume aufgenommen. Langsam, langsam wurde es hell. Die Kälte dehnte die Zeit ins Unendliche. Als es hell genug war zu sehen, begann der Aufstieg zu dem Hain. Die heilige Pflanze hatte nun auch die Pforten der Wahrnehmnug geöffnet. Vorsichtig, nur nicht auf direktem Weg Darfst Du zu MA... kommen. Geh die Spirale, die linksgewundene, folge den Höhenlinien des Berges. MA... umhüllte ihren Schrein mit einem dichten Schleier feuchten Nebels. Der Wind zischelte ein hämisches Lied in den Wipfeln der bärtigen Bäume. Leise klagende Töne kamen von absterbenden Ästen. Die Unterwelt. Mutter Erde vor dem ersten Schöpfungstag. Das Zeitalter, bevor sich beseeltes Leben gebildet hatte, ein Urwald des Erd-Karbonzeitalters. Das einzige Geräusch das Zischen des Windes in den Ästen, kein Vogel, kein Insekt, kein Tier. Der Sohn der Menschen war heimgekehrt zu Mutter Erde. Die Opfer. Der Wanderer kam, um MA... das darzubringen, was er bringen konnte: Sich selbst. Sieh, Mutter Erde, ich bin zurückgekommen, von jenen, die Dich vergewaltigen, Dich schänden, die Deine Kinder zertrampeln, martern, aussaugen. Ich, von der Gattung des Ungeziefers, bin gekommen, um Dir das alte Ritual zu bieten, das Dir Deine Töchter bisher gaben. Für uns ist es schon lange Zeit her, seit es das letzte Mal war, für dich nur ein Augenblick. Ich kann Dir keine erlesenen Jungfrauen opfern, wollüstige Fruchtbarkeitsopfer kann ich auch nicht machen, nehme bitte das, was ich bin, mit all meinem Verstand, all meiner Gelehrsamkeit, mit meiner Zivilisation, die sich so weit von Dir entfernt hat, nimm mich zurück in Deinen Schoß.

Der Wind zischelte weiter seine hämische Melodie, die Feuchtigkeit klebte in allen Falten und Winkeln. MA..., Mutter Natur war von solch einer einsamen Seele nicht zu bewegen. Der Wanderer brachte das einzige Opfer dar, das er kannte, die Prostration. Sieben Schritte gehen, Sieben Prostrationen, Mutter Erde küssen, aufrichten zu Vater Himmel, der Gruß an die Sonne, und wieder der Kuß an Mutter Erde. Der alte, vergessene Ritus der Brücke, die Erde und Himmel verbindet.

Verzweifelung. Mutter Natur ist unbeeindruckt. Die Schalen des Verstandes fallen, wie bei einer Zwiebel, vom Geiste des Wanderers ab. Steinzeit. Das kaum bewußte menschliche Wesen, so von den Nebeln des Tierhaften umwickelt, wie dieser kalte Hang. Urinstinkte. Durst. Wasser ringsumher, in der Luft, auf den Kleidern, klebrig, aber nicht schöpfbar. Millionen Tröpfchen. Der Tier-Mensch sucht Wasser. Er leckt die Bäume, die Flechten, gierig, die saftigen Tropfen fallen, ungeschickt angestoßen, an ihm vorbei, eine griechische Sagengestalt kommt ins Bewußtsein, ein Held, den die Götter gestraft haben, und der nun in einem Teich Wasser stehen muß, ewig auf alle Zeiten, jedesmal, wenn er sich beugt, zu trinken, weicht das Wasser zuück und versiegt. Wie hieß der Arme? Ist er nicht wie wir alle Menschen, die immer nach der Labung lechzen, und uns alles, was uns diese Labung verheißt, entschwindet, nein, noch raffinierter haben uns unsere Götter bestraft, nicht entschwindet es uns, nein, wir bekommen es, aber jeder Genuß, den wir uns ausgesucht haben, wird, sobald wir ihn erlangen, fad und schal, und viele von denen, die immer noch gierig das Süße saugen, merken nicht, wie es sie von innen vergiftet und zerfrißt, das, was wir für die Medizin hielten! Oh, wir Gestraften.

Dies sind die Bilder, die der Wanderer in jenem Moment, als er an den Flechten saugt, NICHT sieht. Er sieht zu seiner Zeit, in seinem Bewußtsein, das, was er aufnehmen kann. Aber das Geschehnis findet auf vielen Ebenen statt, und sein Bewußtsein ist nur das geringste unter den Wesen, die hier ihr Ritual abhalten. Der Wanderer ist ein kaum-wissender Automat, der sich in einem Kraftfeld bewegt, der glaubt, er folge seinem Willen, oder einem Ritual, der weiß, daß dieser Wille, diese Form, dieses Bewußtsein ein schwacher Spiegel dessen ist, das IST und das WIRD.

Regress. Die Demut, die Erniedrigung. Ich bin ein Nichts. Was wären wir Menschen, dieser hochmütige, verderbte, bis an die Wurzeln verfaulte Stamm, wenn uns Mutter Natur nicht täglich mit ihren Millionen Geistern ernähren würde, die, wie hier die Flechten, das lebensspendende Wasser erst aus der Luft herausfiltern, es sammeln, es durch die Wurzeln der Bäume in die Erde leiten, und es irgendwo als klaren Quell zutrage treten lassen ! Und genauso alle anderen kleinen Helfer, die uns, wie die Bienen, den Honig sammeln. Dem Demütigen gibt die Mutter Natur. Von Unten Mußt Du Kommen, sorgsam, daß Deine Unbedachten Bewegungen keine Erschütterung Auslösen. Der Wanderer umarmt die Bäume, kriecht vorsichtig von unten an die Flechten heran, die wie Zitzen herabhängen, an den längsten Flechten die dicksten Tropfen. Er saugt, saugt an den Zitzen der Mutter Natur. Ein paar Tropfen erfrischendes Naß. Würde er, so darauf angewiesen, die lebensnotwendige Feuchtigkeit zu bekommen, im Leben für irgendetwas anderes Zeit finden, als nur an den Bäumen herumzukriechen, und an den Flechten ein paar Tropfen Wasser zu saugen? Der Verstand ruht nicht, und gibt, als getreuer Automatismus, immerfort seine Kommentare.

MA... ! MA... ! Ruft der Wanderer. Hämisches Zischeln ist die Antwort. Die Baumgeister treiben ihr Spiel. Der Wanderer ist erschöpft. MA... hat ihn nicht erhört. Er setzt sich nieder. An seinen Kleidern kleben viele tausend kleine Pflanzenstückchen, Zweiglein, Blätter, Rinde. Er versucht, sich zu säubern. Pick, Pick, kleine Stückchen hier und da wegnehmen, er versucht sie abzustreifen. Anstatt, daß er sie loswird, klebt alles an seinen Händen. Wenn er etwas mit einer Hand wegnimmt, klebt es an der anderen. Sisyphus-Arbeit. Er wird ein altes Weib. Zahnlos murmelt er vor sich hin: Wenn ihr die altern Weiber nicht hättet, die die guten Körnchen von den schlechten trennen, die die brauchbaren Teile von den unbrauchbaren trennen, ihr Hochmütigen ihr. Wir, die Menschen in euren "Entwicklungsländern", wir opfern euch unsere Lebenszeit. Pick, Pick, Pick, echte Handarbeit. Der Wanderer weint vor Scham. Die Zeit steht da, wo sie ist, und geht nicht weiter. Der Wanderer steht, auf seinen Stock gestützt, und nimmt seinen Abschied. MA... hat ihn nicht erhört. Traurig verläßt er den Hain.

9.4.6. Der Abstieg
Er geht den Berg hinunter. Der Weg macht eine Biegung, der Hain verschwindet hinter ihm, und plötzlich - Sonnenschein !
Helle, pralle Sonne. Ah ja, sagt der analysierende Verstand, die berühmten Mikroklimata dieser Insel.
Wenn es in einem Tal stürmt, herrscht im anderen das lindeste Maienwetter. Der Ehrfürchtige im Wanderer aber entgegnet: Das ist MA..., sie gibt mir ein Zeichen, sie hat micht erhört ! So geht ein stummer Dialog, und der Wanderer schreitet einen breiter werdenden Weg entlang. Er war doch gestern genau an dieser Stelle aus dem Wald gekommen, warum hatte er diesen Weg nicht gesehen? Es ist ein befahrener Weg, sogar einige Spuren von Waldarbeitern sind hier. Er wird steinig, aber nicht unwegsam, wie gepflastert. Mit jedem Schritt, den er diesen Weg geht, wird er fröhlicher, und glücklicher. Er kennt doch so etwas, sein Verstand meldet ihm Fetzen von alten Märchen, die er gelesen hat. Leute, die einen Weg gehen, und dabei immer fröhlicher werden. Was ist das, was für ein Bild? Und so schreitet er voran, sein Bündel umgehängt, und er stützt sich nicht mehr auf seinen Stock, sondern läßt ihn spielerisch, frei schwingen, hier und da tanzen, auf den Boden aufstoßen, in die Luft springen.

Wieder ein Bild. Welches ist es? Ein sehr bekanntes. Der Wanderer muß laut auflachen. The Little Tramp. Dieses Stimmungsbild, das Charlie Chaplin unauslöschlich in die Herzen der Menschheit gelegt hat. Ja, das ist es, The Little Tramp. Der Computerkonzern IBM hat sich dieses Bild ausgeliehen, um damit den Menschen seine Version vorzugaukeln, wie man dieses Glück erlangt, frei und unbeschwert von allen materiellen Dingen, einen Weg entlanggehen zu können. Ausgerechnet mit einem Computer ! Der Wanderer findet dies höchst ironisch.

Nun er hat es, dieses Bild, er ist der Little Tramp, so wie Chaplin ihn vorgezeichnet hat, der sorglose Wanderer auf der Straße des Lebens. Seltsam, gibt der Verstand zu bemerken ein, hättest Du je gedacht, daß Du so ein Bild jemals LEBEN würdest? Er-Leben, Durch-Leben, Ex-Per-Ience. Und so geht er die Straße des Lebens hinunter, durch den sonnigen Wald, immer noch absolut still, das hämische Zischen des Windes ist einem leichten Säuseln gewichen, noch immer kein Vogel, kein Tier, kein Mensch. Er ist das einzige lebendige Wesen in diesem verzaubernden Wald. Wirklich das Einzige? Während er so geht, tanzt und hüpft sein Stock. Seltsam, sagt der Naive in ihm, so kann ein Stock doch garnicht hüpfen. Ein anderer, bis jetzt noch unbekannter Teil sagt: ach, Du verkrampfst Dich doch sonst immer im alle Dinge, die Du berührst, jetzt läßt Du mal ein wenig mehr los. Spüre es, und laß ES spielen!

9.4.7. Der singende Stock
Der Wanderer läßt ES spielen. Er führt den Stock neben sich, wie ein ausgelassenes Kind, das hin und herspringt, mal da mal dort. Der Wanderer ist ein wenig wehmütig, er wäre gerne selber dieses Kind, das da so sorgenfrei umhertollt, aber er muß jetzt Pappi sein, das Kind halten, der Verstand gibt noch zu verstehen, daß ja ohne ihn, den Verantwortung tragenden Menschen, dieser Stock ein lebloses Ding wäre. So geht dieser Spaziergang weiter, die verschiedenen Personen im Wanderer machen so ihre Beobachtungen, oder erfreuen sich an dem Spiel, oder sind gerade mit anderen Dingen beschäftigt. Da, auf einmal horcht der Wanderer auf, spannt sich seine Aufmerksamkeit an. Ein Klang. Ja, wirklich, ein Klang. Er hatte schon früher bemerkt, wie der Boden, auf dem er ging, hohl klang, als stünde er oben auf einem großen gemauerten Gewölbe. Hohl, ein Klangkörper. Ton. Ja, Ton. Gibt der Verstand zu bemerken, Ton ist Erde, die Ton macht. Donnerwetter. Das hätte ich nicht gedacht. So einfach ist das also. Ton ist Erde, die Ton macht. Unter mir muß eine dicke Tonschicht sein. Oder ein U-Bahntunnel, aber wer wäre in dieser Gegend schon darauf gekommen, eine U-Bahn zu bauen?

Aber der Ton, wo kommt er her? Der Stock erzeugt einen Klang, jedesmal, wenn er auf die Erde stößt, und die Tonschicht dient als Resonanzkörper. Physikalisch ganz normal im Bereich der erklärbaren Tatsachen. Aber wunderbar ist es doch, sagt der Ehrfürchtige. Ja, es ist wunderbar. Der Wanderer horcht auf den Stock, läßt ihn ein wenig anders tanzen, und auf einmal beginnen die Laute, die der Stock von sich gibt, den Charakter einer Melodie anzunehmen. Der Verstand gibt zu bemerken, daß das ein Zusammenspiel von drei Faktoren ist: Einerseits hat die Tonschicht eine gewisse Nachhalldauer, andererseits hat der Stock eine Eigenfrequenz, mit der er schwingt, wenn er an einer bestimmten Stelle gehalten wird, eine andere, wenn er woanders gehalten wird, und er muß in der Luft weiterschwingen, um beim erneuten Aufstoßen auf den Boden wieder denselben Ton zu machen, und Du, der Halter des Stocks, mußt dafür sorgen, daß keine Unterbrechung vorkommt. Ein Unterfangen, etwa so einfach, wie auf einem Drahtseil balancierend, seine Unterhosen zu wechseln. Ehrfürchtig lauscht der Wanderer dem Lied. Oh, wie schön ist diese Melodie. Ein liebliches Lied, ein Maiengesang. Tief, tief in seiner Brust ruht die Erinnerung an diese Melodie. Er, der in seinem Leben noch keine melodische Tonfolge hervorbringen konnte. Das Gefühl: Nicht ich mache diese Melodie, sondern sie spielt sich selber. Gedankenbilder, Erinnerung an ein anderes Erlebnis, wo ihm eine Stimme sang: "Ich bin die Melodie, die sich selber spielt, und Du und alle Welt um Dich herum, Ihr seid nichts als Untertöne in meiner Melodie. Ich bin Brahman, Tao, und alle großen Götter, die ihr bei Namen nennt". Dies ist die Melodie, und er, der Wanderer darf sie hören, ja, er darf als ihr Übermittler dienen, für diese Melodie, die sich mit seiner Hilfe selbst erzeugt.

Ein anderes Bild kommt in seinen Sinn, ein Buch, ein sehr kompliziertes Buch, ein fachliches Buch, geschrieben von einem gewissen Douglas Hofstadter. Es handelt von Computern und anderen absonderlichen Gedankenspielereien. In einem seiner Kapitel läßt Hofstadter seine Handlungsfiguren, Achilles und die Schildkröte, im Dunkeln einen langen, gewundenen Gang gehen. Achilles hat einen Spazierstock dabei, so wie Chrlie Chaplin, und läßt ihn an den Wänden des Gangs vorbeistreichen. Auch dort ertönt eine Melodie, bestehend aus den Noten B-A-C-H. Ein wenig bekanntes Orgelstück von Johann Sebastian Bach: Das kleine harmonische Labyrinth. Die beiden sind mir nichts, dir nichts, in die Rillen eines Plattenspielers gefallen.

Bin ich hier in einen geologischen Plattenspieler geraten? Welchen Zweck hatte dieser Weg? Stammt er noch aus der Guanchenzeit? Wer hätte in der Raff- und Raubzeit der Eroberer hier auf den Berg hinauf einen solchen Weg gelegt? Mit großen, schweren Steinen, über zwei Meter breit, mit Wällen eingesäumt? Wenn sie damit das Holz aus dem Wald abtransportiert hätten, warum steht der Wald dann noch? Die damaligen Zeiten sind nicht dafür bekannt, daß sie so etwas wie Waldbau kannten, damals wurde gerodet und gebrannt, was das Zeug hielt. Und außerdem, mal war der Weg in richtigen Treppenstufen steil den Berg hochgeführt, und stark gewunden, wie kann man da Baumstämme runterschleifen? Nicht ganz stimmig, sagt der Verstand, eine Hypothese ist sogut wie die andere. Der Ehrfürchtige meint, dann muß es wohl so eine Art heiliger Wanderweg, ein Pilgerpfad der Ureinwohner gewesen sein. Da sie ja in der Steinzeit lebten, hatten sie sowieso einviel innigeres Verhältnis zu den Steinen.

9.4.8. Erd-Musik
Der Wanderer geht den Weg hinunter, durch den stillen Wald, und der Stock spielt seine Melodie. An einer Stelle, wo besonders große Steinbrocken liegen, macht er halt. Die Steine liegen so in einem Halbkreis, was hat das zu bedeuten? Theorie, Theorie. Er stellt sich in die Mitte des Halbrunds, ja, diese Anordnung kennt er doch, das ist doch nichts anderes als das altbekannte Schlagzeug. Gedacht, getan:

WUMM - DIDDI - WUMM, WUMM - TATA - TUMM
ertönt ein vollkommen ungewohnter Takt. Er blickt auf und sieht über die Umwallung des Wegs hinweg. Kein Wald, sondern ein freier Blick, tief, tief hinunter, das Tal entlang, bis ins Meer. Gleißend liegt es da, so seltsam hoch, als ob der Horitzont bis an den Kragen reicht.
WUMM - DIDDI - WUMM, WUMM - TATA - TUMM
Was sind das für Signale, die er da, ohne es eigentlich selber zu tun, erzeugt? Ist das die Erd-Musik, ist das ein altes Erbe der Menschen, die hier lebten? Er weiß, von alten Geschichten, daß Urvölker in der Lage waren, durch Tonschichten in der Erde mit anderen, die hunderte Kilometer entfernt waren, Signale auszutauschen. Und dann die seltsame Pfeifsprache der Inselbewohner. Er kennt diese Sprache, obwohl er sie noch nie vorher in seinem Leben gehört hat: Wieder die Verbindung mit Computern. Modems. Pfeiftöne, mit denen man über Telefonleitungen Daten austauschen kann. Wirbel. Gedanken, Träume, Musik, Glück.

War die Insel ein steinzeitliches Kommunikationszentrum, oder so etwas, was in den sakral-ritualistischen Rahmen der damaligen Kultur besser passte? Hüter der Welt?

Sinnend verweilt der Wanderer, aber nur kurz. Er weiß, er ist nur Teil dieses Spiels, das sich selber spielt, und der Weg, der zu gehen ist, ist noch lang, und so macht er sich weiter, bereit für seinen Untergang.

9.4.9. Nach-Sätze
Dies ist nur ein winziger Teil einer Ereignisstruktur, die sich nicht nur zu einer bestimmten Zeit, und nicht nur an einem bestimmten Ort abgespielt hat, sondern die wie eine klare Kristallspitze aus dem Boden des kollektiven Unbewußten herausragt, die kündet von dem zu allen Zeiten und an allen Orten stattfindenden Drama der Mensch-Werdung und der Mensch-Findung.

Und so gibt es noch viele andere Teile zu dieser Geschichte, so etwa, wie der Wanderer den Buddha fand, oder wie er die Nymphe suchte und nicht fand, und schließlich, wie er seinen Untergang erlebte. Doch diese Geschichten werden sich erzählen, wenn die Zeit reif ist. Wer das hier Übermittelte für ein Gespinst aus dem Genre Carlos Castaneda bis Karl May hält, dem ist freigestellt, die empirische Probe zu machen. Obgleich die Erzählung auch einen märchenhaften Charakter hat, sind der Ort und die Umstände des Geschehens doch deutlich genug beschreiben, um es Interessierten zu erlauben, ihre Version des Erlebnisses anhand der Beschreibung nachzuempfinden. Und das ist auch hier die Absicht. Das Erlebnis des Übersinnlichen aus den unzugänglichen Fernen eines Shangri-La, oder den hunderttausend-quadratkilometer großen Weiten des Mexikanischen Hochlands herauszunehmen, und es in eine, wenn auch nicht greifbare, so doch einschwingbare Nähe zu bringen. Ich kann nicht garantieren, daß er dasselbe erleben wird, wie ich, aber er wird sicher auf einer ähnlichen Rille dieses geologischen Plattenspielers landen, die ihm die Melodie spielen lassen wird, die ihm gerade geeignet ist.

9.5. Schopenhauer: Über die Musik

@:UEBER_MUSIK
DRITTES BUCH - § 52 335

Nachdem wir nun im Bisherigen alle schönen Künste, in derjenigen Allgemeinheit, die unserm Standpunkt angemessen ist, betrachtet haben, anfangend von der schönen Baukunst, deren Zweck als solcher die Verdeutlichung der Objektivation des Willens auf der niedrigsten Stufe seiner Sichtbarkeit -ist, wo er sich als dumpfes, erkenntnisloses, gesetzmäßiges Steben der Masse zeigt und doch schon Selbstentzweiung und Kampf offenbart, nämlich zwischen Schwere und Starrheit; - und unsere Betrachtung beschließend mit dem Trauerspiel, welches, auf der höchsten Stufe der Objektivation des Willens, eben jenen seinen Zwiespalt mit sich selbst, in furchtbarer Größe und Deutlichkeit uns vor die Augen bringt; - so finden wir, daß dennoch eine schöne Kunst von unserer Betrachtung ausgeschlossen geblieben ist und bleiben mußte, da im systematischen Zusammenhang unserer Darstellung gar keine Stelle für sie passend war: es ist die Musik. Sie steht ganz abgesondert von allen andern. Wir erkennen in ihr nicht die Nachbildung, Wiederholung irgendeiner Idee der Wesen in der Welt: dennoch ist sie eine so große und überaus herrliche Kunst, wirkt so mächtig auf das Innerste des Menschen, wird dort so ganz und so tief von ihm verstanden, als eine ganz allgemeine Sprache, deren Deutlichkeit sogar die der anschaulichen Welt selbst übertrifft; - daß wir gewiß mehr in ihr zu suchen haben, als ein exercitium arithmeticae occultum nescientis se numerare animi, wofür sie Leibniz ansprach* und dennoch ganz recht hatte, sofern er nur ihre unmittelbare und äußere Bedeutung, ihre Schale, betrachtete. Wäre sie jedoch nichts weiter, so müßte die Befriedigung, welche sie gewährt, der ähnlich sein, die wir beim richtigen Aufgehn eines Rechnungsexempels empfinden, und könnte nicht jene innige Freude sein, mit der wir das tiefste Innere unsers Wesens zur Sprache gebracht sehn. Auf unserm Standpunkte daher, wo die ästhetische Wirkung unser Augenmerk ist, müssen wir ihr eine viel ernstere und tiefere, sich auf das innerste Wesen der Welt und unsers Selbst beziehende Bedeutung zuer
* Leibnitii epistolae, collectio Kortholti: ep. l54.

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kennen, in Hinsicht auf welche die Zahlenverhältnisse, in die sie sich auflösen läßt, sich nicht als das Bezeichnete, sondern selbst erst als das Zeichen verhalten. Daß sie zur Welt, in irgend einem Sinne, sich wie Darstellung zum Dargestellten, wie Nachbild zum Vorbilde verhalten muß, können wir aus der Analogie mit den übrigen Künsten schließen, denen allen dieser Charakter eigen ist, und mit deren Wirkung auf uns die ihrige im ganzen gleichartig, nur stärker, schneller, notwendiger, unfehlbarer ist. Auch muß jene ihre nachbildliche Beziehung zur Welt eine sehr innige, unendlich wahre und richtig treffende sein, weil sie von jedem augenblicklich verstanden wird und eine gewisse Unfehlbarkeit dadurch zu erkennen gibt, daß ihre Form sich auf ganz bestimmte, in Zahlen auszudrückende Regeln zurückführen läßt, von denen sie gar nicht abweichen kann, ohne gänzlich aufzuhören Musik zu sein. - Dennoch liegt der Vergleichungspunkt zwischen der Musik und der Welt, die Hinsicht, in welcher jene zu dieser im Verhältnis der Nachahmung oder Wiederholung steht, sehr tief verborgen. Man hat die Musik zu allen Zeiten geübt, ohne hierüber sich Rechenschaft geben zu können: zufrieden, sie unmittelbar zu verstehn, tut man Verzicht auf ein abstraktes Begreifen dieses unmittelbaren Verstehns selbst.
Indem ich meinen Geist dem Eindruck der Tonkunst, in ihren mannigfaltigen Formen, gänzlich hingab, und dann wieder zur Reflexion und zu dem in gegenwärtiger Schrift dargelegten Gange meiner Gedanken zurückkehrte, ward mir ein Aufschluß über ihr inneres Wesen und über die Art ihres, der Analogie nach notwendig vorauszusetzenden, nachbildlichen Verhältnisses zur Welt, welcher mir selbst zwar völlig genügend und für mein Forschen befriedigend ist, auch wohl demjenigen, der mir bisher gefolgt wäre und meiner Ansicht der Welt beigestimmt hätte, ebenso einleuchtend sein wird; welchen Aufschluß jedoch zu beweisen, ich als wesentlich unmöglich erkenne; da er ein Verhältnis der Musik, als einer Vorstellung, zu dem, was wesentlich nie Vorstellung sein kann, annimmt und festsetzt, und die Musik als Nachbild eines Vorbildes, welches selbst nie unmittelbar vorgestellt werden kann, angesehn haben will. Ich kann deshalb nichts weiter tun, als hier am Schlusse dieses der Betrachtung der Künste

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hauptsächlich gewidmeten dritten Buches, jenen mir genügenden Aufschluß über die wunderbare Kunst der Töne vortragen, und muß die Beistimmung, oder Verneinung meiner Ansicht der Wirkung anheimstellen, welche auf jeden Leser teils die Musik, teils der ganze und eine von mir in dieser Schrift mitgeteilte Gedanke hat. Überdies halte ich es, um der hier zu gebenden Darstellung der Bedeutung der Musik mit echter Überzeugung seinen Beifall geben zu können, für notwendig, daß man oft mit anhaltender Reflexion auf dieselbe der Musik zuhöre, und hiezu wieder ist erforderlich, daß man mit dem ganzen von mir dargestellten Gedanken schon sehr vertraut sei.
Die adäquate Objektivation des Willens sind die (Platonischen) Ideen; die Erkenntnis dieser durch Darstellung einzelner Dinge (denn solche sind die Kunstwerke selbst doch immer) anzuregen (welches nur unter einer diesem entsprechenden Veränderung im erkennenden Subjekt möglich ist) , ist der Zweck aller andern Künste. Sie alle objektivieren also den Willen nur mittelbar, nämlich mittelst der Ideen: und da unsere Welt nichts anderes ist, als die Erscheinung der Ideen in der Vielheit, mittelst Eingang in das principium individuationis (die Form der dem Individuo als solchem möglichen Erkenntnis); so ist die Musik, da sie die Ideen übergeht, auch von der erscheinenden Welt ganz unabhängig, ignoriert sie schlechthin, könnte gewissermaßen, auch wenn die Welt gar nicht wäre, doch bestehn: was von den andern Künsten sich nicht sagen läßt. Die Musik ist nämlich eine so unmittelbare Objektivation und Abbild des ganzen Willens, wie die Welt selbst es ist, ja wie die Ideen es sind, deren vervielfältigte Erscheinung die Welt der einzelnen Dinge ausmacht. Die Musik ist also keineswegs, gleich den andern Künsten, das Abbild der Ideen; sondern Abbild des Willens selbst, dessen Objektität auch die Ideen sind: deshalb eben ist die Wirkung der Musik so sehr viel mächtiger und eindringlicher, als die der andern Künste: denn diese reden nur vom Schatten, sie aber vom Wesen. Da es inzwischen derselbe Wille ist, der sich sowohl in den Ideen, als in der Musik, nur in jedem von beiden auf ganz verschiedene Weise, objektiviert; so muß, zwar durchaus keine unmittelbare Ähnlichkeit, aber doch ein Parallelismus, eine Analogie sein zwischen der Mu-

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sik und zwischen den Ideen, deren Erscheinung in der Vielheit und Unvollkommenheit die sichtbare Welt ist. Die Nachweisung dieser Analogie wird als Erläuterung das Verständnis dieser durch die Dunkelheit des Gegenstandes schwierigen Erklärung erleichtern.
Ich erkenne in den tiefsten Tönen der Harmonie, im Grundbaß, die niedrigsten Stufen der Objektivation des Willens wieder, die unorganische Natur, die Masse des Planeten. Alle die hohen Töne, leicht beweglich und schneller verklingend, sind bekanntlich anzusehn als entstanden durch die Nebenschwingungen des tiefen Grundtones, bei dessen Anklang sie immer zugleich leise miterklingen, und es ist Gesetz der Harmonie, daß auf eine Baßnote nur diejenigen hohen Töne treffen dürfen, die wirklich schon von selbst mit ihr zugleich ertönen (ihre sons harmoniques) durch die Nebenschwingungen. Dieses ist nun dem analog, daß die gesamten Körper und Organisationen der Natur angesehn werden müssen als entstanden durch die stufenweise Entwickelung aus der Masse des Planeten: diese ist, wie ihr Träger, so ihre Ouelle: und dasselbe Verhältnis haben die höhern Töne zum Grundbaß. - Die Tiefe hat eine Grenze, über welche hinaus kein Ton mehr hörbar ist: dies entspricht dem, daß keine Materie ohne Form und Oualität wahrnehmbar ist, d. h. ohne Äußerung einer nicht weiter erklärbaren Kraft, in der eben sich eine Idee ausspricht, und allgemeiner, daß keine Materie ganz willenlos sein kann: also wie vom Ton als solchem ein gewisser Grad der Höhe unzertrennlich ist, so von der Materie ein gewisser Grad der Willensäußerung. - Der Grundbaß ist uns also in der Harmonie, was in der Welt die unorganische Natur, die roheste Masse, auf der alles ruht und - aus der sich alles erhebt und entwickelt. - Nun ferner in den gesamten die Harmonie hervorbringenden Ripienstimmen, zwischen dem Basse und der leitenden, die Melodie singenden Stimme, erkenne ich die gesamte Stufenfolge der Ideen wieder, in denen der Wille sich objektiviert. Die dem Baß näher stehenden sind die niedrigeren jener Stufen, die noch unorganischen, aber schon mehrfach sich äußernden Körper: die höher liegenden repräsentieren mir die Pflanzen- und die Tierwelt. - Die bestimmten Intervalle der Tonleiter sind parallel den bestimmten

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Stufen der Objektivation des Willens, den bestimmten Spezies in der Natur. Das Abweichen von der arithmetischen Richtigkeit der Intervalle, durch irgendeine Temperatur, oder herbeigeführt durch die gewählte Tonart, ist analog dem Abweichen des Individuums vom Typus der Spezies: ja die unreinen Mißtöne, die kein bestimmtes Intervall geben, lassen sich den monstrosen Mißgeburten zwischen zwei Tierspezies, oder zwischen Mensch und Tier, vergleichen. - Allen diesen Baß- und Ripienstimmen, welche die Harmonie ausmachen, fehlt nun aber jener Zusammenhang in der Fortschreitung, den allein die obere, die Melodie singende Stimme hat, welche auch allein sich schnell und leicht in Modulationen und Läufen bewegt, während jene alle nur eine langsamere Bewegung, ohne einen in jeder für sich bestehenden Zusammenhang, haben. Am schwerfälligsten bewegt sich der tiefe Baß, der Repräsentant der rohesten Masse: sein Steigen und Fallen geschieht nur in großen Stufen, in Terzen, Ouarten, Ouinten, nie um einen Ton; er wäre denn ein, durch doppelten Kontrapunkt, versetzter Baß. Diese langsame Bewegung ist ihm auch physisch wesentlich: ein schneller Lauf oder Triller in der Tiefe läßt sich nicht einmal imaginieren. Schneller, jedoch noch ohne melodischen Zusammenhang und sinnvolle Fortschreitung, bewegen sich die höhern Ripienstimmen, welche der Tierwelt parallel laufen. Der unzusammenhängende Gang und die gesetzmäßige Bestimmung aller Ripienstimmen ist dem analog, daß in der ganzen unvernünftigen Welt, vom Kristall bis zum vollkommensten Tier, kein Wesen ein eigentlich zusammenhängendes Bewußtsein hat, welches sein Leben zu einem sinnvollen Ganzen machte, auch keines eine Sukzession geistiger Entwickelungen erfährt, keines durch Bildung sich vervollkommnet, sondern alles gleichmäßig zu jeder Zeit dasteht, wie es seiner Art nach ist, durch festes Gesetz bestimmt. - Endlich in der Melodie, in der hohen, singenden, das Ganze leitenden und mit ungebundener Willkür in ununterbrochenem, bedeutungsvollem Zusammenhange eines Gedankens vom Anfang bis zum Ende fortschreitenden, ein Ganzes darstellenden Hauptstimme, erkenne ich die höchste Stufe der Objektivation des Willens wieder, das besonnene Leben und Streben des Menschen. Wie er allein, weil er vernunftbegabt ist, stets vor- und

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rückwärts sieht, auf den Weg seiner Wirklichkeit und der unzähligen Möglichkeiten, und so einen besonnenen und dadurch als Ganzes zusammenhängenden Lebenslauf vollbringt: - Dem also entsprechend, hat die Melodie allein bedeutungsvollen, absichtsvollen Zusammenhang vom Anfang bis zum Ende. Sie erzählt folglich die Geschichte des von der Besonnenheit beleuchteten Willens, dessen Abdruck in der Wirklichkeit die Reihe seiner Taten ist; aber sie sagt mehr, sie erzählt seine geheimste Geschichte, malt jede Regung, jedes Streben, jede Bewegung des Willens, alles das, was die Vernunft unter den weiten und negativen- Begriff Gefühl zusammenfaßt und nicht weiter in ihre Abstraktionen aufnehmen kann. Daher auch hat es immer geheißen, die Musik sei die Sprache des Gefühls und der Leidenschaft, so wie Worte die Sprache der Vernunft: schon Plato erklärt sie als hae ton melon kinaesis memimaemenae, en tois pathaemasin hotan psychae ginaetai (melodarium motus, animi affectus imitans) , De leg. VII, und auch Aristoteles sagt: dia ti oi rythmoi kai ta melae,phonae oysa, aethesin eoike; (cur numeri musici et modi, qui voces sunt, moribus similes sese exhibent?) , Probl. c. 19.
Wie nun das Wesen des Menschen darin besteht, daß sein Wille strebt, befriedigt wird und von neuem strebt, und so immerfort, ja, sein Glück und Wohlsein nur dieses ist, daß jener Übergang vom Wunsch zur Befriedigung und von dieser zum neuen Wunsch rasch vorwärts geht, da das Ausbleiben der Befriedigung Leiden, das des neuen Wunsches leeres Sehnen, languor, Langeweile ist; so ist, dementsprechend, das Wesen der Melodie ein stetes Abweichen, Abirren vom Grundton, auf tausend Wegen, nicht nur zu den harmonischen Stufen, zur Terz und Dominante, sondern zu jedem Ton, zur dissonanten Septime und zu den übermäßigen Stufen, aber immer folgt ein endliches Zurückkehren zum Grundton: auf allen jenen Wegen drückt die Melodie das vielgestaltete Streben des Willens aus, aber immer auch, durch das endliche Wiederfinden einer harmonischen Stufe, und noch mehr des Grundtones, die Befriedigung. Die Erfindung der Melodie, die Aufdeckung aller tiefsten Geheimnisse des menschlichen Wollens und Empfindens in ihr, ist das Werk des Genius, dessen Wirken hier augenscheinlicher, als irgendwo, fern von aller Reflexion und

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bewußter Absichtlichkeit liegt und eine Inspiration heißen könnte. Der Begriff ist hier, wie überall in der Kunst, unfruchtbar: der Komponist offenbart das innerste Wesen der Welt und spricht die tiefste Weisheit aus, in einer Sprache, die seine Vernunft nicht versteht; wie eine magnetische Somnambule Aufschlüsse gibt über Dinge, von denen sie wachend keinen Begriff hat. Daher ist in einem Komponisten, mehr als in irgendeinem andern Künstler, der Mensch vom Künstler ganz getrennt und unterschieden. Sogar bei der Erklärung dieser wunderbaren Kunst zeigt der Begriff seine Dürftigkeit und seine Schranken: ich will indessen unsere Analogie durchzuführen suchen. - Wie nun schneller Übergang vom Wunsch zur Befriedigung und von dieser zum neuen Wunsch, Glück und Wohlsein ist, so sind rasche Melodien, ohne große Abirrungen, fröhlich; langsame, auf schmerzliche Dissonanzen geratende und erst durch viele Takte sich wieder zum Grundton zurückwindende sind, als analog der verzögerten, erschwerten Befriedigung, traurig. Die Verzögerung der neuen Willensregung, der languor, würde keinen andern Ausdruck haben können, als den angehaltenen Grundton, dessen Wirkung bald unerträglich wäre: diesem nähern sich schon sehr monotone, nichtssagende Melodien. Die kurzen, faßlichen Sätze rascher Tanzmusik scheinen nur vom leicht zu erreichenden, gemeinen Glück zu reden; dagegen das Allegro maestoso, in großen Sätzen, langen Gängen, weiten Abirrungen, ein größeres, edleres Streben, nach einem fernen Ziel, und dessen endliche Erreichung bezeichnet. Das Adagio spricht vom Leiden eines großen und edlen Strebens, welches alles kleinliche Glück verschmäht. Aber wie wundervoll ist die Wirkung von Moll und Dur! Wie erstaunlich, daß der Wechsel eines halben Tones, der Eintritt der kleinen Terz, statt der großen, uns sogleich und unausbleiblich ein banges, peinliches Gefühl aufdringt, von welchem uns das Dur wieder ebenso augenblicklich erlöst. Das Adagio erlangt im Moll den Ausdruck des höchsten Schmerzes, wird zur erschütterndesten Wehklage. Tanzmusik in Moll scheint das Verfehlen des kleinlichen Glückes, das man lieber verschmähen sollte, zu bezeichnen, scheint vom Erreichen eines niedrigen Zweckes unter Mühseligkeiten und Plackereien zu reden. - Die Unerschöpflichkeit mögli

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cher Melodien entspricht der Unerschöpflichkeit der Natur an Verschiedenheit der Individuen, Physiognomien und Lebensläufen. Der Übergang aus einer Tonart in eine ganz andere, da er den Zusammenhang mit dem Vorhergegangenen ganz aufhebt, gleicht dem Tode, sofern in ihm das Individuum endet; aber der Wille, der in diesem erschien, nach wie vor lebt, in andern Individuen erscheinend, deren Bewußtsein jedoch mit dem des erstern keinen Zusammenhang hat.
Man darf jedoch bei der Nachweisung aller dieser vorgeführten Analogien nie vergessen, daß die Musik zu ihnen kein direktes, sondern nur ein mittelbares Verhältnis hat; da sie nie die Erscheinung, sondern allein das innere Wesen, das Ansich aller Erscheinung, den Willen selbst, ausspricht. Sie drückt daher nicht diese oder jene einzelne und bestimmte Freude, diese oder jene Betrübnis, oder Schmerz, oder Entsetzen, oder Jubel, oder Lustigkeit, oder Gemütsruhe aus; sondern die Freude, die Betrübnis, den Schmerz, das Entsetzen, den Jubel, die Lustigkeit, die Gemütsruhe selbst, gewissermaßen in abstracto, das Wesentliche derselben, ohne alles Beiwerk, also auch ohne die Motive dazu. Dennoch verstehn wir sie, in dieser abgezogenen Ouintessenz, vollkommen. Hieraus entspringt es, daß unsere Phantasie so leicht durch sie erregt wird und nun versucht, jene ganz unmittelbar zu uns redende, unsichtbare und doch so lebhaft bewegte Geisterwelt zu gestalten und sie mit Fleisch und Bein zu bekleiden, also dieselbe in einem analogen Beispiel zu verkörpern. Dies ist der Ursprung des Gesanges mit Worten und endlich der Oper, - deren Text eben deshalb diese untergeordnete Stellung nie verlassen sollte, um sich zur Hauptsache und die Musik zum bloßen Mittel seines Ausdrucks zu machen, als welches ein großer Mißgriff und eine arge Verkehrtheit ist. Denn überall drückt die Musik nur die Ouintessenz des Lebens und seiner Vorgänge aus, nie diese selbst, deren Unterschiede daher auf jene nicht allemal einfließen. Gerade diese ihr ausschließlich eigene Allgemeinheit, bei genauester Bestimmtheit, gibt ihr den hohen Wert, welchen sie als Panakeion aller unserer Leiden hat. Wenn also die Musik zu sehr sich den Worten anzuschließen und nach den Begebenheiten zu modeln sucht, so ist sie bemüht, eine Sprache zu reden, welche nicht

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die ihrige ist. Von diesem Fehler hat keiner sich so rein gehalten, wie Rossini: daher spricht seine Musik so deutlich und rein ihre eigene Sprache, daß sie der Worte gar nicht bedarf und daher auch mit bloßen Instrumenten ausgeführt ihre volle Wirkung tut. Diesem allen zufolge können wir die erscheinende Welt, oder die Natur, und die Musik als zwei verschiedene Ausdrücke derselben Sache ansehn, welche selbst daher das allein Vermittelnde der Analogie beider ist, dessen Erkenntnis erfordert wird, um jene Analogie einzusehn. Die Musik ist demnach, wenn als Ausdruck der Welt angesehn, eine im höchsten Grad allgemeine Sprache, die sich sogar zur Allgemeinheit der Begriffe ungefähr verhält wie diese zu den einzelnen Dingen. Ihre Allgemeinheit ist aber keineswegs jene leere Allgemeinheit der Abstraktion, sondern ganz anderer Art, und ist verbunden mit durchgängiger deutlicher Bestimmtheit. Sie gleicht hierin den geometrischen Figuren und den Zahlen, welche als die allgemeinen Formen aller möglichen Objekte der Erfahrung und auf alle a priori anwendbar, doch nicht abstrakt, sondern anschaulich und durchgängig bestimmt sind. Alle möglichen Bestrebungen, Erregungen und Äußerungen des Willens, alle jene Vorgänge im Innern des Menschen, welche die Vernunft in den weiten negativen Begriff Gefühl wirft, sind durch die unendlich vielen möglichen Melodien auszudrücken, aber immer in der Allgemeinheit bloßer Form, ohne den Stoff, immer nur nach dem Ansich, nicht nach der Erscheinung, gleichsam die innerste Seele derselben, ohne Körper. Aus diesem innigen Verhältnis, welches die Musik zum wahren Wesen aller Dinge hat, ist auch dies zu erklären, daß wenn zu irgendeiner Szene, Handlung, Vorgang, Umgebung, eine passende Musik ertönt, diese uns den geheimsten Sinn derselben aufzuschließen scheint und als der richtigste und deutlichste Kommentar dazu auftritt; imgleichen, daß es dem, der sich dem Eindruck einer Symphonie ganz hingibt, ist, als sähe er alle möglichen Vorgänge des Lebens und der Welt an sich vorüberziehn: dennoch kann er, wenn er sich besinnt, keine Ähnlichkeit angeben zwischen jenem Tonspiel und den Dingen, die ihm vorschwebten. Denn die Musik ist, wie gesagt, darin von allen andern Künsten verschieden, daß sie nicht Abbild der Erscheinung, oder richtiger, der adäquaten Objektität des

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Willens, sondern unmittelbar Abbild des Willens selbst ist und also zu allem Physischen der Welt das Metaphysische, zu aller Erscheinung das Ding an sich darstellt. Man könnte demnach die Welt ebensowohl verkörperte Musik, als verkörperten Willen nennen: daraus also ist es erklärlich, warum Musik jedes Gemälde, ja jede Szene des wirklichen Lebens und der Welt, sogleich in erhöhter Bedeutsamkeit hervortreten läßt; freilich um so mehr, je analoger ihre Melodie dem innern Geiste der gegebenen Erscheinung ist. Hierauf beruht es, daß man ein Gedicht als Gesang, oder eine anschauliche Darstellung als Pantomime, oder beides als Oper der Musik unterlegen kann. Solche einzelne Bilder des Menschenlebens, der allgemeinen Sprache der Musik untergelegt, sind nie mit durchgängiger Notwendigkeit ihr verbunden, oder entsprechend; sondern sie stehn zu ihr nur im Verhältnis eines beliebigen Beispiels zu einem allgemeinen Begriff: sie stellen in der Bestimmtheit der Wirklichkeit dasjenige dar, was die Musik in der Allgemeinheit bloßer Form aussagt. Denn die Melodien sind gewissermaßen, gleich den allgemeinen Begriffen, ein Abstraktum der Wirklichkeit. Diese nämlich, also die Welt der einzelnen Dinge, liefert das Anschauliche, das Besondere und Individuelle, den einzelnen Fall, sowohl zur Allgemeinheit der Begriffe, als zur Allgemeinheit der Melodien, welche beide Allgemeinheiten einander aber in gewisser Hinsicht entgegengesetzt sind; indem die Begriffe nur die allererst aus der Anschauung abstrahierten Formen, gleichsam die abgezogene äußere Schale der Dinge enthalten, also ganz eigentlich Abstrakta sind; die Musik hingegen den innersten aller Gestaltung vorhergängigen Kern, oder das Herz der Dinge gibt. Dies Verhältnis ließe sich recht gut in der Sprache der Scholastiker ausdrücken, indem man sagte: die Begriffe sind die universalia post rem, die Musik aber gibt die universalia ante rem, und die Wirklichkeit die universalia in re. Dem allgemeinen Sinn der einer Dichtung beigegebenen Melodie könnten noch andere, ebenso beliebig gewählte Beispiele des in ihr ausgedrückten Allgemeinen in gleichem Grade entsprechen: daher paßt dieselbe Komposition zu vielen Strophen, daher auch das Vaudeville. Daß aber überhaupt eine Beziehung zwischen einer Komposition und einer anschaulichen Darstellung möglich

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ist, beruht, wie gesagt, darauf, daß beide nur ganz verschiedene Ausdrücke desselben innern Wesens der Welt sind. Wann nun im einzelnen Fall eine solche Beziehung wirklich vorhanden ist, also der Komponist die Willensregungen, welche den Kern einer Begebenheit ausmachen, in der allgemeinen Sprache der Musik auszusprechen gewußt hat: dann ist die Melodie des Liedes, die Musik der Oper ausdrucksvoll. Die vom Komponisten aufgefundene Analogie zwischen jenen beiden muß aber aus der unmittelbaren Erkenntnis des Wesens der Welt, seiner Vernunft unbewußt, hervorgegangen und darf nicht, mit bewußter Absichtlichkeit, durch Begriffe vermittelte Nachahmung sein: sonst spricht die Musik nicht das innere Wesen, den Willen selbst aus; sondern ahmt nur seine Erscheinung ungenügend nach; wie dies alle eigentlich nachbildende Musik tut, z. B. "Die Jahreszeiten" von Haydn, auch seine Schöpfung in vielen Stellen, wo Erscheinungen der anschaulichen Welt unmittelbar nachgeahmt sind; so auch in allen Bataillenstücken: welches gänzlich zu verwerfen ist. Das unaussprechlich Innige aller Musik, vermöge dessen sie als ein so ganz vertrautes und doch ewig fernes Paradies an uns vorüberzieht, so ganz verständlich und doch so unerklärlich ist, beruht darauf, daß sie alle Regungen unsers innersten Wesens wiedergibt, aber ganz ohne die Wirklichkeit und fern von ihrer Oual. Imgleichen ist der ihr wesentliche Ernst, welcher das Lächerliche aus ihrem unmittelbar eigenen Gebiet ganz ausschließt, daraus zu erklären, daß ihr Objekt nicht die Vorstellung ist, in Hinsicht auf welche Täuschung und Lächerlichkeit allein möglich sind; sondern ihr Objekt unmittelbar der Wille ist und dieser wesentlich das Allerernsteste, als wovon alles abhängt. - Wie inhaltsreich und bedeutungsvoll ihre Sprache sei, bezeugen sogar die Repetitionszeichen, nebst dem Da capo, als welche bei Werken in der Wortsprache unerträglich wären, bei jener hingegen sehr zweckmäßig und wohltuend sind: denn um es ganz zu fassen, muß man es zweimal hören.
Wenn ich nun in dieser ganzen Darstellung der Musik bemüht gewesen bin, deutlich zu machen, daß sie in einer höchst allgemeinen Sprache das innere Wesen, das Ansich der Welt, welches wir, nach seiner deutlichsten Äußerung, unter dem Begriff Willen

DRITTES BUCH - § 52 346

denken, ausspricht, in einem einartigen Stoff, nämlich bloßen Tönen, und mit der größten Bestimmtheit und Wahrheit; wenn ferner, meiner Ansicht und Bestrebung nach, die Philosophie nichts anderes ist, als eine vollständige und richtige Wiederholung und Aussprechung des Wesens der Welt, in sehr allgemeinen Begriffen, da nur in solchen eine überall ausreichende und anwendbare Übersicht jenes ganzen Wesens möglich ist; so wird wer mir gefolgt und in meine Denkungsart eingegangen ist, es nicht so sehr paradox finden, wenn ich sage, daß gesetzt es gelänge eine vollkommen richtige, vollständige und in das einzelne gehende Erklärung der Musik, also eine ausführliche Wiederholung dessen was sie ausdrückt in Begriffen zu geben, diese sofort auch eine genügende Wiederholung und Erklärung der Welt in Begriffen, oder einer solchen ganz gleichlautend, also die wahre Philosophie sein würde, und daß wir folglich den oben angeführten Ausspruch Leibnizens, der auf einem niedrigeren Standpunkt ganz richtig ist, im Sinn unserer höheren Ansicht der Musik folgendermaßen parodieren können: Musica est exercitium metaphysices occultum nescientis se philosophari animi. Denn scire, wissen, heißt überall in abstrakte Begriffe abgesetzt haben. Da nun aber ferner, vermöge der vielfältig bestätigten Wahrheit des Leibnizischen Ausspruchs, die Musik, abgesehn von ihrer ästhetischen oder innern Bedeutung, und bloß äußerlich und rein empirisch betrachtet, nichts anderes ist, als das Mittel, größere Zahlen und zusammengesetztere Zahlenverhältnisse, die wir sonst nur mittelbar, durch Auffassung in Begriffen, erkennen können, unmittelbar und in concreto aufzufassen; so können wir nun durch Vereinigung jener beiden so verschiedenen und doch richtigen Ansichten der Musik, uns einen Begriff von der Möglichkeit einer Zahlenphilosophie machen, dergleichen die des Pythagoras und auch die der Chinesen im Y-king war, und sodann nach diesem Sinn jenen Spruch der Pythagoreer deuten, welchen Sextus Empirikus (adv. Math., L. VII) anführt: to arithmo de ta pant' epeoiken (numero cuncta assimilantur). Und wenn wir endlich diese Ansicht an unsere obige Deutung der Harmonie und Melodie bringen, so werden wir eine bloße Moralphilosophie ohne Erklärung der Natur, wie sie Sokrates einführen wollte, einer Melodie ohne Har-

DRITTES BUCH - § 52 347

monie, welche Rousseau ausschließlich wollte, ganz analog finden, und im Gegensatz hievon wird eine bloße Physik und Metaphysik ohne Ethik einer bloßen Harmonie ohne Melodie entsprechen. - An diese beiläufigen Betrachtungen sei es mir vergönnt, noch einige die Analogie der Musik mit der erscheinenden Welt betreffende Bemerkung zu knüpfen. Wir fanden im vorigen Buche, daß die höchste Stufe der Objektivation des Willens, der Mensch, nicht allein und abgerissen erscheinen konnte, sondern die unter ihm stehenden Stufen und diese immer wieder die tieferen voraussetzten: ebenso nun ist die Musik, welche, eben wie die Welt, den Willen unmittelbar objektiviert, erst vollkommen in der vollständigen Harmonie. Die hohe leitende Stimme der Melodie bedarf, um ihren ganzen Eindruck zu machen, der Begleitung aller andern Stimmen, bis zum tiefsten Baß, welcher als der Ursprung aller anzusehn ist: die Melodie greift selbst als integrierender Teil in die Harmonie ein, wie auch diese in jene: und wie nur so, im vollstimmigen Ganzen, die Musik ausspricht, was sie auszusprechen bezweckt, so findet der eine und außerzeitliche Wille seine vollkommene Objektivation nur in der vollständigen Vereinigung aller der Stufen, welche in unzähligen Graden gesteigerter Deutlichkeit sein Wesen offenbaren. - Sehr merkwürdig ist noch folgende Analogie. Wir haben im vorigen Buche gesehen, daß, ungeachtet des Sichanpassens aller Willenserscheinungen zueinander, in Hinsicht auf die Arten, welches die teleologische Betrachtung veranlaßt, dennoch ein nicht aufzuhebender Widerstreit zwischen jenen Erscheinungen als Individuen bleibt, auf allen Stufen derselben sichtbar ist und die Welt zu einem beständigen Kampfplatz aller jener Erscheinungen des einen und selben Willens macht, dessen innerer Widerspruch mit sich selbst dadurch sichtbar wird. Auch diesem sogar ist etwas Entsprechendes in der Musik. Nämlich ein vollkommen reines harmonisches System der Töne ist nicht nur physisch, sondern sogar schon arithmetisch unmöglich. Die Zahlen selbst, durch welche die Töne sich ausdrücken lassen, haben unauflösbare Irrationalitäten: keine Skalaläßt sich auch nur ausrechnen, innerhalb welcher jede Ouinte sich zum Grundton verhielte wie 2 zu 3, jede große Terz wie 4 zu 5, jede kleine Terz wie 5 zu 6 usw. Denn, sind die Töne

DRITTES BUCH - § 52 348

zum Grundton richtig, so sind sie es nicht mehr zueinander; indem ja z. B. die Ouinte die kleine Terz der Terz sein müßte, usw.: denn die Töne der Skala sind Schauspielern zu vergleichen, welche bald diese, bald jene Rolle zu spielen haben. Daher also läßt eine vollkommen richtige Musik sich nicht einmal denken, geschweige ausführen; und dieserhalb weicht jede mögliche Musik von der vollkommenen Reinheit ab: sie kann bloß die ihr wesentlichen Dissonanzen, durch Verteilung derselben an alle Töne, d. i. durch Temperatur, verstecken. Man sehe hierüber Chladnis "Akustik", § 30, und dessen "Kurze Übersicht der Schall- und Klanglehre", S. 12*.
Ich hätte noch manches hinzuzufügen über die Art, wie Musik perzipiert wird, nämlich einzig und allein in und durch die Zeit, mit gänzlicher Ausschließung des Raumes, auch ohne Einfluß der Erkenntnis der Kausalität, also des Verstandes: denn die Töne machen schon als Wirkung und ohne daß wir auf ihre Ursache, wie bei der Anschauung, zurückgingen, den ästhetischen Eindruck. - Ich will indessen diese Betrachtungen nicht noch mehr verlängern, da ich vielleicht schon so in diesem dritten Buche manchem zu ausführlich gewesen bin, oder mich zu sehr auf das einzelne eingelassen habe. Mein Zweck machte es jedoch nötig, und man wird es um so weniger mißbilligen, wenn man die selten genugsam erkannte Wichtigkeit und den hohen Wert der Kunst sich vergegenwärtigt, erwägend, daß wenn, nach unserer Ansicht, die gesamte sichtbare Welt nur die Objektivation, der Spiegel des Willens ist, zu seiner Selbsterkenntnis, ja, wie wir bald sehn werden, zur Möglichkeit seiner Erlösung, ihn begleitend; und zugleich, daß die Welt als Vorstellung, wenn man sie abgesondert betrachtet, indem man vom Wollen losgerissen, nur sie allein das Bewußtsein einnehmen läßt, die erfreulichste und die allein unschuldige Seite des Lebens ist; - wir die Kunst als die höhere Steigerung, die vollkommenere Entwickelung von allen diesem anzusehn haben, da sie wesentlich eben dasselbe, nur konzentrierter, vollendeter, mit Absicht und Besonnenheit, leistet, was die sichtbare Welt selbst, und sie daher, im vollen Sinne des Wortes, die

* Hiezu Kap. 39 des zweiten Bandes-

DRITTES BUCH - § 52 349

Blüte des Lebens genannt werden mag. Ist die ganze Welt als Vorstellung nur die Sichtbarkeit des Willens, so ist die Kunst die Verdeutlichung dieser Sichtbarkeit, die Camera obscura, welche die Gegenstände reiner zeigt und besser übersehn und zusammenfassen läßt, das Schauspiel im Schauspiel, die Bühne auf der Bühne im "Hamlet".

9.6. The Kratylos Question: Toward an Onoma-Semephonic Theory

nomina sunt omina
Proverb
9.6.1. A note of caution
@:ONOMA_SEMEPHON
The following discussion touches on an extremely sensitive point in current research on the role of the oral tradition in the epic heritage that has come down to us via Homer and Hesiod os. There are hot controversies being battled out in the classical philology community, under the name "orality debate" . One side is being formed by the followers of Milman Parry and consists mostly of researchers in the english speaking countries, while their opponents are located on the european continent, namely in Germany. The bibliography references under Latacz, Parry, Assmann, and Havelock contain most of the relevant material. (LATACZ, PARRY, ASSMANN, HAVELOCK). Because of this controversy, and because the view I am proposing is going beyond the original theses of Parry by quite a margin, it is very likely that the material presented here will be will be met with resistance from classical philologists. Yet I can cite Plato as main proponent for the thesis. And Plato is not one who is so easily brushed aside. Whitehead had stated: "The safest general characterization of western philosophical tradition is that it consists of a sequence of footnotes to Plato " (WHITEHEAD-PROC , 53). If Plato had found something important enough to be worth devoting a whole lengthy work, then we might well ask if there is some meaning to be found in what he tells us. In a passage further down, the subject will be taken up from a different angle. See ->: AGE_AOIDOI, p. 398

9.6.2. Onoma homoion to pragmati
In Kratylos, Plato talks about the connection of words and namings, meaning (denotation), and phonemes. This would today be considered a discussion of semiotics. He opposes two views:

1) The names of things and people are products of social convention only, with Prodikos (384b) and Protagoras as proponents. The famous statement of Protagoras is cited (386a):

@:PROTAGORAS
panton chraematon metron einai anthropon.
The human is the measure of all things.

2) The view of Kratylos is summed up in "onoma homoion to pragmati" (434a), "the name is similar to the thing". I repeat the Kratylos Question from the introduction:

Oukoun eiper estai to onoma homoion to pragmati, anankaion pephykenai ta stoicheia homoia tois pragmasin.

If now the word resembles the thing then by necessity must the phonemic sounds (the letters) be similar to the things also.
Kratylos 434a, PLATO-WERKE , Vol. III, engl. transl. A.G.

Kratylos is Plato's discussion of the subject of fittingness or adequacy of words or symbol systems to the things symbolized. The key questions are:

1) Are all representations arbitrary?
2) Are there some words more fitting than others?
If we assume 2), then we might continue to ask what they may be more fitting to:
2a) the thing or
2b) the thinker of the thing, or the representation the thinker has.

If we assume 1), we might ask why they are arbitrary. Materialism states that there are totally objective things "out there". We now have to concede the fact that humanity has created literally all possible sound combinations to denote, for example, the "horseness" of the horse in tens of thousands of languages and dialects. Therefore one might be hard put to explain why one word would be more fitting than thousands of others. Now if all words are arbitrary, there is no great sense in searching for new ones. This is the main argument of the proponents of the system of language, writing, and formalisms, that has been used in the last 5000 years, to the end that there is no reason at all to try to find new systems that might be more useful.

9.6.3. The structure of the Kratylos text
The structure of the semi-monologue in Kratylos is peculiar. As in most other works by Plato, we find Sokrates doing most of the argument. He talks about 90 % of the time and his partners Hermogenes and Kratylos can only interject a few statements like: "Yes indeed", "Sure", "I see", "Why?", "I believe that", "of course", and so on. Therefore, we cannot call this kind of conversation a true dialogue. Unfortunately, the people who are most knowledgeable about the subject, position 1) Prodikos (384b) and Protagoras (386a) are not there, Hermogenes professes being largely ignorant and acts only as dummy or sparring partner for Sokrates in 75 % of the text. And Kratylos, the proponent of position 2), has hardly the opportunity to say two coherent sentences about his view on the matter when he finally gets the word in the last 25 % of the text, starting at 428d, to 440.

Sokrates himself professes, as usual, to be completely ignorant, because he has only heard the "one-Drachme" talk of Prodikos, and not the one for 50 Drachmes (384c). After professing his ignorance, he anyhow goes on developing all sorts of interesting but not very convincing etymologies [131] to support position 2), but finally comes to a position that true understanding is better attained through the things themselves (439b). How this is to be done, he apparently doesn't have the time left to expound, since the text ends two pages later.

9.6.4. Did Plato make a joke?
So the whole work could be interpreted as some kind of tongue-in-cheek practical semiotic joke that Plato makes to befuddle his students in the academy and us across the millennia. Or it can be assumed that Plato didn't have the right conceptual tools to make a semiotic analysis. This seems to be a modern interpretation which is also proposed by Eco (ECO-SPRACHE , 25). But there are two questions remaining: First: Plato is known to be one of the most outstanding geniuses of mankind. But humor was not one of his strong points. Second: Why did he go through such an effort to make it known to posterity, that he didn't know very much to say about the matter? If we assume that Plato saw enough relevance in the subject to write about it, or have someone else write down his talks about it, then there are again two possibilities: 1) He knew more about it than he wanted to write, the unwritten teachings being in the background. 2) He was guessing himself, but wanted to preserve something that even he, one of the most knowledgeable men of his time, had only a dim recollection of, so that it became not totally lost to posterity.

9.6.5. The terms used by Plato
In Plato's time, Greek was not yet a standardized language. Every greek region had their own dialect. The Ionian was different from the Athenian, that again different from Spartan, and the Italian greek dialects were different still. Plato makes reference to these differences in Kratylos. Classical greek, as it is known today, is the koinae , the standardized language of the post-alexandrian oikumene, a product of the work of scholars whose main base was Alexandria.

It is usually straightforward to find equivalents between classical greek and modern languages for words of common culture use like: house, ship, knife, loom, horse, sheep, river, tree, mountain, etc., because they denote easily identifiable tangible, physical objects that are common in western, indo-european cultures. Philosophical texts, present a particular problem for translation because of the extreme variance of semantic fields of key terms used as compared with modern european languages. Kratylos is even more problematic because Plato uses his words in a technical sense, and uses them while he talks about them, without having a proper meta language at his avail. We should note that ususally our modern meta languages derive most of their words from greek roots. Here are some of the keywords used by Plato:

onoma - name, denomination, appellation, designation,word, expression.

chraema - this semantic field denotes things of practical relevance and objects of human environment: thing, action, usage, money, belongings, happenings.
There are many similar-sounding, similar-meaning words in the field: chreia, chreos, chreoo, chrae, chraezoo, chraestos, chraestes, chraeo.

chraema was the term used by Protagoras. If the very global meaning of "thing" is substituted for the more specific sense of "objects of human environment" then we get the most obvious and commonsense statement of "the human is the measure of all objects of the human environment". No one in his right mind would want to argue against this. Otherwise what would they be there for? Today, one would call that statement a core requirement of ergonomics. And as ergonomics consultant, Protagoras might still make good money today.

pragma - things done, business, negotiation.
This term is used by Kratylos. There is very slight variance to chraema, but it might be significant. The semantic field of pragma is a little more oriented towards process, dealings, and doings. The word praxis belongs to this field.
Plato uses this term in the majority of places that are translated as "thing".

onta, einai - being things.
With the "to ti aen einai" the thingness of things starts to appear in Aristoteles. Plato uses this term sparingly (385b) and he does not seem to differentiate very much between all the three terms.

9.6.5.1. Pythagorean Cosmology and the Alphabet:
The Stoicheia as used in Kratylos and Timaios

@:STOICHEA
In most translations of Plato's works, stoicheia and grammata are treated as synonyms: meaning letters of the alphabet. But for Plato, there is a quite marked distinction: when he talks about stoichea, he talks about spoken sounds, or phonemes , and when he says grammata, he means the written letter. The translation of Kratylos has to be treated with special care to yield any useful information of what Plato was talking about. The semantic field of stoichea is:

stoicheoma: element, fundamental building block, first principle
stoicheoo: to teach the basics
stoicheomata: the 12 signs of the zodiac
stoicheon: letter of the alphabet
stoichos: the rod or stylus of a sundial that casts the shadow by which the time is
indicated on the dial

It is easy to see that the term is heavy with connotations from ancient cosmology. This subject has been treated in another of Plato's dialogues: Timaios . The first meaning of stoicheoma denotes the idea of a first principle of the cosmos . This is also called the archae . The zodiacal signs can be clarified in connection with the sundial . The sundial was introduced in Greece by Anaximander . He is also connected with the original formulation of the ancient greek theory of the four elements and the apeiron. The following passage from Timaios gives us the connection between cosmological primitive elements and letters-of-alphabet. (HÖLSCHER-ANAXIM , p. 172)

. Now we must go back to a second, and new, beginning (archae) which adequately befits our purpose, just like we did with the earlier subject. We must consider the true nature of the fire , the water , the air , and the earth for themselves, before heaven was created, and we have to consider their states before its creation . Because up to now no one has enlightened (illuminated) on their origin. Instead, as if we knew what really is the true nature of the fire , the water and the others, we talk about them as the origins (archa i), in the way that we equate them with the letters (the stoichea or original components) of the cosmos. But it is not adequate that the amateur may even compare them with the form of the syllables
Timaios 48b , PLATO-WERKE , Vol. VII, engl. transl. A.G.

The four elements as Timaios describes them in the quotation, are also called stoichea . Anaximander had brought the sundial from Babylon . The dial is partitioned in 12 sections, like any modern clock is, corresponding to the 12 hours of the day. The 12-scheme of the hours corresponds to the 12-scheme of the months of the year and the 12 zodiacal signs wich are all of babylonian (or chaldean ) origin. In the world of antiquity, if one wanted to learn about astronomy/astrology , one went to Babylon , because here were the first and foremost experts of all the oikumene on that subject. Timaios, who is the fictional narrator in that monologue, has been introduced to the group in 27a as the one who is the most expert of them on Astronomy/Astrology . Obviously Timaios must have been in Babylon to learn the basics (or stoicheoma ) of the story he is telling in Plato's "Timaios", just like Anaximander before him.

We now have one detail left to clarify: Why and how might the word stoichea have acquired the meaning of letter-of-alphabet which is usually denoted by the word grammata ? Let us create a mental image of a sundial : We see a rod, or stylus, the sun shines, and the stylus casts a shadow. Then we call into memory another memorable fable of Plato , the cave parable . There, Plato talks about a big cave where miserable humans are chained fast to their seats so they cannot move and only watch the shadows dancing on the cave walls, forever entertaining themselves guessing what these shadows mean and what they stand for. The connection to the stoichea becomes immediately clear. The symbols of the alphabet are viewed as the shaped holes through which the pure light of the divine logos shines. The shadows that are cast on the dial of the sundial or the cave walls are the meanings of those symbols as we perceive them from our lowly perspective. Plato talks in Phaidros , 276a of the grammata as the shadow pictures of the living, animated logos . He uses a very subtle word-play here, the opposition of eidotos (true knowledge) and eidolon (shadow image). ->: SHADOW, p. 264

@:EIDOTOS
Ton tou eidotos logon legeis, zonta kai enpsychon, ou ho gegrammenos eidolon an ti legoito dikaios

You mean the living, ensouled speech, the logos, of the truly knowledgeable, of which the written version can only be looked at as shadow image.
(PLATO-WERKE , Vol. V, 276a)

We also find a statement in the same vein in Plato's revealing seventh letter . This work, which may hold the key to all of Plato's teachings, is found in the Appendix. With all these indications and examples from different works, it is sure worth trying to find an explanation for Plato's interesting speculation.
->: SEVENTH_LETTER, p. 269.

9.6.5.2. The Kratylos examples are taken from greek epic tradition

When we look at the examples Sokrates gives for the similiarity of name and thing, we quickly see that Plato was careful to choose mostly words that have no physical referent. He derives his terms mostly from mythology and other greek terms of the ethical domain. He starts out with Homer as one of those people who are daemiourgon onomaton that is master in the art of forming words (390e). This is is highly significant because we find a direct correspondence to the daemiourgos of Timaios who is creating the world. Then he goes through an assorted list of greek gods and heroes. He follows the genealogy list as given by Hesiodos, and in 409, he comes to the planets and stars, the four elements, and the four seasons. in 411 he talks about abstract and ethical terms like virtue, righteousness, etc. This gives an indication that Plato did not have the intention to show us the relations of names for physical objects but rather, to the thought and association structure contained in the greek mythologies. And here, it makes much more sense to speculate about a connection between the thing and the name, and the sounds of the names: This structure was created and transmitted by the ancient aoidoi, as the poets, singers, and bards of greek antiquity were called. ->: AGE_AOIDOI, p. 398.

So there is no problem to relate them to the phenomena perceived. The greek gods and mysteries literally "lived" in the rhymes and metres of ancient greek poetry, and it would be impossible to extract them from there. Another indication for this is Plato's use of pragma to denote the "things". He doesn't talk about a thingness-in-itself as Kant may have postulated, but about a going-on. That is for example the reciting of an epic text. While the text was recited, the mental imagery unfolded in the inner vision of the aoide and his audience. So the examples Plato refers to, his pragmata, were for the ancient greek audience of epics a true process, of the nervous system, and not concepts. In this respect, we can perceive an auto-poieitic element, as the sounds themselves create their meaning by rhythm, meter, and association. The rhythm and meter component cannot be treated here, so another work will be referred to which does an extensive discussion on that subject: LATACZ89 .

9.6.5.3. The Rho of "movement"

An example can be given to substantiate some statements made in Kratylos. In 434c, the letter rho is presented as meaning "movement". The semantic field of rho yields the following:

Under rho we find rhema , the river, the stream. rheo : everything in dissolution by flowing away and apart. panta rhei , as Heraklit said. rhoae , rhoos , rhytos is again everything flowing.

rhoth - is connected to the sound of moving water.

rhombos is connected to kymbo and kyklos, and the modern derivation rotation.

rhyax , rhyas is the upwelling and breaking forth of forceful currents and undercurrents.

rhythmos is again connected to rhombos, kymbo and kyklos. It is the rhythmic recurrence in all cyclical processes, also the (well-formed) proportion of Pythagoras fame, leading us into harmonia.
9.6.6. Neurology, Epics, and the brain hemispheres
@:NEURO_BRAIN
The question of self-stabilizing neuronal homeostatic patterns evoked by metered poetry has been extensively treated by Pöppel and Turner (in AESTHETICS88 [132], p.71-90) In their paper, Turner and Pöppel make a strong case for the effects of metered poetry on the development of a wholesome, whole-brained usage of the mind. Metered poetry has the capability of inducing the brain to a mode of functioning that is actually of a higher quality than the free-form prosaic mode of thinking that has become the norm in script based civilization [133]. We thus have an indication that the epic poetry induces mental states and modes of functioning today falsely called "trance". This is often associated with the more prophetic aspects of aoidoi. In the indian Vedic tradition , we find the rishis , whose task was predominantly that of seers and prophets. It also gives us an opportunity to reconsider the tradeoffs humanity has bought into by adopting writing, occasion for a reconsideration of the inherent drawbacks of this powerful civilatory instrument. Plato also issues a stern warning about the use of script in Phaidros (274c - 276e [134].. The german text is given in the Appendix: ->: PHAIDROS, p. 262.

Pöppel and Turner write:
Human society itself can be profoundly changed by the development of new ways of using the brain. Illustrative are the enormous socio-cultural consequences of the invention of the written word. In a sense, reading is a sort of new synthetic instinct, input that is reflexively transformed in to a program, crystallized into neural hardware, and incorporated as cultural loop into the human vervous circuit. This "new instinct" in turn profoundly changes the environment within which young human brains are programmed... our technology [functions] as a sort of supplementary nervous system.
(AESTHETICS88, p.75)

The fundamental unit of metered poetry is what we shall call the line... it is recognizable metrically and nearly always takes from two to four seconds to recite... The line is nearly always a rhythmic, semantic, and syntactical unit as well - a sentence, a colon, a clause, a phrase, or a completed group of these. Thus, other linguistic rhythms are accomodated to the basic acoustical rhythm, producing that pleasing sensation of appropriateness and inevitability, which is part of the delight of verse and aid to the memory.
The second universal characteristic of human verse meter is that certain marked elements of the line or group of lines remain constant throughout the poem and thus indicate the repetition of a pattern. The 3-second cycle is not marked merely by a pause, but by distinct resemblances between the material in each cycle. Repetition is added to frequency to emphasize the rhythm. These constant elements may take many forms, the simplest of which is the number of syllables per line... Still other patterns are arranged around alliteration, consonance, assonance, and end rhyme. Often, many of these devices are used together, some prescribed by the conventions of a particular poetic form and others left to the discretion and inspiration of the individual poet.
The third universal characteristic of metrical poetry is variation. Variation is a temporary suspension of the metrical pattern at work in a given poem, a surprising, unexpected, and refreshing twist to that pattern... Meter is important in that it conveys meaning, much as melody does in a song. Metrical patterns are elements of an analogical structure, which is comprehended by the right cerebral hemisphere, while poetry as language is presumably processed by the left temporal lobe. If this hypothesis is correct, meter is partially a method of introducing right brain processes into the left brain activity of understanding language. In other words, it is a way of connecting our much more culture-bound linguistic capacities with relatively more primitive spatial recognition pattern recognition faculties, which we share with the higher animals.
(AESTHETICS88, p.76-77)

Here it might be useful to turn our attention to the subjective reports of poets and readers of poetry as an aid to our hypothesizing. These reports may help to confirm conclusions at which we have tentatively arrived...
The imagery of the poem can become so intense that it is almost like a real sensory experience. Personal memories... are strongly evoked; there is often an emotional re-experience of close personal ties with family, friends, lovers, and the dead. There is an intense realization of the world and of human life, together with a strong sense of the reconciliation of opposites - joy and sorrow, life and death, good and evil, human and divine, reality and illusion, whole and part, comic and tragic, time and timelessness... There is a sense of power combined with effortlessness. The poet or reader rises above the word, so to speak, on the "viewless wings of poetry" and sees it all in its fullness and completeness, but without loss of the clarity of its details. There is an awareness of one's own physical nature, of one's birth and death, and of a curious transcendence of both, and, often, a strong feeling of universal and particular love and communal solidarity.
(AESTHETICS88, p.81-82)

To reinforce their hypothesis the authors turn to new and speculative fields of scientific inquiry, which are variously termed "neurobiology", "biocybernetics", and "psychobiology". Quoting an Essay by Barbara Lex, "The Neurobiology of Ritual Trance" (LEX74), they state:

... various techniques of the alteration of mental states... are designed to add to the linear, analytic, and verbal resources of the left brain the more intuitive and holistic understanding of the right brain; to tune the central nervous system and alleviate accumulated stress; and bring to the aid of social solidarity and cultural values the powerful somatic and emotional forces mediated by the sympathetic and parasympathetic nervous systems and the ergotropic and trophotropic resources they control.
(AESTHETICS88, p.82)

The linguistic capacities of the left hemisphere, which provide a temporal order for spatial information, are forced into an interaction with the rhythmic and musical capacities of the right hemisphere, which provides a spatial order for temporal information.
(AESTHETICS88, p.83)

The traditional concern of verse with the deepest human values - truth, goodness, and beauty - is clearly associated with its involvement with the brain's own motivational system. Poetry seems to be a device the brain can use in reflexively calibrating itself, turning its "hardware" into "software", and vice versa... As a quintessentially cultural activity, poetry has been central to social learning and the synchronization of social activities. Poetry enforces cooperation between left brain temporal organization and right brain spatial organization and helps to bring about that integrated stereoscopic view that we call true understanding. Poetry is, par excellence, kalogenic - productive of beauty, of elegant, coherent, and predictively powerful models of the world.
(AESTHETICS88, p.84-85)

We also find the forces that will work to suppress poetry:
A bureaucratic social system, requiring specialists rather than generalists, might well find it in its interest to discourage reinforcement techniques like metered verse because such techniques put the whole brain to use and encourage world views that might transcend the limited values of the system.
(AESTHETICS88, p.87)

They quote from Sidney:
"It may well be that the rise of utilitarian education for the working and middle classes, together with a loss of traditional folk poetry, had a good deal to to with the success of political and economic tyranny in our times. The masses, starved of the beautiful and complex rhythms of poetry, were only too susceptible to the brutal and simplistic rhythms of the totalitarian slogan or advertising jingle. An education in verse will tend to produce citizens capable of using their full brains coherently - able to unite rational thought and calculation with values and commitment"
(SIDNEY69, AESTHETICS88, p.90)

If we apply the scientific findings to our hypothesis of the societal role of the Epic Tradition, we get this surprising picture: The Aoidoi of the past Oral Age served a much more important function than history had allotted to them. They were the guardians of the sacred chants and poems whose purpose was much more than entertaining, or keeping a mythological record of the past, a sort of proto-history. They were the masters of the forgotten arts of attuning the soul with the body, of projecting the past and the future, and healing the cracks and fissures of human society. When civilization arose and humans adopted writing, the use of poetry as cultural memory system was quickly discarded and relegated to purely entertainment purposes. The important cathartic role played by theater, and especially tragedy, in ancient greek society is one of the last vestiges of this once vigorous tradition. Once the art of the Aoidoi was forgotten, humanity was on full course into the Iron Age, the Kali Yuga, the Age of "Blood, Sweat and Tears". The connection between the brutality of script based civilizations and the degenerated mode of brain functioning produced by a unilateral concentration and hypertrophy of left brain activity is suggestive.

In a passage further down, the subject will be taken up from a different angle:
->: AGE_AOIDOI, p. 398

While the epic tradition rested on a fairly select group of people, all traditional cultures had many occasions for participatory events where the larger part of the population was involved: festivals, dancing and drumming. Tribal african culture has developed the art of dance and rhythm to a high level. A particular case are the polyrhythmic traditions of this globe. These are particularly effective in attuning the brain halves. Flatischler has researched and revived these arts (FLATISCHLER-RHY).
->: SONG_SYNAISTHESIS, p. 406, ->: GLASPERLENSPIEL, p. 309

In such communal rhythmic events, it was not only the single person or a small group who experienced the wholesome effect of rhythm but the total community. Even though contemporary civilizations still have preserved remainders of their cultural heritage, this has become confined to specialist performers, with a passive audience whose single and only role is now to applaud. Modern civilization thus has experienced a high degree of de-culturization, losing those effects of participatory culture that were most necessary for the coherence of the community and the mental restoration of the individual.
9.6.7. Semephonic fields
Now we can try to fill in some structures how an edifice of sounds and meaning can be constructed. We will therefore introduce the term semephonic as abbreviation for this hypothetical interrelation of semantic/phonetic elements of a language . Let us call the stoichea of Plato the greek root sounds . Now let us assume a root sound connection between words, i.e. that words bearing a similar sound will have a similar or connecting meaning field, forming a semephonic link. Semephonic fields are called networks of words that are connected by semephonic links.

The alphabet is the list of the greek root sounds. When the greeks adapted it from the phoenician Aleph-Bayt system, they had to transfer a coding system from a very different language model. As semitic notation system, the Aleph-Bayt didn't contain vowel notation. This was possible because in semitic languages, one can determine the meaning of words by their characteristic 3-consonant root structure. This is not so in indo-european languages where there are many words that are distinguished by different vowels only. The consequence of this shifting around of phonemic value of symbols was that related sounds were assigned to letters spread evenly about the alphabet. This makes the detection of the groups difficult, because dictionaries list them by alphabetic sort order and obscure the connections. The vowels form a particularly difficult subject because there are many combinations of vowels which are synonymous or part of the grammatical verbal flexion pattern: ea, ae, ai, io, oi, and so on. Another problem is caused by the spiritus asper, which is derived from the semitic sound value of Aleph, and for which only a diacritical mark exists, so that it is hard to track in the dictionary.

9.6.8. The root of western culture: The semantic field of techne
When we look at the semantic field of techne, we find many similar-sounding words that bear some connection of meaning, but are spelled slightly differently.

teucho, teuxo,
tetykein: to create, form, manufacture, smithing, carpentering
the root verb form of the field

techne: art, craft, skill, trick, fraud
tekton: carpenter, constructor, smith, creator, procreator->tekno
tektaino: woodworking, carpentering, metal working-> texis
tektonike: the art of woodworking (giving the hyle a morphe)
teuchos: tool, gear, ship gear, vessel, armor, weapon
tykos: stone hammer -> tykisma -> typis -> teich
tykisma: stone building, stone wall
teich-: everything pertaining to fortification walls
tekmar: to set a goal, to judge from signs, conclude, to reckon,
to calculate
tekno: to procreate children
texis: melting, dissolve-> etaxen, ->taxis
etaxen, etakaen:
to change appearance through dissolution
takeros: molten
taxis: order, battle order
tagma: the thing ordered, positioned
taktikos: pertaining to the battle order, tactical
typis: hammer
typo-: everything created through impression, embossing, printing, engraving
9.6.9. Base structures of semephonic fields
When we go through many such word fields, we come to a grouping that corresponds to how the sounds are formed by the human voice apparatus. When the first element is repeated as last, this indicates that the structure is closed, i.e. forms a ring (gyros or kyklos). See also: Illustrations ILL:G1 to G5 for some hypothetical mappings of greek root sound structures and their connection to Hesiod 's Theogony . Such mappings can of course only be attempted seriously with the necessary technological infrastructure, i.e. a completed Symbolator.

gutturals:
The first group are the guttural root sounds: chi - gamma - xi - kappa - rho - chi
dentals:
Then there is a group of dental sounds: delta - tau - theta - sigma - zeta - delta
The combination sound psi connects this group with the labials, and
xi connects to the guttural group
labials:
The next group are the labial sounds: beta - phi (combination) - psi (combination) - pi - beta
liquidae:
Lastly, the voces liquidae: lambda - my - ny
Vowels:
The vowels form a different class: alpha - epsilon - aeta - iota - omikron - ypsilon - omega

Greek morphology allows for a wide variance of vowel combinations that are synonymous, or have slight, but significant differences in meaning, like for example idea and eidea, or eidotos (true knowledge) with omikron and eidolon with omega.

We can see in the example of techne above, that the core semephonic structure determinant for this field is:
t, {e/a}, guttural
9.6.10. The semephonic Field of Aoidos
@:AOIDE
Let us picture the semephonic field of the words connected with the aoidos. We noted that the Aoidos is not only a poet and a bard but also a seer and prophet. Hesiod uses the word in numerous locations in HESIOD-THEO . We can consider his work as a path leading us back into the aoide thought structure. Just by outlining the semephonic connections contained in the word aoidos are we able to set a starting point for the uncovering of this archaic thought system. Since european thought has been shaped so intimately, using the words of the european mother language, greek will serve best to introduce us back into this territory that humanity has lost 2500 years ago.

aoidae is the hymn or poetry, the myth.

audae is the sound, the voice, the call, the message.

aeido , aeisomai , asomai , means: to sing, call, shout, or making any sound when struck (like metal objects).

aoidos and eidos are sound-connected, leading into the field of idea.

9.6.11. The field of aio
Closely related to the root sound of aoidos is the verb aio . It has a very interesting semephonic structure. It is built of vowels only. Since Greek did not have a notation for "u", we have actually all the vowels wrapped up in one word. This is highly significant. The closest pan-indogermanic connection to this kind of sound structure is the Sanskrit mantra aoum .

The next interesting aspect of aio is its omnidimensional meaning: It simultaneously means: to hear, to perceive, to sense, to see, to understand, to know. Then it also has the meaning of the aspiration, the spirit. We will immediately see the connection to Aleph mentioned earlier. The significance of this field cannot be grasped with our common categories of knowing. The aoidos was the knower of a different kind of knowledge. This is the archaic knowledge, the living, breathing, aspirating pneuma of logos , of which Plato talks in Phaidros (276a) .

aer means air, wind, mist, fog.

aeros or eros has a connection here.

aiora aiera means suspension, hanging or floating freely in the air.

aion means eternity.

9.6.12. An example of epic imagery: The Proimion of Parmenides
@:PARMEN_PROIMION
Parmenides stands exactly at the cross-roads or the cultural switch which greek society made from the oral memory system of the old epic tradition of Homer and Hesiod to the newer written text based prosa style used by the later philosophers. His work is still composed in Hexameter but its content is already philosophical, not mythical any more. Conceptually, this work is a very significant step in the development that led to Plato, and Plato derives many of his key ideas from there. It has been asked why he resorted to a style of writing that was already antiquated at his time and would under philosophical views not be considered fitting to the subject matter. Parmenides can be considered as one who still had access to the old traditional art of the aoide, and knew how to apply it. This can be experienced in the proimion (introductory passage) where he uses the formal methods and the mental imagery of the older epic tradition to full effect. It has been noted that the proimion poses a strong contrast in style to the main text: Whereas the main text deals with the immutable eternal realm of truth, the proimion recounts a breathless race (PLEGER-VORSOKR , p. 102). This is the first part of the proimion. In the original, it continues to verse 32. We will only consider the part framed by hippoi ... hippous. See also: ->: PARMENIDES_SEIN, p. 280.

9.6.12.1. The Text

B1
hippoi tai me pherousin, hodon t' epi thymos hikanoi, (1)
pempon, epei m' es hodon beaesan polyphemon agousai
daimonos, hae kata pant' astae pherei eidota phota.
tae pheromaen. tae gar me polyphrastoi pheron hippoi
harma titainousai, kourai d' hodon haegemoneuon. (5)
axin d' en chnoiaesin hiei syringos autaen
aithomenos. doiois gar epeigeto dinotoisin
kyklois amphoterothen, hote sperchoiato pempein
Heliades kourai, prolipusai domata nyktos
eis phaos, osamenai kraton apo chersi kalyptras. (10)

entha pylai nyktos te kai aematos eisi keleuthon,
kai sphas hyperthyron amphis echei kai lainos oudos.
autai d' aitheriai plaentai megaloisi thyretois.
ton de Dikae polypoinos echei klaeidas amoibous.
taen dae parphamenai kourai malakoisi logoisin (15)
peisan epighradeos, hos sphin balanoton ochaea
aptereos oseie pyleon apo. tai de thyretron
chasm' achanes poiaesan anaptamenai polychalkous
axonas en syrinxin amoibadon eilixasai
gomphois kai peronaeisin araerote. taei rha di auteon
ithys echon kourai kat' amaxiton harma kai hippous. (21)
From PARMENIDES74 .

9.6.12.2. The Semephonic Field

hippoi tai me pherousin
the horses that carry me hurriedly

The semephonic field of phora , phero contains the meanings of carry, fly, pull away. The english words far, furthering, forth have a connection here. pheromenos means hurriedly, fast, quick. This leads over to the field of messages and messengers. The connotations of "carry" carry over into the semantic field of bearing (fruit), fertility.

hoson
as far as

t' epi thymos hikanoi
the will will carry

thymos means not only will but also soul, feeling, heart, courage, boldness.

pempon,
pulled me forth,

epei m' es hodon beaesan polyphemon agousai daimonos
having brought me onto the renowned path of the goddess

hodos : the way, the path, hosos : as far, as much, as long (on the way).

polyphemon also means: where many voices are heard. We can relate phaeme to lat. fama, and fame. A further relation is with phone . See below, the connection to phos.

daimonos means god, goddess, divine being, and the (super-) human souls of the golden age (see above: chrys - chros - and the accompanying semephonic field). daemon : knowing, sage. daemosyne is experience, knowledge, wisdom, sagesse. Here we have the connection to the lost wisdom of the golden age.

hae kata pant' astae pherei eidota phota
which leads the well educated man through all places.
(This translation may lead us into strange places indeed.)

We first notice that we have a full succession of words for "leading" (to somewhere specific) from the wealth of archaic greek sound imagery: pherousin.. hoson... hikanoi... pempon... hodon... agousai... pherei. The last word gives us the lead where we are being led to: into the reigning concept of the proimion: The Light - Phos. We know the word pharos for lighthouse, "the light that leads the way". pherei - pharos - phos. This is implied here.

We are not mislead too far off the right path when we assume that the eidota phota bears a special meaning here, as the illuminated and illuminating images that we are being led to by the daimonos or the spirits of the archaic age of aoidoi.

asteios : urbane, well educated.

9.6.12.3. The field of eidos

eidos idon : to see, to appear, to know, to understand, to recognize, eidol - is everything connected to images and idols. We can draw a direct connection from aoidos to eidos

idea and idaee leads us into the platonic philosophy of idea or essence of the phenomena. This is the essence of Parmenides' work: the eternal, unchanging being that can be grasped and understood only with the nous or spirit-understanding.

9.6.12.4. The field of phos/phaos

The semephonic field of phos , photo- , phoos and phaos is reigned by phoibos the god of light: Apoll . This field extends to everything seen, visualized, also luminance, and illumination: photisma . phoibos: splendor, shining, sparkling, brilliant, luminous. phoibasma, phoibetes: prophet, oracle, mantics. phoinos : purple, phoenician, dark red (glowing). phosphoros : luck, fortune, rescue.

phos and phone are strongly related. phone is connected to everything making sounds, the realm of voice, speaking, talking. We see the connection to logos .

The next interesting observation is the polarity of Phaos and Chaos. This becomes relevant when we look at the song of the aoidos of chaea , the chaes-aoidos , or as he is better known: Hesiodos . Here we find the chaos. As we will recall, it is an often used imagery of creation myths, also the one in the bible, to describe a transition of chaos to phaos. (Let there be light). This corresponds to the phonemic switch from guttural, deep down in the throat to labial, which is at the outer ends of the lips. This phonetic change could be quite significant.

tae pheromaen.
thus I was carried forth

tae gar me polyphrastoi pheron hippoi
to where the knowledgeable horses led me

We may assume that there is a subtle semephonic connection between phero, phora, and phrasto- via the metaphor of message mentioned above.

harma titainousai,
they tearingly pulled forth the chariot

titaino - connects us to the archaic word of titanic energies. The meaning is connected to an ultimately extended or intended bow. The mental imagery gives us the figure of a titan who is stretched bent between heaven and earth. We have a titanic effort descripted here, all forces are bent under the will-power to the point of breaking. We are being told and being led into the deeper and deeper reaches of the archaic mind, the titanic mind, of the first generation of creation that Hesiod tells us about.

harma is the two-wheeled chariot of homer ic adventure origin. We will get some interesting details on it in a moment. For classical Greek thought, the harma is the "Leitmotif" or lead symbol of the archaic mental frame. We recall Phaeton , because this is the point where he lost control over his horses and careened straight into his desaster with the sun chariot. We are on the safe side, because we have expert guidance without which we would have no chance.

Further meanings of the root harm - are: put together, join together, couple, sleep together, unite, harmony, harmonikos. In the indian Sanskrit

kourai d' hodon haegemoneuon.
Sun-daughters guided the way

Here we have the connection to the sun god(ess). Actually, it is explicitly given later on, in (9), where we get the word Heliades . This is Women's Work.

axin d' en chnoiaesin hiei syringos autaen aithomenos.
the axle in the wheel hubs screetched the shrill sound of a reed whistle, red hot was it.

aithos or aitops is the field of fire, burning, heat, glowing red with heat, also the red hot iron.

We are lead back to phos and phone , giving us the connection of the light and the sound, the phoinos , which means purple red. We also get the cosmic connection we also mentioned in the sound field of chnon , axon , pramantha or prometheus , the fire drill, leading us into the deep abysses of archaic cosmology (SANTILLANA93 ).

The double meaning of aio as hearing and wind-sound reappears, only immensely magnified to the limits of endurance. The sound fields of audae and asomai appear.

doiois gar epeigeto dinotoisin kyklois amphoterothen,
because it was driven by two whirling wheels on both sides

we may recall the other meanings of kyklos in the cosmic realm, meaning eternal recurrences and stellar revolutions.

hote sperchoiato pempein Heliades kourai,
as with even more hurry the heliadic daughters led the way

We get the feeling of continuously rising tension. This is very serious business, fraught with danger, and we must not slow down, because something (the night) will catch up with us when we do, engorging and engulfing us mercilessly, throwing us back into the abyss. This is the next best visual imagery coming as close as is possible to some very phantastic scenes out of the Star Wars Mythology where the rocket ships of the federation make it barely through a closing stellar passage.

prolipusai domata nyktos eis phaos,
leaving behind us the house of night, toward the light.

Now we have almost made it. We have escaped the precession of the equinoxes and are now beyond the time barrier . We have entered the realm of the eternal . (Interpretation according to: SANTILLANA93 ).

osamenai kraton apo chersi kalyptras.
forcibly removing the veil from the head.

osamenai has the root sound of ousia , the essence of Aristoteles . We are connected back to eidota , the images of the eternal being. The veil is removed, now we can see clearly, truly, and really. The eternal vision is cleared for us. It takes some more effort to remove this last veil. ous- is the root word for a handle, the handle by which we can hold things in reality.

entha pylai nyktos te kai aematos eisi keleuthon,
here is the gate of the ways of the night (nyktos ) and the day (aematos ).

keleuthos is again another word for the way, the path, the voyage. The next connection to a known sound field we have is kyllos , leading us to kyklos . There are straight and directed (ithys ) paths and voyages and there are cyclical paths. This gate signifies their parting, the cosmic cross-roads. Keleutheia is a name for Pallas Athene .

There is one more station to pass, but it is not an obstacle to us, just another sign that we have made it. This is the gate separating the Ways. It is the gate of the passage of time, of endless ever-recurring kyklois of day and night.

kai sphas hyperthyron amphis echei kai lainos oudos.
and a gate lintel and a stone step surround it.

We find in the word hyper-thyron the root of the german Türe Tor , and the english door . lainos means made from stone. echo - means: hold, hold fast, give a hold.

autai d' aitheriai plaentai megaloisi thyretois.
The gate itself, shining with etheric light, is filled with huge swinging doors

ton de Dikae polypoinos echei klaeidas amoibous.
for which Dike the all-sentencing (punishing) polypoinos holds the keys to entry and exit.

This will lead us straight to Anaximandros and the apeiron . There the Dike is not a mythological goddess but the impersonal cosmic law of all things arising and decaying.

taen dae parphamenai kourai malakoisi logoisin
peisan epiphradeos,
To her spake the Sun-daughters with gentle words and persuaded her

hos sphin balanoton ochaea aptereos oseie pyleon apo.
to pull back the bolted bar from the door

tai de thyretron chasm' achanes poiaesan anaptamenai
and it opened wide, like a yawning, gaping abyss, the gorge of the doors

This leads us straight to Hesiod 's account of The Beginning. chasm and achanes is the imagery of the chaos . Depicted is the gate of the apeiron which is the gate of chaos. We are now lead through the maelstrom, called Amlodhi's mill (SANTILLANA93 ). The theme is the same as above. We are leaving the realm of temporal existence, proceeding into the eternal realm. We may call to memory our contemporary physical cosmological imagery of black holes , the maelstrom of gravity that exactly parallels this archaic tale.

polychalkous axonas en syrinxin amoibadon eilixasai
gomphois kai peronaeisin araerote.
turning the polychalkous brazen, /bronze (aere perennis) axes (pylons) with nails and rivets in their hinges

taei rha di auteon ithys echon
kourai kat' amaxiton harma kai hippous.
right through there, in the straight way, the Sun-daughters guided the chariot and the horses.

ithys , itharos is everything connected to straight(forward), also clear, pure. idea is not far away from this idea. ithyphallos is the erected phallos.

amaxa- , amaxi- , is everything belonging to the chariot and the cart. Also the stellar signs of the big and little dipper (great and small vessel, mahayana and hinayana ).

Whew, we made it!

We have left the kykloid ways of temporal existence and have returned to the straight path of Eternal Truth. This brazen door made of aere perennius had slammed shut 2500 years ago, and no one had entered here afterwards. Plato only had a dim recollection of what had occurred here. He did not have the key any more. For him, this was already dark, obscure mythology, as it was for all the countless generations of philosophers after him.

9.6.13. Deeper meanings of Greek names
After this tour de force which will surely earn us a heavy beating by linguists, philologists, and philosophers alike, we might be really brazen and get tempted to ask a really idiot question. [135] What if there was more to the name Parmenides than just an arbitrary name (onoma homoion to pragmati)? We know from the amerind people how they chose names to reflect an essential character trait of the bearer (Chief Sitting Bull). What if we were to parse the word Parmenides and come to something like: para-men-ithys (straight beyond the mind). We can then graduate to Hesiodos, and analyse that as chaes-aoidos , the aoidos of chaos-chea-gea-gaia-rhea, which is exactly what describes the essence of his work. [136] Then we might advance to Anaximandros, and get something like: Anax-andros, or Ana-Axin-Andros. Timaios has some connection to the greek word timao, or to weigh, to deliberate. Then we might try Prometheus, whose brother interestingly was called Epimetheus (the before-thinker, and the after-thinker). Santillana and v.Dechend note that there is a connection to the vedic root term Pramantha, or fire drill (SANTILLANA93 ). And last, but not least, we get the toughest job of them all: Homer. He was the first and foremost aoide as we have already mentioned. That again is connected to aio. Let us now make a quick detour to a different corner of the world and take up the thread that we connected to the word aoum. We now get this little onoma-semephonic kyklos: [137]

aoide - aio - aoum - soma - haoma - homeros - aoide

Nice, isn't it? If it only were not for the linguists, philologists, and philosophers who will surely give me "the Giordano Bruno treatment" for that one alone. But I am not totally making this up out of my sweet phantasy. Actually, we can find all the blueprints for this in the works of Marius Schneider (SCHNEIDERM ).

9.6.14. Semephonics and the Vedic science
While there is quite a barrier against thinking in terms of semephonic fields in the european theater that has been imprinted by hellenistic thinking, the same has been common knowledge in India for millennia. Of course, there it is called by a different technical term. Semephonics is the old vedic science of mantra, connected with the vedic cosmology. There is a direct connection to ancient greek, because we have here the three great stems of the ancient indo-european language family: Ancient (homeric and pre-homeric) Aoide Greek, persian Zend Awesta , and Sanskrit. The archaic Rishi Sanskrit is still found in the Rg Veda, and it is can be compared to classical Sanskrit much as Aoide Greek has to be compared to the koinae . The root sound connection means that words bearing a similar sound will have a similar or connecting meaning field. The interconnection of such fields as we find in the old hymns and epics gives a structure that is vastly beyond the meaning attributed to the words as defined by philological methods [138]. This mode is the thought structure of the archaic seers, bards and prophets: the Aoidoi. Our understanding of archaic pre-literate thought of oral cultures will gain another dimension when we perceive their words as diffuse, field-like, interconnected entities.

In Vedic science, the root sound structures are called bija mantras, and we find there a complete thought system or cosmology of how these root sound structures combine to form the whole phenomenal universe. The works of Homer, Hesiodos and the proimion of Parmenides' work also contain still a vestige of this old cosmology.

9.6.15. Technical construction and visualization of Semephonic Networks
To test the hypothesis, it would be necessary to go systematically through the hymns and epics of Homer, Hesiodos, and others and search out and map all possible semephonic interconnections. If one wanted to do this in the manual way, charting all these interrelations and interdependencies, it would take a very long time. It would involve following through all the semantic field interconnections with the conventional philological tools we have: dictionaries, or thesauri. The alphabetical ordering is a linear mapping of the semantic fields cut up, mutilated and thoroughly mixed and distorted by the completely arbitrary alphabetical boundaries. To reassemble them manually is extremely time consuming. Proper tools, as they become available with modern hypermedia systems will facilitate this task greatly. Computer tools are essential for the work. The software for doing this still has to be constructed but existing software tools can be adopted for this. It is possible to model such a structure is with a system similar to a molecular simulation program. This is suggestive since the sound connections form a model akin to atomic binding forces. As we see with a glance to Timaios, the ancient cosmology had a sound combination structure that had a correspondence to modern molecular chemistry models.

When such a project is completed, we will have a network structure that is vastly beyond the plain meaning attributed to the words as defined by philological methods. This mode is the thought structure of the archaic seers, bards and prophets: the Aoidoi. If proper multimedia support is added, we can even make these representations "come to live" and "sing their own song".

9.6.16. Hypermedia as Scaffolding for Whole-Brained Mind Use
Although computer tools should not be used as a substitute for a function our civilized brains have lost in those last 5000 years, the new technology may serve an extremely valuable role in producing a scaffolding for the mind that is disused of learning the ancient languages and memorizing thousands of lines of poems.

The likely candidates for a poetry that may help us reviving the Aoide mode of consciousness are the works of Homer and Hesiod. It is not the right approach to just rotely memorize them, or worse, memorize the translations. Also the traditional humanistic grammatical methods of instruction that were the horror of countless generations of students should be treated with care. Modern technology can help us rediscovering the hidden structures of those ancient works and present them in a way that will make it an interesting and rewarding work for those who want to bring their minds to this lost mode of functioning.

9.6.17. Give me the right Vorstellung and I will unhinge the universe
We might now ask what the connection is to Schopenhauer's Vorstellung. If we take the Vorstellung as our point of departure, we may easily see, that everything we perceive, the phenomenon of the thing that our sensorium produces for us, and the word for that phenomenen, are not two. They are just two ends of the same spectrum, called the Vorstellung. And then, the question is trivial. Since they both are part of the Vorstellung, one must be fitting to the other. And they cannot be in coincidental relation with each other, but they must be united in a frame of reference of systematic unity. If it were not so, then we couldn't speak and converse and think, basta. The question to be dealt with further on is: How. We need to clarify the infrastructure, so that we may be able to find optimized representations. That is, how we can fine-tune our mental instrumentarium, if we only know where the handle is, or, to paraphrase Archimedes: Give me the right Vorstellung, and I will unhinge the universe.

9.7. A Hypothetical Semephonic Network of Aoide Vocabulary

@:SEMEPHON_NET
See: ILL:G -1-5: The greek semantic cycle or gyros of chi-gamma-xi-kappa-rho-chi.

It should be mentioned that this network is highly hypothetical and bound to cause much philological and linguistic protest.

9.7.1. The Chi Root - The Crossing
The semephonic root of the greek phoneme chi is the semitic sound Aleph . In the indo-european language structure, the sound Aleph does not appear, except as the diacritical mark on the vowels. Spoken indo-european language doesn't have this sound any more. Westerners can't even produce it. The sound of Aleph can at best be described as a dry cough coming from very far down in the throat, or even in the abdomen. It could be described as the sound of hara (in the japanese Zen diction). In the cabbalistic scheme, Aleph is the root of all things existing. In the Zen diction, the hara is the center of the human being. This is not without significance in the present case. As we see, Hesiod os embarks on this theme in his theogony .

The Greek root sounds gamma , chi , kappa , xi , rho, are closely related which does not show in the dictionary because the word ordering sequence has spaced them far apart. All words containing these sounds will be candidates for inspection. At the time when Greeks learned writing, the letter chi was connected with crossings [139] . chiasmos and chiasma denote cross patterns as grammata, graphae, or glyphae , like cross-marks in clay or as wooden sticks laid cross-wise (like nordic rune s, German Buchstaben - Buch-stäbchen ). The cross-mark also denotes something recognized as false or suspicious.

It should therefore be noted with special attention that the characteristic symbols of our european culture are the cross and the christos (the anointed , the messias, the crucified ). We just have to exchange the sound patterns of christos with chiastos and are back at an original crossing obscured by the christian mythological overlay. The cross or chiasmos is the character or the sign of the chiastos, in its most technical sense.

Of course the important question to ask is: what has been crossed with what and why was this original crossing obscured? We may look for more material on this in the greek creation mythology of Hesiodos.

9.7.2. Before It All Began: The Chaos
Not without good reason does Hesiod tell us that before The Beginning (the ar-chae ), there was something quite useless to try to even name. Therefore he called it the chaos, the unfathomable cave, the gaping, the yawning, the emptiness, the void, or in the words of Anaximandros: the apeiron . (HESIOD-THEO , DIELS-FRAGMENTE ).

9.7.3. Our Brave New Age of Chaos
Also with good reason, our present age is the age of re-emergence of the chaos , as is amply evidenced by the rise of Chaos Theory , and the general chaos pervading all the personal, political, ethical, and noetic domains of human life. (See also: BOLZ-CHAOS, BOLZ-KONTR).

The sound pattern is: Chi , Alpha and Omega . This may lead us in a deep abyss indeed. Because chaos may not be a word defined by a meaning (which is nothing) but an anagram of the chiasmos or crossing of Alpha and Omega. And the word ar-chae can be parsed as the ara-chae, that is what follows the chae. ara means everything following in temporal or logical sequence [140]. The drift from chae to chao is described below. We can further list the words: chasko , chasmos , charybdis , charon , the ferry-boat man to hades or chades . We see the intense mythological connection with sound fields.

The meaning of "Alpha and Omega" is overlaid by christian interpretations but below these, more material is hidden. We can see the connection to the buddhist use of shunyata (->: SHUNYATA ). We may also be able to establish a connection to the symbolical machines mentioned above: We have here a word that is not arbitrarily connected to meaning, rather it is a kind of mental computer program to calculate and find meaning in.

9.7.4. The Chi Extends in Semantic Space
chae is, if we allow us the freedom to interpret Hesiod, the first incarnation and the invisible, unconscious, and subsurface (or chthonic) name and aspect of the Mother Earth (gaia being her surface aspect, see the gamma entries). Persephone is the other name of this aspect. In the myth, she is the daughter of De meter , going to Hades (chades ) every winter and re-emerging every spring in the month of gamelion.

chthon is everything connected to chae. In Hesiod 's account of The Beginning, we can see the drift from chaos to chaea to ara-chae to chthon. (HESIOD-THEO ) This is mirrored by the meaning of cave , cavis , cueva , all descendants of the original root sound, also the female womb, hysteron -chysteron .

chiazo has a connotation in the musical realm, using an unusual (suspicious) sound or harmony pattern. Here we see the crossover or crossing of harmonies shine up as chi .

chilia denotes a thousand-fold, like a millennium or a thousand men. The chiliastai are the believers in the chiliasmos , the millennium-long reign of the christos /chiastos . We have a correspondance in the roman numeral X, the greek chi, which means not thousand but ten.

cheramos is a more specific word for caves, crevices, holes, hiding places.

chero has the meaning of robbed, deprived, widowed. Let us recall the more delicate parts of Hesiod 's account of The Beginning (HESIOD-THEO ) when chronos or kronos (the time god or Saturn ) privated or deprived the sky god ouranos of his private parts by means of a scythe or harpae (chero - charpae - sharp - scharf ) , thereby separating the chaea or gaia from her consort ouranos , and depriving her of her lover and making her a widow. (See also: SANTILLANA93 , p. 120-124.) The privated private parts of ouranos fell into the sea, the okeanos , there becoming transformed into froth, and in the course of events fathering the love goddess Aphrodite (aphros=froth) , born of the froth, rising from a sea shell or cheramis . We can assume a sound connection between chero and cheronos .

chloro- means everything green, i.e. the children of mother earth, the plants.

choanon is the hollow form into which molten metal is poured. The sound pattern is the reversal of chao - choa. See the connection to texis .

chnon or choinike is the wheel hub. We find this in Parmenides' text: (PARMENIDES69 , PARMENIDES74, B1, 6 ). The wheel hub is that which does not move while everything around it moves. This has found ample metaphorical use in the Tao Te King and Buddhist teaching about the wheel of rebirths . (See also: LAOTSE) . Further meanings are: axis , center of astronomical rotations , like the earth axis. (See also: SANTILLANA93 , p. 125-126.)

We would make the conjecture that the proimion (opening passage) of Parmenides' work which is framed by the words "hippois" at the beginning and "hippous" at the end has a special meaning. (PARMENIDES74 , B1, 1,21 ->: PARMEN-PROIMION ) Parmenides was not just trying to add some dramaturgic spice to his lecture about "to gar auto noein estin te kai einai" (to know is to be). The connection of whistling wheel hubs and red-hot axles may as well point into a cosmological dimension that we are no more aware of:

axin d'en chnoiesin hiei syringos auten aithomenos doiois gar epeigeto dinotoisin kyklois amphoterothen...
PARMENIDES74, B1, 6-8

chro - has all the connotations of time . The god Chronos or Kronos reigns this semantic sub-field. A connection with gaia or chea is through the word ches or chizo which denotes everything belonging to the past. Appropriately, chrono - belongs to the present moment and extends into the future. chronologia is the connection of logos, i.e. measuring and time.

chry - is connected to gold, like gold the metal. Gold is the material preferably used by Hephaistos , the divine smith and craftsman (tekton). Gold is in all cultures invariably connected to the divine, the heavenly realm. We have a connection to the golden age of which the ancients spoke so often. We might call this age golden because it was under the reign of ouranos , before time had set in, i.e. before Kronos (the time god) had separated chaea and ouranos or heaven and earth. In that age, they were still united and heaven reigned on earth. The sound pattern switching from chry (gold) to chro (time, Kronos) should amply indicate a fundamental shift from the better to the words (actually we wanted to write worse, but as it came out, words fits equally well).

chre - is connected to the earthenly realm of money, commerce, the realm of the god Hermes (chermes ). In a further related meaning, we come to title, name, and character. chre- and chry- converge (or better: cross over) in the word christos .

chreo - is connected to lack of money, need, necessity.

chresme - chreste - is the semantic field of oracles. chresterion is the sacrificed animal (again a connection to christos where we have a sacrificed lamb ).

chrestes is a money-lender. Remark the opposition of chrestes vs. christos as recounted in the New Testament .

chresto - denotes the word field of everything useful, obiedient, honest, sincere, benign, compassionate, meek. For example as a good christian citizen.

chrima and chrisma denotes the semantic field of: 1) honorable: ointment, perfume, 2) practical: whitewashing, painting (as in house painting, not picture), and 3) demeaning: smear, grease, cheat. From this we fall into the word root of the Christian Religion :

christos the anointed, painted, greased, or cheated. Pick the meaning of your choice. There is a strange correspondence between the cherished Christian mythology and the impression we get from the sound field: Christianity always talked about and wished for the recurrence of the Golden Age of humanity, the aion chryseon, with the Christos the pantokrator , as the reigning god of the age. What we see actually happening though, is something falling a little short of this noble aim: Our age is the age of the chrestes : money reigns the world.

9.7.5. The Semantic Field of Gamma
The semantic field of gamma is reigned by the second incarnation of the Mother Earth goddess gaia , ge, or gea (or chaea in her subconscious chthonic or Persephone aspect). Gaia is also called Demeter for "de meter" or mater , mother , mère , Mutter as her name derivations are in the european languages.

ge-, geo- is everything connected to agriculture and land.

gala is the milk (the mother gives), also the galaxis or milky way. (See also: SANTILLANA93 )

gamos is the semantic field of marriage and sexual reproduction. Hieros gamos is the annual celebration of the celestial marriage of the mother goddess gaia with her seasonal consort.

gamelion was the greek month reserved for marriage, between january and february. This was in Greece the time of pre-spring, i.e. when Persephone, the chthonic aspect of gaia re-emerged to the surface.

gaster is everything connected to nutrition, digestion, like in gastronomy, that is the nutritive aspects of gaia.

gaulos is a vessel to contain the gala, the milk. Connected to storage and transportation of goods. In one special meaning a phoenician trade ship.

geito- means everything in the neighborhood.

gena- and gina- gono- is connected to family, descendance, birth, birthday, life-span, generation, genealogy, genitals, genetics. kine- and kinai- are the relations in the kappa field.

gyno- is everything connected to women.

gera- and gero- means everything connected to old age.

The ge-gantes or gigantes are the ab-orignal (ar-chaic) sons of mother earth ge or chea.

glypho- connects us to the semantic field of graphe and gramma. The process is always the same: inscribing or furrowing marks or patterns or forms or morphae into some mother substance or hyle or xyle or ghyle or adamah .

gloss- is everything connected to the tongue and the spoken word.

gnos- and gnom- are related to nous and noos, also to genos via genoma to gnoma, meaning sign, symbol, mark. To know.

The field of gnos-, gnosis is reigned by Sophia the mother goddes of knowing .

graphe or gramma derived from the process of inscribing or furrowing. Grammar, science, learning, documentation.

grammata are the written characters of the Alphabeta. See the correspondence with stoichea . Plato talks in Phaidros of the grammata as the shadow pictures of the living, animated logos.

griphe is a riddle, related to gryph- and kryph- (krypto).

gorgo is the horrible aspect of ge . In the hindu pantheon this is Kali . gorgyre is a subterranean prison.

goni- is everything connected to angles. The connection to gyne- will be visible to everyone who knows the old sumerian ideogram for woman. (Unfortunately not available as character under Windows.)

The gamma semantic field is completed, with gyros, the circle. We will see the connection of gyros and kyklos.

9.7.6. The Semantic Field of Xyle or Hyle
hyle (wood, building material, the famous term used by Aristoteles in his philosopical meaning) is sound-related to xyle, which also gives rise to a whole collection of words all dealing with wood and woodworking. From there we come to our word stylus.

The connection goes on: xiphi- and xiphe- denotes everything connected with steel as in sword, dagger, but also steel tools. xois is a wood carving knife. xyale also denotes a carving knife. Here is also the connection to the writing tool stylus.

The root xes- concerns words that deal with polishing, roughing, scratching, engraving, and all sorts of surface finishing. Here we come in close semantic proximity to the already known root of graphe- and gramma.

xoanon means a woodwork wood carving, also an idol.

xyro- is the root for everything connected with cutting hair. Interestingly enough, the well known expression of the sword suspended from a horse's hair finds its etymological roots here: "epi xyrou histatai akmes". "It all depends on one hair", "by hair's breadth". Everyone who already has experienced a close shave will find some meaning there.

9.7.7. The Semantic Field of Kappa
This semantic field of kappa is extremely varied and it is not really possible to adequately display the twisted webwork of its many intertwined semantic threads in any other than graphic display. There are many connections with the chi and gamma sound fields as is to be expected.

There is a whole field of roots that spell different but have similar meanings of hollowness, roundness, and emptiness. This gives a strong semantic connection to the chaos and chthon sound field. kaetos derives from chaetos-chthon and means a large monster in the sea, like Leviathan.

keno- keneon ( -> chnon, -> choanon), are roots connected with emptiness. kados, kaddichos (hollow measure), kaiadas (gaping hole in the earth).

kong{e/os} a hollowness and roundness, hollow shield, sea shell, like cheramis used for ladling water. Modern language derivations are conch and concha. koilos is likewise a hollowness, a cave, or a bay, likewise kotyle.

korone and koronis are connected to crown, ring, corona, German: Kranz.

kosmos means not only the cosmos, but also order, arrangement, decoration, embellishment, laud(atio).

The sound field of ky- contains a whole collection of relations. The reigning root might be kyklos, cycle or circle. It has many connotations, like wheel, cyclic movement, yearly seasons, the celestial vault or globe. kyllos is everything bent, round. kylindros is the cylinder. kyle is a cup, bowl, beaker. In German, there are the words Kuhle and Kelle bearing a sound relation.

kytos (<-> kotys), kyttaros, kyphella have a strong connection to keno, hollowness.

The root kym- is equally rich. Here we find many words related to waves. kymbaton is a wave, kymaino means making waves. kymbe, kymbalon is a cymbal, i.e. a (hollow) metal bowl that makes sound waves. kymbos is equally a hollowness or a bowl. Hollowness and roundness semantically connect the kyklos to the kymbo-, i.e. waveness.

kyo- means pregnant, mentioned in Hesiod's theogony (HESIOD-THEO ). Here we connect back to chaia and gaia. kytokia is birth.

koima means sleep, sleeping together, (in the Indian language: kama), karos (deep sleep, ~ of death) and koma (sleep of death).

koi- (switched io-sound from kyo) means everything connected to the nuptial bed. koitos is the root of koitus, not, as is falsely assumed, from the Latin co-ire.

kinai means lust, i.e. the agitated movements at the occasion of the koitos, which leads us into the next field of kine.

kine- is connected to everything moving. In Aristotelian and Scholastic philosophy, the kinesis is the distinction of life. In Timaios 52d to 53b, Plato talks about the kinetic device to mix and separate everything in the creation of the kosmos.

kinion is a spindle, leading to kloste (thread), klosma (web, thread), and finally klotho, the goddess of fate who spins the thread of fate.

kadmos is the sound connection to adam and kedem .

9.8. Human culture before history: The Age of Aoidoi

@:AGE_AOIDOI
Prior to the age of civilization that began about 6000 years ago, there is no clear historical consensus what existed (and where) in the period starting with the Neolithic Revolution around -12000 ending at the onset of the first civilizations -4000. In those 6000 to 8000 years, all the inventions and developments pertaining to culture had been made.

9.8.1. Distinctions between Civilization and Culture
The following discussion rests strongly on the distinction between what is called "civilized " and what is "cultured ". Now how these two interesting terms are to be defined, is probably up to a lot of discussion among different schools and different philosophical outlooks. I do not want to get embroiled in the controversies inevitably ensuing from stating it one way, and having a hundred people come and telling me that I am an idiot because I didn't use their definition. "Cives " is the latin term for the citizen , or state subject , of the Imperium Romanum . It is therefore a quite late invention, and something has to be found that also covers all the state subjects of the civilizations of Egypt ian and Mesopotamia n origin, not to mention the Chinese , and perhaps those of Mohenjo Daro and Harappa , or of Minoan Crete , or the Pelasgian cultures. And where will we put Catal Hüyük ? The more we go on digging in the past, the more cases we will find, where it will be hard to find the true-and-only dividing line between civilization and culture. I will therefore try to give a naive overview that illustrates the point, and try to give a list of features that will roughly serve for the distinction:

"Cultured " are called people who have
- plant and animal domestication
- pottery
- spinning, weaving, knotworks, ropes
- woodwork
- tools and specialist manufacture for objects of daily environment
- trade
- rituals
- dance, song, poems, lore
- instrumental music and rhythmics
- decoration on their bodies, objects and buildings
- an elaborate system of knowledge and cultivation of the transcendent, commonly called
a religion, together with architecture or landscaping devoted to the purpose.

"Civilized " are to be called those cultures who are using:
- script [141]
- hierarchical organization of specialists and bureaucrats
- permanent settlements [142]
- monumental architecture, and
- deployment of human waves in armies and labor camps.

It becomes apparent that most of the attributes of "culture" with the exception of pottery and architecture are of highly perishable to extremely ephemeral nature. Since a song or a dance or a poem will not leave the slightest archeological remains, such entities are hard to document for the archeological study of ancient culture. We also find that we have almost no handle to call any people "primitive". This should be a reserved term that is to be withheld until no evidence at all for any of the above cultural traits can be furnished. There is a difference between "primitive" and "barbarian", and as Neiryinck indicates, a highly civilized people can be quite barbarian.

Some features which would usually be grouped under "civilization" may be much older than commonly assumed: for example Metallurgy, Mathematics, Astronomy, and Navigation.

Metal has been used probably from the earliest beginnings of humanity. Whenever pieces of raw copper, silver, or gold could be found, they were hammered with stones and used for a purpose, if mostly decorative. Meteorite iron was quite common in different places, like the Sahara, und was therefore also used very early. There is only the difficulty to prove that. The extreme scarcity of metals before the advent of ore smelting prevents archeological remains. No one would have thrown the tiniest scrap of metal away, but it was handed down countless generations. Only in the bronze age, when metal became more common could people afford the luxury of leaving it in the graves of their dead to be found later by archeologists [143]. Once pottery is available, the oven technology for metal smelting is there too. This is why we can speak of a metal age from that time on. Metal use is then only a question of access to ore deposits or trade routes.

Mathematics and Astronomy must have certainly been used when megalithic cultures erected their monuments. SANTILLANA93 advances the theory that precise astronomical and mathematical knowledge must have been present from the earliest ages on.

Navigation is probably also much older than we think: High-sea navigation is a question of two factors: astronomical orientation (refer to the above paragraph) and sea-worthy vessels (which can be made with very basic technology, as Heyerdahl has shown). The presence of Tuna fish remains in neolithical refuse heaps forces the conclusion that there must have been seagoing boats to go where the fish are caught: Out in the open seas.

9.8.2. Aoidoi, Rishis, Nabijim: The Oral Memory-Bearers
The best common denominator of this period of humanity between -12000 and -4000 is what it had not: script. Therefore we could call it the age of non-scriptural transmission or shorter: The Age of Aoidoi. This is how the story tellers, bards, poets, seers and prophets were called in ancient Greece. Each language group had their own name for them, and they were present in every culture. In India, they were called the Rishis, in the Semitic countries, the Nabijim. We are in this text using the term aoide as generic, for all the bards, seers and singers of all cultures of that forgotten age.

Caution! It has to be mentioned here again, that the following discussion touches on some heated controversies of the philology community. It is dangerous to meddle with the accepted academic consensus about Homer, and therefore, there might be violent emotional reactions to the following. See ->: ONOMA_SEMEPHON, p. 369.

The aoidoi about whom most people will have heard before are Homer and Hesiod. They were the last exemplars of this vanishing species of cultural-memory-bearers, relics of the preceding oral era, who died out quickly after writing culture emerged in ancient Greece about -800 to -700. Their special deed was to have preserved a good part of the lore circulating in ancient Greece by translating the formerly oral material into the newly invented alphabetic script. Havelock's writings contain many details on the technological aspect of the alphabet, and its value to preserve the ancient verses quite accurately so that they survived the next 3000 years in the books and archives long after human minds had become too feeble or too occupied otherwise to carry them in living memory.

9.8.3. Culture before the Advent of Civilization
Since about 1960, considerable material on cultures before civilization has been brought about by workers like James Mellaart in Catal Hüyük from about -8000 to -6000 (MELLAART) and Maria Gimbutas in the "Old Europe" cultures situated in the Balkans (GIMBUTAS), especially the Vinca culture dating about -6000 to -3500. The rich findings prove that these peoples had evolved a very high level of culturization, with exquisite art and craftsmanship that required extensive division of labor. A strong prevalence of female idols and fertility signs has prompted researchers to assume that these cultures were mostly matristic in orientation. The Vinca culture displays a wealth of objects marked with symbols that bear a certain resemblance to Minoan Linear A and old Phoenician script. Before there is a definite (and quite impossible) proof that these symbols have been used as script, they are regarded by archeology as ornaments (HAARMANN).

9.8.4. The Memory Technology of Pre-scriptural Culture
The cultural attributes listed above were handed down and evolved from the beginning of the neolithic over 300 generations, that is 6000 years spanning the whole age of pre-civilized but cultured humanity. That this tradition was at countless occasions locally broken, uprooted, or dispersed by natural desasters and invasions with consequent loss of population has no consequence to the overall continuity that can be observed in the whole mediterranean and near-eastern theater. As Mellaart noted: Once a cultural invention has been made, it will remain. The fact of a 6000-year tradition without the written record poses some exciting challenges for a project of reconstructing and re-engineering the informational requirements and implementation of such a persistent cultural memory system based on the human mind solely. This is the motivation for the present work. The transmission involves all sorts of mechanisms which can be classed in three domains:

1) Language, Voice, and Melody, Song, Instrument Music and Rhythm (Drumming).
These mechanisms are ephemeral and could only be kept in living memory before the advent of scriptural and technological recording mechanisms. They had to be handed down from person to person.

Epic or Aoide tradition, metered verse:
hymns, epics, poems, sung and transmitted by professional bards or Aoidoi
Prose: fables, fairy tales
Games: for adults and children
Jokes, riddles

Songs: There are special songs for all crafts and professions:
workers, sailors, hunters, warriors and soldiers, priests
as well as for all occasions:
festivals, ceremonies, rituals and daily and seasonally recurring works like planting, harvesting, building

Rhythm and Drumming:
African Cultures have a drumming rhythm for every occasion. When coming to a village it is possible to hear from miles away what kind of event is taking place.
(See also: FLATISCHLER-RHY)

2) Non-vocal ephemeral body cultures (like martial arts, and dance), transmitted through the master-apprentice system.
Healing
Many physical skills are hard to impossible to put into words so they are still today transmitted the same way they always were.

3) Arts and Crafts Tradition, transmitted through the master-apprentice system.
These mechanisms involve non-ephemeral stages.
The objects created can serve as information carriers.
Ornamental encoding are more than purely decorative. Patterns found on the wall paintings of Catal Hüyük showed up unchanged on Anatolian Kilims woven 8000 years later (MELLAART-GOD, Illustrations H). This exemplifies well the extreme durability and persistence of non-scriptural transmission even in the face of greatest adversities.

Buildings and Monuments used as long-term storage information mechanisms.
Much ancient monumental architecture served a double function encoding e.g. mathematical and astronomical knowledge. Most famous: Maya architecture, Stonehenge, the Great Pyramid. Unknown to archeology must remain all architectonic constructions that were made of live material: gardens, orchards etc.
There is enough information on gardening art in historical cultures to let us infer that this did not spring out of nothing and that there must have been an equally rich tradition preceding it in prior ages.

In this picture, the epic tradition represented by the Aoidoi is just the tip of the Iceberg. The hypothesis developed here is that the material cultivated and transmitted by them served a specific function, and had a different cultural value than the other categories. Therefore, the Aoide tradition is used as representative of this era, a sort of "Leitfossil" in the study of archaic memory systems. A possible and hypothetical scenario of a society based on the Aoide memory structure is given in the Chapter: "The Cultural Memory System of the Aoide Era"

Most of the transmission mechanisms listed above are still with us, active and successful, even if pushed to the fringes by societal pressures and power structures. They are usually not among the skills that are compulsory subjects in the public schools. Up to about 200 years ago, the greater part of humanity still lived mainly under the influence and direction of oral tradition. Even where there existed script based power elites, rural society was largely oral. All tribal cultures of Afrika maintained this tradition which is just today becoming extinct.

9.8.5. Vedic Brahmin Culture: The Greatest Oral Tradition
@:BRAHMIN_SCHOOL
A similar picture is presented by the large coherent Brahmin culture of India. Although script has been in mundane and administrative use since about 2500 years, the oral tradition of the holy songs and epics of Veda and Upanishad was insured by religious injunction. It was considered desecrating the holy songs by committing them to writing. Brahmanic oral memory technology is to be noted among the greatest achievements of mental training of all human history. Brahmins could memorize whole volumes of hundreds of thousands lines of verse, faultlessly, up to the minutest detail. The british colonial regime succeeded to destroy the brahmin education system in the 18th century [144]. India has never since recovered from this cultural lobotomy.

It is interesting to note the the brahmanic tradition sets the beginning of the present age, the Kali Yuga (the iron age in greek mythology) with the death of the Avatar Krishna, and the great battle of Kurukshetra which is portrayed in one of the greatest works of the oral tradition, the Mahabharata and the Bhagavad Gita. This mythical event is to have happened 5200 years ago. Even though scientific dating has allowed a maximum probable date of -1600 for the indo-european invasions to India and subsequent cultural turmoils and battles, the mythological date is quite exact in another way - it coincides closely with the the end of the age of pre-literate humanity, the age of Aoidoi and Rishis, the end of the culture of oral tradition, and the rise of script based civilization.

9.8.6. The Omnipresence of embedded Ontologies
The forces that shaped modern european languages are to be found 2500 years ago in the development of greek language. The semiotic decisions and developments made between the time of Heraklit and Anaximander about -600 and the time of the Alexandrinian library became the foundation of the whole of western thought structure. They filtered directly into Roman Imperial Latin, the language of Cicero and Horaz, and from there into Church Latin, the Scholastic Age, and from there, with incorporation of the wisdom of the Byzantine Empire in european Renaissance thought and finally the thought systems of modernity: Bacon, Galileo, Copernicus, Newton, Descartes, Leibniz and Kant. The apparent diversity of european languages makes us forget that the underlying world models, their built-in ontologies, are extremely uniform. Because it is so all-pervasive, it is extremely difficult to separate out the determinants of this world-system. Kant's Critique was only the last of a long series of efforts to sort them out in a set of universal categories and arrive at a base that is not determined by the indo-european graeko-roman thought structure.

9.8.7. The Mental Structure of the Age of Aoide Cultures
When we want to deal with the mental system of the pre-scriptural era, we have to do just that. And in the process, we might trip and fall, get lost in wrong turns and dead ends. This is a risk that has to be taken if we want to leave behind the thought frames that have supported our cultures since 6000 years. It is important to note that even our expression "thinking" may be misleading here because the type of mentation typical for those other cultures may be of a quite different, and maybe even uncomparable, mode than our contemporary mental organization.

9.8.8. The Cultural Memory System of the Aoide Era
When we are focussing on the cultures preceding civilization: The culture of Catal Hüyük, discovered by James Mellaart, the "Old Europe" cultures known through the work of Mariam Gimbutas, the Pelasg ian cultures of the northeastern Mediterranean, and the Megalith Culture spanning all of Europe. To mention all these cultures in one breath may cause some archeological protest. What do they have in common? Let us try to sum it up: They experienced a fairly high level of cultural well-being with very low grades of centralized authority and organization, and had no (decipherable) phonetic script [145], that is, they relied heavily on oral tradition as cultural memory mechanism. What we are arguing here that in this oral tradition is a possible [146] cultural substrate, organization and stabilization process that was extremely efficient and enduring, kept culture alive and happy for at least six millennia, and that we as humanity have a lot to learn from what they created - even if the intervening script based civilizations did their best to eradicate and destroy all and any remnants and memories of the earlier era to the last vestige. They did not succeed completely. An old Taoist saying states that the more you try to forget something during the day, the more persistently will it reappear in your dreams during the night.

To understand Aoide thinking, to understand the underlying memory system base of the epos, it is advisable to suspend what we might have heard about greek or other mythologies before. We should forget the stories of mythology, of brave heroes, of fidel and infidel wives, of gallant elopers, of all the fairy-tale ideas of the Greek pantheon of partying, gossiping, fornicating, and fighting gods. Let us consider this is as convenient cover-up, as the meat, but not the bones of the message. Let us look at the story from an information processing view. We all know that there are certain subjects that people will not easily forget: blood and gore, daggers and dungeons, romance and love. We only need to watch TV today to find that the old subjects are still popular. Human nature hasn't changed much in all those millennia.

Now it is possible to encode a different material in this cover-story material, to be decoded only by specific people, some sort of archaic public key method. It is quite possible to think of some sort of modulation technique by which one could vary certain elements of a story, which would be very innocuous to unsuspecting outsiders but very significant for those who know.

9.8.9. The decentralized, networked cultural memory Carriers
The Aoide had a vital function to fulfil in archaic oral cultures: They were the decentralized, networked cultural memory carriers and processing service for the whole culture. There was no culture without them. They were called by different names in different places. They were not only singers and poets, but also prophets and seers. In the semitic lands, they were called Nabijim, and through their recountings was originally formed the body of lore that is today known as the Old Testament. In ancient India, they were called the Rishis. In Europe they were bards, troubadours, and so on. In the decentralized networking structure of a rural society where message propagation speeds are mostly limited by the leisurely pace of a man walking from one village to the next, and the message packet carrying capacity limited to what he deems worth remembering, there is a very specific outlook on what is regarded as news. We could say that this kind of messaging system limits itself to relaying news that will stay news - as it was once coined by Whole Earth Review (WER).

In such a society the only people traveling regularly were the traders and the Aoidoi who were often traveling with them, being welcomed on board a ship, or with a caravan crossing the empty reaches of Central Asian steppe between China, India, Persia and Syria [147]. They were a much sought-after source of education, information, and entertainment, in about this order of precedence. Every few years a local noble who had some money to spend and some wine [148] to offer threw a big party, and took care to make it known many months in advance. There were always a few Aoidoi on such events, and it was among them that much of the action of the feast occurred. While they were recounting and interrelating their stories and chants, contesting for the golden bough, the equivalent of the poet laureate today, or the prize of the golden ring, the prettiest woman from the audience as willing consort for the night, they educated and entertained the audience, while at the same time refreshing and re-organizing their personal store of knowledge. By this the body of lore accumulated over the centuries grew, was modified, changed, renewed. It changed on a very leisurely pace of maybe ten verses out of ten thousand in a hundred years. But if you add up two or five thousand years of story telling and chanting, you will get the picture of a quite vividly evolving information culture. People were in no hurry then. You will easily see that the body of mythical lore accumulating and renewing over these thousands of years was not controlled by the conscious decision of any one of its bearers, the Aoide, since the changes were not even noticeable during the lifetime on any one of them. Nor was it controllable in the first place. It is not very likely that one of them might have sat down and re-edited and re-formatted his story. There were no word-processors then. Only after writing was invented, and specifically, alphabetic writing, could such a thing have happened. The big historical debate is therefore whether the one whom we call Homer was capable of writing. If he was, he could actually write down the story and edit it. But before that, it simply wasn't possible. An epic poem is not a piece of linear writing but something where everything is connected to everything else by melody, rhythm, rhyme, meter, and association in a very homeostatic self-stabilizing dynamic structure. It is next to impossible to just take out a piece here and paste it in there. So, there were only very few occasions when something like this happened, and it was most likely to occur during one of these Aoide contests, when excitement was high, and a few improvised well fitting verses might win the prize. The winner was the one who excelled everyone else in melody, rhythm, rhyme, meter, and association. The Aoidoi formed guilds of a sort. The rules of epos were their organization code. What they related were not stories of the usual kind.

9.8.10. The Global Aoide Messaging System
Now, even while one Aoide might not travel very far from the place he was born [149], there was a very efficient way for the messages to travel much, much farther. We should keep in mind that the coding of epics had a very efficient sort of self-stabilizing mechanism as indicated above. This can cross language barriers. We should remember that in the olden times before national states that rigidly controlled one national language opposing another, there were only quite flexible boundaries of dialect. The famous example is China, where it is said that at a distance of 100 Li, people spoke a different dialect but could understand each other fairly well, and at a distance of 1000 Li, they couldn't understand each other any more, even though they both were speaking some dialect of Chinese. Ditto for the large indo-european and semitic language groups in the western half of Eurasia. So it was no problem for an Aoide of one dialect to adopt a story from a colleague of a different, but related dialect. Even if the colleague was from further away, chances were good that they knew to speak and sing a dialect common to both. If the story was interesting enough, it was always worth the effort. By this, a story could travel, at an even slower pace than a man on foot, not only a continent, but the whole globe. 500 years is an appropriate time it took to travel across Eurasia from the farthest East to the extreme West. This is the basic mechanism explaining the curious similiarity of myths all over the globe that Santillana and Dechend are referring to (SANTILLANA).

The tradition survives into modern times in fringe areas of Europe, more of it in Africa, but it has degenerated and long been pushed aside by writing civilization. After writing had supplanted the memory functions of the bards the few remaining ones were employed mainly for entertainment purposes by the noble courts, as we see in the troubadours and the welsh bards.

9.8.11. Aoide Information Processing
We will now look at the phenomenon of Aoidoi from a information processing angle and try to re-engineer the information processing devices they had invented. The information requirements of an oral culture are extremely stringent: To pack everything to be preserved over many generations [150] into packets of verse that must not exceed the limits of human verbal memory. This can be vast. We know of several megabytes that a single Brahmin scholar will recite faultlessly with the exact intonation, duration, pitch and what not [151]. If we measure this in multimedia data requirements, we can easily fill a gigabyte hard disk. The Aoide also has instant random access to any verse and to all the connections of all the verses with similar-sounding, similar-associating, similar-rhyming, verses in the whole epos. If we calculate this up in terms of data requirements for hypertext keys, you will end up with a hyper link data base about ten times as big as the original data. We may now calculate the data access time limits to get any possible connection within the absolutely essential time lag factor of a maximum of 100 milliseconds [152].

9.9. Song as syn-aisthetic technology

@:SONG_SYNAISTHESIS
I will give here a perspective of the role of song and chant in the creation of a super-soul, or collective consciousness that serves to unify individual people in a whole.

9.9.1. The case of ancient Egypt
Ancient Egypt had maybe the longest unbroken endurance of any civilization on this planet, about 3000 years [153]. It ceased to exist as an independent culture around -300. Its cultural stability presents modern westerners with a similar mystique that it already had for Plato. For us it is unimaginable that anyone could reach into a drawer and pull out a list of forerunners in office listing 100 generations or 3000 years, as has happened to greek visitors in egyptian temples. One such incident is reported in Timaios. Even only a period of a tenth, 300 years is an almost unimaginably long time for us [154]. Therefore, it is difficult for us to make a judgement of what this culture represented. Modern opinion about this culture is divided in two opposite and irreconcilable views: The esoteric view, which projects into Egypt a magical kingdom of superhuman, enchanted beings, high priests, princesses, and god-kings, with all sorts of magical powers. No mention of the all-too human conditions like the disease and manual toil that was rampant in ancient Egypt [155]. This view was very prevalent in the Renaissance time, when the Florentine neoplatonic school of Ficino [156] and Pico della Mirandola [157] was florishing, and later the Baroque, like Athanasius Kircher's. After the deciphering of Hieroglyphs by Champollion, it became more fashinable to view Egypt as a place that was managed very well for a very long time with a very conservative attitude, a primitive technology, and held in check by a sophisticated socio-religious system that allotted everyone his place in a very strict and rigid hierarchy. This modern view is voiced by Neirynck: "During the 27 centuries of pharaonic reign, Egypt has formed a stable technical system that was characterized by insignificant inventiveness. Certain technological feats are remarkable because of their dimensions, for example the pyramids. But these were only a systematic and extensive application of very rudimentary techniques." (NEIRYNCK-ING , 130).

Both views may be off the mark because Egypt may represent something that has vanished from our conceptual systems. Let us consider the example of the technologial achievements, for wich our modern society prides itself so much that it regards Egypt as "primitive". Let us visualize the building of the pyramids [158]. A Hollywood movie gives us the suggestion: We imagine a human wave approach magnified beyond all limits: Tens of thousands of workers grouped in small armies of several hundred to thousand each pulling and toiling huge stone slabs weighing hundreds of metric tons, under the cracking whips of their slave drivers [159]. Is this a realistic picture? From historical accounts of slave labor in America, we know that the quality of slave labor is always much inferior to freeman labor. Can forced labor be brought to perform to such an unimaginable precision as is displayed in the paving of places measuring 100 m across, with a height differential of three millimeters? Or the limestone covering of the pyramids which equalled the Inca masonic precision to the point that one couldn't insert a knife's edge between them? And surpassing Inca architecture, the plane surfaces of the pyramid sides were polished absolutely plane, like mirrors. Egypt architecture created the most perfect approximation in a physical structure to the absolute euclidean plane, and the absolute straight line, that any culture on earth before or after, was able to produce. Even though in principle, we could do this today with our modern technology, no one has the money to pay for it. If you had been there to look along the edge of the Cheops pyramid, you had 200 m of absolutely straight visor line leading into the sky. And standing on the top, one could enjoy the sensation of three absolutely straight lines leading from the eye's convergence point into the ground. (Literature: EDWARD-PYR , DORNER-PYR , MENDEL-PYR , STADEL-PYR ).

9.9.2. Stones moved by song
I will now give a totally different scenario, one that is different from the cherished technological preconceptions of superiority and modern cultural arrogance of linear progress, as well as from esoteric phantasmagory. Therefore it will probably be rejected by everyone: The old legends had it that those huge slabs of stone were moved by song (SCHNEIDERM). [160] Now the esoteric view of this might be that some egyptian Orpheus master singer sat quietly beside a stone, sang it a song, and the whole thing began to float in thin air and levitate towards its intended place in the pyramid structure. We don't need to be that naive. But as always, there is a grain of salt in the story. Now imagine those large armies of laborers, not toiling and panting and sweating, driven by fear of the slave drivers' whips, but all united in an overbearing, harmonious chant and work dance: An unimaginably enlarged vision of a sacred mass ceremony, the plain of Gizeh filled by this multitude of people, all united in the service of their highest ideal. Singing together the song of construction. We know very well the shanties sung by the sailors, and how song has always been used to coordinate working groups of people. It is impossible to direct a huge mass of hundreds or thousands of people with brutal methods except for very brutal tasks. But when it comes to inserting a stone slab into an existing structure, this is not the case. This is absolute precision work. If something goes wrong, this can become a catastrophe for those hundreds of people, and the ruin for the whole building.

So, this is an entirely more sympathetic picture of how the egyptians went about the construction of their monuments. They were on the whole, a quite sensuous and life-enjoying culture, who lived as well as they could, and not letting their living life being spoilt by their preoccupation with the afterlife. (ASSMANN-STEIN )

How can this be proved? An approach to this would be in the analysis of the Hieroglyphic inscriptions that are always present when large working groups are shown. Commonly they are interpreted as speech. If we can detect meter or rhyme in them, then we will have a strong case for song.

Mendelssohn gives some more important details on the possible societal role of the pyramid building in early egyptian civilization (MENDEL-PYR, 129-136 ). Most pyramids date from the Old Kingdom (c.2686-2181 BC). At a very basic and superficial level the pyramid building craze can be interpreted as the symbol of the hybris and self-aggrandizement of the Pharaos. The interpretation of Pyramids as Pharao graves is today most prevalent. But there is a problem with the dating of the buildings. All the data indicate that the pyramids were not successively built one after the other, but while one was under construction, the next one was begun. And some Pharaos built several pyramids. This may give an indication that pyramid building was some sort of Pharaonic "Reichs-Arbeitsdienst" keeping the grown population of Egypt occupied while they had nothing to do in the flood season. Mendelssohn indicates that there is a very important economic reason why a new pyramid had to be started while the one under construction was nearing completion. Because of the difficulty of moving the material up the last third of the height of the completing pyramid, and because ever less material was needed, the work force had to be drastically reduced for the building. That would have had severe economic and social consequences, leading to worker unrest. It has to be added that a huge army of 100.000 men assembled in one plain is absolutely uncontrollable by force with the weaponry available to Egypt military at that time. Bronze weapons and armor were introduced much later in Mesopotamia, and never used by Egyptian military. And the Pharaos surely couldn't use the same population twice: Once as workers and the same time as military. So there is no other possible way to see the phenomenon, than this way: everyone was there, because he had joined the party on free will, and if not entirely so of his own will, then because he had been sent there by his folks in the home village. Other inscriptions on the huge stone slabs indicate that there were local working groups, doing their work, and these inscriptions bear the mark of pride and honor of the great work and deed done. So, we may interpret the egyptian pyramid building adventure as the great deed of honor and accomplishment that served to weld the whole of the egyptian population together as one unified nation and culture. And this may be the main secret why Egypt was able to stay united for the next 2300 years to come. After this was accomplished, one didn't need to build pyramids any more.

9.9.3. Technology and modern Egypt
Ancient Egypt had managed her fertility well for 3000 years, was able to feed its population, and could divert an enormous percentage of gross national income to the utter luxury of covering the whole country with so many stone monuments that even 2000 years of marauding and wanton destruction have left enough for us to keep us in suspense for sheer admiration. If we were to track the economy of ancient Egypt, our modern day economists would sink beneath the ground at the level of efficiency on which Egypt operated to afford all those stone monuments. If this 3000-year building craze siphoned off 50 % of yearly GNP, it still didn't lead into immediate state bancrupcy, as similar such happenings always produced in european countries within 30 or 50 years (see France's Roi Soleil programme, which led straight into the French Revolution). No, the thing continued for 3000 years unbroken, which means that it was economically sound, to say the least.

Now let us look at some marvel of our modern technology that we are so proud of, and that we feel so superior about, when we compare ourselves with ancient Egypt:

"The consequence of building the High Aswan Dam in Egypt. Completed in 1970, this dam on the Nile was designed to produce electricity and increase the supply of water available for year-round irrigation. The technical goals were clearly attainable, but long before construction started, at least one ecologist (Raymond F. Dasmann) pointed out some highly probable and highly undesirable consequences of controlling the flow of the Nile completely. Unfortunately, nobody was listening to ecologists in the 1950s.
What ensued turned out to be worse than feared. A brief review on the consequences - not to be called side effects"! - is worthwile. First, the perpetual wetting of irrigation channels made possible by the new dam favored the survival of snails and their parasites, thus augmenting the human toll of schistosomyasis, a seriously debilitating disease in tropical countries. In addition, throttling the flow of the Nile into the Mediterranean stopped the deposition of silt in the delta, a process that had been making new farmland for centuries. Now normal erosion by the sea results in actual loss of previously deposited farmland. Unforseen was the effect of decreased river flow on fisheries in the sea. The shrimp fisheries of the eastern Mediterranean, deprived of their yearly gift of nutrient-rich flood waters, have declined 97 percent. This has been hard on the fishermen. But worse is to come.
For five thousand years agriculture in the Nile Valley flourished because of the yearly deposition of a millimeter of rich silt during flood time. Fron now on that missing gift has to be compensated for by expensive chemical fertilizers. Moreover, without the yearly flushing of the soil by flood waters, salt will accumulate and eventually ruin the soil for farming. In probably less than a hundred years, five thousand years of successful agriculture will be brought to an end. Such a disaster deserves a more evocative name than "side effect."
HARDIN85, 54

To complete the statistics: In another 20 to 50 years, the accumulated millions of tons of silt in the Aswan basin will have filled it up, so that the turbines will clog, it will not give any more electricity nor water. Then Egypt will be ruined for good and for ever. Thanks to modern technology. Not very much more needs to be said about the superiority complex of western technologists when they look down at "primitive ancient Egypt".

9.9.4. Song in war and peace of folk traditions and tribal life
We need only to collect all the ancient myth and lore to complete this picture. Warrior songs were an essential part of the picture. Not without a reason is the great homeric epos of Ilias a war song. And if we read the Rg Veda, and the Mahabharata, and Hesiod's Theogonia, we are transported back to an immense archaic battlefield of titanic powers. Every culture had these warrior songs, from the american Indians, to the germanic Berserkers, to the Vikings, to the arabic Jihad warriors, to the hymns chanted by Cromwell's Ironsides when they smashed the royalists. There are only one or two places on this planet that I know of which didn't seem to have partaken in this habit: Catal Hüyük and the ancient Pelasgian and Minoan Crete cultures. But it is unlikely that they were able to get along entirely without warriors in their age and world.

But song is also widely used in peaceful and industrious settings: The Shibipo women in Peru are famous for their large pottery vessels that are painted with intricate patterns. The vessels are so big that when two women are working at painting one, they can't see each other. So what they do to coordinate their work, is to sing a specific song. And the outcome is that the pattern will be complete and unbroken, without any prior drawing or design sketched out.

9.9.5. Song in traditional carpet manufacture
The same can be found in traditional tribal carpet manufacture of Iraq and Iran. Here, the workers, women or young girls, are working to a song. The pattern of the carpet is determined by the song. Any slight change in the song is reflected in the change of colors and patterns of the carpet. So while knotting the carpet, the children get to learn the old songs, and have incorporated them into the visible and durable pattern of the carpet when they are finished. This has at one time been an ingenious mixture of school and production. Only when capitalist methods came to those places were the children exploited as working machines, to produce and produce until they became blind. But the well-intended outcry of the civilized western buyers of these carpets has only served to throw out the baby with the bath. Now the children cannot learn these songs any more, and they get lost to humanity. And adults are not suitable for the fine knot-work nor for the songs. [161]

9.9.6. Computer analysis of song in the archeological record
Even though there is little chance that we will ever find an archeological equivalent of a tape recording of songs of ancient cultures, modern computer tools allow us some kinds of high sensitivity data analysis that were unthinkable a few years ago. For example the analysis of pottery ingravation marks. This goes as follows: The arm of the potter who is marking a vessel turning on the pottery wheel, is in the same way sensitive to body vibrations as is the receiver of an Edison phonograph. While the potter is inscribing a pattern into the pot with a stylus, the whole system acts as a kind of frequency recording device. So we will certainly see a coupling of the heart beat of the potter inscribed as miniature oscillations (or micromodulations) of the line drawn by the pottery stylus. When he or she sings and speaks, these micromodulations of the geometrical pattern of pottery ornaments will be equally preserved and are now detectable with a computer. Any other free-hand movements, like the painting of surfaces, can also yield such traces of modulation.

9.9.7. The unbelievable story of musical staircases and spiral labyrinths
This would probably make the Guiness book of records as the most brazen archeological lie that anyone would ever be able to dream up. I would never have believed it myself, if it hadn't happened to me. Interestingly, the thing was described almost exactly in Douglas Hofstadter's "Goedel, Escher, Bach" (HOFSTADTER79, p. 120 ): There he talks about Achilles wandering around in the dark in a place that makes all impression of being a spiral labyrinth with some peculiar groove marks on the walls. While he is fumbling his way through this labyrinth, Achilles lets his walking cane graze over the surface of the wall. Suddenly he hears a music. He realizes he is walking in the grooves of a record. This is nice in theory, but difficult in practice, because of the uneven rhythm of the gait of someone walking on even ground. But if you change the experimental setting just a little bit, then it might just be workable.

Let's see about the application in reality. I experienced this on an island of the Canary Group. There are paths in the mountains of these islands that look like they are dry ravines. Winding, narrow, covered with big stones, leading from nowhere to nowhere. Only the regularity and even layout of the stones indicates that this was not just accidental water force that placed them here. Remarkable is that the gradient of descent is very uniform. While I was walking down one of these paths, I had a big stick, about 2 metres long, in my hand. I soon realized that the gentle pull of gravity on my body removed all the effort of physical exertion that is usually connected with walking. The slope of the path did the walking for me. Then I realized that the stick developed a kind of life of its own, the stick and my body formed a coupled resonant system, as one would say in physical language. Then comes the trick. The underground of the stones had a kind of reverberant property [162]. And every stone made a different sound because of the different size. So, believe it or not, while I was walking down that path with my stick dancing beside me without my wilful control, it hit upon those stones in a regular rhythm and played a melody. One could call this a geological xylophone [163]. Would you think this was just an accidental trick of nature? The strange "coincidence" why I was able to get the effect at all, was because I had read that the aboriginial inhabitants, the Guanches , who had lived on these islands before the Spaniards exterminated them [164], had always carried along with them such long sticks. Supposedly to catapult themselves over the many cracks and crevices of these jagged islands. I therefore had gotten me a stick just like theirs, to try out the catapulting trick. Unfortunately that didn't work out too well, but the stick came in handy, as you have seen. What do you know? I always believed that just because people live in the stone age, they don't necessarily have to be brutes. And you only have to read those stories of amazement and wonder that the spanish brutes related about the beauty and almost divine gentleness of the Guanche priestesses. Of course those girls were not all killed right away, but raped into the spanish matrimony of their captors, and had children from them, so that one can say the Guanches were not totally exterminated...

For a more complete account of the story, see: ->: ERD_MUSIK, p. 352

Yes, and before I forget it: On these islands still exists the tradition of "el silvo", a peculiar whistling language that people use to "talk" to each other over distances of over one kilometer.

9.9.8. Song in religious setting
Hymns and chanting have since time immemorial been intimately connected with the religious setting. Here the application of the synaisthetic technology of song had reached its ultimate heights. Here we may list the architectonic reverberatory wonder of the great gothic cathedrals [165] which served as resonance body for a huge mass of several thousand people all assembled in this space, and being lifted on the unification of their breath vibrations as they chanted. They were carried on the wings of their spirituality into heights that were never before, and never after achieved again. This may be one reason that so many of these magnificient buildings sprung up in such a short time on a continent that could muster much less coordinated resources than ancient ecypt could almost 4000 years earlier. The acoustic properties of cathedrals as reverberatory bodies have never been studied, to my knowledge.

It is therefore informed speculation that the unification of such great masses of people could be achieved with architectonic constructions that had the kind of reverberatory characteristics as the cathedrals. By necessity, this technology had to be forgotten as soon as it was invented, because it was too dangerous for the curch power structure. Because the people were too close to realizing that it was not some distant word of god shouted down at them from the pulpits, that lifted them into these spiritual heights, but their own breath and chanting, that unified and amplified them in their divine super-soul. Very soon, several modifications were introduced in the cathedrals, wooden chairs and architectonic embellishments, so that the acoustic characteristic of these light-and-sound domes was destroyed. The material of the windows was important, too, and what influence the gothic glass art had on the acoustic side, has never been even imagined. Nowadays, the windows are made with steel frames, and not with the old construction which involved lead and other supporting materials. Steel was impossible to get in those times, and iron was very expensive [166]. I suppose that the supportive material of the windows was bronze.

9.9.9. Cathedrals as forerunners of hypermedia technology
We can see the cathedrals as a very specific and very impressive forerunner of current hypermedia and virtual reality visions. The colored glass windows, the constantly moving views and perspectives of the pictures the people perceived while wandering along the floor labyrinths [167], and the reverberations of the space provided for a suprasensory atmosphere that was by far more impressive and all-encompassing than anything we will get with our modern computer technology for at least 20 to 30 years to come. Looking into the peephole of a computer screen, or into the goggle viewers of a VR helmet seems to be ridiculous compared with the overbearing sensory input that was given by the cathedral.

Somehow, the mechanisms of church power structures necessitated that the center of control stayed always with those on the right side of the barrier. So the reverbaratory characteristics of churches were designed toward the principle of acoustical lens, and the pulpit was located at its focus. Here the preacher could be heard equally in all the building.

Gregorian chant was cultivated in the monasteries and has produced another example of the highest refinement of spiritual culture (aka synaisthetic technology) of humanity.

Much of the spiritual power of christian apostolical groups can only be understood through the group experience of chanting. Baptists, Adventists, Mormons, and many others widely practise mass chanting events where several thousand people convene.

When the organ was invented, finally those huge spaces of churches could be filled by a mechanism that was controlled by one person only, and the difficult coordination of hundreds of human voices became less of a problem. This is where the high art of Johan Sebastian Bach sets in.

9.9.10. Song as instrument of authoritarian domination
Finally, and to the unhappy end, we find the desastrous application of the synaisthetic technology in the brutal hands of dictators and mind-warpers. Germany had been the scene of the first large-scale application of the synaisthetic technology of song as Geheimwaffe. "Ein Volk, ein Reich, ein Führer", that was not only the application of radio technology as carrier of Goebbels' propaganda lies, of radio technology coordinated Blitzkrieg Panzer attack tactics, and of the industrial war mobilization of a whole continent. It was also effected by the unscrupulous application of the ancient knowledge, that if you let a great mass of people sing and chant together, they will form a super-human collective organism. Beyond the immediate desastrous effects of leading a whole national culture into ruin, it had an even more devastating effect, because collective song was considered from now on as hideous, and dangerous. Unfortunately the intellectuals, who were not affected as much by the power of chanting, because they were too deeply wrapped up in the verbiage going on in their heads, saw only the hideous effect that was perpetrated with this technology. A quite fitting account of this is given by Konrad Lorenz: "To sing along means to give the devil a chance to come in [168]". (LORENZ-ABB , 188). This unfortunately served to throw out the baby with the bath. Collective song was banned from official culture in Germany, and its powers were forgotten as best as one could in the general cultural amnesia of post-war Germany. The problem is, as usual, that because you can do a lot of damage with the application of a powerful method, this doesn't mean that the method itself is bad. I believe that humanity will have to recover the spiritual values of song out of dire necessity.

9.10. The mentation modalities of sounding and moving visual images

@:HARMONICS
In the very clearly defined application of the Symbolator , we need to get a basic theory of how visual symbols are to be connected in a systematic way to sound. We can also say: What is the nature of sound images? We need to have a symbolizing system that can be heard and sung as well as seen and sketched. There must be a direct transformation between the visual images and the sounds. The meaning of syn-aisthesis is that the main senses, visual and auditive must be able to participate evenly. As it was stated in the introduction, we are now about to discuss the mentation modalities of sounding and moving visual images.

Now we are ready to enter into the realm of the Timaios question posed in the beginning. Let us repeat the citation:

9.10.1. The Timaios question
meignys de meta taes ousias kai ek trion poiaesamenos hen, palin holon touto mouras hosas prosaeken dieneimen, hekastaen de ek te tautou kai thaterou kai taes ousias memeigmenaen. aercheto de diairein hode. mian apheilen to proton apo pantos moiran, meta de tautaen aphaerei diplasian tautaes, taen d' au tritaen haemiolian men taes deuteras, triplasian de taes protaes, tetartaen, de taes deuteras diplaen, pemptaen de triplaen taes tritaes, taen d' hektaen taes protaes oktaplasian...

And when he had made the three into one, he divided this whole into as many parts as was appropriate, and each of them was a mixture of "the same", "the different" and "the substance". And he began to divide thusly: First he took one part of the whole, then double of the same, as third he took one-and-a-half of the second, it being thrice of the first, and as fourth he took the double of the second, as fifth thrice the third, as sixth eight times the first, as seventh twenty-seven times the first...
Timaios, 35b-c, PLATO-WERKE , Vol. VII, engl. transl. A.G.

The Timaios question has specific application for the Infrastructure of Represesentation. In the view of the pythagorean system, as it is described in Timaios, we find a model that can serve as powerful metaphor for the auditive part of our multimedial synaisthetic symbolization system, the Symbolator.

9.10.2. The Universe as Sound: The cosmology of harmonics
I want to express my thanks to Peter Neubäcker who organizes the "Münchener Arbeitskreis für Harmonik". He has provided for many years the opportunity to meet and have discussions with the leading harmonics researchers in Germany and Austria. Harmonics is now almost forgotten, or at best considered as a very special subject in the history of music (BIB:HARMONIK ). It seems peculiar that this field has its only surviving proponents in the german-speaking countries. Godwin remarks about this:

One can only answer this question with another: Why do German-speaking composers predominate on classical concert programs? It is simply the case that most current work in speculative music appears in German, whether from Switzerland (Lauer and other anthroposophists), Austria (Haase and his pupils), or Germany itself. Perhaps it is their rich heritage of musica instrumentalis that inclines Germans and Austrians to think more musically than other peoples. Perhaps it is the memory of German idealist philosophy that makes their musical Platonism or Pythagoreanism an acceptable stance.
GODWIN-MUSIC , 9-10

Formerly, harmonics has been more widespread. In the mythology of many traditional cultures, there existed a fundamental connection between sound and the creation of the universe. We have a reminiscence of this in the biblical account, whose usual translation: "God spake..." and "in the beginning was the word", is misleading, because there is a deeper meaning of sound hidden in the respective passages of the original texts. The music ethnologist Marius Schneider (SCHNEIDERM , done extensive research on sound in cosmology and cosmogony all over the earth. See: ->: SCHNEIDER_KOSMO, p. 312.

The old cultures not only placed the sound or the word at the beginning of all existence, but they regarded this phenomenon, which is physical and mental at the same time, as the substance of all things, and as continuously active and activating background behind all concrete appearances of the created world.
SCHNEIDERM-MORG , p. 61

The Indian cosmology of the Veda s contains many elements of sound. Here it is the science of mantra, or the bija mantras, that are the seeds of the universe. In the ancient western tradition, there is the pythagorean system that is described in Plato's Timaios . In more recent times, we have Cusanus (CUSANUS-ZAHL ), Kepler and his Harmonia Mundi, and in modernity Schopenhauer , A. v. Thimus , Hans Kayser , Rudolf Haase and the work of the "Institut für harmonikale Grundlagenforschung", in Wien, today Werner Schulze continues this work.
->: AVATAR, p. 345, ->: UEBER_MUSIK, p. 361

Modern physics is not too far off the ancient systems, only here it is not "sound " but the terms "vibration " or "oscillation ", and "wave-particle dualism " to describe the aspects of atomic particles that don't fit the old atomistic solid-ball metaphor any more. Atomic particles behave as if they were wave phenomen a in certain circumstances. Before the current atomic model, there was Lord Kelvin 's (William Thomson ) and James Clerk Maxwell 's theory of atomics as motional dynamic vortex rings , similar to smoke rings, in an ether. Leonardo had drawn such vortices in his sketch-books. Kelvin's theory was abandoned by Physics when the Michelson-Morley experiment proved that there was no ether. That may not be the last word in the matter since electromagnetic vibrations don't need an ether to propagate, either.
The question here is not about a model that might substitute our current physical theories. This may turn out to be too much mathematical formalism to work out. Here the question is whether it is possible to apply this as a model for the representation. In the very clearly defined application of the symbolator, we need to get a basic theory of how visual symbols are to be connected in a systematic way to sound.
->: MICHELSON_MORLEY, p. 126, ->: COMPUTING_SPACE, p. 55

9.10.3. The ancient order of the Glasperlenspiel
In his Glasperlenspiel , Hermann Hesse has given a clear vision of a synaisthetic representation system that serves as base for a re-united structure of all the sciences and arts (HESSE43 , HESSE73 ). The relevant pages from his book are given in the appendix. I have to leave that part in German until I find time to translate it. There are also english translations of the work available.
->: GLASPERLENSPIEL, p. 309.

I do not conform with Hesse's approach to make the Glasperlenspiel a solely conservative system, preserving, and replaying what the genius of former ages had created. The genius of humanity is by no means spent or worn out. It definitely has been suppressed, because all creativity has been systematically exorcised from education, institutionalized, and hierarchically organized systems. But there is a very important lesson to be learned from him. It is of no great use for humanity to continue creating new material unless there is a suitable system for the coherent representation and ordering of all those things that have been produced so far. And it is therefore much better that humanity devote its energy to creating such a system, instead of trying to discover new things that have diminishing usefulness to the point of zero, because existant solutions cannot be found any more.

The creation of the Symbolator is therefore, in essence, nothing but the practical implementation of Hesse 's Glasperlenspiel .

It is important to take note of Hesse's account of the lineage of Glasperlenspieler that exists in real human history. His lineage coincides with the lineage of the harmonic workers that was listed above. The greatest minds and spirits of humanity belong to it.

9.10.4. The implementation of syn-aisthetic representatation systems
We now have the necessary main conceptual components for our Symbolator : The representation of visual images and sounds in symbol systems. Now we will switch from the theoreia to the praxis: How all this will be implemented in Silicon and Software.

The tactile sense can be incorporated to a certain extent. It is extremely important as feedback system for motional control. It will be very difficult to build a technical simulator that can supply the whole spectrum of tactile stimuli we can perceive, like texture, smoothness, softness and hardness, tactile motion, moisture, etc. This surely must incorporate bionic technology, that is systems that behave like animated matter. With some investment, we can also build representations for the kinesthetic sense. These are already technically realized in flight and automobile simulators. The smell and taste senses will probably have to wait for still quite a while before we can access them in a technical manner. This would call for a fully-fledged bionic technology.



[131] They may be sufficient to impress his sparring partner Hermogenes, but we can be quite sure that Protagoras himself would have torn them to shreads.
[132] This is based on the article by Turner and Pöppel: "Metered Poetry, the Brain, and Time" in AESTHETICS88.
[133] This view stands in marked contrast to a theory proposed by Julian Jaynes in "The Origin of Consciousness in the Breakdown of the Bicameral Mind" (JAYNES76). He assumes that consciousness has emerged only in the latest historical era, namely the onset of civilization. Although Jaynes doesn't explicitly mention script use as the primary cause for the breakdown, this seems to be exactly the case from our point of view. And from our view, the consciousness we are forced to live with now is but a very degenerate remainder of something that was once whole and wholesome. One can exemplify here, how it is sometimes necessary to follow your predecessor's work step by step by step - walking and thinking backwards, double-thinking and reverse-engineering the whole thing. And this is the scene we get after unrolling his work.
The theme of Jaynes' work as put in a question:
Was the origin of contemporary civilized egotistic consciousness caused by the "Breakdown of the Bicameral Mind"?
In the Radio Eriwan way, we answer:
In principle yes, but it was not a wall of consciousness broken down, but one that has risen. And the result were not two chambers but twenty-two. And these chambers are the compartements into which the living, breathing pneuma or logos of Aoide language was forced and procrusteated: The Alphabet. Not the poor Aoidoi and Nabijim were the miserable creatures, but we are, stuck with a viciously efficient system of codification that atrophied and degenerated vital functions of human speech-hear-understand-feel, as you might interpret the archaic meaning of the greek word "aio". Therefore, we suggest that the Alphabet be called ABK, not ABC, as akronym of a nice greek word we are inventing just for the occasion:
The AlphaBetiKolobos
[134] Unfortunately, Plato himself must not have taken his own words too seriously since he left us with the largest volume of written material produced by any individual up to his time. For his defence it could be mentioned that he probably never wrote anything himself. Plato was an aristocrat und thus still bound up with the class struggle against writing. As Havelock has noted, the greek aristocracy resisted for very long time the writing introduced by the lowly people: the merchants and craftsmen. The aristocracy considered the epic tradition the only culture befitting them. Nevertheless, Plato allowed his scribes to note down his diatribes that have been handed down to us well-preserved over 2400 years.
[135] ->: IDIOT_QUESTION, p. 124
[136] ->: SEMEPHON_NET, p. 391
[137] See ->: AOIDE, p. 381
[138] This should not be construed to imply that the methods and the rigor of philology as it has evolved since the days of the library of Alexandria are to be discarded: On the contrary, philology is the solid base on which to build all further excursions. (For further introduction to classical philology, see PFEIFFER78). With the mental tools available up to now, the methods of philology are the best available. The difference here is that there will be new mental tools, and with the new tools, new methods of investigation.
[139] Here we have a typical hen-egg question of the history of writing: It is commonly assumed in linguistics that the sound chi could only be corresponded with a cross-mark after the alphabet was invented. But since the cross-mark is probably one of the oldest ornamental symbols of all, to be found in the symbols of the Vinca culture predating the alphabet by 5000 years, it should not be ruled out altogether that there is an older connection of chi and cross.
[140] Again, it should be noted that this is not so by standard linguistic practice. But we have to remind here that we are not attempting standard linguistics.
[141] A borderline case is the South American Inca empire which had all the traits of civilization except script. They also had no wheels, and no work animals.
[142] Urbanization (lat: cives, the urban citizen) may be a tempting qualifying disctinction for civilization to apply. But we have to bear in mind that Egypt, a protoype of civilization, was of quite rural character. Neither the Pharao nor the peasants cared to build their living quarters with durable material. Stone architecture was reserved for the dead. Cities arose only where foreigners settled, and became more common quite late, in the Alexandrinian age.
[143] We must also account for the shift in societal structure that came with the bronze age and military dominance through metal weapons. This again connects to the rise of patriarchy. In matristic society there is not so much tendency to associate objects as "personal property". Then everything was more or less treated as commons. In a society that doesn't treat objects as personal property, there is no reason to put objects in person's graves.
[144] Personal communication of Swami Paramananda Bharati, on the occasion of the "Mind Revolution" Conference, Burda Akademie 3. Jahrtausend, München, 15-17 Feb. 1995.
[145] See the discussion on the pottery marks of the Vinca culture. Were they geometric ornaments or were they script?
[146] Since evidence on this subject is uncertain and hard to come by, this discussion must be lead on a highly hypothetical "what-if" level. No claim is made "that it was exactly so to the exclusion of any other way".
[147] The onset of trans-eurasian caravan traffic cannot be dated for sure. Sumer and the Indus valley civilizations had a vigorous trade. As soon as the camel was domesticated, the caravans could have made their way. Thus there have been lots of long nights to spend story-telling through the millennia. This is how arose the famous body of lore called the stories of Arabian Nights much later. They were not Arabian but Persian, generated during hundreds of thousands of man-years on the caravan lanes of Central Asia.
[148] or Soma, or Haoma, Kava, Hongos, Ayahuasca, etc.
[149] Except in the case of caravan and sea voyages.
[150]Archaic cultures capable of erecting a Stonehenge certainly had to plan ahead for about 1000 years that it took to construct the whole thing. They were thinking in terms astronomical movements and constellations. The span of one human life was of no concern here.
[151] For example the 100.000 line Mahabharata Epos.
[152] You wouldn't want an Aoide to stop in the middle of a singing contest, and say: "uh, ar - this mighty god, oh well, I don't quite remember what, did about this and that" would you? Neither did he.
[153]China's culture may have about the same endurance, but there, invaders disrupted the civilization repeatedly. Because of the much larger size of the chinese territory, it is difficult to apply the same kind of criteria.
[154]The highest ideal of long-range planning that modern society could aim at, without ever accomplishing, is the infamous five-year plan.
[155]Since we have so many mummies to examine, we are very well informed about the diseases that struck pharaonic egypt. They were a quite lively selection of the biblical plagues: Bone deformations, parasites, and tooth diseases were all too common. There were always little stones and sand in the flour, wearing down the teeth very quickly, and leading to a painful death because of secondary infections of destroyed teeth.
[156]Ficino, Marsilio, from SOFT-ENCYC
{fee-chee'-noh, mahr-seel'-ee-oh}
The Italian philosopher and theologian Marsilio Ficino, b. Oct. 19, 1433, d. Oct. 1, 1499, was the most influential Christian Platonist of the Italian Renaissance. In 1462 he became the head of the Platonic Academy near Florence, where he spent most of his life translating the works of Plato from Greek into Latin and writing commentaries on them and the principal Neoplatonists (see NEOPLATONISM). Ficino believed that true philosophy and true religion are in harmony with each other. He stressed themes of good, love, humanity, and immortality, and conceived the universe as a hierarchy of beings from God down to prime matter, with humankind, the microcosm, as the center and bond of the universe. In his Theologia Platonica (Platonic Theology, 1482), he combined Christian theology with Platonic philosophy.
John P. Doyle
Bibliography: Allen, M.J., The Platonism of Marsilio Ficino (1984); Collins, A. B., The Secular Is Sacred: Platonism and Thomism in Marsilio Ficino's Platonic Theology (1974); Kristeller, P. O., The Philosophy of Marsilio Ficino, trans. by V. Conant (1943).
[157]Pico della Mirandola, Giovanni, Conte, from SOFT-ENCYC
{pee'-koh del'-lah mee-rahn'-doh-lah}
Giovanni Pico della Mirandola, b. Feb. 24, 1463, d. Nov. 17, 1494, was a well-known Neoplatonist philosopher of the Italian Renaissance. After studies in Bologna, Ferrara, Padua, and Pavia, in 1484 he went to Florence, where Marsilio FICINO converted him to NEOPLATONISM. In 1486, Pico published Conclusiones nongentae in omni genere scientiarum (900 Conclusions in Every Kind of Science), covering logic, natural philosophy, metaphysics, theology, ethics, and the Kabbalah. A proposed disputation, in which Pico was to defend his theses, was forbidden by Pope Innocent VIII when 13 of them were declared heretical. Pico fled to France, where he was briefly imprisoned (1488), but later returned to Florence.
Pico's thought is an eclectic attempt to reconcile Judaism, Christianity, and Greek philosophy. He classifies all things in three categories: super-celestial, God and the angels; the celestial, the Sun, Moon, planets, and stars; and the terrestrial, material things below the Moon. Mediating all categories is humankind, "the Divine Masterpiece," whose special dignity is in its freedom and its power to shape its own destiny.
John P. Doyle
Bibliography: Dulles, Avery, Princeps Concordiae: Pico della Mirandola and the Scholastic Tradition (1941); Kristeller, Paul O., Eight Philosophers of the Italian Renaissance (1964) and Renaissance Thought: The Classic, Scholastic, and Humanistic Strains, rev. ed. (1961); Wirszubski, C., Pico della Mirandola's Encounter with Jewish Mysticism (1988); Yates, Frances A., Giordano Bruno and the Hermetic Tradition (1964).
[158]See also "Pyramids" in Appendix I
[159]The obelisque of the queen Hatchepsut in Karnak weighs 374 metric tons. Ordinary pyramid stones of the Cheops pyramid weigh on the average 2.5 tons. The Great Pyramid has 2,300,000 of these blocks, weighing a total of 6 million tons. A different source gives about 7 million. To build the thing, 84,000 workers, working 80 days a year, had to work for 20 years, or 134 million man-days. (NEIRYNCK-ING, 131, 132).
[160] ->: HARMONICS, p. 416
[161]Eyewitness account as told by Alfred Schinz. He saw this in the city of Nedjef in Iraq, location of the grave of Ali. It is the main center of Shiite Islam. The girls working at the carpet can do so only until they reach puberty. That limits exploitation. The carpeting tradition is completely in the hands of children, giving them a certain autonomy in their work.
[162]In German, there is the remarkable fact of one single word Ton for Ton-Erde (clay earth) and Ton as sound. Clay layers in the ground do exactly serve as acoustical wave guides because of the total reflection of sound in the different densities of the earth material. This is the same principle as glass fiber light wave guides. Clay is a very homogenous material, and can stretch for miles in uninterrupted subterranean strata. Australian aborigines are known to use this effect for long-distance communication.
[163]xylophone, from SOFT-ENCYC
{zy'-luh-fohn}
A xylophone is formed of a series of acoustically undercut, graduated wooden bars suspended in keyboard arrangement on a frame, now typically extending three-and-a-half OCTAVES. A similar instrument an octave lower than a xylophone is a marimba. Modern instruments customarily carry sympathetically tuned, tubular metal resonators below each bar. Manipulating two to four mallets, the player produces tones by his choice of mallets, from a brilliant, brittle sound to a mellifluous throbbing.
Predecessors of the xylophone date from prehistoric times in Southeast Asia, and reached Africa before the period of European exploration, and Central and South America possibly before the era of slave trade. By the late 15th century, it appeared in Europe, typically developing with four rows of bars mounted on rolls of straw (Strohfiedel). This instrument was deftly used by Camille Saint-Saens in this nonresonant form in his Danse Macabre (1874).
The modernized instrument, which is often used in popular entertainment, has recently found wider use in orchestras.
Robert A. Warner
Bibliography: Blades, James, Percussion Instruments and Their History, 2d ed. (1975); Blades, James, and Montague, Jeremy, Early Percussion Instruments (1976); Marcuse, Sybil, Survey of Musical Instruments (1975).
[164]They had reached the islands in 1479 and needed still more than a century to conquer them all. The extermination of the Guanches was probably a kind of small scale laboratory test for the later mass exterminations of the south american Indians.
[165]Gothic Cathedrals and Churches, from SOFT-ENCYC
For the builders of Gothic cathedrals (see GOTHIC ART AND ARCHITECTURE), bringing light into the nave by using the ribbed groin vault was not only a practical matter, but also involved theological considerations, for the sunlight entering these buildings through their enormous stained-glass windows, a light from heaven, was equated with the divine radiance. The pointed arch, a characteristic device of Gothic architecture that permits the construction of taller cathedrals, draws the eye upward, toward God. Another technical device that allowed Gothic builders to produce their soaring, light-filled structures is the flying BUTTRESS, which rises up on the exterior of the building and supports its thin upper walls. Flying buttresses allow the removal of almost all supporting elements of the building to the exterior. This results in the luminosity and seeming weightlessness of such French High Gothic interiors as that of AMIENS CATHEDRAL (begun 1220); the intricate "skeleton" of the building is visible only on the exterior.
The facades and doorways of the Gothic cathedrals, which faced the newly prosperous cities in which they were built, were covered with elaborate scriptural programs of sculptural decoration that were "read" by the townspeople as they entered the church.
Gothic architecture has been equated with the scholastic philosophy of its day; in both, the insistence upon an order and a unity composed of separate but related parts is meant to reflect the order and unity of the elements of God's universe.
[166]I have to speculate here until I get more details how the windows were constructed in gothic times.
[167]Every cathedral had one such labyrinth. As far as I know, there is only one left, in Chartres. The others were torn out by narrow minded parish administrators. One account relates that the children were running around and playing in the labyrinth maze during mass, and disrupting the service. So the bishop had the labyrinth torn out. Today, the wooden benches obstruct these paths.
[168]"Mitsingen heißt dem Teufel den kleinen Finger reichen".

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