9.1. Hermann Hesse: Das Glasperlenspiel
9.2. Marius Schneider: Einleitung zur Kosmogonie
9.3. The Master of The Universe - Der Gesang des Avatar
9.4. Eine Wanderung zur Erd-Musik
9.5. Schopenhauer: Über die Musik
9.6. The Kratylos Question: Toward an Onoma-Semephonic Theory
9.7. A Hypothetical Semephonic Network of Aoide Vocabulary
9.8. Human culture before history: The Age of Aoidoi
9.9. Song as syn-aisthetic technology
9.10. The mentation modalities of sounding and moving visual images
9. Die Glasperlenspieler: The Basics of Syn-Aisthetic Technology
9.1. Hermann Hesse: Das Glasperlenspiel
(Extract from DENK.DOC)
9.1.1. Die Vision des
Glasperlenspiels
Leibniz wurde 1646 geboren, mitten in die Verwüstung der
Zivilisation hinein, die der dreißigjährige
Krieg
in Deutschland hinterlassen hatte. Das Bild und
der Eindruck dieser Verarmung und Öde prägten die Anfänge seines
Lebenswerks entscheidend. Im Jahre 1943, also ziemlich genau dreihundert Jahre
danach, erlebte Europa eine weitere Katastrophe, diesmal viel universaleren
Ausmaßes. Das was Spengler
in seinem
"Untergang
des Abendlandes"
ein paar Jahre vorher beschworen
hatte, war im vollen Gange. Die Endzeitphase des abendländischen Geistes
war angebrochen. Das katastrophale Auseinanderbrechen aller Wertsysteme und
Strukturen, die man als zentral und bestimmend für die Kultur Europas und
als seinen besonderen Beitrag für die Menschheit angesehen hatte. In diesem
Jahr machte Hermann Hesse
in einem seiner letzten
größeren Werke einen Versuch. In dieser Stunde der Finsternis des
abendländischen Geistes entwarf er eine Vision der Rettung dieser Werte:
Eine Wiedervereinigung der Kunst und der Wissenschaft in dem
Glasperlenspiel
. Dies beschreibt er so:
9.1.2. Theorie des
Glasperlenspiels
Man erwarte also von uns nicht eine
vollständige Geschichte und Theorie des Glasperlenspiels, auch
würdigere und geschicktere Autoren als wir wären dazu heute nicht
imstande... Und ein Lehrbuch des Glasperlenspiels soll dieser unser Aufsatz ja
noch weniger sein, ein solches wird auch niemals geschrieben
werden. Man erlernt die Spielregeln dieses Spiels der
Spiele nicht anders als auf dem üblichen, vorgeschriebenen Wege, welcher
manche Jahre erfordert, und keiner der Eingeweihten könnte je ein Interesse
daran haben, die Spielregeln leichter erlernbar zu machen. Diese Regeln, die
Zeichensprache und Grammatik des Spieles, stellen eine Art von hochentwickelter
Geheimsprache dar, an welcher mehrere Wissenschaften und Künste, namentlich
aber die Mathematik und die Musik (beziehungsweise Musikwissenschaft) teilhaben
und welche die Inhalte und Ergebnisse nahezu aller Wissenschaften
auszudrücken und zueinander in Beziehung zu setzen imstande ist. Das
Glasperlenspiel ist also ein Spiel mit sämtlichen Inhalten und Werten
unserer Kultur, es spielt mit ihnen, wie etwa in den Blütezeiten der
Künste ein Maler mir den Farben seiner Palette gespielt haben
mag.
Was die Menschheit an Erkenntnissen, hohen
Gedanken und Kunstwerken in ihren schöpferischen Zeitaltern hervorgebracht,
was die nachfolgenden Perioden gelehrter Betrachtung auf Begriffe gebracht und
zum intellektuellen Besitz gemacht haben, dieses ganze ungeheure Material von
geistigen Werten wird vom Glasperlenspieler so gespielt wie eine Orgel vom
Organisten, und diese Orgel ist von einer kaum auszudenkenden Vollkommenheit,
ihre Manuale und Pedale tasten den ganzen geistigen Kosmos ab, ihre Register
sind beinahe unzählig, theoretisch ließe mit diesem Instrument der
ganze geistige Weltinhalt sich im Spiele reproduzieren.
Diese Manuale, Pedale und Register nun
stehen fest, an ihrer Zahl und ihrer Ordnung sind Änderungen und Versuche
zur Vervollkommnung eigentlich nur noch in der Theorie möglich: die
Bereicherung der Spielsprache durch Einbeziehung neuer Inhalte unterliegt der
denkbar strengsten Kontrolle durch die oberste Spielleitung. Dagegen ist
innerhalb dieses feststehenden Gefüges oder, um in unserem Bilde zu
bleiben, innerhalb der komplizierten Mechanik dieser Riesenorgel dem einzelnen
Spieler eine ganze Welt von Möglichkeiten und Kombinationen
gegeben...
9.1.3. Anfänge und
Vorgeschichte des Glasperlenspiels
Es liegt letzten Endes völlig im
Belieben des Historikers, wieweit er die Anfänge und Vorgeschichte des
Glasperlenspiels zurückverlegen will. Denn wie jede große Idee hat es
eigentlich keinen Anfang, sondern ist, eben der Idee nach, immer dagewesen. Wir
finden es als Idee, als Ahnung und Wunschbild schon in manchen früheren
Zeitaltern vorgebildet, so zum Beispiel bei
Pythagoras
, dann in der Spätzeit der antiken
Kultur, im hellenistisch-gnostischen
Kreise, nicht
minder bei den alten Chinesen, dann wieder auf den Höhepunkten des
arabisch-maurischen
Geisteslebens, und weiterhin
führt die Spur seiner Vorgeschichte über die Scholastik und den
Humanismus zu den Mathematiker-Akademien des siebzehnten und achtzehnten
Jahrhunderts und bis zu den romantischen Philosophien und den Runen der
magischen Träume des Novalis
. Jeder Bewegung
des Geistes gegen das ideale Ziel einer Universitas Litterarum hin, jeder
platonischen Akademie,... jedem Annäherungsversuch zwischen exakten
und freieren Wissenschaften, jedem Versöhnungsversuch zwischen Wissenschaft
und Kunst oder Wissenschaft und Religion lag dieselbe ewige Idee zugrunde,
welche für uns im Glasperlenspiel Gestalt gewonnen hat. Geister wie
Abälard
, wie Leibniz, wie
Hegel
haben den Traum ohne Zweifel gekannt, das
geistige Universum in konzentrische Systeme
einzufangen und die lebendige Schönheit des Geistigen und der Kunst mit der
magischen Formulierkraft der exakten Disziplinen zu vereinigen. In jener Zeit,
in welcher Musik und Mathematik nahezu gleichzeitig eine Klassik erlebten, waren
die Befreundungen und Befruchtungen zwischen beiden Disziplinen
häufig.
Und zwei Jahrhunderte früher finden
wir bei Nikolaus von Kues
Sätze aus
derselben Atmosphäre, wie etwa diese: "Der Geist formt sich der
Potentialität an, um alles in der Weise der Potentialität zu messen,
und der absoluten Notwendigkeit, damit er alles in der Weise der Einheit und
Einfachheit messe, wie es Gott tut, und der Notwendigkeit der Verknüpfung,
um so alles in Hinsicht auf seine Eigentümlichkeit zu messen, endlich formt
er sich der determinierten Potentialität an, um alles hinsichtlich seiner
Existenz zu messen. Ferner mißt aber der Geist auch symbolisch, durch
Vergleich, wie wenn er sich der Zahl und der geometrischen Figuren bedient und
sich auf sie als Gleichnisse bezieht." Übrigens scheint nicht etwa nur
dieser eine Gedanke des Cusanus beinahe schon auf unser Glasperlenspiel
hinzuweisen oder entspricht und entspringt einer ähnlichen Richtung der
Einbildungskraft wie dessen Gedankenspiele; es ließen sich mehrere, ja
viele ähnliche Anklänge bei ihm zeigen. Auch seine Freude an der
Mathematik und seiner Fähigkeit und Freude, Figuren und Axiome der
euklidischen Geometrie auf theologisch-philosophische Begriffe als
verdeutlichende Gleichnisse anzuwenden, scheinen der Mentalität des Spieles
sehr nahe zu stehen, und zuweilen erinnert sogar seine Art von Latein (dessen
Vokabeln nicht selten seine freien Erfindungen sind, ohne doch von irgendeinem
Lateinkundigen mißverstanden werden zu können) an die freispielende
Plastizität der Spielsprache.
Und allgemein bekannt sind ja jene
Berichte, Märchen und Sagen aus den Jugendzeiten aller Kulturen, welche der
Musik, weit über alles nur Künstlerische hinaus, eine seelen- und
völkerbeherrschende Gewalt zuschreiben, sie zu einem geheimen Regenten oder
einem Gesetzbuch der Menschen und ihrer Staaten machen. Vom ältesten China
bis zu den Sagen der Griechen spielt der Gedanke von einem idealen, himmlischen
Leben der Menschen unter der Hegemonie der Musik ihre Rolle. Mit diesem Kultus
der Musik ("in ewigen Verwandlungen begrüßt uns des Gesangs geheime
Macht hinieden" - Novalis
) hängt denn auch das
Glasperlenspiel aufs innigste zusammen.
Das Spiel, wie ich es meine,..
umschließt nach absolvierter Meditation den Spieler so, wie eine
Oberfläche einer Kugel ihren Mittelpunkt umschließt, und
entläßt ihn mit dem Gefühl, eine restlos symmetrische und
harmonische Welt aus der zufälligen und wirren gelöst und in sich
aufgenommen zu haben.
Denn die Innenseite, die Esoterik des
Spiels, zielt wie alle Esoterik ins Ein und All hinab, in die Tiefen, wo nur
noch der ewige Atem im ewigen Ein und Aus sich selbst genügend
waltet.
9.1.4. Der Orden der
Glasperlenspieler
Hesse scheint bei der Arbeit an seinem Werk von der
Ausweglosigkeit des "Untergangs des Abendlandes"
so
befangen gewesen zu sein, und von der Wucht der damaligen Ereignisse so
erdrückt gewesen zu sein, daß er seinen Orden der Glasperlenspieler
nicht anderes sehen konnte als in rein nachvollziehender Betrachtung der
Kulturleistungen der vorangegangenen Zeiten: Ob diese Behandlung befriedigend
erscheint, muß man dem Geschmack des Lesers, und vor allem seinen eigenen
Vorstellungen von der Kultur und der Zukunft, überlassen. Mich selber hat
der Inhalt von Hesses Glasperlenspiel etwas unbefriedigt gelassen, was aber die
Bedeutsamkeit der Idee, der Struktur, in keiner Weise schmälert. Seine
Arbeit ist die Wiederaufnahme einer uralten Idee, die offenbar zu allen Zeiten
die größten Geister der Kunst und der Wissenschaft beseelt hat, wie
sie ja auch bei Leibnz bestimmend gewesen zu sein scheint. Und damit hat Hesse
einen Ankerpunkt gesetzt, an dem sich weitere Arbeiten dieser Art anknüpfen
können. Das "Leerstellendenken" nimmt diese Gelegenheit wahr. Hier soll
eine Weiterführung des uralten Mythos oder Archetyps des Glasperlenspiels
und des Ordens der Glasperlenspieler
gemacht werden. Hesses hat mit
seinem Werk das Glasperlenspiel als geschichtliche Vision formuliert. Der Mythos
drückt etwas aus, das im Unterbewußten der Menschen latent seine
Wirkung tut. Auch wenn der Einzelne nicht in der Lage sein mag, diesem Mythos in
seinem Handeln immer nachzukommen.
9.2. Marius Schneider: Einleitung zur Kosmogonie
9.2.1. Marius Schneider:
Cosmogony
The Plan to reconstruct the sound-based cosmogony or
cosmogonies of the Ancient World was aim and centre of Marius Schneider's
efforts during almost fourty years of his life. Unfortunately he could not
finish this voluminous work before he died in 1982, but the 18 books completed
by himself are meanwhile made ready for Publication by his widow, Mrs. Birgit
Schneider. It is our good luck that Professor Schneider prepared - Perhaps in
1981 - an introduction which presents the essence of his findings and thoughts.
This introduction is printed here. The author says at the outset that according
to a widespread thought in old cosmogonies, the creation originated from a
sound. This sound - may it be envisaged as a word, a svllable, a cry or a
natural noice - is essentially a spaceless (but space-suggesting) rhythm which
carries an aspiration to create visible things within a concrete time. Thus
these acoustical rhythms appear as first gods or first mothers of things. But
there is, on the other hand, the idea of the anthropocosmos, i.e. the man as a
microcosmos within the nature as a macrocosmos. In this view, the universe seems
to be animated, and this enables the man to address the nature immediately.
Pointing at many analogies between man and nature as found in myths and
narrations all over the world, the author explains that all things are brought
together in common numbers. Then he describes the astrolabium, a device to
depict and read the starry sky, widely used in the Middle Ages. From here, he
proceeds to "Tones and Numbers", and concentrates on the harmonic series and its
analogies to the growth of the universe in remote antiquity. "Celestial harmony"
as known from Plato's Politeia is explained by Schneider with respect to the
harmonic series. This chapter seems to be the most important one, and it leads
to an interpretation of the modes or scales used by the Ancient Greeks. Sounds
in the Indian doctrine of chakras and reflections on the holy syllable AUM,
consequently a delineation of the creator are given at the end of the
introduction.
The table of contents added before the references shows the
disposition of the whole work.
9.2.2. Inhalt des
Gesamtwerks
Kosmogonie von Marius Schneider
1 Berg, Baum Höhlen und Quellen im
Anthropokosmos
2 Die akustischen Grundlagen der Urwelt
3 Die Urwelt im "Mutterleib der Zeit", der Wunsch
4 Das Chaos
5 Die Urwelt IV, 9 über dem Chaos als Anfang der sichtbar
werdenden Welt
6 Klangsymbole. Zeit, Zahl Rhythmus und Symbol
7 Anthropokosmos
8 Stoff (das Material)
9 Die raumzeitlichen Grundlagen der Zwischenwelt. V/VI =
Lichttonw.elt
10 Menschheit I = Urmensch (V/VI)
11 Welt VII, Zahlen und Opferle hre, dazu Saman (bisher 12, zu
Kreis VI,1)
12 Baum mythologisch (VII)
13 Schöpfung und Haut (VII)
14 Menschheit II, nach der Sintflut (VII)
15 Die Welt VIII: Das Wort auf Erden (Ritual)
16 Musikinstrumente
17 Das Kultbild
18 Yoga
19 Sonnenwende, Johannisfeier
20 Kreislauf von Tod und Leben
21 Vorfrühlingsriten Karneval
22 Medizinriten
23 Regenritual
9.2.3. Vorwort
Der Nachruf auf Marius Schneider im zwölften Band unseres
Jahrbuchs schloß mit dem Ausdruck der Hoffnung, sein Lebenswerk, eine
musikalische Kosmogonie, werde bald in druckreifer Fassung vorliegen.
Große Teile des vielbändigen Werkes sind inzwischen von der Gattin
des Gelehrten redigiert worden, und nun harrt das Manuskript der Publikation.
Zur Zeit der Arbeit an den -- unvollendeten -- Schlußkapiteln hat Marius
Schneider seinem Werk eine Einführung vorangestellt, und diese ist so
konzipiert, daß man sie gleichsam als Essenz des Textkorpus betrachten
kann. Die Einführung sei im vorliegenden Band als erster Beitrag abgedruckt
und damit den Grundgedanken der in der alten Welt weit verbreiteten Kosmogonie
ein Weg in die moderne Öffentlichkeit gebahnt.
Offensichtlich hat das Analogiedenken aus ferner
Vergangenheit, das Marius Schneider so eindringlich herausstellt, in der
arabischen Welt noch lange nachgewirkt. Wohl in diesem Sinne schreibt eine in
Kairo gefundene Abhandlung aus der Zeit um 1800 dem Puls der menschlichen
Schlagadern eine musikalische Natur zu. Der arabische Aufsatz erscheint als
Kommentar zu einer Passage aus dem Medizin-Traktat des Ibn Siná
(Avicenna, gest. 1037), der auf die griechische Antike zurückgeht und bis
in unsere Tage als Standardwerk tradiert wird. Gabriele Braune hat die
Abhandlung des Muhammad al 'Attár untersucht und darin eine
Erläuterung des arabischen Tonsystems als Ergebnis der Saitenteilung auf
einem Monochord sowie einen Vergleich des einzelnen Pulsschlags mit dem chronos
protos in der Musik gefunden.
<8>
9.2.4. Kosmogonie
von MARIUS SCHNEIDER(1)
Den ersten Anstoß zu dem Versuch, die innere Struktur
der alten Kosmogonien als ein einheitliches, in sich durchaus konsequentes
Gedankengefüge wieder freizulegen, gab der weit verbreitete Gedanke,
daß die Schöpfung aus einem Klang entstanden sei. Ob es sich dabei um
ein Wort, eine Silbe, einen Schrei oder ein Naturgeräusch handelt, ist
zunächst weniger wichtig als die Sinnhaftigkeit des klingenden Urvorgangs.
Sie liegt in dem Wunsch, etwas zu erschaffen, und m anifestiert sich als
khngender Rhythmus, der eine unsichtbare und ungreifbare "leere Form" oder --
genauer formuliert -- seine akustische Gestalt ist, die aus Zeit und Klang
besteht. Noch erscheint dieser Rhythmus nicht als Sprache, die mit Bild und
Begriff operiert, sondern erst als ein geschlossenes tönendes Gefüge,
das sich raumlos (aber dennoch raumsuggerierend) ohne konkrete, sichtbare
Gestalt in der Zeit entfaltet. Die an sich neutrale Zeit wird durch die
Sinnhaftigkeit des Rhythmus erfüllt und qualifiziert. Er präfiguriert
schon in seiner undifferenziertesten Form einen kaum merklichen Dualismus, den
sogenannten "Nicht-Dualismus" von Hebungen und Senkungen, die sich nicht einmal
annähernd zu Gegensätzen auswachsen, sondern nur die Ordnung der im
Fluß befindlichen Bewegung gewährleisten können.
Hebung und Senkung setzen sich gegenseitig voraus. Ihre
leichten Stauungs- und Entstauungswirkungen erzeugen nicht den Fluß der
Zeit. Sie bestimmen aber die Zeitgestalt, in der die Bewegung verläuft.
Pendelnd ordnet sie den Fluß der inneren Beziehungen, ohne die es keine
lebendige Einheit geben kann. Entscheidend ist bei dieser
schöpfungsgeschichtlichen Priorität des Klangs, daß die
sogenannten Urgewässer nicht als wirkliches Wasser, sondern als die
Rhythmen der Klangwellen des Wortes zu verstehen sind. Das Rauschen ist
älter als das Wasser, das vulkanische Summen älter als das Feuer. Am
Anfang aller Dinge (= Urwelt) geht -- nach unseren Begriffen - die Folge der
Ursache voraus. Es heißt auch, daß der Ton oder der Feuerschein
ihrem Erzeuger vorauslaufen, insofern man sie hören oder sehen kann, bevor
der Erzeuger in persona erscheint. Der Übergang von der rein akustischen,
unsichtbaren Urgestalt, die keine greifbare Gestalt ist, zu den konkreten
Rhythmen der sichtbaren Welt vollzieht sich durch die "Bekleidung" oder durch
den "Regen", die auf die unsichtbaren oder ungreifbaren Urformen "herabfallen".
Sie geben ihnen einen Namen und lassen schließlich auch ihre konkrete
Gestalt heranwachsen. Man kann diese rein akustischen Urrhythmen auch als Ideen
bezeichnen, aber man darf sie nie mit festen Begriffen oder optischen
Vorstellungen verbinden, weil sie nur als unmittelbar ansprechende, wort- und
bildlose Klänge zu verstehen sind. Bei ihrem Übergang zur materiellen,
sichtbaren Welt ist die durch Hans Kayser erkannte Wechselseitigkeit von Auge
und Ohr zu berücksichtigen. Hört man eine Folge von Oktavversetzungen
des gleichen Tons und schreibt sie innerhalb der Partialtonreihe nieder, so
erhält man eine geometrische Reihe: 1 2 4 8 16 usw., deren Abstände
wir nicht mit dem Auge als Perspektivisch empfinden, während unser Ohr
diese Abstände nicht als ungleichförmige Distanzen, sondern als
gleichförmige Intervalle registriert. Die Tonzahl ist perspektivisch, der
Tonwert (der akustische Eindruck) ist äquidistant. Was im materiellen
Bereich des Auges fehlt, hat das Ohr und umgekehrt. Was im Empfindungsbereich
dem Auge fehlt, hat das Ohr und umgekehrt. Diese Reziprozität
<9> von Perspektive und Äquidistanz ist eine der
fundamentalen Manifestationen der Polarität.
1/4 1/3 1/2. 1/1 2/1 3/1 4/1
perspektivisch äquidistant(2)
Dazu ist im Hinblick auf das Verhältnis zwischen der
akustischen Urwelt (soweit diese vorwiegend vokal gedachte Urwelt nicht in eine
Urmaterie einbezogen wird) und der materiellen Schöpfung zu bemerken,
daß bei der Erzeugung der Töne durch konkret angefertigte, sichtbare
Instrumente die Größenverhältnisse und die damit verbundenen
Empfindungen umgekehrt erscheinen: Je länger oder höher ein Rohr bzw.
eine schwingende Saite ist, um so niedriger ist ihr Ton, und je kleiner oder
niedriger sie sind, um so höher sind die Töne. So besteht ein gewisses
Umkehrungsverhältnis zwischen den reinen Klängen der abstrakten Urwelt
und denen, die in der konkreten Welt durch konkrete Instrumente erzeugt
werden.
Die akustischen Rhythmen sind die Urgötter oder
Urmütter der Dinge: Ihre vielfachen Geburten sind die Urmodelle der
Wandlungsmöglichkeiten eines gleichen Stoffs. Um sich die Natur dieser
rhythmischen Potenzen zu vergegenwärtigen, braucht man nur dem vielfachen
Figurenwechsel und den ihm unterschiebbaren Sprachsilben in einem indischen oder
afrikanischen Trommelspiel zu lauschen und sich dabei jenen Mythos zu ve
rgegenwärtigen, nach dem die ganze Welt aus einem Trommelspiel
hervorgegangen sein soll. Solche Klänge gelten in den alten Kosmologien als
die Urgestaltung des Opfers, durch das allein eine schöpferische Kraft in
ihrer reinsten Gestalt wirksam werden kann. Das Uropfer ist das Verklingen der
Rhythmen in der Zeit oder das Opfer der Lebenszeit, die in wahrhaft
aufklingendem Lebensatem fähig ist, neue lebende Rhythmen zu schaffen.
"Alles, was die Götter tun, tun sie durch Gesang. Der Gesang ist das Opfer"
(Shatapathabrähmana VIII, 4,3,2). "Zuerst schufen die Götter den
Gesang, dann den Agni, dann die Opferspende" (Rgveda X, 88,8). Rhythmus und
Klang verhalten sich zueinander in der Zeit wie Bewegung und Körper im
Raum. Der Rhythmus manifestiert sich im Klang, und dieser breitet sich auch in
der Zeit aus, bis er in die Unhörbarkeit zurückkehrt, aus der er
hervorgekommen ist. Der rhythmische Klang ist das Opfer, das -- in der
Fachsprache der Veden - "sich ausbreitet". Indem dieses Opfer sich ausbreitet,
erschafft seine Zeitteilung alle Urformen der Welt, aber die Töne dieser
"leeren", gewissermaßen "unbekleideten" Formen werden erst dann
hörbar, wenn sie sich vom Rhythmus dieser Formen ergreifen
lassen.
Das Opfer entwickelt sich durch Tapas (= Hitze), d.h. als eine
"alles verzehrende, flammende Macht, eine alles überwältigende Glut
und innere Begeisterung, durch die Entsagung und Weltverzicht zur
natürlichen Lebensweise werden. Tapas bedeutet mehr als Askese. Es ist das
schöpferische Prinzip, das der Kälte des intellektuellen Begreifens
die Wärme des Ergriffenseins gegenüberstellt" (3). Dies heißt in
dem hier besprochenen Fall: des Ergriffenseins durch einen Rhythmus.
Man kann sich den Urrhythmus zur Not als eine autonom
existierende Gedankenoder Willensmanifestation denken. "Vorstellen" kann man
sich eine solche Stimme, die ohne T)er existiert, ebenso wenig, wie man den
spezifischen Klang benennen könnte, weil sowohl unser Denken als auch unser
Sprechen von bestimmten Be griffen und bildhaften oder greifbaren
Voraussetzungen ausgehen, die auf Klänge nur leihweise aus anderen
Sinnesgebieten angewendet werden können. Für spezifische Klan gfarben
hat unsere
<10> Sprache keine Bezeichnungen. Wir sprechen von
hohen, harten, weichen, scharfen Klängen, von rollendem oder heftigem
Donner, aber keines dieser Adjektive hat eine spezifisch akustische Bedeutung.
Die Musik überschreitet die Grenzen unseres Denkens und unserer
Vorstellungskraft. Zwar hat auch sie im konsequenten Fortschreiten einer Melodie
ihre Logik, aber ihr innerstes Wesen gehört einer anderen Welt an, einer
Welt, in der sie sich durch etwas Urwüchsiges und grenzenlos Wucherndes und
Fortrankendes entwickeln kann. Dies kommt z.B. noch in dem fast pausenlos sich
windenden Oboenspiel orientalischer Schlangenbändiger zum Ausdruck.
Vorstellbar und sichtbar werden rhythmische Gestalten erst dann, wenn sie
über den akustischen Ursprungsbereich hinausgewachsen sind und konkrete
Gestalt angenommen haben. Ist dies der Fall, so erscheint der Klang
natürlich nicht mehr als die primäre, alles erzeugende Kraft, sondern
selber erst als das Produkt konkreter Vorgänge. Trotzdem tönt der
klingende Rhythmus urgeschichtlich als der Schöpfer, der die Dinge, nachdem
er sie gewünscht und damit "erfunden" hatte, sang und laut werden
ließ. Dadurch wurde er selbst zum ersten Modell oder zum Trager der ersten
Modelle aller späteren, seinem Gesang entsprechenden konkreten Objekte. Der
Ubergang vom nur Hörbaren zum Sicht- und Greifbaren oder von der leeren zur
ausgefüllten Form impliziert ein Umkehrungsverhältnis zwischen den
zwei Hauptphasen der Schöpfung: nämlich zwischen der akustischen Welt,
deren Rhythmen alle Dinge präfigurieren, und der konkreten Schöpfung,
welche die Dinge refiguriert. Da die Zeit bereits vor der Entstehung des Raumes
existierte, so muß sie -- aufgrund des eben erwähnten
Umkehrungsverhältnisses - vorher entweder stillgestanden haben, oder sie
verlief kreisförmig zugleich vorwärts und rückwärts wie
Ewigkeit. Jedenfalls ging in der Urzeit die "Folge" der Ursache voraus. Bevor
das Wasser entstand, war das Rauschen. Älter als der Wind war ein
säuselndes Geräusch. Und wo auch immer zwei verschiedene Wesen die
gleichen Stimmen und Bewegungsrhythmen aufweisen, da sind sie in ihrer Wurzel
miteinander verwandt; und zwar auch dann, wenn ein jedes von ihnen einer anderen
Kategorie (z.B. Mensch oder Tier) angehört.
Die Wurzel dieser in der konkreten Schöpfung erkennbaren
Verwandtschaft liegt jedoch in den rein akustischen "leeren Formen" der Urzeit,
die als der Sitz der eigentlichen Wahrheit gilt. Sie ist der Sitz der Wahrheit,
weil sie ein Klanggebilde ist, welches (sich ausbreitend) dahinschwindet, indem
es sich selbst aufopfert, vergeht und damit zugleich die denkbar feinste Form
der Gestaltung aufweist. Wahr ist eigentlich nur das der Maya nicht unterworfene
Ungestaltete. Unter allen Gestaltbildungen aber ist die musikalische die
unstofflichste und flüchtigste, die ungre ifbarste und begrifflich die
unverbindlichste. Darin ist sie der Sprache weit überlegen. Sie ist die
sich unmittelbar mitteilende Wahrheit in dauernder Bewegung. In der konkreten
Welt ist diese Wahrheit ein Rhythmus, der alle Objekte durchfließt ohne
Rücksicht auf deren Identität. Die einzelnen Wesen sind nur Reson
anzraume, die je nach ihrer Eignung von den klingenden Strömen mehr oder
weniger belebt werden. Rhythmen bestimmen die Bewußtseinszustände
ihrer Objekte in Zeit und Raum.
Zeit und Raum streben aber nicht von einem Punkt aus
geradlinig einer bestimmten Zukunft oder Richtung zu. Sie dehnen sich von einer
gemeinsamen Mitte ausgehend gleichmäßig in konzentrischen Kreisen
aus: von ewiger Gegenwart in die Zukunft, nach 4 oder 8 Himmelsrichtungen, in
Höhe und Tiefe, wobei jeder kleinere, bereits überschrittene Kreis zum
"Gedächtnis" oder zur Substruktur des größeren Ringes einer
vergänglichen Gegenwart wird. Denn alle Zustände sind letzten Endes
Bewußtseinszustände, die sich in verschieden tiefen Schichten
ausbreiten.
<11> Die alten Kosmogonien bleiben jedoch
unverständlich, solange man sich nicht die Idee des Anthropokosmos klar vor
Augen hält. Der Anthropokosmos ist nicht nur der M akrokosmos, in dem der
Mensch als Mikrokosmos in enger Naturverbundenheit lebt, sondern schließt
auch die Idee einer geistigen Verbundenheit zwischen Mensch und Natur
ein.Genauso wie der Mensch, so gilt auch die Natur als ein denkendes und
fühlendes Wesen aus Stoff und Geist. Daraus ergibt sich die Allbeseeltheit
der Welt und die Möglichkeit des Menschen, die Natur direkt anzusprechen.
Selbst das Chaos ist als Kreislauf oder Stoffwechselstockung und psychische
Störung zu verstehen: Regen als Tränen, Donner als Zorn, aber auch als
befruchtende Stimme, leises Blätterrauschen als zartes Wort. Natürlich
sind Felsen keine Knochen und Regen keine Tranen, wohl aber Produkte der
gleichen Urrhythmen. Was im Lauf der Jahrhunderte zu dichterischen Formen
geworden ist, drückt in den Kosmologien die restlose Verbundenheit von
Mensch und Kosmos aus. "Das seiende Band im Nichtseienden fanden -- dem Herz
sich einwärts zuwendend -- die Dichter heraus" (R.gveda X, 129,4).
Natürlich sah man nicht die für unsere Augen sichtbare Landschaft als
eine menschliche Gestalt an, sondern man unterschied ebenso in der Natur wie im
Menschen verschiedene Bewußtseinsarten und Funktionen als eine mehr oder
weniger starke Angleichung oder Analogie zwischen Makro- und Mikrokosmos. Im
"normalen" Bewußtsein sind Natur und menschliches Bewußtsein
unverbunden. Doch in dem Maße, wie sich beim Menschen eine tiefere
Einsicht bildet, enthüllt sich die Welt dem "höchsten"
Bewußtsein als eine überindividuelle Einheit, in der Mensch und Natur
mit- und ineinander leben. Da nun der Mensch das innere Gefüge des Kosmos
nur an sich selbst erfahren kann, so erschließt er aus der Struktur seines
eigenen Wesens auch das Wesen der Natur.
Die Mandukya-Upanishad unterscheidet drei Formen des
Bewußtseins: den Wachzustand, den Traum und den Tiefschlaf. Die erste Form
entspricht dem normalen subjektiven Bewußtsein, in welchem Subjekt und
Objekt einander gegenüberstehen. Die Zeit teilt sich hier in Vergangenheit
und Gegenwart, woraus das kausale Denken seine Schlüsse auf die Zukunft
zieht. Das "Bewußtsein" des Traumzustands hingegen beherrscht in erster
Linie das Fühlen, Wünschen und Wollen. Das logische Denken verwandelt
sich in ein Analogiedenken, durch das Objekte der verschiedensten
Erscheinungsebenen homologisiert werden. Damit setzt die sogenannte
"Zwielichtsprache" der Mythologie ein, wodurch der Gegensatz von Ich und
Nicht-Ich allmählich überwunden und eine urweltliche Wesensgleichheit
von Subjekt und Objekt angebahnt wird.
Die völlige Verschmelzung und Aufhebung der
Subjekt-Objekt-Beziehung vollzieht sich im Tiefschlaf, in welchem in "unbewegter
Bewegung" der Vorstoß zum Absoluten und zur "Ganzwerdung" erfolgt, d.h.
die völlige Einschmelzung des Individuums in das universelle kosmische
Sein, das weder Vergangenheit noch Zukunft, sondern nur Gegenwart ist. Im
Tiefschlafbewußtsein enthüllt sich die letzte, unpersönliche
Wirklichkeit, die mit Worten nicht beschrieben werden kann. Sie umfaßt das
Erlebnis des Undenkbaren, das im Denkbaren wirksam ist, des Unhörbaren, das
im Hörbaren spürbar wird, und des Unsichtbaren, das den Hintergrund
des Sichtbaren bildet. Sie ist die vollkommene Leere. Mit dem wachen
Tagesbewußtsein steht der Mensch der Natur gegenüber. Im
Traumbewußtsein sinkt er in die Natur zurück. Im Allbewußtsein
des Tiefschlafs stößt er auf seine Wurzeln, wo sich das Individuum in
der (der Natur und dem Menschen gemeinsamen) leeren Welt reiner Gestalten und
zeitloser Energien auflöst. Die Leere ist also kein
<12> Negativum. Sie gilt sogar als die höchste
Fülle, insofern sie alles Werdende, wenngleich in völlig
entdinglichter Form, in sich schließen soll. Ihr treuestes Abbild in
unserer Welt liefern die "leeren, unsichtbaren Formen" der Musik. Solange die
Objekte vom Wachbewußtsein des Subjekts betrachtet werden, bilden sie
für dieses Subjekt konkrete Gegenstände. Im Traumbewußtsein
hingegen existieren sie innerhalb ihres Betrachters, wodurch sie ihre
Materialität und Greifbarkeit, ihre Eindeutigkeit und ihre konkreten
Inhalte verlieren, weil sie wie Abbilder in einem Spiegel erscheinen. Es
verbleibt den Objekten nur noch die äußere, sichtbare Form, die
"spiegelgleiche Wahrheit". Zu wirklich leeren Formen, zu reinen Rhythmen, in
denen die Schöpferkraft (sich ständig wandelnd) rein akustische Gest
alt annimmt, werden sie erst beim Übergang vom Traumzustand in den
Tiefschlaf.
In der vorliegenden Arbeit wird der Kosmos in zehn
konzentrische Kreise eingeteilt. Die Kreise I--IV umfassen die akustische Urwelt
und den Tiefschlaf. Die Kreise V--VII entsprechen der langsam erwachenden,
konkreten Schöpfung, dem traumenden Kosmos zwischen der Urwintersonnenwende
und dem ersten Morgenrot. Die hell erleuchtete Welt im wachen Zustand zieht sich
vom Morgenrot bis zur Sommersonnenwende (VIII-X) hin. (Schwarzer Hirsch, der
Sprecher des Siouxstammes [die heilige Pfeife 1966], sagt: "Die Kraft der Welt
wirkt sich in Kreisen aus. Jedes Ding strebt danach rund zu sein ") Die
Urkomponenten der Einheit befinden sich in den ersten konzentrischen Kreisen, in
der Mitte der Welt. Sie bilden den sogenannten Nichtdualismus in Gestalt von
zwei konsonanten Tönen (Oktav). Mit ihnen ist das Verhältnis von Tag
und Nacht oder Leben und Tod präfiguriert. Doch sind sie auf akustischer
Basis weder tonal noch rhythmisch wirkliche Gegensätze. Als einander
kompensierende Kräfte ganzheitlich fließender Gestalten werden sie
erst dann als Gegensätze gewertet, wenn das Geschehen nicht mehr als ein
konsonanter, rhythmischer Fluß, sondern als Dissonanz und Bewegungsbruch
empfunden wird. In diesem Fall verhärten sich die periodischen, leichten
Stauungen und Enthemmungen zu ausgesprochenen Widerstandszonen oder alternativen
Begriffen. Das Denken sucht dann Au swege durch Formeln wie: das Hohe erzeugt
das Tiefe und umgekehrt; der Tod erzeugt das Leben und das Leben den Tod; die
Nacht erzeugt den Tag und der Tag die Nacht. Eine zeitliche Abfolge wird zur
kausalen Folge. Aus dieser Situation ergeben sich drei Denkformen: a) ein
akustisch-metaphysisches, dem Unterbewußten nahestehendes Sinnen, in dem
alle künftigen Dinge als klingende Modelle (leere Formen) rhythmisch
präfiguriert sind und in denen es keine Gegensätze und nur ein Minimum
an Gestalt gibt; b) das Denken, welches die in der konkreten Welt vorhandenen
und sich gegenseitig aus. schließenden Gegensätze zur Grundlage einer
formalen Logik macht; c) einen rituellen, fast traumhaften Prozeß, durch
den die akustischen Urmodelle trotz konkreter und erstarrter Formen und
Gegensätze und der Verschiedenartigkeit, in der sich die gleichen Urmodelle
in der materiellen Welt manifestieren können, mit Hilfe des Analogiedenkens
und mythologischer Vorstellungen wieder auf ihre ursprüngliche akustische
Einheit zurückgeführt werden können. Dies erfolgt mittels eines
lebenden -gesungenen oder beweglichen, eventuell sichtbar getanzten -- Symbols,
durch das der ursprünglich den verschiedensten Dingen gemeinsame Rhythmus
transparent, ja sogar als deren causa formalis oder exemplaris erkannt werden
kann. Die Formen a) und c) könnten archetypisch bewertet werden, insofern
sie die im Urgedächtnis des Anthropokosmos erhaltenen Grundgestalten der
Emotion darstellen (a), die sich in entsprechenden Lautäußerungen und
körperlichen Gesten (c) zu erkennen geben. Im bewußten Denken (b)
hingegen entstehen die verschiedenen Deutungen, durch
<13> die sich die Weltbilder der einzelnen Kulturen und
Religionen voneinander unterscheiden. Im rituellen Handeln ist die
Vielfältigkeit jedoch längst nicht so groß wie im kausalen
Denken. Der Kern dieses Handelns sind in den alten Religionen im wesentlichen
stets Mantra und Gesang, in welchen selbst das der.logischen Sprac.he entnommene
Wort eine viel geringere Bedeutung hat als der Laut an sich. Das Analogiedenken
und die Symbolerfahrung fußen auf dem Erlebnis der Wiederkehr gleicher
Grundrhythmen in den verschiedenen Objekten, d.h. auf den verschiedensten Ebenen
des Seienden. Dadurch entstehen Gruppen, wie z.B. bei Pan-ku(4), deren
senkrechte Reihen analoge Erscheinungen auf verschiedenen Ebenen enthalten,
während die horizontalen auf den zeitlichen Verlauf dieser Erscheinungen
deuten:
Nacht Dämme- Morgen- Vor- Mittag Nach- Abend- Nacht rung
rot mittag mittag rot
23-2 3-5 6 7-11 12-13 14-17 18 19-22 Uhr
Tiefschlaf Traum Wach. Traumzustand
Kindheit Pubertät Jünglings- Mannes- reifes
Greisenalter alter Alter alter
Winter Frühling Sommer Herbst Winter
Nord Ost Süd West Nord
Klagen Rufen Lachen Singen Seufzen Klagen
Wenn aber z.B. in der Kategorie der Elemente das Feuer nicht
nur dem Süden, sondern auch anderen Richtungen koordiniert werden kann, so
liegt dies daran, daß jedem Objekt neben seinem Hauptstandort auch sein
eigener Zeitfaktor zukommt. Daraus ergibt sich die Formel:
glimmendes aufflackerndes loderndes verlöschendes Feuer
Nord Ost Süd West Mitte
Die ergiebigsten Quellen für die Rekonstruktion der
Kosmologien finden wir in der altindischen Tradition. Was sie uns lehrt, ist
sowohl philosophischer als auch mythologischer, ritueller als auch musikalischer
Art. Viel fragmentarischer sind die Uberlieferungen Ägyptens, des Vorderen
Orients, des fernen Ostens und der alten amerikanischen Hochkulturen. Doch -- im
Gegensatz zu Indien -- schenken sie uns Bildvorlagen von unschätzbarem Wert
(wenn wir von den geradezu "barockisierten" Darstellungen des späten
Buddhismus absehen). Von großer Bedeutung sind auch die abgesunkenen
Kulturgüter, Volksbräuche und Riten vieler Naturvölker. Denn
große Teile ihres Zeremonials wie ihrer Mythologie sind der Ausdruck einer
(allerdings meist nicht mehr voll verstandenen) Naturphilosophie.
Das Material wird hier nicht j eweils im Rahmen einer
bestimmten Kultur unterbreitet, sondern in der Sachordnung, welche die
systematische Darstellung der Kosmologie erfordert. Diese Methode -- ein Greuel
für die überzeugten Arealforscher -- hat sich hier als die einzig
mögliche und fruchtbare erwiesen. In ihr tritt, allen kulturhistorischen
Vari anten zum Trotz, die ursprüngliche Einheitlichkeit und
Folgerichtigkeit des
<14> kosmologischen Denkens deutlich zutage. Die Basis
dieses Weltbildes dürfte in erster Linie den weit verbreiteten
Megalithkulturen zugeschrieben w-erden. Ein immer erneutes Durchdenken der uns
erhaltenen Texte und eine gründliche Analyse des von mir untersuchten
Bildmaterials erlaubt den Versuch der Darstellung einer bestimmten, in sich
durchaus konsequenten Denkweise, durch die das alte Weltbild entstanden ist.
Viele ihrer Formulierungen erscheinen uns oft nur deswegen so abstrus, weil sie
aus Vorstellungen stammen, die vordergründig oft durchaus logisch
erscheinen, hintergründig aber periodisch in rhythmischen Wellen verlaufen,
die, wenn sie nur wortlos klingen, Bildassoziationen mit sehr schwimmenden
Umrissen (Traumbilder) hervorrufen können. Aus solchen Rhythmen
fließen die Bilder der mythologischen Sprache, die wir angesichts ihres
akustischen Hintergrundes "Bildbehelfe" nennen.
Der großen Verbreitung, die dieses Weltbild gefunden
hat, entsprechen freilich die starken Abweichungen und Aufsplitterungen, durch
die oft nur noch eine mehr oder weniger zusammenhängende Auswahl von
Symbolen und Mythologemen einer u rsprünglich vielleicht einheitlichen
Philosophie übrigblieb. Im Hintergrund aber muß einst die Weisheit
einer Erlösungsreligion gestanden haben, die bald eine Selbsterlösung,
bald eine Erlösung durch Gott anstrebte.
Die hier vorliegende Arbeit geht von dem Prinzip aus, alles,
was koordiniert werden kann, zunächst in einen lockeren Zusammenhang zu
bringen, insbesondere durch gemeinsame Zahlen. Dank dieser Methode werden oft
Dinge zusammengeführt, zu deren Koppelung wir aufgrund unserer Denkweise
nicht gekommen wären. Die Zahlenordnung braucht nur den Texten entnommen zu
werden. Aus ihr ergeben sich direkte, völlig neutrale, an keine bildhaften
Vorstellungen oder Kulturen gebundene Relationen. Sie bestimmen den jeweiligen
kosmologischen Standort eines Phänomens. Dies kann numinal in ganz
verschiedenen Urweltschichten wurzeln. Grundsätzlich wird hier ein neues
Durchdenken des akustischen Schöpfungspostulats und seiner Folgen versucht.
Oft wird übersehen, daß die alten Kosmologien keinen statischen
Zustand, sondern ein dynamisches Werden darstellen. Es besteht kein Widerspruch,
wenn der heilige Berg bald 3, bald 5, 7 oder 9 Stufen hat, denn der Berg, der
zwischen Himmel und Erde steht und beide Weltteile miteinander verbindet, wird
in dem Maße, wie das Universum sich erweitert, auch höher. Es handelt
sich dabei nicht um verschiedene Traditionen, sondern um verschiedene
Schöpfungsetappen. Das gleiche gilt für die wachsende Zahl der Himmel
und der Erden. Eine andere Schwierigkeit entsteht dadurch, daß man die
Vorstellung der Urgewässer ("die Wasser über den Himmeln und unter der
Erde") nicht als Symbol des Wortes in klingender Luft erkannt hat.
So könnte man trotz der vielen Abweichungen die
gemeinsame Grundlage aller Kosmologien mit einem heute verschwundenen
Tempelmodell vergleichen, welches in den verschiedensten Ländern und Zeiten
einmal als Vorlage für den Bau zahlreicher Heiligtümer gleicher
Bestimmung gedient hat. Vielen unter ihnen wurde eine Fülle von Anbauten
und Ornamenten hinzugefügt; manche sind sogar nur noch in toter Nachahmung
des Originals entstanden, ohne jedoch die Grundmaße und die führenden
Linien zu verändern. Aber fast alle diese Tempel sind heute
eingestürzt. Den Bau zu rekonstruieren bleibt kein anderer Weg, als das
Geröll der besterhaltenen Tempel aufzulesen und die jeweils
zusammenpassenden Bruchstücke wieder aneinanderzufügen. Dabei wird
manches Zwischenglied, das in einem Heiligtum verlorengegangen ist, aus den
Trümmern eines anderen, ihm verwandten Tempels hervorgezogen werden
können, wenn nur der Platz, den dieses Element im Baugedanken einnimmt, in
beiden Fällen der gleiche ist.
<15> Selbst wenn die Konkordanzen zuweilen aufgrund
äußerer, durch kulturgeographische oder historische Entfernungen
bedingter Aspekte nicht sofort erkennbar sind, so sind die Zusammenhänge
doch gesichert, sobald ihnen die gleiche Ordnungszahl oder der gleiche Sinn
zugewiesen wird oder werden kann. Diese zunächst höchst unsystematisch
erscheinende Vermischung und Auswertung eines zeitlich und räumlich oft
sehr verschiedenen Materials muß natürlich durch weiteres
Durcharbeiten und Vermehren der Dokumente allmählich auch enger
klassifiziert werden. Aber sie war beim heutigen Stand der Forschung notwendig,
um überhaupt die innere Struktur dieser überall nur fragmentarisch
erhaltenen Kosmologien zu erkennen. Bei einem exklusiven Studium emer einzelnen
Kultur wäre dies niemals möglich geworden. Es sei aber schon jetzt
darauf aufmerksam gemacht, daß z.B. die Zahlenordnung der chinesischen
Überlieferung teilweise und die der Kabbala (besonders wenn sie ihre Zahlen
über 22 hinausgehen läßt) mehr oder weniger erheblich abweichen.
Dies sind meist Sonderentwicklungen, die über gemeinsame Grundlagen mit
anderen Kulturen hinausführen.
Es ist sicher methodisch richtig, die Dinge zunächst nach
Kulturarealen und Zeitepochen zu ordnen, aber sie dürfen auch nicht
rücksichtslos aus ihrem unterschichtigen Zusammenhang gerissen werden, denn
sehr oft präsentiert sich die Vergangenheit -- vertieft oder verflacht --
im neuen G ewande, das meist nur notgedrungen verändert worden ist.
Daß die späten Megalithkulturen einen wesentlichen Anteil an diesen
Gedankengängen haben, dürfte schon aus der Bedeutung hervorgehen,
welche dem Stein zugeschrieben wird. Trotzdem haben zweifellos auch alt- und
jungpflanzerische Kulturen entscheidend mitgewirkt.
9.2.5. Das
Astrolabium
Eine wesentliche Hilfe zur Rekonstruktion des alten Weltbildes
gewährt uns ein Astrolabium, das sich im Museo Naval zu Madrid befindet(5).
Es zeichnet sich unter vielen anderen besonders durch die äußerst
klare und vielseitige Linienbildung seiner Spinne (Filigran) aus. Es entstammt
der Werkstatt des Michel Coignet in Antwerpen, wo es im Jahre 1598 hergestellt
wurde (s. Abb. 1).
Astrolabien sind stereographische Projektionen des
Sternhimmels, die dazu dienen, bei der Winkelmessung der Gestirne die Höhe
ohne mathematische Berechnung festzustellen. Sie existieren in sphärischer
oder plamsphärischer Form und waren im Mittelalter von Indien bis Spanien
sehr verbreitet. Da das planisphärische Astrolabium die von Hipparch aus
Nicäa (um 150 vor Chr.) erfundene winkeltreue, stereographische Projektion
voraussetzt, kann es laut R. T. Gunther schwerlich vor dieser Zeit entstanden
sein(6). Aber so einleuchtend diese Altersbestimmung auch ist, steht sie doch im
Widerspruch zu der Gestaltung der Spinne. Das in dieser Arbeit angeführte
Bildmaterial wird uns nämlich zeigen, daß sich die wesentlichen
Konturen der Kultbilder des ersten Jahrtausends nach Christus ebenso wie die
nichtchristlichen, ja sogar die der früheren Bilder mesopotamischer,
ägyptischer und amerasiatischer Herkunft lückenlos in die hier
gegebene planisphärische Ordnung einfügen lassen. Selbst der Rahmen
vieler Bilder stimmt oft mit dem der nautischen Quadranten überein.
Zweifellos diente das Filigran (die "Spinne") ursprünglich dazu, den Platz
der einzelnen Fixsterne anzugeben. Man findet darin aber auch Linien und
Gestalten, die nicht astronomisch motiviert sein können. Darum erscheint es
mehr als möglich, daß dieses Diagramm teilweise aus der Projektion
einer älteren kultischen Darstellung des Weltalls auf das Bild des
Sternhimmels hervorgegangen
<16> ist. In diesen Astrolabien ist gewiß
Astronomisches, Astrologisches und Mythologisches miteinander verbunden.
Uberdies scheint in diesen Kultbildern der durch die Drehung des Firmaments
bedingte räumliche Stellungswechsel der Gestirne mittels einer
Vervielfachung, d.h. durch eine Superposition von jeweils zwei oder vier
wichtigen Positionen angedeutet zu werden. Man hat eine überzeitliche und
überräumliche Darstellung der Welt und eine Aufhebung der
Gegensätze angestrebt, indem man die verschiedenen Phasen der Su kzession
simultan sichtbar machte. Von den vier Phasen ist im Astrolabium nur die erste
dargestellt, während von den drei anderen nur das Gegenbild (Kopf nach
unten) der im Filigran dargestellten ersten Phase in ihren wesentlichen
Zügen hier durch punktierte Linien angedeutet wird. Zeitliches Nacheinander
und räumliches Nebeneinander sollen ebenso wie eine helio. und eine
geozentrische Sicht ineinandertreten und ein Bild der Einheit geben. Solche
Vervielfältigungen führen dann zu bekannten Modellen wie auf den
Abbildungen 2 a- 2d.
Alle von mir in das Astrolabium eingezeichneten Doppellinien
(so z.B. 5, 14, B-Bi, D--D i usw. in Abb. 2c) scheinen auch mythologischen
Wanderwegen zu entsprechen. Kosmogonisch kennzeichnet die senkrechte Linie A-Ai
die Weltachse; doch da das Astrolabium eine stereographische Projektion des
Himmelsgewölbes auf eine Fläche darstellt, so bereitet die
Orientierung einige Schwierigkeiten. Von den Kreisen I--X entsprechen die Ringe
I-IV der raumlosen, akustischen Urwelt, welche innerhalb des Wendekreises IV/V
die mythische Urzeit (den "Mutterleib der Zeit") bildet. Beim Übergang des
Ringes IV nach V befindet sich je nach dem Betrachter die Winter- oder
Sommersonnenwende, bei IX/X liegen Sommer- oder Wintersonnenwende. Zwischen
diesen beiden Endpunkten rundet sich der Kreis VII (Tag- und Nachtgleiche),
dessen Größe sich mit der des Tierkreises deckt, ihn nur im Raum 31
auch zweimal (bei 23,5 Grad Ost und West) überschneidet, aber im Bilde
höher zu liegen scheint als VII. Dies fällt besonders bei 15 in den
Blick. Durch diese Lage soll die Schiefe der Ekliptik angezeigt werden, deren
Winkel von 23,5 Grad bei 11--31--8a und 8a-20a--12a angedeutet ist. Deswegen
befindet sich der Mittelpunkt des Zodiakus nicht bei 11, sondern bei 8 und sein
Nordpunkt bei 10a, wo auch der Polarstern zu stehen scheint. Der kleine,
punktierte Kreis zwischen 11 und 8 weist auf die Präzession. Neben dem
Bereich der "Erdkrote" (Räume 19--25) sind besonders die halben
"Räder" (Raum 17) des Kreises VII zu erwähnen, welche im Kultbild
wesentliche Stützen der dargestellten Objekte bilden. Der höchste
Punkt befindet sich (soweit dies bei einer Kugel moglich ist) je nach dem
Standort des Betrachters entweder im Raum 11 oder oberhalb des Raums 1 bzw.
unterhalb des Raums 25 (beide im Kreis X).
Zwischen IV und V vollzieht sich die Sommersonnenwende, im
zehnten Kreis das Wintersolstitium. Das in das Astrolabium einbezogene Kultbild
zeigt aber, daß man auch das obere Ende der vertikalen Linie A--Ai
(über dem Haupt 1) als den höchsten Punkt ansehen kann und
dementsprechend die Sommersonnenwende bei X und die Wintersonnenwende bei IV
ansetzen konnte.
Dazu ist vielleicht folgendes zu bedenken: Am Mittag des
längsten Tages steht die Sonne für den Bewohner der nördlichen
Halbkugel hoch im Meridian, also im Süden, gleichzeitig aber im Nordpunkt
ihrer Jahresbahn, d.h. im nördlichsten Punkt des Tierkreises oder "im
Himmel". Umgekehrt steht sie um die Mitternacht des kürzesten Tages tief
unter dem Horizont im Norden (in ihrer untersten Kulmination), gleichzeitig aber
im Südpunkt ihrer Jahresbahn, im südlichsten Punkt des Tierkreises
oder "in der Unterwelt". Kosmische und irdische Richtungen sind einander
entgegengesetzt.
<17> Um die Analyse des Astrolabiums und die
spätere Besprechung der darin einzugliedernden Kultbilder zu erleichtern,
sind die Linien, welche die ganze Spinne durchlaufen, in größerem
Maßstab mit großen Buchstaben, die kleineren Figuren im Inneren mit
arabischen und die um den Mittelpunkt kreisenden zehn Ringe mit romischen
Zahlen bezeichnet worden (s. Orientierungsblätter A und B). Hoch oben
schließt das Astrolabium mit einer kopfförmigen Figur (Räume 1
und 2) ab. Darunter befinden sich zwei brillenartige Einbuchtungen (3), in denen
oft zwei Augen untergebracht werden. Ein wichtiges Maß stellen die zwei
parallel verlaufenden Doppellinien (5) dar, zwischen denen der Raum einer
Schulterbreite größerer Menschengestalten vorgesehen ist. Sie
entsprechen etwa einer babylomschen Elle. Angesichts der Bedeutung dieses
Abstandes der zwei senkrecht verlaufenden Doppellinien wurden sie im
Orientierungsblatt A bis nach unten gezogen. Der normale Abstand dieser Linien
erweitert sich erst bei 21 (Erdkröte 16--25) und gibt damit in jedem Kreise
den nötigen Raum für je eine Sprosse einer Leiter (Himmelsleiter oder
Weltenbaum), die dadurch entsteht, daß dem Kreis IV ein Viereck, dem Kreis
v ein Fünfeck, dem Kreis VI ein Sechseck usw. entspricht. Dabei bilden sich
innerhalb des Raumes 5-5 je eine oder zwei horizontale Linien (Sprossen),
während im Quadrat (Kreis IV) auch die vertikalen Seiten mit 5--5
übereinstimmen. Wie Winter- und Sommersonnenwende, so läßt sich
auch die Zeit in entgegengesetzter Weise darstellen. Die Welt IV kann sowohl am
Mittag als auch zu Mitternacht beginnen und der Kreis X sowohl zu Mitternacht
als auch am Mittag enden, obgleich das Astrolabium grundsätzlich den
Übergang von IV zu V als Sommersolstitium und X als Wintersonnenwende
angibt. Vielleicht ist auch diese Gegensatzlichkeit aus dem
Umkehrungsverhältnis zu verstehen, das, sieht man vom Klang ab, die
Beziehung zwischen Himmel und Erde charakterisiert; Shatapatha-Brähmana
V,1,4,7 sagt, was im Himmel unten oder links liegt, erscheint auf Erden oben
oder rechts und umgekehrt. Dazu ist jedoch zu bemerken, daß der Ton diese
Umkehrung nicht erleidet, weil er ebenso auf direktem Wege wie als Echo -- zwar
schwächer an Lautstärke, aber formal in seiner Ausrichtung - immer
unverändert bleibt. Näher als das Umkehrungsprinzip liegt die
Vermutung, daß die gegensätzliche Bewegung mit der anschwellenden
Ausbreitung und der abschwellenden Schrumpfung des Lichts zusammenhängt.
Das Bild dafür sind zwei nach links und rechts sich windende
Widderhörner, zwischen denen ein Licht steht oder zwei Pferde, die ihr
Licht- und Klangopfer "ausbreiten", indem sie mit dem Sonnenwagen den Tierkreis
nach zwei verschiedenen Richtungen durcheilen. Das Licht selbst (die Sonne) ruht
im Stirnauge des Widders oder des Wagenlenkers. Im Kultbild schließt das
Astrolabium sowohl das heliozentrische wie auch das geozentrische Weltbild ein.
Geozentrisch gesehen befindet sich die Erde im Kreis IV, und die Sonne kommt
scheinbar aus III,7 über VII (Horizont) hervor(7) und steigt geradlinig
oder bogenförmig bis zum Kreis X empor. Vom heliozentrischen Standpunkt aus
dreht sich die Erde (Räume 19 und 20) um die solare Mitte.
Besonders starke Hinweise gibt das Zw illingszeichen im Raum
16, welches im alten Ägypten generell als ein Zeichen der Vereinigung galt
(so z.B. die Vereinigung des Nordund Südreiches). Es versinnbildlicht aber
in ältester Zeit den kosmologischen Standort des Geschlechts und je nach
der gegebenen Situation alles, was im einzelnen Lebewesen doppelt vorhanden ist:
Hörner, Augen, Ohren, Hände und Füße. Der Gegenpol zu 16
befindet sich auf den Bildern auch im Raum 6 (direkt über dem Kreis V
oben). Doch ist er im Astrolabium nicht vermerkt.
Das ganze Diagramm des Astrolabiums dürfte dem Yantra
entsprechen, d.h. einem rein linearen Schema, wie es schon im alten Indien auf
Sand oder Felsen gezeichnet
<19> wurde, um die Idee eines Bildes so abstrakt wie
möglich zu halten. Das deutet die Leere, die Nicht-Bildlichkeit der
Wahrheit an. In dieses Filigran, das im Grunde die wesentlichen Umrisse eines
Kompositionsmodells enthielt, wurden dann die verschiedensten konkreten Bilder
(Mandala) eingebettet. Die rein lineare, nie spezifizierte Linienführung
bot die letzte Möglichkeit, das "Wahre" und "Ungestaltete" noch optisch zu
suggerieren. Sie konnte aber besser durch die "leeren Formen" der Musik
ausgedrückt werden. Die Musik bildete die rhythmische Grundformel einer
Gesamtkonzeption, in welcher der erste optische Niederschlag das Diagramm war,
das nun seinerseits dazu diente, die verschiedensten Bilder der Mayawelt
aufzunehmen. Aufgrund solcher Diagramme wurden im Wiedergeburtsritual die
Gottheiten durch Singen von Mantras angerufen, und dort erhielten sie einen
bestimmten Platz(8).
Das Astrolabium ermöglicht eine Einordnung der Bilder in
die gegebenen Linien des Filigrans und enthüllt durch den auf diese Weise
gewonnenen Platz den kosmologischen Standort einer jeweils dargestellten
Erscheinung. Ein solcher Standort markiert auch den charakteristischen Zeitpunkt
(Kairos), der aber frei von jeder sittlichen Wertung ist. Zwar stehen Positives
und Negatives stets einander gegenüber, aber immer mit der gleichen Zahl.
Es gibt z.B. sowohl V gut als auch V böse oder V oben und V unten. Die
Fixierung des Standorts ist insofern von großer Bedeutung, als dadurch
ebenso der Kontext wie das Wachstum und der gelegentliche Stellungswechsel der
Dinge erfaßt werden können. In der Tat zeigen die
Schöpfungsmythen ganz eindeutig, daß die Welt kosmologisch nie als
ein starres, unveränderliches Gebäude, sondern als eine ständig
sich verändernde, anwachsende oder vergehende Erscheinung dargestellt
wurde. Gerade dies kommt im Astrolabium deutlich zum Ausdruck. Jeder Standort
trägt jeweils die Zahl des Kreises, zu dem er gehört. In der Tradition
der amerikanischen Mayavölker tragen die Götter solche Zahlen sogar
als Namen.
Die dem Astrolabium entsprechende Sternkarte umfaßt in
ihrem Zentrum den nördlichen Sternhimmel rechts bis zum Kreis VII und links
bis VI. Ab VI links und die ganzen Randzonen beiderseits gehören dem
südlichen Firmament an. Setzt man bei VII rechts die Grenze, so entspricht
Orion im Kreis VIII der Sternkarte dem Kreis VI des südlichen Sternhimmels.
Sirius und Großer Hund figurieren im Kreis IX und entsprechen im
südlichen Himmel dem Kreis V. Der Eridanus, der von IX nach X fließt,
erstreckt sich auf der Gegenseite von V nach IV, d.h. er kehrt zum "neunfachen
Totenfluß" IV,9 zuruck. Da die Position der Kreisenden Gestirne dauernd
wechselt (wofür wir theoretisch 4 Hauptphasen annehmen), während die
Kultbilder vorwiegend in senkrechter Stellung in den Positionen 1 oder 3
aufrecht oder umgekehrt (im Blatt A den durchgezogenen oder punktierten Linien
entsprechend) verharren, so kommen bei der Analyse der Bilder in erster Linie
nicht die Sterne, sondern das lineare Geiüst des Diagramms in Betracht. Bei
der Milchstraße allerdings, ähnlich wie beim Weltenbaum, müssen
die 4 Positionen der vollen Drehung berücksichtigt werden; denn ihr oberer
Bogen im Astrolabium fällt auf die Doppellinie D-Di und der untere
(punktierte) Bogen dehnt sich spiegelbildlich vom unteren Rand des Zodiakus
(Raum 15) nach links und rechts horizontal bis 32 aus (4. Position). In
aufrechter Stellung (Position 1 und 3) dagegen erscheint sie wie eine Amphore
oder wie eine Mandorla, in der die mittelalterlichen Maler oft den thronenden
Christus darstellten. In dieser Position muß die Milchstraße am Ende
der Stierzeit senkrecht über der Erde gestanden und den Platz des
aufrechten Weltenbaums eingenommen haben. Ihr Raum erstreckt sich fast
hufeisenförmig vom Kreis V nach außen hin bis X (s. Sternkarte).
Angesichts des ständigen Positionswechsels der Gestirne sind in Blatt A und
B die Beschriftungen des Zodiakus und die zahlreichen Häkchen, welche im
Filigran
<24> dieses Astrolabiums aus dem 16. Jahrhundert die
Präzession berücksichtigten, entfernt worden.
Wenn im Laufe des Textes zuweilen von Ost oder West die Rede
ist, so sind damit nicht die Himmelsrichtungen im Kultbild gemeint. Dies gilt
lediglich als ein Hinweis auf das Frühlings- oder Herbstäquinoctium.
Beide werden durch denselben Kreis VII angezeigt, aber durch VII (Ost) oder IV
(West) näher bestimmt. Während der letzten Umlaufzeit (26000 Jahre)
fiel die Rolle des Polarsterns im Jahre 4100 einem Stern des Kepheus, dann dem
Schwan und um 1400 (beim Übergang von der Stierzeit zur Widderzeit) der
Vega und der Leier zu. Es ist jedenfalls bemerkenswert, daß in dem
Diagramm des Coignet-Astrolabiums (vgl. Abb. 1) die Leier des zirkumpolaren
Raums als Nr. 33 in der Mitte des Raumes 8, also im hohen Norden steht, was
vielleicht einen Rückschluß auf die Entstehungszeit des Filigrans
erlaubt. Nach der mythologischen und symbolischen Analogieordnung werden die
Tag- und Nachtstunden hier in folgender Weise dem Jahresablauf
zugeordnet:
Dieses Schema ist aufgrund des folgenden Satzes aus
Atharvaveda XIX,53,2 entworfen: "Die Zeit hat sieben rollende Räder" Dazu
tritt noch die Überlegung, daß die rhythmische Zeit, die "alles
erschafft und wieder vernichtet" (ibid. XIX, 53,5--7 und 54,1--5), auch die Bahn
ist, auf der sich das Klangopfer der Lebenssubstanz vollzieht, dessen
charakteristische Zahl ebenfalls die Sieben (Kreis VII) ist. In dieser
Zeitordnung laufen zweimal je fünf Monate einander parallel, so daß
sie zusammen nur fünf "Räder" brauchen,
<25> während für die Winter- und die
Sommersonnenwende je ein Rad benötigt wird. Dies sind zusammen sieben
Räder.
Die Zeittafel ist auf den Frühlingspunkt im Stier
ausgerichtet. Bei den Traditionen, die vom Frühlingspunkt im Widder
ausgehen, verschieben sich die Stunden: Mitternacht beim Steinbock, Aquinoctium
6 Uhr usw. Demgemäß liegt dann die "gefährliche Stunde zwischen
Hund und Wolf" (= 21--22 Uhr) zwischen Skorpion und Schütze. Da das
Astrolabium ein Werk des ausgehenden 16. Jahrhunderts ist und zahlreiche
Häkchen auf eine Abweichung von der Grundfigur (Spinne, Filigran) deuten,
so stellt sich erneut die Frage, ob diese Deviationen auf die Präzession
zurückgehen oder ob die Spinne einen vom Astrolabium unabhängigen
Ursprung hat. Jedenfalls stellt in den alten Kultbildern die "Krote" (19--24)
die Erde dar.
Der Verfasser kann seinem leider 1975 verstorbenen Freunde
Reinhard Schubart nur zögernd in der Auffassung beipflichten, daß das
Astrolabium nach der Zwillingszeit auszurichten sei, in der die Erde "dem
Zeichen der Virgo (Spica) sehr nahestand, bis die Jungfrau die Erde
verließ, zum Himmel emporflog und sich eine Wohnung nahe dem Stande des
Bootes wählte. In Ägypten und Mesopotamien war diese Jungfrau die
große Mutter Venus, die als Symbol der Fruchtbarkeit eine Ähre in der
Hand hielt. Sie entsprach der Sommersonnenwende, während das
Äquinoctium bei den Zwillingen und dem Schützen lag " Zu dieser
Situierung der Virgo gibt R. Schubart folgende astronomische
Begründung:
"Nach der damaligen Vorstellung betrug der synodische Umlauf
des Saturns 378 Tage, der des Jupiter 399, der der Venus 584, der des M ars 780.
Der siderische Umlauf der Venus betrug 225 Tage, der des Jupiter 12 Jahre (das
Jahr, wie es üblich war, zu 364 Tagen gerechnet) oder 4368 Tage.
Im Hinblick auf die Präzession dauern
26000 synodische Umläufe des Saturn 26000 mal 378 = 9 828
000 Tage
12000 synodische Umläufe des Mars 12000 mal 780 = 9 828
000 Tage
27000 Sonnenjahre zu 364 Tage 27000 mal 364 = 9 828 000
Tage
43680 siderische Umläufe der Venus 43680 mal 225 = 9 828
000 Tage
2250 siderische Umläufe des Jupiter 2250 mal 4368 = 9 828
000 Tage
Wendet man nun die 3640 siderischen Umläufe der Venus auf
die 12 Abschnitte des Präzessionskreises (Tierkreis) an, so dauert jeder
dieser 26 000 synodischen Abschnitte 3640 siderische Umläufe der Venus oder
3640 mal 225 = 819000 Tage (12 mal 819 000 = 9 828 000). Daraus ergibt sich die
nahe Beziehung des Umlaufs der Venus zur Jahreszahl (364) und zur Wanderung des
Himmelspols. Die synodischen und siderischen Umläufe der Venus und des
Jupiter stehen aber nicht nur in Wechselwirkung zum Jahresablauf, sondern auch
zu den synodischen Umläufen von Saturn und Mars und -- was hier sehr
wichtig ist - zum siderischen Umlauf des Jupiter. Deshalb die so starke Betonung
der Spica oder Jungfrau in dem Filigran des Astrolabiums und seine ganz klare
Stellung zu den Äquinoctialpunkten der Gemini und seiner Komponente
Sagittarius, und vor allem seiner eindeutigen Lage zum Sirius."
Anschließend verweist R. Schubart auf Alfred
Jeremias(9), nach dessen Ausführungen der "göttliche Frühling"
der Sumerer mit dem Ende der Zwillingszeit und dem Anfang der Stierzeit
zusammenfiel, in denen die Milchstraße während des
Frühlingsäquinoctium bei Sonnenaufgang vertikal wie ein leuchtender
Baum über dem Beschauer glänzte, währendsie sich in der
herbstlichen Tag- und Nachtgleiche horizontal wie ein großes Band oder
Meer oder wie ein über den Himmel gezogener Äquator
ausbreitete.
<26> Der obere Rand dieser Milchstraße entspricht
im Astrolabium der geschwundenen Linie D--Di. Wenn nun die Milchstraße zu
gewissen Zeiten für Babvlon wie ein Band am Horizont lag, so stand der
Orientierungskreis fast senkrecht über ihr. Der Verlauf dieses Kreises ist:
Hydra, Virgo, Ursa major, Draco, Ursa minor, Cepheus, Cassiopeia, Andromeda,
Cetus, Crux.
9.2.6. Töne und
Zahlen
Aufgrund seiner Höhe, seiner Klangfarbe, seiner Stellung
im rhythmischen Verlauf und seiner Dauer hat jeder einzelne Ton seinen Sinn, der
zwar nicht begrifflich, wohl aber musikalisch erfaßt werden kann. Treten
mehrere Töne nebeneinander, so entsteht eine Melodie, die sich uns als eine
geschlossene, folgerichtige, aus hohen und tiefen Tönen bestehende
Beziehungsreihe emprägt, obgleich dieser Ablauf der Töne keineswegs
einen kausal bedingten Vorgang bildet. Verläuft die Beziehungsreihe
ruckwärts, so ändert sich zwar ihr Sinn, aber sie wird nicht sinnlos,
wie das z.B. bei einem gesprochenen Satz der Fall wäre. Die Begriffe
"vorwärts" und "rückwarts" oder "hoch" und "tief" sind unserer
Vorstellungswelt entnommen. Sie gehören in Wahrheit nicht zum Wesen der
Musik. Wir gebrauchen diese Ausdrücke, weil unserer Sprache nichts Besseres
zur Ve rfügung steht. Das Erlebms und Verständnis einer Melodie ist
nur in direktem Umgang mit ihr möglich, weil eine derartige akustische
Erfahrung sich weder beschreiben noch umschreiben läßt, obgleich an
einer Melodie vieles meßbar ist, insbesondere mittels Zahlen und durch
Proportionen.
Man kann ihr Metrum markieren, so z.B. durch Takte oder
Taktgruppen zu 2+1 (= 3/8), zu 2+2, zu 2+3, zu 2+2+2 oder 3 +3 usw. Neben dieser
Addition kann man sowohl die Zeitverhältnisse als auch die Tomntervalle
durch Proportionszahlen andeuten. So entstehen in einer Partialtonreihe die Inte
rvalle des - desi - asi - des(2) - f2 - as(2)- ces(2) - des( - es( - f3 usw.,
die in der Oberto nreihe den Verhältnissen 1: 2: 3: 4: 5: 6: 7: 8: 9: 10
usw. entsprechen und hier zugleich den Kreisen I--X zugeordnet werden. Aber
ebensowenig wie die Zahlen den Erleb niswert, d.h. die Qualität des
Rhythmus, der sich innerhalb des Metrums ausprägt, wiedergeben können,
so vermögen sie auch nicht etwas über den funktionalen Wert der
Töne innerhalb der Melodiegestalt auszusagen. Die Zahlen verhalten sich zum
musikalischen Erlebnis wie der reine Begriff zum gelebten Inhalt eines Satzes.
Obgleich die Zahl als solche keinen qualitativen Inhalt mitteilen kann, so weist
sie doch (rechnerisch oder anschaulich) in quantitativer Weise auf etwas hin,
das im akustischen Bereich qualitativ gehört und erlebt werden kann. Auf
diese Weise bildet die Zahl eine Brücke zwischen der akustischen Urwelt und
dem konkreten, sicht- und tastbaren Bereich der Schöpfung, wobei nicht
übersehen werden darf, daß diesseits der Brucke eine ganz andere
Sprache gesprochen wird als jenseits. Zwischen dem akustischen und dem
optisch-haptischen Dasein verläuft ein tiefer Graben. Es wurde schon e
rwähnt, daß unsere Sprache, von Onomatopien abgesehen, für alle
Sinnesempfindungen geeignete Bezeichnungen besitzt außer für den
Bereich der Klänge. Ist die äußere (quantitative) Grenze ihrer
Eigenschaften (z.B. laut und leise) überschritten, so spricht man von
hellen und dunklen, warmen und kalten, hohen und tiefen, weichen und harten
Tönen. Immer sind die Adjektive aus anderen, nichtakustischen
Sinnesgebieten gewählt. Auch stehen Auge und Ohr in einem bemerkenswerten
Wechselverhältnis. Stellen wir Oktaven dar und notieren ihre Frequenzen,
etwa:
<27>
1 2 -- 4 8 16
des des i des2 des( des(4),
so sehen wir die geometrische Reihe als eine Perspektive,
wahrend wir die einzelnen Intervalle nicht als verschiedene, sondern als
gleichförmige Distanzen hören. Kosmologisch betrachtet sind Zahlen
neutrale, meist adjektivisch gebrauchte Zeichen; sie dienen dazu, die jeweiligen
kosmologischen Standorte der Objekte zu kennzeichnen und auf deren
Zugehörigkeit zu bestimmten Kreisen oder Tönen und Rhythmen
hinzuweisen. Damit ist ein wesentlicher Charakterzug der in diesem Buche
angewandten Methode formuliert. Die Standorte der Zahlen sind für die
Einschätzung des Kairos eines Phänomens von grundsätzlicher
Bedeutung.
"Alles hast du nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet...
Nimm die Zahl aus den Dingen, und alles geht unter" (Buch der Weisheit 11,20,
griechische Fassung). Es ist auch kein Zufall, daß man in vedischer Zeit
die Hymnen nach der Zahl ihrer Metren anordnete(10). Doch können Inhalte
von Texten, die mit der gleichen Zahl verbunden sind, oft erheblich voneinander
abweichen. Sie scheinen zuweilen einander sehr ähnlich; bei genauerem
Zusehen steht die angeführte Idee aber in ganz anderen ideologischen
Zusammenhängen. Der viel zitierte Satz "die Dinge sind Zahlen" wird dem
hier beschriebenen Phänomen nicht ganz gerecht, denn die Zahlen vertreten
nicht die Dinge selbst, sondern sie zeigen nur die j eweiligen Zeitpunkte oder
Orte, in welche Mythologie und Ritual jedes Geschehen einzuordnen pflegen. Ihre
weite Verbreitung läßt vermuten, daß sie einmal ein
Verbindungsglied zwischen der pythagoräischen Zahlenlehre und der indischen
Samkhya-Philosophie bildeten.
Älter als die Zahl sind die Klänge und ihre
Intervalle, deren Größe, instinktiv als konsonant oder dissonant
empfunden, Zahlenproportionen entsprechen. Der Klang ist das Schöpferische
und Naturgegebene, die Zahl ist ein intellektuelles, ordnendes Element. Um ihre
kosmologischen Standorte feststellen und definieren zu können, wurden bei
der Durchforschung des Materials alle Daten zunächst nach den in ihnen
enthaltenen Zahlen zusammengestellt.
Die Zahl stellt ein ordnendes Kriterium und zugleich ein
praktisches, wesenhaftes und sicher sehr altes Hilfsmittel dar, um Proportionen
von Zeiteinteilung wie von Saitenoder Rohrteilung (Partialtöne)
auszudrucken. Solche Proportionen sind schon in sehr primitiven Kulturen aus der
Panpfeifen- und Musikbogentechnik bekannt und werden in der Praxis eher
intervallmäßig gehört als gezählt. Klänge und
Proportionsgefühl sind im menschlichen Gebrauch älter als
Zahlenverhältnisse. Sie gehören primär und wesenhaft zum
empirischen Experimentieren, während das Zählen dem abstrakten Denken
entspringt. Töne hören und ordnen beruht nach Leibniz auf einem
unbewußten Rechnen der Seele. Schöp fungsgeschichtlich sind die Dinge
ursprünglich nicht Zahlen, sondern Tonverhältnisse. Trotzdem
erleichtert eine Anordnung nach Zahlen die Forschung ganz erheblich. Zahlen und
letzten Endes auch Töne sind gewissermaßen die Hausnummern der Dinge
und weisen auf den gemeinsamen Standort, sie erschließen sogar den Weg des
Symbols. So lassen sich die verschiedenen Erscheinungen, deren Inhalte durch ein
Symbol koordiniert werden können, insofern sie an ihrer Wurzel durch einen
gemeinsamen Rhythmus untereinander verwandt sind, aufgrund ihres gemeinsamen
Zahlenwertes auch musikalisch einordnen. Unter diesem Gesichtspunkt können
Zahlen tatsächlich etwas erzählen. Zeigt sich die gleiche Zahl sowohl
in einem Ritual als auch in der rhythmischen oder klanglichen Beschaffenheit
eines Gesangs, formal oder substantiell, auch auf einer zeitlichen oder
räumlichen, anatomischen, physiologischen, astronomischen,
<28> philosophischen oder mythologischen Ebene, so liegt
in der Regel eine kosmologische Verbindung vor, an die wir angesichts der
sachlichen Entfernungen dieser Ebenen und aufgrund unserer in völlig
anderen Kategorien verlaufenden Uberlegungen "normalerweise" nicht denken
würden.
Die Zahlen sind nicht dualer Natur, aber sie zeigen den
Dualismus an, insofern die ungeraden auf Aktivitat und die geraden auf
Passivität hinweisen. So können bereits in der Urwelt II (= 2.
partialton) ein vierter, in III ein sechster, in IV ein achter Ton erscheinen
usw., wobei zu bemerken ist, daß solche geraden Zahlenwerte -- akustisch
verstanden -- Oktavwiederholungen, also hohe Konsonanzgrade darstellen, die nur
als eine Bekräftigung des bereits Erworbenen gelten können. Die
ungeraden Zahlen hingegen präfigurieren das Kommende.
Wie die gnostische Philosophie, insbesondere Maximus,
dargelegt hat, ist die Zahl nichts Uranfängliches. Sie ist weder Substanz
noch Akzidenz, weder Qualität noch Quantität. Die Zahl kann erst dort
einsetzen, wo der Schöpfungswunsch die Welt des reinen Seins verließ
und in der Urw-elt laut geworden ist, d.h. akustische Gestalt gew-onnen hat.
Dabei erfährt er eine erste Verminderung seines Wahrheitswertes. In der
konkreten Welt kann die Zahl zunächst auch nur die Quantität des
"bereits Ausgesagten" (= Erschaffenen) anzeigen, nicht aber das Wesen (das Wie)
der Dinge und deren gegenseitige Beziehung ausdrücken. Sie tritt nicht in
das Reich der Wesenheiten ein, denn alles diesseitige Sein ist weder reines Sein
schlechthin noch Urwelt, sondern ein zeitlichräumlich qualifizierendes und
quantitierendes Sein. Der Schöpfer ist über dem Sein. Das Viele bildet
in Gott eine Einheit, und der begriffliche Gegensatz von Vielheit und Einheit
ist Ausdruck und Zeichen einer Bewegung und eines Werdens, welche über das
reine Sein hinausgehen. Die vielheitliche Zahl ist die Bewegung der Einheit. Die
Reihe der Zahlen ist die fortschreitende Synthese der ursprünglich
einfachen und unentwickelten Einheit. Die wahre Einheit ist überhaupt keine
Zahl, weil sie keine Bewegung in sich enthält ii. Die Idee einer
ursprünglichen Unbeweglichkeit der Kreatur ist ein Widerspruch in sich
selbst, denn die Begriffe von Entstehen und Unbeweglichkeit schließen sich
gegenseitig aus oder stehen beziehungslos einander gegenüber. Die
Ständigkeit ist nicht ein potentieller Zustand des Werdens, sondern das
Ende der Verwirklichung der Potenz beim Werden der geschaffenen Dinge. Die
Bewegung ist nicht selbstherrlich, sondern eine geworfene, die sich selbst
begrenzt (12). Alles Gewordene ist ein passiv Bewegtes, nicht aber
Selbstbewegung. Ausdehnung und Kontraktion bilden die allgemeine Wesenheit aller
Dinge(13). Zeit und Raum sind Ausdruck der Endlichkeit, weil sie das Sein nicht
als ein einfaches, sondern als ein qualifiziertes besitzen. Unendliche Zeit und
unendlicher Raum sind ein Widerspruch in sich selbst. Endliches Sein ist
Abstand, Anfang und Bewegung, d.h. eine Zeit, die Anfang, Mitte und Ende hat. Es
ist das Kennzeichen der von der Zeit zerdehnten Dinge. Gott besaß die
Ideen der Dinge von Ewigkeit her. Die Verwirklichung dieser Ideen durch
quantitative Ausfüllung verringert den Abstand zwischen dem bloßen
Dasein und der Idee, d.h. dem reinen Sein(14).
Damit kommen wir zu einer typischen Formulierung des Rhythmus,
der im Gegensatz zur reinen Zeitteilung eine zugleich quantitierende und
qualifizierende Teilung von Raum und Zeit mit eigenem Anfang und Ende ist, die
sich an dem j eweiligen in Betracht kommenden Material vollzieht. Der Rhythmus
ist immer Bewegung, und selbst dort, wo er am Ende seiner Verwirklichung
erstarrt ist, zeigt er noch seine letzten Regungen an.
<29> Rhythmus ist - im Gegensatz zum gestaltlosen,
reinen Sein -- die lebende Gestalt des biologisch empfundenen Daseins.
Was die (insbesondere in der Samkhya-Philosophie, der
"Zählenden") so entscheidende Zahl festlegt, ist der jeweiligee kosmosche
Standort eines.Phänomens, dessen Erscheinung aber den numinalen,
hintergründigen Wert des Phänomens auch nicht völlig
herauszustellen vermag. Zwei Ereignisse, die auf den gleichen kosmologischen
Platz fallen, können in ihrer letzten Wurzel oder in ihrem reinen Sein doch
noch verschieden sein; was sie aber ganz entschieden vereint, ist der Zeitpunkt
und ihre äußere Erscheinung. Solche Zahlen sind keine rechnerischen
Begriffe, sondern Symbole von Rhythmen, die unmittelbar empfunden werden und
jeder begrifflichen Analyse entgleiten. Ordnen wir uns aber selbst in diesen
Rhythmus ein, ohne ihn sezieren zu wollen, so gibt er uns die Möglichkeit,
ähnliche, aber auf den verschiedensten Lebensebenen erscheinende Dinge in
die ihnen gemeinschaftliche Ordnung einzureihen. Dabei müssen sie nicht
aufgrund ihrer j eweiligen Gattungszugehörigkeit (Mensch, Baum, Pflanze
usw.) oder Funktion voneinander getrennt werden. Das gleiche gilt für den
Zeitpunkt. So wird man z.B. alles, was in Mensch und Natur zeitlich mit dem
Frühjahr zusammenhängt, unter dem gleichen Standort vereinigen
können. Dadurch wird die Zahl hier zum Wegweiser, ganz gleich, ob die durch
sie hergestellte Verbindung kausaler oder nicht kausaler, analoger oder
homologer Art sei. Ihr gleichzeitiges und gleichwertiges Auftreten in den
verschiedensten Zeiten und Kulturen enthüllt überdies den ideolo
gischen Zusammenhang dieser Kulturen. Die Bilder der Anschauung wechseln; im
Gegensatz hierzu bleiben die Zahlen -- allen historischen und
kulturgeographischen Unterschieden und selbst den verschiedenen, aber
symbolverbundenen Daseinsebenen innerhalb der gleichen Kultur zum Trotz --
konstant.
9.2.7. Sphärenharmonie
Carl-Allan Moberg hat 1937 in seiner reich dokumentierten und
trefflich kommentierten Arbeit "Sfärenas Harmonie" (15) alle von der Antike
bis zum 17. Jahrhundert angestellten Versuche aufgezählt, die Klänge
der Sphärenmusik mit bestimmten Tönen zu identifizieren. Meines
Wissens ist es um diese Frage wieder still geworden. Zwar hat sich Jacques
Handschin(16) inzwischen bemüht, das Problem wegzudiskutieren und die ganze
Vorstellung von den tönenden Gestirnen als ein Hirngespinst der
Neu-Pythagoräer zu diskreditieren. Er bagatellisiert die Stelle in Platons
"Staat" (617 B) und verweist sie in das Gebiet der Poesie. Er kümmert sich
nicht darum, daß diese Stelle immerhin in dem sehr ernst gemeinten "Staat"
mit der zentralen Idee der "Spindel der Notwendigkeit" verbunden ist: Diese Art
von Poesie bildet in der alten Welt die mythologische Einkleidung eines durchaus
ernst zu nehmenden philosophischen Hintergrundes. So leugnet er das Klingen der
Sphären rundweg ab, obgleich Platon klar und deutlich schreibt: "Auf jedem
Kreise (= Sphäre, die sich um die Spindel der Notwendigkeit zieht)
saß eine Sirene, die sich mit ihm drehte und ihren Eigenton hören
ließ, derart, daß alle 8 Stimmen einen großen Zusammenklang
bildeten " Ferner heißt es, daß drei andere Frauen, jede auf einem
Thron, in gleichen Abständen auf einem besonderen Kreis saßen. Es
waren die Töchter der Notwendigkeit, Lachesis, Klotho und Atropos, die
zusammen mit den Sirenen die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft
sangen. Klotho (Gegenwart) bewegte zeitweise mit der rechten Hand den
Außenkreis, Atropos (Zukunft) ergriff mit der Linken
<30> die inneren Kreise, und Lachesis (Vergangenheit)
packte mit beiden Händen abwechselnd bald die inneren, bald die
äußeren Kreise an.
Dazu äußert sich Handschin in folgender Weise: "Es
handelt sich bei der Sphärenharmonie offenbar um einen Gedanken von
symbolischem, eigentlich theologischem Inhalt. Doch wurde er nach zwei
Richtungen präzisiert und verhandgreiflicht: 1. Die Pythagoräer
scheinen tatsächlich angenommen zu haben, das Weltganze sei nach denselben,
einfachen Zahlenverhältnissen geordnet wie die Tonwelt, d.h. die
Planetensphären in ihren gegenseitigen Entfernungen entsprächen den
musikalischen Intervallen. 2. Wenigstens die populäre Fassung ihrer Lehre
glaubte, daß durch die Bewegung der Himmelskörper, die, sei es in
bezug auf ihre Raschheit, sei es in bezug auf Ausdehnung (Schwingungszahlen --
Saitenlängen), gegeneinander abgemessen wäre, reale gegeneinander
abgemessene Töne entstehen. -- Indessen sehen wir, daß schon Platon
nicht auf dem Boden dieser Konkretheit steht, denn die Sirenen, die er je auf
einer Himmelsphäre stehen und in einem Ton singen läßt, sind
offenkundig ein poetisches Bild. Er hat nirgends im Ernst gesagt, daß jene
Sphäre (oder die ihnen angehefteten Planeten) tönen " Den Ausspruch
des Pythagoräers Archytas, die rasche Bewegung erzeuge einen hohen und die
langsame Bewegung bringe einen tiefen Ton hervor, versucht Handschin(17) so zu
deuten, als ob Archytas damit nicht die Frequenz, sondern die
Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Tons gemeint hätte. Schließlich
wird die Sphärenharmonie sogar mit Paulus, Röm. VIII,
gekoppelt.
Wenn Jacques Handschin glaubte, alle diese Vorstellungen auf
eine "Verwissenschaftlichung" rein poetischer Gedankengänge
zurückführen zu müssen, so bestätigte er damit nur seine
grundsätzliche Ablehnung des Analogiedenkens und seine Verkennung des
Wertes der Mythen bei Platon. Nun besteht allerdings schon seit Plutarch eine
solche Fülle von sich widersprechenden Tonreihen, die den einzelnen
Gestirnen zugeteilt werden, daß man kaum noch an die Möglichkeit
einer Losung dieses Problems glauben möchte.
Vor allem fehlt jeder konkrete, historisch frühe Ansatz.
Da wir die Überlieferung nur aus ihrem Endstadium kennen, sind wir
gezwungen, mit einer Hypoth ese zu beginnen. Der Versuch, den Erich Moritz von
Hornbostel(18) anstellte, das Problem von der altchinesischen Tradition her zu
lösen, steht insofern auf schwachen Füßen, als seine
Koordination von Tönen (in Quintfolge) und Gestirnen auf einer Annahme
beruht, die sich weder in den babylonischen Grundstufen noch in den
Zwischenstufen I und II quellenkundlich belegen läßt.
Die Voraussetzungen, von denen hier ausgegangen werden soll,
sind allerdings zunachst ebenfalls sehr fragwürdig oder beruhen zumindest
auf sehr kärglichen, primären Gegebenheiten; sie können erst in
dem Maße anerkannt werden, wie sie im Endresultat zu einem annehmbaren
Ergebnis führen.
Wir setzen voraus, daß die Tiere, deren klangsymbolische
Bedeutung in den Kreuzgangstudien des Verfassers(19) klargestellt worden ist,
zugleich auch Teile eines musikalischen Tierkreises sein könnten. Zu diesem
Zweck lassen sich allerdings nur Stier, Löwe und Fisch mit den ihnen
entsprechenden Tönen e, f und h heranziehen. Ferner dürfte der Pfau
(d) insofern in Betracht kommen, als er aufgrund seiner mythologischen Stellung
"zwischen Himmel und Erde" einer der beiden Tag- und Nachtgleichen (Widder oder
Waage) entsprechen könnte. Versucht man nun, diese drei oder vier Töne
in irgendeiner geschlossenen musikalischen Reihe unterzubringen, so ergibt sich
nur eine einzige Möglichkeit: eine chromatische Ordnung, die sich in drei
astrologisch gebräuchliche Gruppen aufteilt:
<31>
c, des, d, es = Widder Krebs, Waage, Steinbock
(Kardinalzeichen)
e, f, fis, g = Stier Löwe, Skorpion, Wassermann (feste
Zeichen)
as, a. b, h = willinge Jungfrau, Schütze, Fische
(bewegliche Zeichen) ¥
An diese Hypothese schließt sich eine zweite. Sie
besteht in der Annahme, daß jedes Gestirn auf die gleiche Weise tont wie
die Tierkreiszeichen, in denen es seine astrologischen Sitze hat. In diesem Fall
ist:
die Sonne = Lowe = f
der Mond = Krebs = des
Saturn = Steinbock = es oder Wassermann = g
Jupiter = Schütze = b oder Fisch = h
Mars = Widder = c oder Skorpion = fis
Venus = Stier = e oder Waage = d oder Jungfrau = a Merkur =
Zwilling = as oder Jungfrau = a oder Waage = d. Venus und Merkur werden zuweilen
vertauscht, da beide die Töne a und d gemeinsam besitzen.
Versuchen wir nun aufgrund dieser beiden Hypothesen den
sogenannten Planetenbaum zu rekonstruieren, so erhalten wir folgende Tonreihe:
Sommer = des f a, Herbst = d fis b, Winter = es g h, Frühling = c e as (s.
die Tafel auf S. 33, Reihe D und E). Wie kann diese scheinbar zusammenhanglose
Folge von Tönen entstanden sein? Wir nehmen die Antwort voraus: Sie
entspringt einer Partialtonreihe, die durch ihre spätere Einbettung in ein
zwölfstufiges System verschleiert worden ist. Der Gedanke, an dieser Stelle
die Folge der Obertöne einzuschalten, kommt aus folgender Überlegung.
In der Brhadaran. yaka Upanishad I,4,6 heißt es: "Die Schöpfung ist
eine Überschöpfung des Brahma weil er als Höherer (als er selbst
war) die Götter erschuf und weil er als Sterblicher die Unsterblichen
schuf" Thot, der ägyptische Schöpfer der Welt, erschrak vor jedem
Wesen, das er selbst mit Hilfe von 7 Silben (kha) oder seinem siebenmaligen
Lachen ins Leben rief, weil es ihm jedes Mal größer und höher
erschien als er selbst. Dies ruft die Vermutung wach, daß zumindest in der
philosophischen Spekulation die Progression der erschaffenen Töne, in denen
die Urrhythmen der Dinge zum Aufklingen kamen, als eine Partialtonreihe gedacht
war, in welcher der niedrigste Ton fo rtwährend Töne erzeugt, die
höher sind als er selbst. So schuf wahrscheinlich Brahma in seiner
Erleuchtung die Töne des, desi, as i, des2, f2 als Grundton samt seinen
ersten vier Partialtönen und präfigurierte aus diesem durch 5
Töne dargelegten Dreiklang die Töne III,7 (ces2), IV,9 (es() und V,10
(f(4)) (s. die Tafel auf S. 33, A und B). Damit war die Grundlage für die
10 Kreise, Ringe oder Welten geschaffen, deren akustische Natur,
weitergeführt in den Tönen 11 bis 21 der Reihe C, mit einer
materiellen Natur überschichtet wurde, so daß die Welt konkret werden
konnte. Brahma schuf sowohl die "gestaltlose" (klingende) als auch die
gestaltete Welt (Maya), welche "die Form des Formlosen" ist. Zu diesen Welten
gehören auch die Gestirne, wie sie in den Reihen A, B und C angegeben sind.
Mit der Zahl 21 war die "Zahl des Geschaffenen" (akustisch) erreicht. Dazu trat
nur noch das Bewußtsein, welches in den 22 Shruti (Intervalle) die
Klänge der göttlichen Offenbarung erkannte. Nachdem daraus ein
göttliches Alphabet von 22 Buchstaben (wie in der Kabbala) geschaffen war,
vermehrten sich auf dieser Basis die Partialtöne (Reihe D), und
<32> es entstanden die Tierkreiszeichen, welche den
Planeten, der Sonne und dem Mond entsprachen, sowie sie bereits den
entsprechenden Zweigen des Planetenbaums zugeordnet wurden.
Das Brahman liefert das Urmaterial. Die Partialtonreihe ist
aber weder eine Tonart - noch eine melodiefähige Tonleiter, sondern eine
melodisch noch gestaltlose Materialleiter mit einem ihrem Entstehen eigenen,
sich allmählich verlangsamenden Rhythmus. In den Lehrbüchern der
Physik wird sie oft mißverständlich als natürliche Tonleiter
("gamme naturelle") bezeichnet. In der altindischen Lehre ist alles, was Gestalt
hat, "unwahr". Wahr ist nur die gestaltlose Leere. Wenn aber überhaupt
etwas geschaffen, d.h. gestaltet werden soll, so liegt der reine, bildlose und
unsichtbare Klang als Melodiegestalt der Wahrheit wenigstens näher als jede
andere linguistische oder konkrete Gestalt. Das Brahman, welches als Urton den
ersten Partialton hören läßt, entspringt der schöpferischen
Kraft des Rhythmus, mit dem er bei jedem ungeradzahligen Partialton eine neue
Klangebene schafft und bei jedem geradzahligen Ton den ihm entsprechenden
ungeraden tieferen Ton durch die Oktavierung konsolidiert.
Die Sphärenmusik bildet keine Tonleiter, sondern sie ruht
auf einem Baum, dessen übereinandergeschichtete Obertone (Äste) in der
Proportion 2: 1, 3: 2, 4: 3 usw. die Akkordsäule der Weltachse entstehen
lassen.
Es stellt sich nun die Frage, aus welchen Gründen der Ton
des als Ausgangspunkt der Sphärenharmonie gewählt wurde. Es versteht
sich von selbst, daß eine absolute Tonhöhe heute nicht mehr
feststellbar ist. Man muß die in der Partialtonreihe gegebenen
Proportionen im Toniaum derart situieren, daß die drei oder vier
Tierkreiszeichen, deren Töne uns aus dem Claustrum San Cugat bekannt
sind(2)=, auch an den ihnen entsprechenden Plätzen erscheinen. Mit anderen
Worten: der Stier muß dem Ton e, der Löwe dem f, der Fisch dem h und
der Pfau dem d entsprechen. Nur der Ton des (= Mond) kann die Basis einer
solchen Partialtonreihe sein. Wenn der Mond dem ersten Partialton entspricht, so
deutet dies sicher auf eine Synarchie von Sonne und Mond. Die Basis der
Sphärenharmonie ist die Urwelt II,4 bis IV,8 oder V,10. Ihre Ausdehnung
reicht bis in die Welt X (Tafel auf S. 33, Reihe A und B). Ihre sieben oder acht
Bahnen (Fixsterne, Saturn, Jupiter, Mars, Sonne, Mond, Venus und Merkur) weisen
auf die Ritualwelt VII/VIII (Reihe C). Ihrem urweltlichen Ursprung
gemäß verläuft ihre Zeit zugleich vorwärts und
rückwärts, weil unter den 3 Göttinnen (Moiren), welche die
Sphären drehen und in die Harmonie der Sirenen einstimmen, Lachesis das
Geschehene, Klotho das Gegenwärtige und Atropos das Bevorstehende singt.
"Und Klotho berühre von Zeit zu Zeit mit ihrer. Rechten den
äußeren Umkreis der Spindel iind drehe sie mit, Atropos aber ebenso
die inneren (Kreise) mit der Linken. Lachesis aber berühre mit beiden
(Armen) abwechselnd beides, das äußere und das innere" (Platon,
"Staat", 617d). Die jeweilige Zahl der einzelnen Kreise und Partialtöne
findet sich auch in den typischen Symbolzahlen der Gestirne wieder: die IV
für den Mond und die "m ihm" leuchtende "weibliche Sonne", V und VI
für Morgen- und Abendstern und auch für Merkur (Pentagramm und
Hexagramm), VII für die "siebenstrahlige" Sonne der Tag- und Nachtgleiche
und 20/21 Silben, mit denen man im Kreis X laut Chandogya-Upanishad II,10, 1--5
beim Samangesang die Sonne im 20. und 21. Partialton erreicht
(Sommersonnenwende). Doch, obgleich die Sonne zunächst am Anfang der Reihe
keinen eigenen Ton hat (es sei denn den unhörbaren Ton in der Akasha), gilt
sie als "heißer Gesang", ja sogar als "unübertönbar"
(Atharvaveda X,7,28). "Der dort glüht, den soll man als Udgitha
(Hochgesang) verehren, denn indem er aufgeht, lobsingt er für die
Geschöpfe, verscheucht er Dunkelheit und Furcht" (Chandogya-Upanishad
I,3,1). Da die 6 ersten Töne <34> Mond- und Venusklänge sind,
kann die Sonne nur als jenseitiger, bei Null im leeren Raum (Akasha) stehender,
klingender Anreger der Vibration verstanden werden. Auch später gibt sie
sich mit Ausnahme von f = Kreis X,20,40 nur als Licht im Morgenstern v,10 kund.
Auch die Welt III,7, die das "Auge" (Dreieck) der Sonne in der Urwelt
enthält, ist kein spezifischer Sonnenton, und III,6 hebt besonders die
Position der Urvenus hervor, deren Klang in der Urwelt III dem 3. und 6.
Partialton as entspricht (Reihen A und B). Dieser Ton ist eigentlich eine Art
Zwillingssitz. Die Urvenus (III) könnte Abendund Morgenstern sein. Sie
scheint aber nicht dem uns geläufigen Gestirn zu entsprechen. Sie ist eine
"männliche Virgo" (Kerenyi), em merkurisches Venuswesen, halb denkend und
halb gestaltend. Cicero (Somnium Scipionis 10) sagt sogar, daß Venus und
Merkur im gleichen Ton erklingen ("in quibus eadem vis est duorum"), so
daß die 8 Gestirnbahnen nur 7 Töne ergeben. Diese Einheit von Merkur
und Venus schwmdet in der konkreten Welt, und ihre Urkraft verteilt sich m der
Folge auf mehrere Klänge, welche durch die Weiterführung der
Partialtonreihe (C und D) entstehen: die Töne a und as = Jungfrau und
Zwillinge werden dem Merkur zugeschrieben, während die Venustöne d
(Waage) und e (Stier) sind. Wo die Töne d und e der Venus entsprechen,
dürften e der Morgenstern (der I.eitton zur Sonne f) und d der Abendstern
(der Leitton zum Mond des) sein. Es muß versucht werden, der Entwicklung
der Sphärenmusiktheorie erneut nachzugehen. Aus der Partialtonfolge
entstehen die auf S. 33 in den Reihen A und B genannten Töne und Gestirne,
die sich bis zum 10. Ton auf Mond, Venus, Sonne und F ixsterne beschränken.
Vollständig wird die Reihe der Gestirne erst mit dem 13. Partialton,
welcher die chromatische Folge einleitet (C) und nach der Oktavierung (= 26.
Ton) dieses Tons auch das a (25) einschließt. Somit kann die chromatische
Reihe auch bereits mit dem 22. Partialton und dem entsprechenden
Tierkreiszeichen (Gruppe D) beginnen. Der Venus aber steht nun nicht mehr der
Urweltton as (12) zur Verfügung. Dafür erhält sie die Töne d
(17, Libra) und e (19, Taurus), von denen das e vielleicht einmal dem
sonnennahen Merkur angehörte. Jedenfalls werden dem Merkur nun die
Töne as (12, 24, 48, Gemini) und a (25, 50, Virgo) zugeschrieben.
Die Tonfolge der Reihe C ist entweder chromatisch (wenn man
die Töne abwechselnd unter und über der gestrichelten Linie liest)
oder sie bildet 2 Ganztonreihen, wenn man sie oberhalb oder unterhalb dieser
Linie liest. Beide Tonfolgen sind im alten China nachweisbar: die erste im Bau
der Panflöte Pai--hsiao(21), die zweite in der alten chinesischen
Musiktheorie(22). Die Anordnung (Reihe E) gibt die gleiche Koordination von
Tönen und Gestirnen wieder, teilt sie aber in 4 Gruppen zu 3 Tönen in
je zwei großen Terzintervallen (= 3 Töne) auf. Es ist möglich,
daß man sich diese Entwicklung als das Produkt eines Wirbels vorgestellt
hat, der einerseits konzentrisch und chromatisch und andererseits exzentrisch in
vier Terzschrittgruppen verlief. Nach der Überlieferung der Edda waren die
Gestirne ursprünglich Feuerfunken, die dem Muspellsheim entflogen waren und
umherirrten, bis die Götter ihnen Wege und Sitze anwiesen(23). Demnach
könnten die Töne b/h den später noch zu beschreibenden Wirbel in
der Urwelt III,7 gebildet haben, aus dem die 4 Gruppen zu 3 Tönen
entsprangen.
Ziehen wir nun die Darstellung der Sphärenharmonie aus
Platons "Staat" heran. Ein Mann, namens Er, war mit einigen Kriegskameraden vom
Tode auferstanden. Er erzählt von der Wanderung seiner Seele im Jenseits: 7
Tage verweilten sie auf einer Wiese. Nach ihrem Aufbruch am 8. Tage seien sie
nach weiteren 4 Tagen an einen Ort gekommen, wo man von oben herab ein gerades
Licht wie eine Säule über den ganzen Himmel und die Erde verbreitet
sah, am meisten dem Regenbogen vergleichbar, aber glänzender und
<35> reiner. Als sie noch einen Tag weiter gewandert
waren, seien sie zu diesem Licht gelangt und hätten dort mitten in dem
Lichte vom Himmel her die Enden der ihn zusammenhaltenden Bänder befestigt
gesehen...An diesen Enden aber sei die Spindel der Notwendigkeit befestigt,
vermittelst derer alle Sphären in Umschwung gesetzt werden, und an dieser
seien die Stangen und der Haken von Stahl, der Wirtel aber sei gemischt aus
diesem und anderen Metallen. Dieser Wirtel habe folgende Eigensch aften: seine
Form sei die eines gewöhnlichen Wirtels. Sie sei so, als wenn in einem
großen und durchweg ausgehöhlten Wirtel ein anderer ebensolcher
kleinerer eingepaßt wäre, wie wenn Schachteln ineinander passen, und
ebenso ein anderer dritter und ein vierter und noch vier weitere. Denn 8 Wirtel
seien es insgesamt, welche ineinanderliegend ihre Ränder von oben her als
Kreise zeigen, um die Stange her aber nur eme zusammenhängende
Oberfläche eines Wirtels bilden; diese aber sei durch den achten
mittendurch getrieben. Der erste und äußerste Wirtel habe auch den
breitesten Kreis des Randes, der zweite sei der des sechsten, der dritte der des
vierten, der vierte der des achten, der fünfte der des siebenten, der
sechste der des fünften, der siebente der des dritten, der achte der des
zweiten. Und der des größten sei bunt, der des siebenten der
glänzendste, der des achten erhalte seine Farbe von der Beleuchtung des
siebenten, der des zweiten und fünften seien einander sehr ähnlich,
gelblicher als jene; der dritte habe die weißeste Farbe, der vierte sei
rötlich, der zweite aber übertreffe an Weiße den sechsten. Indem
nun die Spindel gedreht werde, kreise sie zwar immer ganz in demselben Schwunge;
in dem umschwingenden Ganzen aber bewegten sich die 7 inneren Kreise langsam in
einem dem Ganzen entgegengesetzten Schwung. Von diesen gehe der achte am
schnellsten; auf ihn folgen der Schnelligkeit nach zugleich miteinander der
siebente, sechste und fünfte; als der dritte, seinem Schwunge nach, kreise,
wie es ihnen geschienen, der vierte, als vierter aber der dritte und als
fünfter der zweite. Gedreht aber werde die Spindel im Schoße der
Notwendigkeit. Auf den Kreisen derselben säßen oben auf jeglichem
eine mitumschwingende Sirene, deren jede immer nur einen Ton von sich gebe, so
abgestimmt, daß aus allen achten insgesamt eine Harmonie
zusammenklänge. Um die Spindel der Notwendigkeit herum saßen in
gleicher Entfernung ihre Töchter, drei Schicksalsgöttinen in
weißen Gewändern, die Moiren Lachesis, Klotho und Atropos, und sangen
zu der Harmonie der Sirenen. Lachesis sang das Geschehene, Klotho das
Gegenwärtige, Atropos das Bevorstehende. Klotho berührte von Zeit zu
Zeit mit ihrer Rechten den außeren Umkreis der Spindel und drehte sie mit,
Atropos ebenso die inneren mit der Linken, Lachesis berührte mit beiden
Armen abwechselnd beides, das Außere und das Innere. Aus diesem Text
ergibt sich folgendes Zahlenschema:
Fixsterne Saturn Jupiter Mars Venus Merkur Sonne Mond Merkur
Venus
1 2 3 4 5 6 7 8
1 6 4 8 7 5 3 2
Fixsterne Venus Mars Mond Sonne Merkur Jupiter Saturn
Aus diesen Zahlenreichen ergeben sich grundsätzlich zwei
Aspekte: ein astronomischer und ein astrologischer. Unter dem ersten, welcher m
dem Zahlenschema durch die obere Reihe dargestellt ist, folgen einander 1. F
ixsternhimmel, 2. Saturn, 3. Jupiter, 4. Mars, 5. Venus oder Merkur, 6. Merkur
oder Venus, 7. Sonne, 8. Mond. Dies entspricht der
<36> normalen Stellung der Planeten am Firmament. Die
untere Reihe gruppiert die Gestirne aufgrund der Breite des "Randes" der Wirtel,
genauer und sinngemäßer übersetzt: nach der Breite oder Weite
der "Lippen" der Wirtel, d.h. der s,ngenden Sirenen. Aus dieser u nteren
Zahlenreihe ergibt sich die astrologische Gestirnfolge, in welcher Sonne und
Mond (7 und 8) in der Mitte des Systems stehen, während Mars und Venus (4
und 6) ein ausgesöhntes Paar bilden.
Die astronomische Reihe entspricht der Raumwirklichkeit: Mars
und Venus kämpfen um die Herrschaft der zwischen ihnen liegenden Erde. Die
astrologische Ordnung dürfte den eigentlichen Lobgesang der Sphären
aufklingen lassen: den Frieden zwischen dem kriegerischen Mars und der
lebenswarmen Venus oder die "Vermählung der beiden Gestirne", deren Tochter
Harmonia die Frau des Schlangentöters Cadmus war. Nun sollen diese Gestirne
nicht nur in verschiedenen Tonhöhen erklingen, sondern aufgrund der
verschiedenen Randbreiten der Lippen auch verschiedene Vokale verlauten lassen.
Über die Verteilung dieser Vokale sind sich allerdings auch die antiken
Autoren nicht ganz einig. Fest steht zunächst nur Omikron als der Laut des
Mars(24). Von den vier erhaltenen antiken Tonreihen ist eine unvollständig.
Die relativ b este Reihe bringt Plutarch mit A Ä I E Omikron (offen) Y
Omega (geschlossen). Doch muß schon hier bemerkt werden, daß statt
des Y vielleicht auch der Vokal U gemeint sein kann, der im griechischen
Alphabet als OU zwischen Omikron und Omega liegt. Es ist auch möglicH,
daß, wie noch zu erwähnen sein wird, dieses Y nur als Bindelaut
zwischen Omikron und Omega diente.
Versieht man die auf der oberen Zahlenreihe des folgenden
Schemas rückläufig angezeigte (astronomische) Reihenfolge der Gestirne
mit den ihnen entsprechenden Vokalen, so entsteht das System des Musikbeispiels
A:
Mond Sonne Venus Venus Mars Jupiter Saturn F ixsterne Merkur
Merkur
8 7 6 5 4 3 2 1
A E Ä I O mikron (U) OY Omega
Cancer Leo Gemini Tau rus Aries Piscis Aquarius Capricornus
Hier klingen die Vokale in der Reihenfolge des griechischen
Alphabets auf. Merkur, der in der Urwelt als dritter Partialton (as) einen Teil
der "bärtigen" Venus bildete, wird hier nicht erwähnt. Venus als
Abend- und Morgenstern (d und e) erscheint zweimal. Man kann auch denken,
daß beide Gest irne (Merkur und Venus) in ähnlichen Bahnen laufen und
die gleichen Kräfte verkörpern. So schildert Cicero die
Sphärenmusik als ein Traumerlebnis: "in quibus eadem vis est
duorum".
Die ganze Vokalfolge, die der naturgegebenen Ordnung der
Gestirne entspricht, teilt sich in zwei ebenfalls naturgegebene phonetische
Gruppen auf: 1. in eine velare: Omega (geschlossen)-U-Omikron (offen), in
welcher von D Saturn bis Mars die Lippen der Sirenen sich zunehmend vertikal
voneinander entfernen; und 2. in eine palatale Gruppe A E Ä I, die vom Mond
über Venus und Sonne bis zum Merkur reicht und durch die zunehmende
Verengung der horizontalen Lippenweite zustande kommt. Beide Formelri umfassen
den Gesang der sieben Vokale des ägyptischen Priesters Demetrius: "Ich rufe
dich an, Herr, mit einem gesungenen Hymnus. Ich preise deine Herrlichkeit A E
Ä I O Y O". Der Laut Ä entspricht im griechischen Alphabet dem H (s.
Beispiel A, S. 38). Das erste O steht für Omikron, das zweite für
Omega.
<37> Zieht man die zweite, untere Reihe des
Zahlenschemas heran, so erhält man das Beispiel B, in welchem die Sonne mit
dem Vokal E in der Mitte des Systems steht. Schließlich sei noch auf das
Beispiel C hingewiesen, das Merkur und Venus mit vertauschten Tönen
aufführt. Unter den vier anti ken Autoren, die über die Verteilung der
Vokale bestim mte Angabe hinterlassen haben(25), herrsch-t insofern Einigkeit,
als sie alle das Omi kron für den Vokal des Mars halten. Jupiter und Saturn
werden bald dem Omega, bald dem Y zugeschrieben. Untersucht man die Abweichungen
in den Zuordnungen der palatalen Reihe, so stellt sich heraus, daß die
Vokalfolge A E Ä I zwar grundsätzlich bestehen bleibt, aber durch die
spätere Bemühung, die Sonne in die Mitte des Systems zu bringen, immer
wieder verschoben wird. Die in der folgenden Tabelle durch einen Pfeil nach
links verwiesenen Vokale sind die einander widersprechenden Vokale der Sonne (E,
A oder I), welche die antiken Schriftsteller nicht zwischen Merkur und Mond,
sondern zwischen Mars und Venus stellten.
Mars (Sonne) Venus Merkur Sonne Mond
Omikron I Ä E A Demetrius
O I Ä E A Plutarch
O Ä E I A
O = E A Ä Y(?) Lydus
O A I Porphyrius
Bildet die Formel des Beispiels F eine geschlossene Melodie
menschlichen Singens (hier das gregorianische Te Deum), in welchem die Töne
der erdennahen Gestirne sich nach musikalischem Belieben untereinander verbinden
oder wiederholen können, so weisen die Beispiele A bis C nur auf einzelne
Vokale und Töne, die wahrscheinlich vorwiegend in Terzparallelen
zusammenklingend gedacht waren. Ein voller Zusammenklang ergibt die progressive
Verkleinerung der Tonabstände von unten nach oben, welche (ähnlich wie
bei den Ästen des Weltenbaums) die Urgestalt der Sphärenharmonie als
eine vom 1. bis zum 25. Partialton ununterbrochene Obertonreihe ausweist. Sicher
haben in diesen Gesängen nicht nur die einzelnen Vokale, sondern auch die
Vokalverbindungen oder Einleitungsklänge eine Rolle gespielt. Doch sind wir
über deren Bedeutung nur wenig unterrichtet. Sie liegen vorwiegend an der
Grenze des velaren oder Palatalen oder innerhalb des palatalen Bereichs. Die
Verbindung A bis O (Beispiel B und C) erinnert an den Ruf IAO des
ägyptischen Mond- und Schöpfergottes Toth, an den Begriff TAO und an
die heilige Silbe AUM, deren zwei Vokale fast wie ein nasales O ausgesprochen
w.erden. Über E bis I = Sonne + Venus oder Merkur (Beispiele A und B)
äußert sich Plutarch in seiner kleinen Schrift: "Was das Wort EI
bedeutet, das auf den Toren des Apollontempels in Delphi eingraviert war".
Demnach ist E als 5. Buchstabe des griechischen Alphabets mit dem Ton des
Sonnengottes zu identifizieren. "EI" lautet auch der Gruß, mit dem der
Pilger den Tempel des Gottes betritt. E ist die Sonne, die den Pilgern das
"erkenne dich selbst" zuruft; I ist die Antwort des Pilgers (= Merkur bzw.
Venus): "Du bist!" Der Ruf des Apollon soll eine Warnung sein; die Antwort soll
die Ehrfurcht des Menschen vor der Wahrheit bezeugen. Es liegt nahe zu vermuten,
daß diese Gedanken des Plutarch mit gnostischen Vorstellungen
zusammenhängen: Sein eigenes Selbst erkennen heißt die wirkliche
Wahrheit in der Stimme erfassen und dadurch neu geboren werden.
<39>
In Westafrika, wo sich noch viel altägyptisches Kulturgut
erhalten hat, werden die Laute Ä--I in schneller und dauernder Wiederholung
zur Ermutigung bei Gefahren gebraucht (Duala). Bei den Bambara gelten IO, YO und
OYO als Weltschöpfungssilben. Die Formel OYO entspricht der Folge
Omikro-Y--Omega, d.h. M ars--Jupiter--Saturn. Die Tonart, in der diese
Gesänge verlaufen, dürftte zumindest materialmäßig dem im
Mittelmeergebiet weit verbreiteten Hij az-Kar (Beispiel D) oder Hij az-Usharan
(Beispiel E) entsprechen. Dazu ist zu bemerken, daß in diesen (wenigstens
aus der heutigen Praxis noch sehr bekannten) Tonarten die zwei wichtigsten
gliedernden Schwerpunkte (die Töne g und c) auch in der Sphärenmusik
betont werden, insofern der Ton g (Saturn) das Ende und der Ton c (Mars) den
Übergang von der oberen zu der unteren Strukturhälfte c bis g
bilden.
Überträgt man die hier gegebenen Tonreihen in das
alt--griechische Transpositionsskalensvstem, wodurch -- im Gegensatz zu den
Oktavgattungen -- die absolute "Höhe" der Gestirne gewahrt werden kann(26),
so zeigt sich auf dem gemeinsamen Ambitus f-fi, daß die feststehenden
Rahmentöne (Ecktöne) Klänge der Sonne und die der Mese Töne
des Jupiter sind. Die dazwischenliegenden, bew-eglichen Töne stellen
diejenigen Gestirne dar, die, je nach dem Ethos der Tonart, mehr oder weniger
gebraucht oder gar vermieden werden. Daß bei dieser Ethosbewertung
astrologische Gesichtspunkte mitspielten, dürfte außer Zweifel
stehen. Um dies augenscheinlich zu machen, sind in der folgenden Tabelle alle
Tonarten auf die gleiche Basis (f) transponiert. Die Tonika, die jede Skala in
untransPoniertem Zustand hätte, ist links an erster Stelle
vermerkt.
Sonne (Saturn/Mond) Jupiter Sonne
Fixsterne
H Mixolydisch: f es des ces b as ges f
| Mars
E Dorisch: f es des c, b as ges f
| Saturn
A Hypodorisch: f es des c b as g '. f
| Venus
D Phrygisch: f es d ' c b as g f
| Merkur
G Hypophrygisch: f es d c b a g f
| Venus
C Lydisch: f e " d c b a g f
F Hypolydisch: f e d c h a g f
Capr. Canc. Sag. Gem. Scorp.
Leo Taurus Libra Aries Pisces Virgo Aquar. Leo
Der dorische Modus wird durch die Vorherrschaft von Sonne,
Jupiter und Mars charakterisiert. Je mehr Gestirne in einem Modus auf diese
Weise hervortreten, um so mehr
<40> verliert er die Eindeutigkeit der vorausgegangenen
Tonarten. Das Ethos dieser Tonarten besteht offenbar darin, daß sie zwar
alle in Sonnen- und Jupitertönen verankert sind, aber ihren sittlichen Wert
in dem Maße verändern, als sie andere Planeten mit aufnehmen und
dadurch astrologisch starke Oppositionen oder Konjunktione.n schaffen. Je mehr
Planeten in einem Modus aufeinanderstoßen, um so zersplitterter ist das
"Horoskop"der Tonart. Der planetenarme, aber starke dorische Modus ist für
Platon der Ausdruck der Strenge, der männlichen Besonnenheit, der Tatkraft
und des Mutes, weil er neben den Grundklängen der Sonne und des weisen
Jupiter nur noch den Ton des kriegsstarken Mars umschließt. Das
Hypodorische fügt den finsteren, aber zähen Saturn hinzu. Der
phrygische Modus ist enthusiastisch und (insbesondere im religiösen Sinne)
stark gefühlsbetont. Er ist nicht so besonnen wie das Dorische. Er strahlt
die Kraft der Venus im Bereich der Waage aus. In der Hypotonart gilt er als
orgiastisch. Inwieweit dafür Merkur in Anspruch genommen werden kann,
bleibt allerdings zweifelhaft. Das Zarte und Empfindsame, welches dem Lydischen
(unserem Dur) und Hypolydischen nachgerühmt wird, ist wohl der doppelten
Mitwirkung der Venus als Sexte und als Leitton in den Zeichen der Waage und des
Stiers zu verdanken. Die mixolydisc'he Tonart soll "hoch, trauernd und scharf
klingend wie Trauergesänge" sein, was vielleicht auf den ernsten Charakter
der drei emzigen Gestirne (Sonne, Mond, Jupiter) weist, von denen Sonne und
Jupiter unter je einem "klagenden" Halbton stehen.
Mit dieser Deutung der Ethoslehre geraten wir in Widerspruch
zu der Auffassung von E.M. von Hornbostel, der nur die absoluten Höhen der
Toniken jeder Oktavgattung ("harmoniai") für die astrologischen Exponenten
einer Tonart hielt. Da man aber, wie O.J. Gombosi nachgewiesen hat, in der
Praxis alle Modi durch Transpositionen auf den gleichen absoluten Grundton
gebracht hatte (wie es in der obigen Tabelle dargestellt ist), hätte
für jeden Ausdruck eines bestimmten Ethos in seiner Oktavgattung das
Instrument von Fall zu Fall umgestimmt werden m üssen. Es hätte auch
keinen Sinn, den dorischen Modus aufgrund seiner Tonika als den Exponenten
männlicher Besonnenheit zu werten, wenn man in seiner Skala die Töne
der Venus, also e und d statt es und des, benützte. Es bleibt allerdings
die Frage offen, ob bei dem zweimaligen Vorkommen der Venus (mit den Tönen
d und e) nicht ein Mondton (des/d) verdrängt worden ist. Daß das
Ethos der Töne sich nur m den Transpositionsskalen und nicht in den
Oktavgattungen verwirklicht hatte, hat. O.J. Gombosi(27) klar erkannt. Auch
verweist er in diesem Zusammenhang auf die Spuren dieser ethischen Gebundenheit
der Einzeltone, die sich noch in der aristoxenischen Plutarch-Stelle über
die Unverwendbarkeit gewisser Töne in der dorischen Tonart zeigen:
"Hätte man diese Töne angewandt, so hätte man sich wegen ihres
Ethos schämen müssen."
Der Modus erhält sein Ethos durch die Anzahl und den
Charakter der Planetentöne, die er umfaßt. Da die griechische
Planetenreihe auf die Töne e d c h / b a g f beschränkt war,
mußten die anderen Töne (ges as des es) als frei von Ethos oder als
Töne von Planeten im Fall oder m Verbannung gelten.
9.2.8. Die Klänge der
Chakraslehre
Der Ordnung der Schöpfung -- als Anthropokosmos
verstanden -- gemäß gliedert die Chakraslehre auch den menschlichen
Körper in 5 oder 7 wesentliche Kraft- oder Bewußtseinszentren
(Chakras, Lotosse), von denen ein jedes eine bestimmte Gruppe von Lauten
trägt. Der Anfang dieser Klänge liegt, beim Menschen ebenso wie beim
Anthropokosmos,
<41> im Parabindu, d.h. in einem unausgedehnten
geometrischen Punkt, der (im Gegensatz zu den drei "ausgedehnten" Bindus)
dreifacher Natur ist. Beim Bersten dieses geometrischen Punktes entsteht der
unmanifestierte Klang, der beim Verlassen des Äthers (Akasha) als Nada,
d.h. als undifferenzierter, aber hörbarer Klang hervortritt und damit auch
Bindu (Nasalhauch) und Bija (Keimsilbe) produziert(28). Mit dem
Hörbarwerden des Klanges bildet sich ein Hohlraum. Dieser Resonanzraum ist
das durch drei ausgedehnte Bindus (Nada, Nasalhauch und Keimsilbe) abgegrenzte
"erhabene Dreieck des göttlichen Wunsches" (Kamakala), die Welt zu
erschaffen. Dieser Raum ist der "Urkopf", welchem das von Nada ausgehende
klingende "Shabdabrahman" in folgenden Manifestationen entstromt.
Nada Bindu Bija
Mond Sonne Feuer
Nabel Herz Stimme (Kehle)
Wille Tat Erkenntnis (Avalon 82)
TH K A
Das Dreieck enthält drei Reihen zu 16 Lauten oder
"Buchstaben". Die erste Reihe beginnt mit A, die zweite mit K, die dritte mit
TH. Daher der Name Akatha-Dreieck. Zu diesen 48 Lauten treten in den
Innenwinkeln des Dreiecks die drei Laute Ha, Ksha und Lla (nasal). Diese 51
Laute verteilen sich im menschlichen Körper auf folgende Weise:
Kreise
IX Scheitel Übergang von S zu H (ausgesprochen wie ch in
"Nacht")
H (M)
VII/VIII Stirn/ Hauchlaut H
Auge
(Ather) Keimlaut Aum
VI/V Mund/ Vokale a a i i u u
Kehle ri ri lri lri
(Akasha) e ai o au ah ang
tenuis aspirata, media, media asp., nasal
III Herz guttural k kh g gh ng
(Luft) Palatal ch cch j jh nj
cerebral t th
Keimlaut Y
III Nabel cerebral d dh n
(Feuer) dental t th d dh n
labial P Ph
Keimlaut R
V/VI Geschlecht labial b bh m
(Wasser) halbvokal l r y
Keimlaute: kurzes A V
VII/VIII Steiß halbvokal
(Erde) sibilant
Palatal sh, cerebral sh, dental s
Keimlaut L
<42>
Im Scheitel ruhen die Klänge S (stimmhaft) und das leise
ausgehauchte H. Der im Stirnlotus und im Geschlechtszentrum aufgeführte
Laut M gilt als androgyn. Unter "Geschlecht" sind die inneren, unter
"Steiß" die äußeren Genitalien zu verstehen. Oft werden diese
beiden Zentren in einem einzigen zusammengefaßt. Ferner ist zu bemerken,
daß der Stirnlotus auch den Aushauch H tragen kann. Die Kehle dagegen
birgt die Vokale. Die Keimsilben sind Halbvokale. Vom Herzen zum
Steißchakra schließt sich allmählich der Mund, von den
gutturalen angefangen über die cerebralen und labialen Klänge zu den
Zischlauten.
Unter den Chakras entsprechen Steiß, Geschlecht und
Nabel der materiellen, Herz, Kehle und Kopf der geistigen Welt. In der Abb. 3
liegt die Mitte zwischen Nabel und Herz. Aber das Herz kann auch die Mitte
bilden, so daß die geistige Welt nur durch Kehle, Kopf und Scheitel
vertreten wird. Andere Anordnungen teilen dem Steiß und dem Geschlecht
materielle, der Kehle und dem Kopf geistige, dem Nabel und dem Herzen
vermittelnde Aufgaben zu. Der Steiß, der "geheime oder uralte Platz",
vertritt das Element Erde, den Sakralplexus mit vier Lauten oder
Lotosblättern. Das Geschlecht wird mit sechs Lauten, die dem Wasser
entsprechen, assoziiert. Zum epigastrischen Nabellotus gehören mit 10
Lauten dicht unter dem Zwerchfell der Solarplexus, das Feuer und die Kräfte
der Wandlung (Verdauung, Assimilation, Verwertung organischer Stoffe zum Aufbau
physischer Energien). Das Herzchakra reguliert den Kreislauf; sein Element ist
die Luft. Mit seinen 12 Lauten ist es das von der Keimsilbe Y geborene
"Weltenwort".
Diesen grobstofflichen Lotossen folgen drei feinere Zentren,
in denen sich das Bewußtsein bildet: 1. die Kehle, das "Tor der
Befreiung", durch das die bislang unhörbaren Laute hörbar werden; ihre
Klänge sind die 14 Vokale und 2 Hauchlaute, welche der Sprache Gestalt
(oder Volumen?) geben; das sinnvolle Sprechen entsteht zwischen dem Stirn- und
Kehlkopfchakra; 2. das zwischen den Augenbrauen liegende und mit 2 Lauten sich
darstellende Stirnzentrum, um welches sich senkrecht Ge hirn und Nase und
seitlich Augen und Ohren gruppieren; 3. der Scheitel, dessen Zirbeldrüse
das willkürliche Nervensystem und die "tausend Laute"
beherbergt(29).
Neben diesen Hauptchakras gibt es eine Reihe von Nebenchakras,
die in der Literatur leider nur gelegentlich und ohne Erwähnung einer
spezifischen Ordnung genannt werden. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die
meist erwähnte und hier dargestellte Folge nicht auch in anderer Weise,
nämlich als der "achtfache Pfad" innerhalb der acht Chakras denkbar
wäre.
7 Chakras Blätter der Lotosse 8 Chakras
Scheitel 1000
Stirn 2 2 Stirn
Kehle 16 16 Mund
14 Kehle
Herz 12 12 Herz
Nabel 10 10 Solarplexus
8 Nabel
Geschlecht 6 6 Geschlecht
Steiß 4 4 Steiß
50 72
Diese zweite Ordnung würde allerdings nicht den 50
Lauten, sondern den 72 Nadi entsprechen, die zwischen Stirn und Steiß
strömen.
<43> Die Klangzentren sind auf zweifache Weise
miteinander verbunden (Abb. 3): zunächst durch zwei sich um einen Stab
windende I-ebensströme, von denen der linke (Ida) weiblich-lunar und der
rechte (Pinggala) männlich-solar ist. Pinggala entspricht dem hellen
Bewußtsein und den zentrifugalen Kräften; Ida umschließt' die
regenerie enden, 'zen- tripetalen Energien des Unterbewußten. Der Stab ist
die Sushumna, eine imaginäre Wir-. belsäule, die von dreigliedriger
Qualität (guna) ist und zugleich der Ort, in den der duale Fluß des
Lebens (beim Geschlecht und beim Stirnchakra) einmünden kann. Mittels
dieser drei Kanäle strömen die 72000 Lebenskräfte bildenden Nadi
durch den menschlichen Körper. An der Basis (Steiß) liegt
Kundalini
, die "Schlange" und "allmächtige
Jungfiau", das Bewußtsein, eingerollt im Schlafe, bis Nada, die initiale,
klingende Wirkkraft, in ihr erwacht und sich "zischend" oder "wie Bienen
summend" vom Steiß bis zur Zunge und Nasenspitze erhebt, wo sich ihre zwei
Bahnen wieder vereinigen. Kundalini ist die Förderin der stofflichen
Prakriti, die große "Weltverwirrerin"(=, die, solange sie als Hüterin
der Maya an der Basis der Sushumna eingerollt schläft, den Zugang zum
höheren Bewußtsein verschließt. Ist sie erwacht und ist sie,
sich aufrichtend, im Kopfchakra ihrem geistigen Partner (Scheitelchakra)
begegnet, der sich ihrer zischenden Stimme mit seinem H-Laut widersetzt, so
sinkt sie, von besserem Wissen erfüllt, wieder ab und realisiert dabei im
Herzchakra des Menschen die höchste Erkenntms. Der Kundalini-Yoga
erwächst aus dem Bestreben, das in der Maya befangene Leben durch geistige
Konzentration (Meditation) aus seiner verhaftung mit dem konkreten Dasein zu
befreien, um sich der akustischen Ursubstanz der Welt zu nähern und dann,
durch höheres Wissen gereinigt und gelöst, sich wieder in das
materielle Dasein des Alltags einzugliedern. Mit Lauten wurde die Welt
geschaffen und durch Laute vermag der Mensch auch zu ihrem und zu seinem eigenen
Anfang zurückzukehren. In diesen Lauten klingt das unmittelbare Wesen des
Seienden auf. Der Yogin kann sie, seine Konzentration auf die in den
verschiedenen Chakras ruhenden Kräfte lenkend, nach Ausschaltung der
äußeren Sinneseindrücke in seinem Körper aufrufen. Der
Raum, in dem sich dieses Geschehen abwickelt, ist jedoch nicht der konkrete
Körper des Yogin, sondern sein "urzeitlicher" Körper, der als
kosmisches "Gedächtnis" eines früheren, rein akustischen Zustandes im
jetzigen Körper überlebt. Darum sind die Nadi und die drei Kanäle
weder Nerven noch Adern noch Wirbelsäule, sondern in
außergewöhnlichen Bewußtseinszuständen erlebte Vorgange,
die nicht in bestimmten physiologischen Organen lokalisiert werden können.
Sie umfassen die Laufbahn des sogenannten "Prana", ein Wort, das kurz mit "Atem"
übersetzt werden kann, aber eigentlich die Gesamtheit der psychischen und
physischen Energien bezeichnet, von denen alle Bewegungund alle Wandlungskraft
ausgehenund deren Urmanifestation der vom lautlosen Denken eingeleitete Klang
ist. So aufgefaßt verkörpert Prana das Urprinzip der Schöpfung
in dem ersten Bewußtseinsraum, im Akasha
, der als
klangtragendes Medium für die Urbewegung gilt und dessen Wortwurzel
(sanskr. kash) leuchten, strahlen bedeutet. Vom Vertrauen in dieses
Urgedächtnis getragen wagt der Yogin den ersten Schritt, indem er sich
zunächst von diesem seinem Urgrund ergreifen läßt, ohne den
Versuch zu machen, selbst etwas zu ergreifen oder zu begreifen. Eine Erleuchtung
ist mcht das Ergebnis einer aktiven Besitznahme, denn die Grundlagen des
Geschaffenen entstehen durch Rezeption. Der Yogin ist -- ebenso wie der
Anthropokosmos -- ein "Geworfener", ein Hörender, der jeden Rhythmus, den
er selber ausführt, zunächst innerlich vernimmt und sich ihm hingibt,
damit der Abstand von Subjekt und Objekt sich auf ein Mindestmaß
verringere.
Da das konkrete Dasein in den erd-betonten Chakras
(Steiß, Geschlecht) wurzelt, kann der Mensch seine akustische Urexistenz
nur wieder freilegen, indem er die in seinem
<45> Inneren schlafenden, unhörbaren Kräfte
durch geistige Sammlung weckt. Diese Erweckung erfolgt dadurch, daß der
Meditierende sich im Geiste leuchtende Buchstaben vorstellt, die auf seinem Atem
von der Nase bis zum Wurzellotos (Steiß) strömen. Ist diese Sammlung
des noch unhörbaren' Lichtes.der leuchtenden Bucuchstaben im Stirnchakra
erreicht, so muß der Yogin seinen Körper zum Akasha machen, d.h.
entpersönlichen, und zum leeren, kosmischen Konsonanzraum werden lassen.
Dann klingen die Keimsilbe v und der kurze A-Laut im Geschlechtschakra auf,
welches der eigentliche Mutterschoß der Laute ist, die im Akasha der Kehle
geboren werden sollen. So beginnt die Sublimation und der Aufstieg der
Kräfte aufgrund ihrer Verklanglichung, vorausgesetzt, daß der Laut A
lebendig gedacht, gehört, gefühlt und rot gesehen wird. Ist das dem
Geschlechtschakra entsprungene A im Kehlchakra auch nach außen hin laut
geworden, so soll ihm die im Scheitel erlebte, männliche Keimsilbe Ha oder
Ham im Stirnchakra gegenübertreten, um -- zusammen mit dem weiblichen A --
das überindividuelle AHAM entstehen zu lassen. Dieses AHAM soll die ganze
Welt im Keim in sich schließen. Das hinzutretende M ist der androgyne
Laut, der zur Vereinigung der beiden Krafte in der Sushumna
führt.
Eine andere heilige Silbe ist AUM, die nur in einer geistigen
Ent rückung im Scheitelchakra voll erlebt werden kann, weil sie den
Menschen von seiner Selbstbegrenzung befreit und ihn mit dem unendlichen All
eins werden läßt. Doch, da ein solches Erlebnis, wenn es konstant
wäre, zu einer Negation des irdischen Lebens führte, so muß das
nur mit höherem Wissen ausgestattete Bewußtsein alsbald in eine
konkrete, begrenzte Welt zu rückkehren, wo sein Leben von der Kraft der
Silbe HUM im Herzchakra getragen wird.
"OM (AUMm) ist der geistige Aufstieg zur Allheit, HUM der
Herabstieg der Unendlichkeit in die Tiefe des Herzens. HUM kann nicht sein ohne
OM. Aber HUM ist das Geheimnis des Herzens. Im konkreten Dasein ist es der
mittlere Weg, der sich weder im Endlichen, noch im Unendlichen verliert... OM
ist das Unendliche; HUM ist das Unendliche im Endlichen, das Zeitlose im
Zeitlosen, das Ewige im Augenblick, das Zustandliche im Gegenständlichen,
das Formlose im Formhaften: die Weisheit des großen Spiegels, der sowohl
die Leere wie die Dinge widerspiegelt...In OM öffnet sich der Mensch; in
HUM gibt er sich hin. OM ist das Tor der Erkenntnis, H UM das Tor der
verwirklichung im Leben. HUM ist ein Opferlaut, aber kein Ausdruck des Zorns
oder der Drohung. Das U bildet die untere Grenze der menschlichen Stimmlaute.
Die Sanskritsilbe hu bedeutet: Opfer, ein Opfer darbringen. Das einzige Opfer,
das der Buddha anerkennt, ist das Opfer des eigenen Selbst"(31). Im Gegensatz zu
dem buddhistischen OM dürfte die Silbe, AUMm, welche die innere Struktur
des OM darzustellen scheint, eine noch eingehendere Analyse dieser Laute
erlauben. AUMm durchläuft die ganze Vokalreihe A, E, Ä, I, Omikron,
Omega, U, die uns auch in der Sph ärenharmonie entgegentritt. Da aber
zwischen der Schöpfung und der Meditation über deren Ursprung eine
Rückbeziehung besteht, bewirkt AUM die Rückkehr (A U) der konkreten
Welt zum Ursprung. AUM ist der Weg, der vom hellen A zum dunklen U führt,
während MUA (U A) der vokale Ausdruck des Schöpfungsweges von U nach A
ist. Die Turiya (m) ist der Nach-Laut (Anu-svara), dessen Tongebung sich einem
nasalen ng nähert. Dieser Halbvokal ist der Inbegriff des Atman, d.h. des
belebenden Atems, der mit einem leisen m die Silbe MUA, mit der die
Schöpfung begann, in Gang brachte. In umgekehrter Form (als AUMm) wird die
Schöp fung einmal ausatmen. Mit dieser Form kann der meditierende Mensch
auch den Weg von der konkreten Welt zu ihrem und seinem Ursprung wiederfinden.
In dem Halbvokal (ng), der sich in
<46> der Aussprache der Turiya (m) manifestiert,
vollzieht sich eine Einschmelzung des Dualismus (zwischen Vokal und Konsonant)
zur Einheit, aus der auch die ganze Schöpfung einmal hervorgegangen ist und
zu der sie wieder zu rückkehren soll. Die Turiya wird auch als Punkt,
Tropfen, als Urlicht oder Edelstein versinnbildet. Sie ist die "Spitze" der
Silbe oder des "Pfeils" AUMm, der höchsten Wirklichkeit und die
Voraussetzung zu jeder Befreiung und Erlösung des eigenen Selbst (Atman),
zur wahren Erleuchtung. "Dieser Laut öffnet das innerste Wesen des Menschen
als eine höhere Wirklichkeit, die von je in ihm und um ihn gegenwärtig
war, die er jedoch durch die seelische Abgrenzung seiner vermeintlichen Ichheit
willentlich ausgeschlossen hat " Diese Silbe ist ein "Mittel, die Mauern unseres
Ego niederzureißen und uns der Unendlichkeit unserer wahren Natur, die in
der Verbundenheit mit allem Lebenden besteht, bewußt zu werden. Om ist der
tiefe Urton zeitloser Wirklichkeit, der aus anfangloser Vergangenheit in uns
schwingt und uns entgegentönt, wenn wir durch vollkommene Stillung des
Geistes unseren inneren Gehörsinn entfalten"(32).
9.2.9. Der
Schöpfer
Mit Recht hat Werner Müller(33) darauf aufmerksam
gemacht, daß in der ethnologischen Forschung der wirkliche Tatbestand
allzu oft durch europäische Denkformen getrübt wird. Wenn für em
von jeder sinnlichen Erscheinung gelöstes Heiliges, Unbegreifliches oder
Altehrwürdiges Begriffe wie "Gott" gebraucht werden, handelt es sich noch
nicht um einen persönlichen Gott. Schon in der Sprache kommt zum Ausdruck,
daß hier selten eigentliche Denkakte über die Urkräfte der Natur
zugrunde liegen. Primär ist vielmehr ein intuitives, ehrfurchtsvolles
Erleben des ständigen Wechsels einer letzten Endes unfaßbaren
Wirklichkeit. Die sichtbaren Gegenstände der Welt sind nur Abbilder des in
großem Glanz strahlenden Heiligen, das hinter ihrer Erschemung
liegt.
Ausdrücke wie Orenda, Manitu, Mana usw. sind niemals als
dynamische Energie zu verstehen, sondern als Träger und Überbrmger des
kraftvollen Heiligen, das alles durchdringt. Sie sind stets an eine bestimmte
konkrete Erscheinung gebunden und treten nie abstrakt auf. Sie sind nicht Geist,
sondern eme Eigenschaft, die sich mit einer ko nkreten Wirklichkeit
verbindet.
Das Heilige ist das Hintergründige, der unsichtbare
Rhythmus, der alle Dinge durchfließt und wieder verläßt,
vorausgesetzt, daß sie vibrationsfähig sind. Sehr oft ist es eine
uranische, solare Kraft, die jedoch ohne eine lunare Erde nicht zur Auswirkung
kommen kann. Das solare Element ist das lichtvoll klingende Wort, das lunare ist
der Resonanzboden, durch den sich ein erleuchtender Schall ausbreitet und
wirksam wird. Solar und lunar sind keine Gegensätze. Sie deuten auf die
Synarchie des klingenden Lichtes im Wort. Die Personifikation solcher
Kräfte ist Sache der Mythologie, welche hintergründige Wahrheiten
gleicher Art auf verschiedenen Ebenen ausdrückt, so z.B. die Vorstellung
von einem lichtsprechenden Schöpfer anstelle eines lichtspendenden Klanges,
der außer der Luft keinen Träger besitzt.
Auch das heliozentrische und das geozentrische Weltbild
stellen keine wirklichen Gegensätze dar. Vielmehr geht es um das gleiche
Phänomen, das von zwei verschiedenen Standorten aus gesehen wird. Das erste
ist das abstrakt Gedachte, das zweite das vom Menschen konkret und wirklich
Erlebte, eine assimilierbare Wahrheit.
<47> Wenn auch bei Naturvölkern kaum die Rede von
einer universalen schöpferischen Urkraft ist, so scheint die Idee einer
solchen anonymen Kraft oder Potenz in der Religionsphilosophie der Hochkulturen
doch sehr häufig vorzukommen. Als eine solche P,otenz gilt auch der Begriff
des Opfers. In der Mythologie vollziehen, d.h. "breiten" die Götter das
Opfer sogar aus, indem sie, die selber nur Gesänge sind, sich ausdehnen,
sich selbst aufopfern, bis ihre vokale Existenz verklungen ist. Werden solche
Götter, die durch ihre Selbstaufopferung das Heilige verbreiten, jedoch
schlechthin als unpersönliche Mächte oder abstrakte Potenzen
bezeichnet, so läuft das rituelle Geschehen Gefahr, durch eine allzu
intellektuelle Komponente entkräftet zu werden. Und daraus erklärt
sich die Tatsache, daß man auch im Ritual der Hochkulturen -- im Gegensatz
zu ihrer Philosophie -- die Potenzen als "Setzer, Sammler, Anhäufer,
Erhalter, Trenner" usw. bezeichnet und auch jedem dieser "Götter" ein
bestimmtes persönliches Metrum zuschreibt. Auch die Zeit, das Opfer, die
Lebens kraft, das Feuer, das Wasser und "Oja" (die Kraft der Götter) oder
das Brahman (der erleuchtende Spruch) werden, obgleich sie völlig
unpersönliche Potenzen sind, direkt an- und ausgesprochen. Jede
Erscheinung, die einen "Namen" (klingenden Rhythmus) hat, ist eine
selbständige Wesenheit(34), und jedes Individuum, das diesen Namen
ausspricht, teilt seinen eigenen Rhythmus mit dem des von ihm namentlich
erwähnten Objekts.
Die Welt wird geschaffen, und doch erschafft diese Kreatur
sich zum Teil auch selbst, insofern sie das für sie im voraus Geschaffene
(präfigurierte) hört und ihm gehorcht. Dieses Hören und Gehorchen
bildet die Antwort der Kreatur auf das Schöpfungswort. Der Mensch ist das,
auf was er hört, und als solcher trifft er die Auswahl aus dem
Gehörten, die seinen Charakter und sein Schicksal bestimmt. Diese
anfänglich unsichtbaren, rein akustischen Rhythmen des primär
Gehörten nehmen mit der Materialisierung der Schöpfung alsbald
sichtbare, konkrete Formen an. Schöpfung bedeutet gestaltete Bewegung,
deren Umrisse, ähnlich wie die des Atems oder der Wolken, zunächst
weitgehend undeterminiert sind. Ihnen voraus gehen die Rhythmen des
urschöpferischen Wortes. Eine Stimme vermittelt das erste Erkennen durch
emen Gehöreindruck, der aber bald vom Gesichtssinn überschichtet wird
wie beim neugeborenen Menschen. Damit entsteht im Umkreis einer Stimme jene
primäre anthropo. oder zoomorphe Vorstellungswelt, in der sich die erste
Orientierung des Menschen vollzieht. Diese zugleich akustisch und optisch
wahrgenommene Bewegung prägt sich dem Denken und dem Vorstellen des
natürlichen Menschen so stark ein, daß die Personifizierung
schlechterdings zum Modell wird, auf das alle Bewegungsgestalten mehr oder
weniger zuruckgeführt werden. Durch sie erlebt der Mensch nicht nur seine
ersten Freuden und Ängste, sondern er überträgt sie unter dem
Begriff des "Anthropokosmos" auch auf die ganze Welt emschließlich ihres
Schöpfers. Als ein Mikrokosmos im Makrokosmos erweitert der Mensch
überdies sein Wissen durch Analogieschlüsse. Menschen und Tiere in
Bewegung sind akustisch (Stimme) und optisch (Körper) die
Vorstellungsmodelle der Schöpfung. Der Mensch ist nicht nur das Maß,
sondern auch das Vorbild der geschaffenen Welt. In der Stimme zeigt sich die
Stärke. Der Kopf ist der Himmel, das Becken mit dem Sakrum ist die Erde.
Der Rumpf, in welchem die fundamentalen Organe vereinigt sind, entspricht der
Atmosphäre, welche die Beziehung zwischen Himmel und Erde ordnet. Ob der
Schöpfer eine Person mit wandelbarer Stimme (Donner), eine Stimme ohne
Träger oder ein reines Prinzip ist, hängt nur von der Art der
Formulierung ab, mit der ein immer wieder gleicher Tatbestand zum Ausdruck
gebracht wird: menschlich, anschaulich, mythologisch, philosophisch oder am
äußersten Rand wirklichen, noch nachvollziehbaren Verstehens beinahe
unmenschlich.
<48>
9.2.10. Anmerkungen
1 Wie im Vorwort bereits erwähnt, wird hier nur die
Einführung zu dem umfangreichen Werk
veröffentlicht. Sie ist bis auf minimale, allein der
Verständlichkeit dienende Korrekturen unverändert wiedergegeben.
Allerdings beginnt der Originaltext im Hinblick auf das Gesamtwerk mit folgenden
Worten: "Einige grundsätzliche Bemerkungen sind notwendig, den Weg zum
Verstandnis der alten kosmologischen Denkweise zu bahnen. Diese knappen
Darstellungen sind größtenteils ohne Literaturnachweise
verfaßt. Sie enthalten bereits Hinweise auf Daten. die erst spater
(besonders im Kapitel Urwelt) voll verständlich werden können. Sie
mögen dem Leser zur besseren Orientierung dienen, wenn er während der
Lekture dieses Buches auf sie zurückgreifen möchte" Das
lnhaltsverzeicbnis des Werkes, soweit dem Manuskript zu entnehmen, ist am
Schluß der Einleitung, auf S. 49 des vorliegenden Bandes abgedruckt. -
Angemerkt sei auch, daß die vom Autor benutzte Umschrift der indischen
Wörter weitgehend belassen wurde. Diese Schriftfassung entspricht
älteren Übersetzungen und Sekundärtexten, und von dort her werden
die Wörter in Zitaten vielfach verstanden.
2 Hans Kayser: Akroasis. Die Lehre von der Harmonik der Welt,
Basel 1946 und Stuttgart 1947, S. 54. <49> <50>
9.3. The Master of The Universe
- Der Gesang des
Avatar
Extract from:
BIB-AG:DENK.DOC
At the turn of the years 1980 to 1981, I had an experience
which shattered my conceptions of the mind, of the self, and of the universe.
The following poetical text is a transcription of what I remembered or the event
some later time, I have recorded it as well as I could. But every one of those
who have made similar experiences, knows that it is entirely impossible to
convey with words the force of such an impact. Still there is a lot of
literature that has tried again and again to express it, even in the full
knowledge that it is not possible. To try to translate the account from German
to English would be futile, and so I leave it as I recorded it. I have later
found out that this account is identical in vein with the Bhagavad Gita
(BHAGAVAD-GITA
). It also describes the ancient
cosmology of the creation of the Universe out of sound as described by Marius
Schneider. It is also the central theme of the Vedas. And, to complete the
circle, it is also the theme of the Timaios Question mentioned in the
introduction ->:
TIMAIOS
.
9.3.1. Der Gesang des
Avatar
Teil I
Ein südlicher Strand, Palmen, linde
Luft.
Der Wanderer steht mit nackten Füßen im Sand,
überspült von den Ausläufern der Wellen,
die den fast waagerechten Strand mit einem Film Wasser
bedecken. Die Wolkendecke, eben noch dunkel und dicht,
wird lichter und reißt auf.
Die selbstbezogene Ego-heit verliert sich
in einem unendlichen Kosmos von Sternen,
nicht mehr steht der Wanderer an einem Strand,
sondern er steht plötzlich mitten im Weltall,
der Wasserfilm zu seinen Füßen widerspiegelt
getreulich
das Abbild des Himmelgewölbes über
ihm.
Trunken steht er da, ein Stern unter Sternen,
ein Gedankenfunken in der Milchstraße des
Bewußtseins.
Es öffnet sich das innere Ohr und der Wanderer
vernimmt von ferne und schwach, den Gesang des
Erhabenen:
O Bewußtsein, O vereinzeltes,
O Ego im Käfig Deiner Selbstspiegelung,
schätze Dich glücklich für diesen Moment
der Offenheit,
in dem du die Sphären jenseits Deiner
Beschränktheit erahnen
kannst ! Höre, was du erfassen kannst von meinem
Lied,
von dem Lied, das ich selber bin,
von dem Lied das sich selber singt.
Was du hörst, ist nur eine Schwingung,
ein Unterton sozusagen, meiner Melodie.
Ich spiele mich in einem dir übergeordneten Kosmos
ab,
außerhalb Deines Raumes und Deiner
Zeit.
Die Menschen nennen mich auch den "Der sich selbst
erzeugt",
der Aus-Sich-Selbst-Geborene, der Kommende, der Messias,
der Maitreya, Oroborus, Phoenix, QuetzalQuatl oder
VeraCocha.
Ich, der Gesang, bin, wie Ihr sagt, ewig, für euch,
die Ihr
euch einer Zeit unterwerft, falsch, wenn Ihr glaubt,
unendlich durch alle Zeiten , sondern einfach jetzt,
jenseits von Zeit ewig ist während.
Du, das einzelne Bewußtsein, ihr als Menschheit,
eure Welt, euer Planet, euer Weltall,
sind die Harmonien meiner Melodie.
Was du hörest, hat keinen Anfang und kein Ende,
dein Verstand versucht sich etwas zu konstruieren,
mit dem er anfangen kann, mit dem er weitergehen kann,
mit dem er aufhören kann.
Dies ist die Natur und die Aufgabe deines Verstandes,
sei bedacht, daß dein Verstand dir die Bilder
vorgaukelt,
die er will.
So, wie das was ihr Diesseits nennt
eine Widerspiegelung dessen ist, was ihr Jenseits nennt,
so vibriert alles nach meinem Rhythmus und erhält
von mir
seine Form und seine Lebendigkeit.
Am Ende ist das was am Anfang immer sein wird,
der Geist der sich durch seine Permutationen und
Transformationen in seinem eigenen Bewußtsein
wiederspiegelt,
und der Fokus dieser Widerspiegelungen ist es,
was sich MENSCH nennt.
MENSCH ist der Name des Gebildes,
mit dem sich der Geist selber erkennt.
Mensch hat viele Daseinsformen und
Daseinsfährten.
Mensch ist die ursprüngliche Faltung
des Bewußtseinsgebildes des Einen, eine Faltung des
unendlich
klaren, leuchtenden und reflektierenden Gebildes auf sich
selber. Mit dem Eintreten dieser Faltung ensteht
das Phänomen der unendlichen Widerspiegelung,
manche nennen es Maya.
Mein Gesetz ist die Harmonie,
die Getriebe des Kosmos sind meine Melodie.
Was sich dem geformten Bewußtsein als Ereignisse
darbietet,
sind die Teile meiner Komposition.
Ihr kurzsichtigen Beobachter meiner Werke,
die ihr euch beliebt, den Stücken meiner Komposition
Namen zu geben, und sie zu bewerten, merket auf,
denn ihr seit es ebenso, die ihr meine Instrumente
seid.
Das Bewußtsein verirrt sich in den Korridoren
der unendlichen In-Sich-Selbst-Spiegelung,
und kristallisiert sich in zwei dualen Formen,
das was sich der menschliche Geist nennt,
und die Gesetze der Natur, der Schwerkraft und der
Entropie.
Die Gesetze sind, da sie das Duale des Geistes
sind, von diesem Geist untrennbar, für diesen Geist,
der sich als leicht, unstet und frei begreift,
die Eisenhärte der Materie.
O wisset, ihr die ihr wissen wollt,
ihr, die ihr der Freiheit des Geistes nachtrauert,
wenn ihr euch in euren Leibern gefangen seht,
wisset um die Gesetze der Bindung und der Befreiung,
der Formung, Erhaltung und Auflösung.
Ihr, die ihr leidet unter den Fesseln eurer Schwerkraft,
unter den Konsequenzen des niemals wieder aufzuhebenden
einmal Getanen,
wisset über die Notwendigkeit eurer
Möglichkeit,
und wisset von dem Privileg, mit dem ihr ausgestattet
seid.
Werft, wenn ihr könnt, einen Blick in die Welt der
Geister,
in der die Zahl der Engel auf einer Nadelspitze Legion
ist,
in der als König der Sohn der unfruchtbaren Frau
herrscht.
Wisset um den Preis, der zu zahlen ist, für jeden
Geist,
der sich aus seiner materiellen Hülle herausheben
will,
wisset, daß ihr es seid, die den Preis festgesetzt
habt.
Und der Nachhall des Geistes verklingt:
Bedenke, o Mensch, dies alles ist mein Spiel,
und siehe, du bist ich selber, so wie ich du bin,
mein Gesetz ist dein Gesetz und meine Kraft liegt bei
dir.
Du benutzt meine Allmacht um dich zu machen und
mich.
Bedenke und fühle wie die Macht der Auflösung
ebenso die Macht der Erzeugung ist,
ich wirke aus dir wie ich selbst, du bist ich,
jederzeit und immerdar.
Du spielst das Spiel, und du kannst, wenn du willst,
das Spiel spielen, daß du weißt, daß du
ein Spiel spielst.
Dies ist sowohl die Erzeugung von Maya als auch ihre
Auflösung!
Und der Wanderer steht mitten im Kosmos,
die laue Luft umweht seine Haut.
TEIL II
O Bewußtsein,
O welches Du glaubtest, Du seiest das Menschliche,
Höre die frohe Kunde!
Angebrochen ist der Morgen,
gekommen ist die Zeit zum Aufbrechen!
Ich künde Dir die Worte der Befreiung,
die Lösung von den Fesseln!
Steige mit mir über die Horizonte hinweg!
Fliege mit mir jenseits von Raum und Zeit!
Der große Morgen des großen Tages bricht
heran.
Zuende geht die Nacht der Dualität.
Zuende geht die Nacht der Trennung von
Denken und Fühlen, von
Männlich und Weiblich, von
Form und Inhalt.
Zuende geht die Nacht der Schmerzen, in der
sich die Dualitäten in Karmischer Konsequenz
immer weiter auseinanderpolarisierten,
und sich ihre Verzweifelung über ihr Getrenntsein
gegenseitig zuschrieen.
Gekommen ist der Moment der Wieder-Vereinigung,
Gekommen ist die Stunde der Wiederkehr,
Gekommen ist der Tag der Heimholung,
Zu den Müttern.
9.3.2. Die Bhagavad
Gita
Die
Bhagavad Gita
,
Urgesang
und heiligste Schrift der hinduistischen Religion. Ich hatte zu der Zeit,
als ich meine Version vernommen hatte, dieses Werk noch nicht gelesen. Hier
folgen einige Auszüge aus diesem Lied, die in ihrer Struktur mit dem
"Gesang des Avatar
" übereinstimmen. Die Zahlen
bezeichnen die Numerierung der Gesänge und der Verse, laut
BHAGAVAD-GITA
. Dazu Kommentare und Verweise auf den
"Gesang des Avatar".
GAxx verweist auf Zeile xx.
Stets wenn Verbrechen sich erhebt
Und Frömmigkeit zu wanken droht,
Erschaffe ich mich selbst erneut
Durch meines Willens Machtgebot
4,7
GA32-34. Der Avatar ist der "Selbstgeschaffene". Er ist der
Geist, der Fleisch geworden ist. In der christlichen Mythologie ist er der
"Sohn Gottes", aber nur aus der irdischen Sichtweise. Diese Sichtweise entsteht
durch Projektion des Avatar-Wesens in die Zeitlichkeit.
Es kennen meinen Ursprung nicht
Die Götter noch der Seher Schar,
Weil ich der Götter Urgrund bin
Und früher als die Seher war.
10,2
GA102-104. Geister und Götter gehören zu demselben
logischen Typus (der mytho-logischen Phantasiewesen). Zwar ist der Mensch als
Kreatur den Göttern nachgeordnet, aber das Bewußtsein als
universelles Prinzip ist den Göttern übergeordnet.
Nie war die Zeit, da ich nicht war,
Nie kommt der Tag, da ich nicht bin,
Im Lauf der Zeit herbei fürwahr.
2,26
Ich bin der Ursprung dieses Alls,
Aus mir stammt alles, was je ward.
10,8
GA36-38. Da der Avatar eine Doppelnatur hat, steht er in
seiner göttlichen Eigenschaft jenseits von Zeit -- im Jen-Zeits, wie
ich das auch nenne.
Ich wohne als Seele allen Wesen ein,
Ihr Ende bin ich, ihr Beginn
Und ihre Mitte, ich allein.
10,20
GA40-42, 73-80. Der Mechanismus dieser Erzeugung, der im
indischen Sprachgebrauch Maya genannt wird, wird in GA57-61, und 82-96
beschrieben.
Vergänglich sind die Leiber nur,
Der ew'ge Geist, der sie beseelt,
ist ohne Ende, ohne Maß.
2,18
Ich bin der Wesen Anbeginn,
Ich bin der Tod, der alles rafft,
Bin Ruhm, Beredsamkeit und Glück,
Bin Klugheit und Verstandeskraft.
10,34
Ich bin als Vers der Festgesang,
Ich bin als Lied das Weihelied.
10,35
Ich bin der Same jedes Dings,
Ich bin's, der alle Wesen trägt,
Denn ohne mich kann nichts bestehn,
Beweglich oder unbewegt.
10,39
In tausendfältiger Gestalt
Sich meine Größe offenbart -
Nur einen kleinen Teil von ihr
Nannt' ich in deiner Gegenwart.
10,40
GA27-28. Aus der irdischen Sicht ist es natürlich
unmöglich, den vollen transzendenten Umfang des Avatar zu sehen. In Gesang
11 zeigt sich der Avatar in dieser seiner kosmischen Gestalt dem Arjuna, der von
der ungeheuren Vision zu Boden gedrückt wird. Dazu die folgenden Verse bis
11,38, die ich von der "Du" Form (des Sprechers Arjuna) in die "Ich"-Form
umgewandelt habe, um in der vorhergehenden Redeweise zu bleiben.
Unvergänglich-Höchster bin ich
und des Urgesetzes Hüter,
Bin der Hort des Universums
Und des Weltenalls Gebieter.
11,18
Mond und Sonne sind mir Augen,
Arme reck' ich, ungeheuer,
Opferflamme loht vom Mund mir,
sengt das All mit ihrem Feuer.
11,19
Ich bin's der dies All gestaltet.
Über Sein und Nichtsein erhaben,
Unvergänglich ewig waltend.
11,37
Aller Götter Sein hat erst mit mir
begonnen,
Wissen und Gewußtes bin ich,
Der ich die Welt aus mir gesponnen.
11,38
Was immer in der Welt erscheint,
Ein Bild von Schönheit, Stärke,
Pracht,
Das, wisse, ist entstanden stets
Aus einem Teile meiner Macht.
10,41
Wer in dem Tun das Nicht-tun sieht
Und in dem Nicht-tun sieht das Tun,
Tut alle Werke einsichtsvoll,
Weil in "Ergebung" sie beruhn.
4,18
Siehe GA110-122. Ergebung, "Islam" ist die korrekte
Geisteshaltung des Kriegers, das auszuführen, was ihm aufgegeben. Wie die
Geschichte zeigt, war der Islam in dieser Hinsicht ganz besonders erfolgreich.
Der Inhalt der Bhagavad Gita ist an den in seiner Kastengesellschaft
lebenden indischen Menschen gerichtet, und da speziell
an den Kshatria
, den Kriegertyp
(Arjuna
) den Menschen also, der in seiner Welt handeln
muß, und Entscheidung über Leben und Tod zu fällen hat. Sie
betrifft daher zum größeren Teil die Grundsätze der
Lebenshaltung dieses Menschentyps, seine Ethik.
9.4. Eine Wanderung zur Erd-Musik
oder: Der Spaziergang in einem neolithischen
Plattenspieler
9.4.1. Vor-Sätze
1. Die Ereignisse der sinnlich wahrnehmbaren Sphäre
stehen in einem synchronen Zusammenhang mit den Strukturen anderer Ebenen, die
keine solche lineare Zeit kennen, wie sie unser kartesisch-newtonisches
Universum aufweist.
2. Unsere lineare Erzählschrift zwingt einer Darstellung
eines Ereignisses eine lineare Zeit und einen linearen Zusammenhang (eine
Kausalität) auf. Dies ist ein reines Kunstprodukt des verwendeten
Zeichen-Symbolsystems. Schon die arabische Schriftsprache erlaubt es (siehe die
Geschichten aus 1001 Nacht), unendlich tiefe Bedeutungs-Hierarchien zu
konstruieren.
3. Der folgende Bericht ist in diesem Bewußtsein der
Zwangsjacke unserer Schriftsprache geschrieben, und es wird versucht, mit den
verschiedensten Hilfsmitteln ihren linearen Einfluß zu verringern. Es
handelt sich hier um eine Ereignisstruktur, die von mehreren Ebenen ausgeht.
Nicht allein der menschliche Aktor ist hier wichtig, nicht allein die
Gefühle und Gedanken, die er hat, sondern das Bild des ganzen
Ereignisfeldes.
9.4.2. Der Ort
Die Menschheit kennt mehrere globale Knotenpunkte, oder
Kraftzentren der Erde, etwa das Hochland des Himalaya oder das Hopi-Gebiet der
Rocky-Mountains. Das Gebiet, von dem hier gesprochen wird, kann ebenfalls zu den
Kraftpunkten der Erde gerechnet werden kann. Es handelt sich um eine Inselgruppe
im südlichen Ozean. Welche genau, wird durch die Geschichte vielleicht noch
deutlicher. Das Erlebnis fängt so unverfänglich an, wie jene andere
bekannte Geschichte, die an einer verwahrlosten Bus-Station in Neu-Mexico
beginnt. Auch hier ist es ein Bahnhof, wenn auch für Flugzeuge, aber das
ist kaum ein Unterschied, heute. Eines schönen Tages auf diesen Inseln der
immer schönen Tage kommt ein Mann, nennen wir ihn den Wanderer, mit einem
Reisesack über der Schulter, an. Er ist, wie der ganze Heuschreckenschwarm
von Touristen mit ihm, auf diese südliche Insel gekommen, um ein wenig
Sonne tanken, und sich zu erholen von der grauen Härte seiner
nördlichen Heimat. Es erwartet ihn hier auch kein angegrauter, weiser
Zauberer, sondern nur eine Spur, eine sehr vage dazu. Er sieht im Kiosk ein
Buch, das aus der dort angebotenen üblichen Schund- und Trivialliteratur
ein wenig heraussticht: "Über die Guanchen". Mit der Nennung dieses Namens
dürften wir den Kundigen den Ort des Geschehens verraten haben. Es ist hier
nicht der Zweck, viel zu verheimlichen, denn dann bräuchte man ja die
Geschichte garnicht zu erzählen. Aber es ist halt auch ein bißchen
Märchen dabei, und Märchen sind immer ein bißchen
verschleiert.
Der Wanderer kauft das Buch, schlägt es auf, und findet
eine dürftige Darstellung dessen, was aus den spärlichen und
verfälschten Quellen nach der Eroberung durch die Weißen Männer
von diesen Ureinwohnern der Inseln noch bekannt ist. Drahtige Burschen sollen
sie gewesen sein, fähig zu ungeheuren Heldentaten, sie hatten Gemeinwesen
mit manchmal absonderlichen Rechtssystemen. In einem ihrer Staaten war Stehlen
eine Mutprobe, und wer gut Stehlen konnte, war sehr geehrt, im Nachbarstaat
hingegen wurde einem Dieb gleich die Hand abgeschlagen. Über die Stellung
der Frauen wurde wenig berichtet, wie üblich in der Macho-Kultur der
Eroberer. Es soll hohe Priesterinnen gegeben haben, die die goldenen Äpfel
hüteten, einen Schatz, der ewiges Leben bewahrte. Hier ein Stück
Mythos, die Sagen kennt er noch, der Wanderer, von den alten Griechen. Und noch
einige Zusatzinformationen, die er selber hat: Mutter-Erde-Kult,
Matriarchalisches Zeitalter, Steinzeit. Diese Inseln ragen ebenso unvermittelt,
wie die geologische Formation der Vulkanfelsen aus dem Meer ragt, mit ihrer
Steinzeitkultur 20.000 Jahre aus der Urzeit in die europäische Moderne
hinein. Steinzeit, fast zum Greifen. Sie mußten noch einiges besessen
haben, um sich so verhältnismäßig nahe beim Festland gegen die
Raubzüge vieler Eroberer behauptet zu haben. Was war ihre Kraftquelle? Nur
ganz, ganz wenig hat sich heute noch von ihnen erhalten, den Ureinwohnern. Die
Rasse ist untergegangen, nicht diesmal, weil die Eroberer die Einwohner
massenhaft abschlachteten, wie sie es sonst taten, hier gingen sie subtiler vor:
Sie ließen die Eingeborenen nicht mehr untereinander heiraten, sondern
nahmen sich die Frauen selber (was war so begehrenswert an ihnen?), und sie
verschleppten die Männer aufs Festland, so daß die Rasse den Typ der
Eroberer annahm. Nur ein oder zwei Relikte ihrer Kultur sind geblieben: Ein
Stock-Kampf nach Art des japanischen Kendo und eine Pfeifsprache, "El Silbo"
nennen sie es. Einige Leute in den Bergen können es noch. Aber das Telefon
und Funk macht auch eine solch praktische Kunst wertlos.
Der Wanderer fand seine schlimmen Erwartungen von dieser vom
Tourismus heimgesuchten Inselgruppe bestätigt. Ein widerlicher
vollgebauter, ausgeplünderter Streifen Land, die Straßen voller
Autos, die Strände voller Hotelburgen und Touristen, ein Ekel-Zeichen
unseres Jahrhunderts. Wie üblich, bei seinen Besuchen in solchen
südlichen Ländern, war ihm schmerzlich bewußt, daß er
durch sein persönliches Mittun in diesem Touristenunheil das
verstärkte, was er bedauerte. Auf der Hauptinsel konnte er nicht bleiben,
aber da waren noch einige kleinere Inseln, und zu einer von ihnen nahm er die
nächste Fähre. Als das Schiff auf die Insel zufuhr, ragte sie wie ein
steiler Klotz aus dem Meer, eine verbietende Festung, unzugänglich von
allen Seiten, senkrechte Felsenkliffs, einen halben Kilometer hoch, an denen
sich die Gischt brach. Nach der Landung ging es sofort mit dem Bus auf die Fahrt
ins Innere, in endlosen Schleifen und Serpentinen. An kahlen, steilen Bergen
vorbei, an stark terrassierten Hängen, die anzeigten, daß hier -vor
wieviel Jahren wohl- viel, viel mehr Menschen gelebt hatten als jetzt, durch
einen Wald hindurch, der den Zentralteil bedeckt.
9.4.3. Der
Feenwald
Der Wanderer las in seinem Reiseführer über diesen
Wald: Früher war diese Inselgruppe ein grünes Paradies. Die
Wälder reichten bis an den Strand und überall flossen frische
Bäche. Das Klima war über die Maßen mild, und ewig
frühlingshaft. Es gab keine gefährlichen Tiere, und die Nahrung wuchs
auf den Bäumen. Es war eine Natur, wie wir sie immer wieder auf den
mittelalterlichen Wandteppichen finden, vorzugsweise mit Einhörnern
besiedelt, auch in den alten griechischen und römischen Sagen finden wir
sie, diese Nymphenwälder, in denen der Pan sein Spiel treibt. Dort, im
zerstörten Europa, war es mit dieser Herrlichkeit spätestens nach dem
Untergang des kretischen minoischen Reiches ein Ende, hier hielt es sich noch
2000 Jahre länger. Nach der Eroberung wurde hier gnadenlos gebrannt und
gerodet, und heute sind alle Inseln nackt, verblichen, und ausgezehrt, und der
Heuschreckenschwarm der Touristen vollendet das, was die Raffgier der Streiter
Jesu begann. Mit einer Ausnahme, dieser Insel hier. Die Insel ist so
zerklüftet und unbegehbar, daß noch einhundert Jahre nach der
Eroberung sich Guerillabanden in den Bergen durchschlagen konnten, und den
Eindringlingen das Leben schwer machten. Bevor die Straße gebaut wurde,
mußte früher alles beschwerlich mit dem Schiff, das wegen schlechter
See nur unregelmäßig fahren konnte, zu den wenigen Häfen
gebracht werden. Die Natur hatte hier länger ausgehalten. Und mit der
Touristenzeit hatten einige moderne Planer im Zentralministerium weit, weit weg,
auf dem Festland endlich das Einsehen, daß ein zusammenhängender Wald
mehr Kapital in Form von Touristenbussen brachte, als das Holz, das ja leichter
aus allen Urwäldern Afrikas, Asiens, und Südamerikas geholt werden
konnte, als hier von den steilen Bergen. Also ließ man den Rest des Waldes
stehen, und baute Wege hindurch, legte Picknickplätze an, mit schön
gemalten Tafeln nach Art der amerikanischen Nationalparks, und man stellte eine
Feuerwache auf, da die Touristen es nicht lassen konnten, immer mal Feuerchen zu
machen, oder brennende Kippen liegenzulassen, was gerade neulich wieder etwa ein
Zehntel des noch verbliebenen Waldes gekostet hatte.
Man hatte damit, so eher beiläufig, ein einmaliges
Stück Natur, wenn auch nicht bewahrt, so doch vor einem wesentlich
schnelleren Untergang gerettet. Dieser Wald ist einzigartig auf der ganzen Erde.
Die ständig wehenden Passatwinde bringen eine feuchtigkeitsgesättigte
Luft von Norden an die überaus steilen Hänge, die bis in 1600 m
Höhe ragen, es bildet sich Kondensation, eine Art "steigender Regen", also
Wassertröpfchen, die zuerst als Nebel vom Wind mit hochgetragen werden und
immer größer werden, bis sie schließlich von den bärtigen
Flechten an den Bäumen aufgesogen werden. Die Bäume auf der Nordseite
der Insel sind allesamt mit einem dicken Pelz dieser Flechten überwachsen,
der diesem Wald nicht den Anschein eines Waldes gibt, sondern eine Versammlung
von urweltlichen Ungeheuern, Traumzeitgestalten aus einer Danteschen Unterwelt
beschwört. Offenbar haben die Flechten eine ähnliche Funktion wie die
Lunge, mit ihrer ungeheuer großen Oberfläche können sie die
Feuchtigkeit aus der Luft heraussaugen. An den Orten auf anderen Inseln, wo
dieser Urwald abgeholzt worden ist, stellt sich nicht einmal mehr die
Kondensation ein, der "steigende Regen". Die Flechten erzeugen offenbar auch
noch das Mikroklima, das diese Kondensation begünstigt.
Jenseits der Wasserscheide, auf der Leeseite, ergibt sich ein
Bild eines Kontrastes, wie man sich ihn nicht stärker denken könnte:
Steht man auf der einen Seite mitten im dichtesten Nebel und in feuchter
Kälte, so braucht man nur 20 Meter zu gehen, und die Straße zu
überqueren, die auf der Wasserscheide entlang die Insel in zwei
Hälften teilt, dann ist man auf einmal im schönsten Sonnenschein,
warmen Wetter, und einem lichten Mischwald, der mit seinen mediterranen
Gewächsen lichter und lieblicher nicht sein könnte. Die Mikroklimata
der Insel sind ein meteorologisches Kuriosum. Es kann hier vorkommen, daß
die allerverschiedensten Wetterlagen, nur ein paar hundert Meter voneinander
entfernt, auftreten. Hier Sturm, dort Sonnenschein. Die Insel ist eine
klimatische Drehscheibe.
Außerdem ist die Insel eine Fundgrube für
Botaniker. Hunderte und tausende von seltenen und noch unbekannten Pflanzenarten
bevölkern sie. Dagegen ist sie, was Tiere anbetrifft, fast unbewohnt. Steht
man in den Wäldern der Insel, und lauscht, so ist die Stille fast
vollkommen, nur das leise Rauschen des Windes, das melodische Knarren eines
alten Baumes, ganz, ganz vereinzelt ein Vogelruf. Keine größeren
Tiere. Kaninchen, von den Spaniern hier ausgesetzt, sind zahlreich. Aber keine
anderen. Schlangen, so wird gesagt, können hier nicht überleben. Die
Wälder der Insel machen den Eindruck, als wären sie ein Hain der
Flora, einer Wald- und Pflanzengottheit, und kein Tier wagt es, diese Stille zu
stören.
9.4.4. Wanderers
Aufstieg
Es kursierten an den Tischen in den Tavernen Geschichten von
Leuten in den Bergen, die noch etwas von der alten Guanchen-Lebensweise bewahrt
hatten. Besonders eine Frau, die noch die alten Rezepte für die
Kräutertränke wußte. Der Wanderer spitzte die Ohren, und bei der
nächsten Gelegenheit machte er seinen "Aufstieg" aus den dumpfen
Dünsten der wohligen Besoffenheit der Touristenszene am Strand. Die
Hügelzone der Insel, da, wo die Menschen siedeln, wo der Wald schon gerodet
ist, macht einen überaus trübseligen Eindruck. Kahle Bergrücken,
Staub, Fahnen stinkenden Rauchs, wenn irgendwo mal wieder Abfall verbrannt wird.
Die Bevölkerung besteht eigentlich nur aus zwei Gruppen: Die, die mit ein
wenig Geld aus der Fremde zurückgekommen sind, und sich hier ihren
Alterssitz gekauft haben, und die, die davon träumen, in die Fremde zu
gehen, und das große Geld zu verdienen, und dann hier zurückzukommen,
und sich einen Alterssitz zu bauen. Der Touristenrummel hat diese Situation noch
nicht so sehr verändert. Und es gibt in dieser Beziehung keinen Unterschied
zu den hunderttausenden von Bergdörfern in fast jedem Gebiet
Südeuropas, die durch jahrhundertelange Fehlbewirtschaftung und Raubbau bis
auf die Knochen, sprich Felsen abgenagt, der heutigen Generation nichts als die
sichere Aussicht auf ein weiteres Menschenalter der Plackerei auf einer wie ein
altes Weib fruchtlos gewordenen Natur geben. In dieser Zone wohnte auch die
Weise Frau. Ihr Haus war auf den ersten Blick nicht so sehr von den anderen
verschieden, aber es war sehr spezifisch angelegt. Der Weg zu dem Haus
führte den Besucher in eine linksgewundene Spirale. Das Haus selber bildete
in seiner Architektur verschiedene nachgeordnete Kammern. Es blühten viele
Blumen in und um das Haus, Vögel zwitscherten unaufhörlich.
Dem Wanderer wurde ein freundlicher Empfang bereitet. Die
Weise Frau bemerkte bald, daß er noch andere Dinge im Sinn hatte, als die
anderen Touristen, die nur kamen, um ein paar Souvenirs aus der Ureinwohnerzeit
zu ergattern, oder etwas von dem selbstgemachten Wein, dem selbstgemachten
Kräuterlikör.
Etwas anderes wurde offenbar. Die Weise Frau war nicht so wie
der Lehrer aus jener anderen, bekannten Geschichte, ein selbstbewußter
Zauberer, der im Vollbewußtsein seiner magischen Kräfte dem Fremden
souverän entgegentrat. Sie war anders. Sie war eine Weise Frau, die nicht
wußte, daß sie die Weise Frau war. Das Wissen ruhte in ihr, aber es
war nicht der bestimmende Teil ihres Lebens. Von außen machte sie den
Eindruck einer Frau, die ihr ganzes Leben ungeheur hart gearbeitet hatte, um
sich und ihre Familie auf diesem kargen Berge durchs Leben zu bringen, und
obendrein noch ihre Kinder auf eine weiterbildende Schule weit, weit weg von
hier, auf dem Festland zu schicken. Welche Entbehrungen. Nur ihre Gestalt war
gerader, ihr Blick klarer, als die anderen. Sie war zuerst Mutter, Dienerin,
Versorgerin des Haushalts. Und tief, tief in ihr ruhte eine Kunst, aus alten
Tagen, aus den Zeiten "davor". Diese Kunst harrte darauf, geweckt zu
werden.
.....
Aus einem Besuch wurden mehrere. Aus einem Thema wurden viele.
Vieles, was die Frau selber nicht mehr "gewußt" hatte, kam zutage. Wissen,
von dem sie nicht wußte, daß sie es wußte. Wissen um Pflanzen,
Kräuter, Rituale. Das kollektive Unbewußte, das mit dem Untergang der
alten Sprache keinen Weg mehr zur Oberfläche gefunden hatte, brauchte
lange, um sich einen Weg zu bahnen. Hinweise kamen auf, Verbindungen, die die
Frau vielleicht nicht selber sehen konnte, die sich dem Wanderer dank seiner
vielfältigen anderen Informationen erschlossen. Eine bestimmte Pflanze, ein
bestimmtes Ritual, ein bestimmter Ort. Sie nannte den heiligen Namen, der, der
geheim bleiben mußte, den Namen der Großen Mutter: MA.... Die Worte
sanken ein in des Wanderers Herz. Die Bewohner dieser Insel hatten die
Vergangenheit vergessen, sie hatten nicht mehr den Schlüssel, um sie zu
wecken. Das alte Märchen von der schlafenden Prinzessin, die durch einen
Besucher von einer fernen Welt geweckt werden muß.
Der Wanderer unternahm einen Spaziergang über die Insel.
Zusammen mit Freunden ging er in den Wald auf der Nordseite. Die Geister der
Insel waren ihm günstig gestimmt. Die Einwohner hatten gewarnt. In diesen
Wäldern, obwohl nur etwa 10 Kilometer im Durchmesser, konnten sich Fremde
rettungslos verlieren, und tagelang umherirren, wenn der Nebel hochkam, und die
Bergwälder in eine trostlos hoffnungslose Unterwelt verwandelten, in der
die flechtenbehangenenen Bäume aussahen wie Gespenster aus einem danteschen
Inferno, wo jede Richtung aussah wie jede andere, und wo man nie mehr als 20
Meter geradeaus gehen konnte, weil einen wieder ein unmöglich steiler
Berghang zwang, aus der Richtung abzuweichen. Sie hatten Glück, und MA...
führte die Fremden in einem exakten Rundkurs einmal um das Zentrum herum.
Als sie aus dem Wald traten, nach einigen Stunden Umherirrens, waren sie an
exakt der Stelle, an der sie in den Wald hineingegangen waren.
Neben dem Weg liegend, hatte der Wanderer einen Stock
gefunden. Zwei Meter lang, gerade, genau das, was er für die beschwerliche
Tour durch die steilen Hänge brauchte. Die Guanchen, die Ureinwohner,
hatten solche Stöcke, mit denen sie sich wie Stabhochspringer in
mächtigen Sätzen über meterbreite Felsspalten hinwegkatapultiert
hatten. Der Wanderer trug diesen Stock, und fühlte, wie das Holz mit ihm
eine Verbindung einging. Die Pflanze aus den Erzälungen der Weisen Frau
wurde auch gefunden. Wieder so eine kleine und unauffällige Pflanze,
unscheinbar wächst sie am Wegesrand. Überall sorgt die Mutter Natur
für die passenden Hilfsmittel, um mit ihr in Verbindung zu
treten.
9.4.5. Das
Ritual
Der Tag des Rituals war gekommen. In aller Frühe, als es
noch dunkel und kalt war, auf dem Berg, stieg der Wanderer, mit seinem Stock den
Weg tastend, in die Höhe, zu dem heiligen Hain. Er nahm die Pflanze,
aß sie im Bewußtsein der Kräfte, denen er sich öffnete. Es
war kalt, und dunkel. Nebelschwaden trieben dicht durch die Luft. Regen kam vom
Tal her hochgetrieben, setzte sich in feinen Tröpfen in alle Kleider, wurde
gierig von den Flechten der Bäume aufgenommen. Langsam, langsam wurde es
hell. Die Kälte dehnte die Zeit ins Unendliche. Als es hell genug war zu
sehen, begann der Aufstieg zu dem Hain. Die heilige Pflanze hatte nun auch die
Pforten der Wahrnehmnug geöffnet. Vorsichtig, nur nicht auf direktem Weg
Darfst Du zu MA... kommen. Geh die Spirale, die linksgewundene, folge den
Höhenlinien des Berges. MA... umhüllte ihren Schrein mit einem dichten
Schleier feuchten Nebels. Der Wind zischelte ein hämisches Lied in den
Wipfeln der bärtigen Bäume. Leise klagende Töne kamen von
absterbenden Ästen. Die Unterwelt. Mutter Erde vor dem ersten
Schöpfungstag. Das Zeitalter, bevor sich beseeltes Leben gebildet hatte,
ein Urwald des Erd-Karbonzeitalters. Das einzige Geräusch das Zischen des
Windes in den Ästen, kein Vogel, kein Insekt, kein Tier. Der Sohn der
Menschen war heimgekehrt zu Mutter Erde. Die Opfer. Der Wanderer kam, um MA...
das darzubringen, was er bringen konnte: Sich selbst. Sieh, Mutter Erde, ich bin
zurückgekommen, von jenen, die Dich vergewaltigen, Dich schänden, die
Deine Kinder zertrampeln, martern, aussaugen. Ich, von der Gattung des
Ungeziefers, bin gekommen, um Dir das alte Ritual zu bieten, das Dir Deine
Töchter bisher gaben. Für uns ist es schon lange Zeit her, seit es das
letzte Mal war, für dich nur ein Augenblick. Ich kann Dir keine erlesenen
Jungfrauen opfern, wollüstige Fruchtbarkeitsopfer kann ich auch nicht
machen, nehme bitte das, was ich bin, mit all meinem Verstand, all meiner
Gelehrsamkeit, mit meiner Zivilisation, die sich so weit von Dir entfernt hat,
nimm mich zurück in Deinen Schoß.
Der Wind zischelte weiter seine hämische Melodie, die
Feuchtigkeit klebte in allen Falten und Winkeln. MA..., Mutter Natur war von
solch einer einsamen Seele nicht zu bewegen. Der Wanderer brachte das einzige
Opfer dar, das er kannte, die Prostration. Sieben Schritte gehen, Sieben
Prostrationen, Mutter Erde küssen, aufrichten zu Vater Himmel, der
Gruß an die Sonne, und wieder der Kuß an Mutter Erde. Der alte,
vergessene Ritus der Brücke, die Erde und Himmel verbindet.
Verzweifelung. Mutter Natur ist unbeeindruckt. Die Schalen des
Verstandes fallen, wie bei einer Zwiebel, vom Geiste des Wanderers ab.
Steinzeit. Das kaum bewußte menschliche Wesen, so von den Nebeln des
Tierhaften umwickelt, wie dieser kalte Hang. Urinstinkte. Durst. Wasser
ringsumher, in der Luft, auf den Kleidern, klebrig, aber nicht schöpfbar.
Millionen Tröpfchen. Der Tier-Mensch sucht Wasser. Er leckt die Bäume,
die Flechten, gierig, die saftigen Tropfen fallen, ungeschickt angestoßen,
an ihm vorbei, eine griechische Sagengestalt kommt ins Bewußtsein, ein
Held, den die Götter gestraft haben, und der nun in einem Teich Wasser
stehen muß, ewig auf alle Zeiten, jedesmal, wenn er sich beugt, zu
trinken, weicht das Wasser zuück und versiegt. Wie hieß der Arme? Ist
er nicht wie wir alle Menschen, die immer nach der Labung lechzen, und uns
alles, was uns diese Labung verheißt, entschwindet, nein, noch
raffinierter haben uns unsere Götter bestraft, nicht entschwindet es uns,
nein, wir bekommen es, aber jeder Genuß, den wir uns ausgesucht haben,
wird, sobald wir ihn erlangen, fad und schal, und viele von denen, die immer
noch gierig das Süße saugen, merken nicht, wie es sie von innen
vergiftet und zerfrißt, das, was wir für die Medizin hielten! Oh, wir
Gestraften.
Dies sind die Bilder, die der Wanderer in jenem Moment, als er
an den Flechten saugt, NICHT sieht. Er sieht zu seiner Zeit, in seinem
Bewußtsein, das, was er aufnehmen kann. Aber das Geschehnis findet auf
vielen Ebenen statt, und sein Bewußtsein ist nur das geringste unter den
Wesen, die hier ihr Ritual abhalten. Der Wanderer ist ein kaum-wissender
Automat, der sich in einem Kraftfeld bewegt, der glaubt, er folge seinem Willen,
oder einem Ritual, der weiß, daß dieser Wille, diese Form, dieses
Bewußtsein ein schwacher Spiegel dessen ist, das IST und das
WIRD.
Regress. Die Demut, die Erniedrigung. Ich bin ein Nichts. Was
wären wir Menschen, dieser hochmütige, verderbte, bis an die Wurzeln
verfaulte Stamm, wenn uns Mutter Natur nicht täglich mit ihren Millionen
Geistern ernähren würde, die, wie hier die Flechten, das
lebensspendende Wasser erst aus der Luft herausfiltern, es sammeln, es durch die
Wurzeln der Bäume in die Erde leiten, und es irgendwo als klaren Quell
zutrage treten lassen ! Und genauso alle anderen kleinen Helfer, die uns, wie
die Bienen, den Honig sammeln. Dem Demütigen gibt die Mutter Natur. Von
Unten Mußt Du Kommen, sorgsam, daß Deine Unbedachten Bewegungen
keine Erschütterung Auslösen. Der Wanderer umarmt die Bäume,
kriecht vorsichtig von unten an die Flechten heran, die wie Zitzen
herabhängen, an den längsten Flechten die dicksten Tropfen. Er saugt,
saugt an den Zitzen der Mutter Natur. Ein paar Tropfen erfrischendes Naß.
Würde er, so darauf angewiesen, die lebensnotwendige Feuchtigkeit zu
bekommen, im Leben für irgendetwas anderes Zeit finden, als nur an den
Bäumen herumzukriechen, und an den Flechten ein paar Tropfen Wasser zu
saugen? Der Verstand ruht nicht, und gibt, als getreuer Automatismus, immerfort
seine Kommentare.
MA... ! MA... ! Ruft der Wanderer. Hämisches Zischeln ist
die Antwort. Die Baumgeister treiben ihr Spiel. Der Wanderer ist erschöpft.
MA... hat ihn nicht erhört. Er setzt sich nieder. An seinen Kleidern kleben
viele tausend kleine Pflanzenstückchen, Zweiglein, Blätter, Rinde. Er
versucht, sich zu säubern. Pick, Pick, kleine Stückchen hier und da
wegnehmen, er versucht sie abzustreifen. Anstatt, daß er sie loswird,
klebt alles an seinen Händen. Wenn er etwas mit einer Hand wegnimmt, klebt
es an der anderen. Sisyphus-Arbeit. Er wird ein altes Weib. Zahnlos murmelt er
vor sich hin: Wenn ihr die altern Weiber nicht hättet, die die guten
Körnchen von den schlechten trennen, die die brauchbaren Teile von den
unbrauchbaren trennen, ihr Hochmütigen ihr. Wir, die Menschen in euren
"Entwicklungsländern", wir opfern euch unsere Lebenszeit. Pick, Pick, Pick,
echte Handarbeit. Der Wanderer weint vor Scham. Die Zeit steht da, wo sie ist,
und geht nicht weiter. Der Wanderer steht, auf seinen Stock gestützt, und
nimmt seinen Abschied. MA... hat ihn nicht erhört. Traurig
verläßt er den Hain.
9.4.6. Der
Abstieg
Er geht den Berg hinunter. Der Weg macht eine Biegung, der
Hain verschwindet hinter ihm, und plötzlich - Sonnenschein !
Helle, pralle Sonne. Ah ja, sagt der analysierende Verstand,
die berühmten Mikroklimata dieser Insel.
Wenn es in einem Tal stürmt, herrscht im anderen das
lindeste Maienwetter. Der Ehrfürchtige im Wanderer aber entgegnet: Das ist
MA..., sie gibt mir ein Zeichen, sie hat micht erhört ! So geht ein stummer
Dialog, und der Wanderer schreitet einen breiter werdenden Weg entlang. Er war
doch gestern genau an dieser Stelle aus dem Wald gekommen, warum hatte er diesen
Weg nicht gesehen? Es ist ein befahrener Weg, sogar einige Spuren von
Waldarbeitern sind hier. Er wird steinig, aber nicht unwegsam, wie gepflastert.
Mit jedem Schritt, den er diesen Weg geht, wird er fröhlicher, und
glücklicher. Er kennt doch so etwas, sein Verstand meldet ihm Fetzen von
alten Märchen, die er gelesen hat. Leute, die einen Weg gehen, und dabei
immer fröhlicher werden. Was ist das, was für ein Bild? Und so
schreitet er voran, sein Bündel umgehängt, und er stützt sich
nicht mehr auf seinen Stock, sondern läßt ihn spielerisch, frei
schwingen, hier und da tanzen, auf den Boden aufstoßen, in die Luft
springen.
Wieder ein Bild. Welches ist es? Ein sehr bekanntes. Der
Wanderer muß laut auflachen. The Little Tramp. Dieses Stimmungsbild, das
Charlie Chaplin unauslöschlich in die Herzen der Menschheit gelegt hat. Ja,
das ist es, The Little Tramp. Der Computerkonzern IBM hat sich dieses Bild
ausgeliehen, um damit den Menschen seine Version vorzugaukeln, wie man dieses
Glück erlangt, frei und unbeschwert von allen materiellen Dingen, einen Weg
entlanggehen zu können. Ausgerechnet mit einem Computer ! Der Wanderer
findet dies höchst ironisch.
Nun er hat es, dieses Bild, er ist der Little Tramp, so wie
Chaplin ihn vorgezeichnet hat, der sorglose Wanderer auf der Straße des
Lebens. Seltsam, gibt der Verstand zu bemerken ein, hättest Du je gedacht,
daß Du so ein Bild jemals LEBEN würdest? Er-Leben, Durch-Leben,
Ex-Per-Ience. Und so geht er die Straße des Lebens hinunter, durch den
sonnigen Wald, immer noch absolut still, das hämische Zischen des Windes
ist einem leichten Säuseln gewichen, noch immer kein Vogel, kein Tier, kein
Mensch. Er ist das einzige lebendige Wesen in diesem verzaubernden Wald.
Wirklich das Einzige? Während er so geht, tanzt und hüpft sein Stock.
Seltsam, sagt der Naive in ihm, so kann ein Stock doch garnicht hüpfen. Ein
anderer, bis jetzt noch unbekannter Teil sagt: ach, Du verkrampfst Dich doch
sonst immer im alle Dinge, die Du berührst, jetzt läßt Du mal
ein wenig mehr los. Spüre es, und laß ES spielen!
9.4.7. Der singende
Stock
Der Wanderer läßt ES spielen. Er führt den
Stock neben sich, wie ein ausgelassenes Kind, das hin und herspringt, mal da mal
dort. Der Wanderer ist ein wenig wehmütig, er wäre gerne selber dieses
Kind, das da so sorgenfrei umhertollt, aber er muß jetzt Pappi sein, das
Kind halten, der Verstand gibt noch zu verstehen, daß ja ohne ihn, den
Verantwortung tragenden Menschen, dieser Stock ein lebloses Ding wäre. So
geht dieser Spaziergang weiter, die verschiedenen Personen im Wanderer machen so
ihre Beobachtungen, oder erfreuen sich an dem Spiel, oder sind gerade mit
anderen Dingen beschäftigt. Da, auf einmal horcht der Wanderer auf, spannt
sich seine Aufmerksamkeit an. Ein Klang. Ja, wirklich, ein Klang. Er hatte schon
früher bemerkt, wie der Boden, auf dem er ging, hohl klang, als stünde
er oben auf einem großen gemauerten Gewölbe. Hohl, ein
Klangkörper. Ton. Ja, Ton. Gibt der Verstand zu bemerken, Ton ist Erde, die
Ton macht. Donnerwetter. Das hätte ich nicht gedacht. So einfach ist das
also. Ton ist Erde, die Ton macht. Unter mir muß eine dicke Tonschicht
sein. Oder ein U-Bahntunnel, aber wer wäre in dieser Gegend schon darauf
gekommen, eine U-Bahn zu bauen?
Aber der Ton, wo kommt er her? Der Stock erzeugt einen Klang,
jedesmal, wenn er auf die Erde stößt, und die Tonschicht dient als
Resonanzkörper. Physikalisch ganz normal im Bereich der erklärbaren
Tatsachen. Aber wunderbar ist es doch, sagt der Ehrfürchtige. Ja, es ist
wunderbar. Der Wanderer horcht auf den Stock, läßt ihn ein wenig
anders tanzen, und auf einmal beginnen die Laute, die der Stock von sich gibt,
den Charakter einer Melodie anzunehmen. Der Verstand gibt zu bemerken, daß
das ein Zusammenspiel von drei Faktoren ist: Einerseits hat die Tonschicht eine
gewisse Nachhalldauer, andererseits hat der Stock eine Eigenfrequenz, mit der er
schwingt, wenn er an einer bestimmten Stelle gehalten wird, eine andere, wenn er
woanders gehalten wird, und er muß in der Luft weiterschwingen, um beim
erneuten Aufstoßen auf den Boden wieder denselben Ton zu machen, und Du,
der Halter des Stocks, mußt dafür sorgen, daß keine
Unterbrechung vorkommt. Ein Unterfangen, etwa so einfach, wie auf einem
Drahtseil balancierend, seine Unterhosen zu wechseln. Ehrfürchtig lauscht
der Wanderer dem Lied. Oh, wie schön ist diese Melodie. Ein liebliches
Lied, ein Maiengesang. Tief, tief in seiner Brust ruht die Erinnerung an diese
Melodie. Er, der in seinem Leben noch keine melodische Tonfolge hervorbringen
konnte. Das Gefühl: Nicht ich mache diese Melodie, sondern sie spielt sich
selber. Gedankenbilder, Erinnerung an ein anderes Erlebnis, wo ihm eine Stimme
sang: "Ich bin die Melodie, die sich selber spielt, und Du und alle Welt um Dich
herum, Ihr seid nichts als Untertöne in meiner Melodie. Ich bin Brahman,
Tao, und alle großen Götter, die ihr bei Namen nennt". Dies ist die
Melodie, und er, der Wanderer darf sie hören, ja, er darf als ihr
Übermittler dienen, für diese Melodie, die sich mit seiner Hilfe
selbst erzeugt.
Ein anderes Bild kommt in seinen Sinn, ein Buch, ein sehr
kompliziertes Buch, ein fachliches Buch, geschrieben von einem gewissen Douglas
Hofstadter. Es handelt von Computern und anderen absonderlichen
Gedankenspielereien. In einem seiner Kapitel läßt Hofstadter seine
Handlungsfiguren, Achilles und die Schildkröte, im Dunkeln einen langen,
gewundenen Gang gehen. Achilles hat einen Spazierstock dabei, so wie Chrlie
Chaplin, und läßt ihn an den Wänden des Gangs vorbeistreichen.
Auch dort ertönt eine Melodie, bestehend aus den Noten B-A-C-H. Ein wenig
bekanntes Orgelstück von Johann Sebastian Bach: Das kleine harmonische
Labyrinth. Die beiden sind mir nichts, dir nichts, in die Rillen eines
Plattenspielers gefallen.
Bin ich hier in einen geologischen Plattenspieler geraten?
Welchen Zweck hatte dieser Weg? Stammt er noch aus der Guanchenzeit? Wer
hätte in der Raff- und Raubzeit der Eroberer hier auf den Berg hinauf einen
solchen Weg gelegt? Mit großen, schweren Steinen, über zwei Meter
breit, mit Wällen eingesäumt? Wenn sie damit das Holz aus dem Wald
abtransportiert hätten, warum steht der Wald dann noch? Die damaligen
Zeiten sind nicht dafür bekannt, daß sie so etwas wie Waldbau
kannten, damals wurde gerodet und gebrannt, was das Zeug hielt. Und
außerdem, mal war der Weg in richtigen Treppenstufen steil den Berg
hochgeführt, und stark gewunden, wie kann man da Baumstämme
runterschleifen? Nicht ganz stimmig, sagt der Verstand, eine Hypothese ist sogut
wie die andere. Der Ehrfürchtige meint, dann muß es wohl so eine Art
heiliger Wanderweg, ein Pilgerpfad der Ureinwohner gewesen sein. Da sie ja in
der Steinzeit lebten, hatten sie sowieso einviel innigeres Verhältnis zu
den Steinen.
9.4.8. Erd-Musik
Der Wanderer geht den Weg hinunter, durch den stillen Wald,
und der Stock spielt seine Melodie. An einer Stelle, wo besonders große
Steinbrocken liegen, macht er halt. Die Steine liegen so in einem Halbkreis, was
hat das zu bedeuten? Theorie, Theorie. Er stellt sich in die Mitte des
Halbrunds, ja, diese Anordnung kennt er doch, das ist doch nichts anderes als
das altbekannte Schlagzeug. Gedacht, getan:
WUMM - DIDDI - WUMM, WUMM - TATA - TUMM
ertönt ein vollkommen ungewohnter Takt. Er blickt auf und
sieht über die Umwallung des Wegs hinweg. Kein Wald, sondern ein freier
Blick, tief, tief hinunter, das Tal entlang, bis ins Meer. Gleißend liegt
es da, so seltsam hoch, als ob der Horitzont bis an den Kragen reicht.
WUMM - DIDDI - WUMM, WUMM - TATA - TUMM
Was sind das für Signale, die er da, ohne es eigentlich
selber zu tun, erzeugt? Ist das die Erd-Musik, ist das ein altes Erbe der
Menschen, die hier lebten? Er weiß, von alten Geschichten, daß
Urvölker in der Lage waren, durch Tonschichten in der Erde mit anderen, die
hunderte Kilometer entfernt waren, Signale auszutauschen. Und dann die seltsame
Pfeifsprache der Inselbewohner. Er kennt diese Sprache, obwohl er sie noch nie
vorher in seinem Leben gehört hat: Wieder die Verbindung mit Computern.
Modems. Pfeiftöne, mit denen man über Telefonleitungen Daten
austauschen kann. Wirbel. Gedanken, Träume, Musik, Glück.
War die Insel ein steinzeitliches Kommunikationszentrum, oder
so etwas, was in den sakral-ritualistischen Rahmen der damaligen Kultur besser
passte? Hüter der Welt?
Sinnend verweilt der Wanderer, aber nur kurz. Er weiß,
er ist nur Teil dieses Spiels, das sich selber spielt, und der Weg, der zu gehen
ist, ist noch lang, und so macht er sich weiter, bereit für seinen
Untergang.
9.4.9. Nach-Sätze
Dies ist nur ein winziger Teil einer Ereignisstruktur, die
sich nicht nur zu einer bestimmten Zeit, und nicht nur an einem bestimmten Ort
abgespielt hat, sondern die wie eine klare Kristallspitze aus dem Boden des
kollektiven Unbewußten herausragt, die kündet von dem zu allen Zeiten
und an allen Orten stattfindenden Drama der Mensch-Werdung und der
Mensch-Findung.
Und so gibt es noch viele andere Teile zu dieser Geschichte,
so etwa, wie der Wanderer den Buddha fand, oder wie er die Nymphe suchte und
nicht fand, und schließlich, wie er seinen Untergang erlebte. Doch diese
Geschichten werden sich erzählen, wenn die Zeit reif ist. Wer das hier
Übermittelte für ein Gespinst aus dem Genre Carlos Castaneda bis Karl
May hält, dem ist freigestellt, die empirische Probe zu machen. Obgleich
die Erzählung auch einen märchenhaften Charakter hat, sind der Ort und
die Umstände des Geschehens doch deutlich genug beschreiben, um es
Interessierten zu erlauben, ihre Version des Erlebnisses anhand der Beschreibung
nachzuempfinden. Und das ist auch hier die Absicht. Das Erlebnis des
Übersinnlichen aus den unzugänglichen Fernen eines Shangri-La, oder
den hunderttausend-quadratkilometer großen Weiten des Mexikanischen
Hochlands herauszunehmen, und es in eine, wenn auch nicht greifbare, so doch
einschwingbare Nähe zu bringen. Ich kann nicht garantieren, daß er
dasselbe erleben wird, wie ich, aber er wird sicher auf einer ähnlichen
Rille dieses geologischen Plattenspielers landen, die ihm die Melodie spielen
lassen wird, die ihm gerade geeignet ist.
9.5. Schopenhauer: Über die Musik
DRITTES BUCH - § 52 335
Nachdem wir nun im Bisherigen alle schönen Künste,
in derjenigen Allgemeinheit, die unserm Standpunkt angemessen ist, betrachtet
haben, anfangend von der schönen Baukunst, deren Zweck als solcher die
Verdeutlichung der Objektivation des Willens auf der niedrigsten Stufe seiner
Sichtbarkeit -ist, wo er sich als dumpfes, erkenntnisloses,
gesetzmäßiges Steben der Masse zeigt und doch schon Selbstentzweiung
und Kampf offenbart, nämlich zwischen Schwere und Starrheit; - und unsere
Betrachtung beschließend mit dem Trauerspiel, welches, auf der
höchsten Stufe der Objektivation des Willens, eben jenen seinen Zwiespalt
mit sich selbst, in furchtbarer Größe und Deutlichkeit uns vor die
Augen bringt; - so finden wir, daß dennoch eine schöne Kunst von
unserer Betrachtung ausgeschlossen geblieben ist und bleiben mußte, da im
systematischen Zusammenhang unserer Darstellung gar keine Stelle für sie
passend war: es ist die Musik. Sie steht ganz abgesondert von allen andern. Wir
erkennen in ihr nicht die Nachbildung, Wiederholung irgendeiner Idee der Wesen
in der Welt: dennoch ist sie eine so große und überaus herrliche
Kunst, wirkt so mächtig auf das Innerste des Menschen, wird dort so ganz
und so tief von ihm verstanden, als eine ganz allgemeine Sprache, deren
Deutlichkeit sogar die der anschaulichen Welt selbst übertrifft; -
daß wir gewiß mehr in ihr zu suchen haben, als ein exercitium
arithmeticae occultum nescientis se numerare animi, wofür sie Leibniz
ansprach* und dennoch ganz recht hatte, sofern er nur ihre unmittelbare und
äußere Bedeutung, ihre Schale, betrachtete. Wäre sie jedoch
nichts weiter, so müßte die Befriedigung, welche sie gewährt,
der ähnlich sein, die wir beim richtigen Aufgehn eines Rechnungsexempels
empfinden, und könnte nicht jene innige Freude sein, mit der wir das
tiefste Innere unsers Wesens zur Sprache gebracht sehn. Auf unserm Standpunkte
daher, wo die ästhetische Wirkung unser Augenmerk ist, müssen wir ihr
eine viel ernstere und tiefere, sich auf das innerste Wesen der Welt und unsers
Selbst beziehende Bedeutung zuer
* Leibnitii epistolae, collectio Kortholti: ep. l54.
DRITTES BUCH - § 52 336
kennen, in Hinsicht auf welche die Zahlenverhältnisse, in
die sie sich auflösen läßt, sich nicht als das Bezeichnete,
sondern selbst erst als das Zeichen verhalten. Daß sie zur Welt, in irgend
einem Sinne, sich wie Darstellung zum Dargestellten, wie Nachbild zum Vorbilde
verhalten muß, können wir aus der Analogie mit den übrigen
Künsten schließen, denen allen dieser Charakter eigen ist, und mit
deren Wirkung auf uns die ihrige im ganzen gleichartig, nur stärker,
schneller, notwendiger, unfehlbarer ist. Auch muß jene ihre nachbildliche
Beziehung zur Welt eine sehr innige, unendlich wahre und richtig treffende sein,
weil sie von jedem augenblicklich verstanden wird und eine gewisse Unfehlbarkeit
dadurch zu erkennen gibt, daß ihre Form sich auf ganz bestimmte, in Zahlen
auszudrückende Regeln zurückführen läßt, von denen sie
gar nicht abweichen kann, ohne gänzlich aufzuhören Musik zu sein. -
Dennoch liegt der Vergleichungspunkt zwischen der Musik und der Welt, die
Hinsicht, in welcher jene zu dieser im Verhältnis der Nachahmung oder
Wiederholung steht, sehr tief verborgen. Man hat die Musik zu allen Zeiten
geübt, ohne hierüber sich Rechenschaft geben zu können:
zufrieden, sie unmittelbar zu verstehn, tut man Verzicht auf ein abstraktes
Begreifen dieses unmittelbaren Verstehns selbst.
Indem ich meinen Geist dem Eindruck der Tonkunst, in ihren
mannigfaltigen Formen, gänzlich hingab, und dann wieder zur Reflexion und
zu dem in gegenwärtiger Schrift dargelegten Gange meiner Gedanken
zurückkehrte, ward mir ein Aufschluß über ihr inneres Wesen und
über die Art ihres, der Analogie nach notwendig vorauszusetzenden,
nachbildlichen Verhältnisses zur Welt, welcher mir selbst zwar völlig
genügend und für mein Forschen befriedigend ist, auch wohl demjenigen,
der mir bisher gefolgt wäre und meiner Ansicht der Welt beigestimmt
hätte, ebenso einleuchtend sein wird; welchen Aufschluß jedoch zu
beweisen, ich als wesentlich unmöglich erkenne; da er ein Verhältnis
der Musik, als einer Vorstellung, zu dem, was wesentlich nie Vorstellung sein
kann, annimmt und festsetzt, und die Musik als Nachbild eines Vorbildes, welches
selbst nie unmittelbar vorgestellt werden kann, angesehn haben will. Ich kann
deshalb nichts weiter tun, als hier am Schlusse dieses der Betrachtung der
Künste
DRITTES BUCH. § 52 337
hauptsächlich gewidmeten dritten Buches, jenen mir
genügenden Aufschluß über die wunderbare Kunst der Töne
vortragen, und muß die Beistimmung, oder Verneinung meiner Ansicht der
Wirkung anheimstellen, welche auf jeden Leser teils die Musik, teils der ganze
und eine von mir in dieser Schrift mitgeteilte Gedanke hat. Überdies halte
ich es, um der hier zu gebenden Darstellung der Bedeutung der Musik mit echter
Überzeugung seinen Beifall geben zu können, für notwendig,
daß man oft mit anhaltender Reflexion auf dieselbe der Musik zuhöre,
und hiezu wieder ist erforderlich, daß man mit dem ganzen von mir
dargestellten Gedanken schon sehr vertraut sei.
Die adäquate Objektivation des Willens sind die
(Platonischen) Ideen; die Erkenntnis dieser durch Darstellung einzelner Dinge
(denn solche sind die Kunstwerke selbst doch immer) anzuregen (welches nur unter
einer diesem entsprechenden Veränderung im erkennenden Subjekt möglich
ist) , ist der Zweck aller andern Künste. Sie alle objektivieren also den
Willen nur mittelbar, nämlich mittelst der Ideen: und da unsere Welt nichts
anderes ist, als die Erscheinung der Ideen in der Vielheit, mittelst Eingang in
das principium individuationis (die Form der dem Individuo als solchem
möglichen Erkenntnis); so ist die Musik, da sie die Ideen übergeht,
auch von der erscheinenden Welt ganz unabhängig, ignoriert sie schlechthin,
könnte gewissermaßen, auch wenn die Welt gar nicht wäre, doch
bestehn: was von den andern Künsten sich nicht sagen läßt. Die
Musik ist nämlich eine so unmittelbare Objektivation und Abbild des ganzen
Willens, wie die Welt selbst es ist, ja wie die Ideen es sind, deren
vervielfältigte Erscheinung die Welt der einzelnen Dinge ausmacht. Die
Musik ist also keineswegs, gleich den andern Künsten, das Abbild der Ideen;
sondern Abbild des Willens selbst, dessen Objektität auch die Ideen sind:
deshalb eben ist die Wirkung der Musik so sehr viel mächtiger und
eindringlicher, als die der andern Künste: denn diese reden nur vom
Schatten, sie aber vom Wesen. Da es inzwischen derselbe Wille ist, der sich
sowohl in den Ideen, als in der Musik, nur in jedem von beiden auf ganz
verschiedene Weise, objektiviert; so muß, zwar durchaus keine unmittelbare
Ähnlichkeit, aber doch ein Parallelismus, eine Analogie sein zwischen der
Mu-
DRITTES BUCH - § 52 338
sik und zwischen den Ideen, deren Erscheinung in der Vielheit
und Unvollkommenheit die sichtbare Welt ist. Die Nachweisung dieser Analogie
wird als Erläuterung das Verständnis dieser durch die Dunkelheit des
Gegenstandes schwierigen Erklärung erleichtern.
Ich erkenne in den tiefsten Tönen der Harmonie, im
Grundbaß, die niedrigsten Stufen der Objektivation des Willens wieder, die
unorganische Natur, die Masse des Planeten. Alle die hohen Töne, leicht
beweglich und schneller verklingend, sind bekanntlich anzusehn als entstanden
durch die Nebenschwingungen des tiefen Grundtones, bei dessen Anklang sie immer
zugleich leise miterklingen, und es ist Gesetz der Harmonie, daß auf eine
Baßnote nur diejenigen hohen Töne treffen dürfen, die wirklich
schon von selbst mit ihr zugleich ertönen (ihre sons harmoniques) durch die
Nebenschwingungen. Dieses ist nun dem analog, daß die gesamten Körper
und Organisationen der Natur angesehn werden müssen als entstanden durch
die stufenweise Entwickelung aus der Masse des Planeten: diese ist, wie ihr
Träger, so ihre Ouelle: und dasselbe Verhältnis haben die höhern
Töne zum Grundbaß. - Die Tiefe hat eine Grenze, über welche
hinaus kein Ton mehr hörbar ist: dies entspricht dem, daß keine
Materie ohne Form und Oualität wahrnehmbar ist, d. h. ohne
Äußerung einer nicht weiter erklärbaren Kraft, in der eben sich
eine Idee ausspricht, und allgemeiner, daß keine Materie ganz willenlos
sein kann: also wie vom Ton als solchem ein gewisser Grad der Höhe
unzertrennlich ist, so von der Materie ein gewisser Grad der
Willensäußerung. - Der Grundbaß ist uns also in der Harmonie,
was in der Welt die unorganische Natur, die roheste Masse, auf der alles ruht
und - aus der sich alles erhebt und entwickelt. - Nun ferner in den gesamten die
Harmonie hervorbringenden Ripienstimmen, zwischen dem Basse und der leitenden,
die Melodie singenden Stimme, erkenne ich die gesamte Stufenfolge der Ideen
wieder, in denen der Wille sich objektiviert. Die dem Baß näher
stehenden sind die niedrigeren jener Stufen, die noch unorganischen, aber schon
mehrfach sich äußernden Körper: die höher liegenden
repräsentieren mir die Pflanzen- und die Tierwelt. - Die bestimmten
Intervalle der Tonleiter sind parallel den bestimmten
DRITTES BUCH - § 52 339
Stufen der Objektivation des Willens, den bestimmten Spezies
in der Natur. Das Abweichen von der arithmetischen Richtigkeit der Intervalle,
durch irgendeine Temperatur, oder herbeigeführt durch die gewählte
Tonart, ist analog dem Abweichen des Individuums vom Typus der Spezies: ja die
unreinen Mißtöne, die kein bestimmtes Intervall geben, lassen sich
den monstrosen Mißgeburten zwischen zwei Tierspezies, oder zwischen Mensch
und Tier, vergleichen. - Allen diesen Baß- und Ripienstimmen, welche die
Harmonie ausmachen, fehlt nun aber jener Zusammenhang in der Fortschreitung, den
allein die obere, die Melodie singende Stimme hat, welche auch allein sich
schnell und leicht in Modulationen und Läufen bewegt, während jene
alle nur eine langsamere Bewegung, ohne einen in jeder für sich bestehenden
Zusammenhang, haben. Am schwerfälligsten bewegt sich der tiefe Baß,
der Repräsentant der rohesten Masse: sein Steigen und Fallen geschieht nur
in großen Stufen, in Terzen, Ouarten, Ouinten, nie um einen Ton; er
wäre denn ein, durch doppelten Kontrapunkt, versetzter Baß. Diese
langsame Bewegung ist ihm auch physisch wesentlich: ein schneller Lauf oder
Triller in der Tiefe läßt sich nicht einmal imaginieren. Schneller,
jedoch noch ohne melodischen Zusammenhang und sinnvolle Fortschreitung, bewegen
sich die höhern Ripienstimmen, welche der Tierwelt parallel laufen. Der
unzusammenhängende Gang und die gesetzmäßige Bestimmung aller
Ripienstimmen ist dem analog, daß in der ganzen unvernünftigen Welt,
vom Kristall bis zum vollkommensten Tier, kein Wesen ein eigentlich
zusammenhängendes Bewußtsein hat, welches sein Leben zu einem
sinnvollen Ganzen machte, auch keines eine Sukzession geistiger Entwickelungen
erfährt, keines durch Bildung sich vervollkommnet, sondern alles
gleichmäßig zu jeder Zeit dasteht, wie es seiner Art nach ist, durch
festes Gesetz bestimmt. - Endlich in der Melodie, in der hohen, singenden, das
Ganze leitenden und mit ungebundener Willkür in ununterbrochenem,
bedeutungsvollem Zusammenhange eines Gedankens vom Anfang bis zum Ende
fortschreitenden, ein Ganzes darstellenden Hauptstimme, erkenne ich die
höchste Stufe der Objektivation des Willens wieder, das besonnene Leben und
Streben des Menschen. Wie er allein, weil er vernunftbegabt ist, stets vor- und
DRITTES BUCH - § 52 340
rückwärts sieht, auf den Weg seiner Wirklichkeit und
der unzähligen Möglichkeiten, und so einen besonnenen und dadurch als
Ganzes zusammenhängenden Lebenslauf vollbringt: - Dem also entsprechend,
hat die Melodie allein bedeutungsvollen, absichtsvollen Zusammenhang vom Anfang
bis zum Ende. Sie erzählt folglich die Geschichte des von der Besonnenheit
beleuchteten Willens, dessen Abdruck in der Wirklichkeit die Reihe seiner Taten
ist; aber sie sagt mehr, sie erzählt seine geheimste Geschichte, malt jede
Regung, jedes Streben, jede Bewegung des Willens, alles das, was die Vernunft
unter den weiten und negativen- Begriff Gefühl zusammenfaßt und nicht
weiter in ihre Abstraktionen aufnehmen kann. Daher auch hat es immer
geheißen, die Musik sei die Sprache des Gefühls und der Leidenschaft,
so wie Worte die Sprache der Vernunft: schon Plato erklärt sie als hae ton
melon kinaesis memimaemenae, en tois pathaemasin hotan psychae ginaetai
(melodarium motus, animi affectus imitans) , De leg. VII, und auch Aristoteles
sagt: dia ti oi rythmoi kai ta melae,phonae oysa, aethesin eoike; (cur numeri
musici et modi, qui voces sunt, moribus similes sese exhibent?) , Probl. c.
19.
Wie nun das Wesen des Menschen darin besteht, daß sein
Wille strebt, befriedigt wird und von neuem strebt, und so immerfort, ja, sein
Glück und Wohlsein nur dieses ist, daß jener Übergang vom Wunsch
zur Befriedigung und von dieser zum neuen Wunsch rasch vorwärts geht, da
das Ausbleiben der Befriedigung Leiden, das des neuen Wunsches leeres Sehnen,
languor, Langeweile ist; so ist, dementsprechend, das Wesen der Melodie ein
stetes Abweichen, Abirren vom Grundton, auf tausend Wegen, nicht nur zu den
harmonischen Stufen, zur Terz und Dominante, sondern zu jedem Ton, zur
dissonanten Septime und zu den übermäßigen Stufen, aber immer
folgt ein endliches Zurückkehren zum Grundton: auf allen jenen Wegen
drückt die Melodie das vielgestaltete Streben des Willens aus, aber immer
auch, durch das endliche Wiederfinden einer harmonischen Stufe, und noch mehr
des Grundtones, die Befriedigung. Die Erfindung der Melodie, die Aufdeckung
aller tiefsten Geheimnisse des menschlichen Wollens und Empfindens in ihr, ist
das Werk des Genius, dessen Wirken hier augenscheinlicher, als irgendwo, fern
von aller Reflexion und
DRITTES BUCH - § 52 34l
bewußter Absichtlichkeit liegt und eine Inspiration
heißen könnte. Der Begriff ist hier, wie überall in der Kunst,
unfruchtbar: der Komponist offenbart das innerste Wesen der Welt und spricht die
tiefste Weisheit aus, in einer Sprache, die seine Vernunft nicht versteht; wie
eine magnetische Somnambule Aufschlüsse gibt über Dinge, von denen sie
wachend keinen Begriff hat. Daher ist in einem Komponisten, mehr als in
irgendeinem andern Künstler, der Mensch vom Künstler ganz getrennt und
unterschieden. Sogar bei der Erklärung dieser wunderbaren Kunst zeigt der
Begriff seine Dürftigkeit und seine Schranken: ich will indessen unsere
Analogie durchzuführen suchen. - Wie nun schneller Übergang vom Wunsch
zur Befriedigung und von dieser zum neuen Wunsch, Glück und Wohlsein ist,
so sind rasche Melodien, ohne große Abirrungen, fröhlich; langsame,
auf schmerzliche Dissonanzen geratende und erst durch viele Takte sich wieder
zum Grundton zurückwindende sind, als analog der verzögerten,
erschwerten Befriedigung, traurig. Die Verzögerung der neuen Willensregung,
der languor, würde keinen andern Ausdruck haben können, als den
angehaltenen Grundton, dessen Wirkung bald unerträglich wäre: diesem
nähern sich schon sehr monotone, nichtssagende Melodien. Die kurzen,
faßlichen Sätze rascher Tanzmusik scheinen nur vom leicht zu
erreichenden, gemeinen Glück zu reden; dagegen das Allegro maestoso, in
großen Sätzen, langen Gängen, weiten Abirrungen, ein
größeres, edleres Streben, nach einem fernen Ziel, und dessen
endliche Erreichung bezeichnet. Das Adagio spricht vom Leiden eines großen
und edlen Strebens, welches alles kleinliche Glück verschmäht. Aber
wie wundervoll ist die Wirkung von Moll und Dur! Wie erstaunlich, daß der
Wechsel eines halben Tones, der Eintritt der kleinen Terz, statt der
großen, uns sogleich und unausbleiblich ein banges, peinliches Gefühl
aufdringt, von welchem uns das Dur wieder ebenso augenblicklich erlöst. Das
Adagio erlangt im Moll den Ausdruck des höchsten Schmerzes, wird zur
erschütterndesten Wehklage. Tanzmusik in Moll scheint das Verfehlen des
kleinlichen Glückes, das man lieber verschmähen sollte, zu bezeichnen,
scheint vom Erreichen eines niedrigen Zweckes unter Mühseligkeiten und
Plackereien zu reden. - Die Unerschöpflichkeit mögli
DRITTES BUCH - § 52 342
cher Melodien entspricht der Unerschöpflichkeit der Natur
an Verschiedenheit der Individuen, Physiognomien und Lebensläufen. Der
Übergang aus einer Tonart in eine ganz andere, da er den Zusammenhang mit
dem Vorhergegangenen ganz aufhebt, gleicht dem Tode, sofern in ihm das
Individuum endet; aber der Wille, der in diesem erschien, nach wie vor lebt, in
andern Individuen erscheinend, deren Bewußtsein jedoch mit dem des erstern
keinen Zusammenhang hat.
Man darf jedoch bei der Nachweisung aller dieser
vorgeführten Analogien nie vergessen, daß die Musik zu ihnen kein
direktes, sondern nur ein mittelbares Verhältnis hat; da sie nie die
Erscheinung, sondern allein das innere Wesen, das Ansich aller Erscheinung, den
Willen selbst, ausspricht. Sie drückt daher nicht diese oder jene einzelne
und bestimmte Freude, diese oder jene Betrübnis, oder Schmerz, oder
Entsetzen, oder Jubel, oder Lustigkeit, oder Gemütsruhe aus; sondern die
Freude, die Betrübnis, den Schmerz, das Entsetzen, den Jubel, die
Lustigkeit, die Gemütsruhe selbst, gewissermaßen in abstracto, das
Wesentliche derselben, ohne alles Beiwerk, also auch ohne die Motive dazu.
Dennoch verstehn wir sie, in dieser abgezogenen Ouintessenz, vollkommen. Hieraus
entspringt es, daß unsere Phantasie so leicht durch sie erregt wird und
nun versucht, jene ganz unmittelbar zu uns redende, unsichtbare und doch so
lebhaft bewegte Geisterwelt zu gestalten und sie mit Fleisch und Bein zu
bekleiden, also dieselbe in einem analogen Beispiel zu verkörpern. Dies ist
der Ursprung des Gesanges mit Worten und endlich der Oper, - deren Text eben
deshalb diese untergeordnete Stellung nie verlassen sollte, um sich zur
Hauptsache und die Musik zum bloßen Mittel seines Ausdrucks zu machen, als
welches ein großer Mißgriff und eine arge Verkehrtheit ist. Denn
überall drückt die Musik nur die Ouintessenz des Lebens und seiner
Vorgänge aus, nie diese selbst, deren Unterschiede daher auf jene nicht
allemal einfließen. Gerade diese ihr ausschließlich eigene
Allgemeinheit, bei genauester Bestimmtheit, gibt ihr den hohen Wert, welchen sie
als Panakeion aller unserer Leiden hat. Wenn also die Musik zu sehr sich den
Worten anzuschließen und nach den Begebenheiten zu modeln sucht, so ist
sie bemüht, eine Sprache zu reden, welche nicht
DRITTES BUCH - § 52 343
die ihrige ist. Von diesem Fehler hat keiner sich so rein
gehalten, wie Rossini: daher spricht seine Musik so deutlich und rein ihre
eigene Sprache, daß sie der Worte gar nicht bedarf und daher auch mit
bloßen Instrumenten ausgeführt ihre volle Wirkung tut. Diesem allen
zufolge können wir die erscheinende Welt, oder die Natur, und die Musik als
zwei verschiedene Ausdrücke derselben Sache ansehn, welche selbst daher das
allein Vermittelnde der Analogie beider ist, dessen Erkenntnis erfordert wird,
um jene Analogie einzusehn. Die Musik ist demnach, wenn als Ausdruck der Welt
angesehn, eine im höchsten Grad allgemeine Sprache, die sich sogar zur
Allgemeinheit der Begriffe ungefähr verhält wie diese zu den einzelnen
Dingen. Ihre Allgemeinheit ist aber keineswegs jene leere Allgemeinheit der
Abstraktion, sondern ganz anderer Art, und ist verbunden mit durchgängiger
deutlicher Bestimmtheit. Sie gleicht hierin den geometrischen Figuren und den
Zahlen, welche als die allgemeinen Formen aller möglichen Objekte der
Erfahrung und auf alle a priori anwendbar, doch nicht abstrakt, sondern
anschaulich und durchgängig bestimmt sind. Alle möglichen
Bestrebungen, Erregungen und Äußerungen des Willens, alle jene
Vorgänge im Innern des Menschen, welche die Vernunft in den weiten
negativen Begriff Gefühl wirft, sind durch die unendlich vielen
möglichen Melodien auszudrücken, aber immer in der Allgemeinheit
bloßer Form, ohne den Stoff, immer nur nach dem Ansich, nicht nach der
Erscheinung, gleichsam die innerste Seele derselben, ohne Körper. Aus
diesem innigen Verhältnis, welches die Musik zum wahren Wesen aller Dinge
hat, ist auch dies zu erklären, daß wenn zu irgendeiner Szene,
Handlung, Vorgang, Umgebung, eine passende Musik ertönt, diese uns den
geheimsten Sinn derselben aufzuschließen scheint und als der richtigste
und deutlichste Kommentar dazu auftritt; imgleichen, daß es dem, der sich
dem Eindruck einer Symphonie ganz hingibt, ist, als sähe er alle
möglichen Vorgänge des Lebens und der Welt an sich vorüberziehn:
dennoch kann er, wenn er sich besinnt, keine Ähnlichkeit angeben zwischen
jenem Tonspiel und den Dingen, die ihm vorschwebten. Denn die Musik ist, wie
gesagt, darin von allen andern Künsten verschieden, daß sie nicht
Abbild der Erscheinung, oder richtiger, der adäquaten Objektität des
DRITTES BUCH - § 52 344
Willens, sondern unmittelbar Abbild des Willens selbst ist und
also zu allem Physischen der Welt das Metaphysische, zu aller Erscheinung das
Ding an sich darstellt. Man könnte demnach die Welt ebensowohl
verkörperte Musik, als verkörperten Willen nennen: daraus also ist es
erklärlich, warum Musik jedes Gemälde, ja jede Szene des wirklichen
Lebens und der Welt, sogleich in erhöhter Bedeutsamkeit hervortreten
läßt; freilich um so mehr, je analoger ihre Melodie dem innern Geiste
der gegebenen Erscheinung ist. Hierauf beruht es, daß man ein Gedicht als
Gesang, oder eine anschauliche Darstellung als Pantomime, oder beides als Oper
der Musik unterlegen kann. Solche einzelne Bilder des Menschenlebens, der
allgemeinen Sprache der Musik untergelegt, sind nie mit durchgängiger
Notwendigkeit ihr verbunden, oder entsprechend; sondern sie stehn zu ihr nur im
Verhältnis eines beliebigen Beispiels zu einem allgemeinen Begriff: sie
stellen in der Bestimmtheit der Wirklichkeit dasjenige dar, was die Musik in der
Allgemeinheit bloßer Form aussagt. Denn die Melodien sind
gewissermaßen, gleich den allgemeinen Begriffen, ein Abstraktum der
Wirklichkeit. Diese nämlich, also die Welt der einzelnen Dinge, liefert das
Anschauliche, das Besondere und Individuelle, den einzelnen Fall, sowohl zur
Allgemeinheit der Begriffe, als zur Allgemeinheit der Melodien, welche beide
Allgemeinheiten einander aber in gewisser Hinsicht entgegengesetzt sind; indem
die Begriffe nur die allererst aus der Anschauung abstrahierten Formen,
gleichsam die abgezogene äußere Schale der Dinge enthalten, also ganz
eigentlich Abstrakta sind; die Musik hingegen den innersten aller Gestaltung
vorhergängigen Kern, oder das Herz der Dinge gibt. Dies Verhältnis
ließe sich recht gut in der Sprache der Scholastiker ausdrücken,
indem man sagte: die Begriffe sind die universalia post rem, die Musik aber gibt
die universalia ante rem, und die Wirklichkeit die universalia in re. Dem
allgemeinen Sinn der einer Dichtung beigegebenen Melodie könnten noch
andere, ebenso beliebig gewählte Beispiele des in ihr ausgedrückten
Allgemeinen in gleichem Grade entsprechen: daher paßt dieselbe Komposition
zu vielen Strophen, daher auch das Vaudeville. Daß aber überhaupt
eine Beziehung zwischen einer Komposition und einer anschaulichen Darstellung
möglich
DRITTES BUCH - § 52 345
ist, beruht, wie gesagt, darauf, daß beide nur ganz
verschiedene Ausdrücke desselben innern Wesens der Welt sind. Wann nun im
einzelnen Fall eine solche Beziehung wirklich vorhanden ist, also der Komponist
die Willensregungen, welche den Kern einer Begebenheit ausmachen, in der
allgemeinen Sprache der Musik auszusprechen gewußt hat: dann ist die
Melodie des Liedes, die Musik der Oper ausdrucksvoll. Die vom Komponisten
aufgefundene Analogie zwischen jenen beiden muß aber aus der unmittelbaren
Erkenntnis des Wesens der Welt, seiner Vernunft unbewußt, hervorgegangen
und darf nicht, mit bewußter Absichtlichkeit, durch Begriffe vermittelte
Nachahmung sein: sonst spricht die Musik nicht das innere Wesen, den Willen
selbst aus; sondern ahmt nur seine Erscheinung ungenügend nach; wie dies
alle eigentlich nachbildende Musik tut, z. B. "Die Jahreszeiten" von Haydn, auch
seine Schöpfung in vielen Stellen, wo Erscheinungen der anschaulichen Welt
unmittelbar nachgeahmt sind; so auch in allen Bataillenstücken: welches
gänzlich zu verwerfen ist. Das unaussprechlich Innige aller Musik,
vermöge dessen sie als ein so ganz vertrautes und doch ewig fernes Paradies
an uns vorüberzieht, so ganz verständlich und doch so
unerklärlich ist, beruht darauf, daß sie alle Regungen unsers
innersten Wesens wiedergibt, aber ganz ohne die Wirklichkeit und fern von ihrer
Oual. Imgleichen ist der ihr wesentliche Ernst, welcher das Lächerliche aus
ihrem unmittelbar eigenen Gebiet ganz ausschließt, daraus zu
erklären, daß ihr Objekt nicht die Vorstellung ist, in Hinsicht auf
welche Täuschung und Lächerlichkeit allein möglich sind; sondern
ihr Objekt unmittelbar der Wille ist und dieser wesentlich das Allerernsteste,
als wovon alles abhängt. - Wie inhaltsreich und bedeutungsvoll ihre Sprache
sei, bezeugen sogar die Repetitionszeichen, nebst dem Da capo, als welche bei
Werken in der Wortsprache unerträglich wären, bei jener hingegen sehr
zweckmäßig und wohltuend sind: denn um es ganz zu fassen, muß
man es zweimal hören.
Wenn ich nun in dieser ganzen Darstellung der Musik
bemüht gewesen bin, deutlich zu machen, daß sie in einer höchst
allgemeinen Sprache das innere Wesen, das Ansich der Welt, welches wir, nach
seiner deutlichsten Äußerung, unter dem Begriff Willen
DRITTES BUCH - § 52 346
denken, ausspricht, in einem einartigen Stoff, nämlich
bloßen Tönen, und mit der größten Bestimmtheit und
Wahrheit; wenn ferner, meiner Ansicht und Bestrebung nach, die Philosophie
nichts anderes ist, als eine vollständige und richtige Wiederholung und
Aussprechung des Wesens der Welt, in sehr allgemeinen Begriffen, da nur in
solchen eine überall ausreichende und anwendbare Übersicht jenes
ganzen Wesens möglich ist; so wird wer mir gefolgt und in meine Denkungsart
eingegangen ist, es nicht so sehr paradox finden, wenn ich sage, daß
gesetzt es gelänge eine vollkommen richtige, vollständige und in das
einzelne gehende Erklärung der Musik, also eine ausführliche
Wiederholung dessen was sie ausdrückt in Begriffen zu geben, diese sofort
auch eine genügende Wiederholung und Erklärung der Welt in Begriffen,
oder einer solchen ganz gleichlautend, also die wahre Philosophie sein
würde, und daß wir folglich den oben angeführten Ausspruch
Leibnizens, der auf einem niedrigeren Standpunkt ganz richtig ist, im Sinn
unserer höheren Ansicht der Musik folgendermaßen parodieren
können: Musica est exercitium metaphysices occultum nescientis se
philosophari animi. Denn scire, wissen, heißt überall in abstrakte
Begriffe abgesetzt haben. Da nun aber ferner, vermöge der vielfältig
bestätigten Wahrheit des Leibnizischen Ausspruchs, die Musik, abgesehn von
ihrer ästhetischen oder innern Bedeutung, und bloß
äußerlich und rein empirisch betrachtet, nichts anderes ist, als das
Mittel, größere Zahlen und zusammengesetztere
Zahlenverhältnisse, die wir sonst nur mittelbar, durch Auffassung in
Begriffen, erkennen können, unmittelbar und in concreto aufzufassen; so
können wir nun durch Vereinigung jener beiden so verschiedenen und doch
richtigen Ansichten der Musik, uns einen Begriff von der Möglichkeit einer
Zahlenphilosophie machen, dergleichen die des Pythagoras und auch die der
Chinesen im Y-king war, und sodann nach diesem Sinn jenen Spruch der Pythagoreer
deuten, welchen Sextus Empirikus (adv. Math., L. VII) anführt: to arithmo
de ta pant' epeoiken (numero cuncta assimilantur). Und wenn wir endlich diese
Ansicht an unsere obige Deutung der Harmonie und Melodie bringen, so werden wir
eine bloße Moralphilosophie ohne Erklärung der Natur, wie sie
Sokrates einführen wollte, einer Melodie ohne Har-
DRITTES BUCH - § 52 347
monie, welche Rousseau ausschließlich wollte, ganz
analog finden, und im Gegensatz hievon wird eine bloße Physik und
Metaphysik ohne Ethik einer bloßen Harmonie ohne Melodie entsprechen. - An
diese beiläufigen Betrachtungen sei es mir vergönnt, noch einige die
Analogie der Musik mit der erscheinenden Welt betreffende Bemerkung zu
knüpfen. Wir fanden im vorigen Buche, daß die höchste Stufe der
Objektivation des Willens, der Mensch, nicht allein und abgerissen erscheinen
konnte, sondern die unter ihm stehenden Stufen und diese immer wieder die
tieferen voraussetzten: ebenso nun ist die Musik, welche, eben wie die Welt, den
Willen unmittelbar objektiviert, erst vollkommen in der vollständigen
Harmonie. Die hohe leitende Stimme der Melodie bedarf, um ihren ganzen Eindruck
zu machen, der Begleitung aller andern Stimmen, bis zum tiefsten Baß,
welcher als der Ursprung aller anzusehn ist: die Melodie greift selbst als
integrierender Teil in die Harmonie ein, wie auch diese in jene: und wie nur so,
im vollstimmigen Ganzen, die Musik ausspricht, was sie auszusprechen bezweckt,
so findet der eine und außerzeitliche Wille seine vollkommene
Objektivation nur in der vollständigen Vereinigung aller der Stufen, welche
in unzähligen Graden gesteigerter Deutlichkeit sein Wesen offenbaren. -
Sehr merkwürdig ist noch folgende Analogie. Wir haben im vorigen Buche
gesehen, daß, ungeachtet des Sichanpassens aller Willenserscheinungen
zueinander, in Hinsicht auf die Arten, welches die teleologische Betrachtung
veranlaßt, dennoch ein nicht aufzuhebender Widerstreit zwischen jenen
Erscheinungen als Individuen bleibt, auf allen Stufen derselben sichtbar ist und
die Welt zu einem beständigen Kampfplatz aller jener Erscheinungen des
einen und selben Willens macht, dessen innerer Widerspruch mit sich selbst
dadurch sichtbar wird. Auch diesem sogar ist etwas Entsprechendes in der Musik.
Nämlich ein vollkommen reines harmonisches System der Töne ist nicht
nur physisch, sondern sogar schon arithmetisch unmöglich. Die Zahlen
selbst, durch welche die Töne sich ausdrücken lassen, haben
unauflösbare Irrationalitäten: keine Skalaläßt sich auch
nur ausrechnen, innerhalb welcher jede Ouinte sich zum Grundton verhielte wie 2
zu 3, jede große Terz wie 4 zu 5, jede kleine Terz wie 5 zu 6 usw. Denn,
sind die Töne
DRITTES BUCH - § 52 348
zum Grundton richtig, so sind sie es nicht mehr zueinander;
indem ja z. B. die Ouinte die kleine Terz der Terz sein müßte, usw.:
denn die Töne der Skala sind Schauspielern zu vergleichen, welche bald
diese, bald jene Rolle zu spielen haben. Daher also läßt eine
vollkommen richtige Musik sich nicht einmal denken, geschweige ausführen;
und dieserhalb weicht jede mögliche Musik von der vollkommenen Reinheit ab:
sie kann bloß die ihr wesentlichen Dissonanzen, durch Verteilung derselben
an alle Töne, d. i. durch Temperatur, verstecken. Man sehe hierüber
Chladnis "Akustik", § 30, und dessen "Kurze Übersicht der Schall- und
Klanglehre", S. 12*.
Ich hätte noch manches hinzuzufügen über die
Art, wie Musik perzipiert wird, nämlich einzig und allein in und durch die
Zeit, mit gänzlicher Ausschließung des Raumes, auch ohne
Einfluß der Erkenntnis der Kausalität, also des Verstandes: denn die
Töne machen schon als Wirkung und ohne daß wir auf ihre Ursache, wie
bei der Anschauung, zurückgingen, den ästhetischen Eindruck. - Ich
will indessen diese Betrachtungen nicht noch mehr verlängern, da ich
vielleicht schon so in diesem dritten Buche manchem zu ausführlich gewesen
bin, oder mich zu sehr auf das einzelne eingelassen habe. Mein Zweck machte es
jedoch nötig, und man wird es um so weniger mißbilligen, wenn man die
selten genugsam erkannte Wichtigkeit und den hohen Wert der Kunst sich
vergegenwärtigt, erwägend, daß wenn, nach unserer Ansicht, die
gesamte sichtbare Welt nur die Objektivation, der Spiegel des Willens ist, zu
seiner Selbsterkenntnis, ja, wie wir bald sehn werden, zur Möglichkeit
seiner Erlösung, ihn begleitend; und zugleich, daß die Welt als
Vorstellung, wenn man sie abgesondert betrachtet, indem man vom Wollen
losgerissen, nur sie allein das Bewußtsein einnehmen läßt, die
erfreulichste und die allein unschuldige Seite des Lebens ist; - wir die Kunst
als die höhere Steigerung, die vollkommenere Entwickelung von allen diesem
anzusehn haben, da sie wesentlich eben dasselbe, nur konzentrierter,
vollendeter, mit Absicht und Besonnenheit, leistet, was die sichtbare Welt
selbst, und sie daher, im vollen Sinne des Wortes, die
* Hiezu Kap. 39 des zweiten Bandes-
DRITTES BUCH - § 52 349
Blüte des Lebens genannt werden mag. Ist die ganze Welt
als Vorstellung nur die Sichtbarkeit des Willens, so ist die Kunst die
Verdeutlichung dieser Sichtbarkeit, die Camera obscura, welche die
Gegenstände reiner zeigt und besser übersehn und zusammenfassen
läßt, das Schauspiel im Schauspiel, die Bühne auf der Bühne
im "Hamlet".
9.6. The Kratylos Question: Toward an Onoma-Semephonic Theory
nomina sunt omina
Proverb
9.6.1. A note of
caution
The following discussion touches on an extremely sensitive
point in current research on the role of the oral tradition in the epic heritage
that has come down to us via Homer
and
Hesiod
os. There are hot controversies being battled out
in the classical philology community, under the name "
orality
debate"
. One side is being formed by the followers
of Milman Parry
and consists mostly of researchers in
the english speaking countries, while their opponents are located on the
european continent, namely in Germany. The bibliography references under Latacz,
Parry, Assmann, and Havelock contain most of the relevant material. (LATACZ,
PARRY, ASSMANN, HAVELOCK). Because of this controversy, and because the view I
am proposing is going beyond the original theses of Parry by quite a margin, it
is very likely that the material presented here will be will be met with
resistance from classical philologists. Yet I can cite Plato as main proponent
for the thesis. And Plato is not one who is so easily brushed aside.
Whitehead
had stated: "The safest general
characterization of western philosophical tradition is that it consists of a
sequence of footnotes to Plato
"
(WHITEHEAD-PROC
, 53). If Plato had found something
important enough to be worth devoting a whole lengthy work, then we might well
ask if there is some meaning to be found in what he tells us. In a passage
further down, the subject will be taken up from a different angle. See
->:
AGE_AOIDOI, p. 398
9.6.2. Onoma homoion to
pragmati
In Kratylos, Plato talks about the connection of words and
namings, meaning (denotation), and phonemes. This would today be considered a
discussion of semiotics. He opposes two views:
1) The names of things and people are products of social
convention only, with Prodikos (384b) and Protagoras as proponents. The famous
statement of Protagoras is cited (386a):
panton chraematon metron einai
anthropon.
The human is the measure of all
things.
2) The view of Kratylos is summed up in "onoma homoion to
pragmati" (434a), "the name is similar to the thing". I repeat the Kratylos
Question from the introduction:
Oukoun eiper estai to onoma homoion to
pragmati, anankaion pephykenai ta stoicheia homoia tois
pragmasin.
If now the word resembles the thing then by
necessity must the phonemic sounds (the letters) be similar to the things
also.
Kratylos 434a, PLATO-WERKE
, Vol.
III, engl. transl. A.G.
Kratylos is Plato's discussion of the subject of fittingness
or adequacy of words or symbol systems to the things symbolized. The key
questions are:
1) Are all representations arbitrary?
2) Are there some words more fitting than others?
If we assume 2), then we might continue to ask what they may
be more fitting to:
2a) the thing or
2b) the thinker of the thing, or the representation the
thinker has.
If we assume 1), we might ask why they are arbitrary.
Materialism states that there are totally objective things "out there". We now
have to concede the fact that humanity has created literally all possible sound
combinations to denote, for example, the "horseness" of the horse in tens of
thousands of languages and dialects. Therefore one might be hard put to explain
why one word would be more fitting than thousands of others. Now if all words
are arbitrary, there is no great sense in searching for new ones. This is the
main argument of the proponents of the system of language, writing, and
formalisms, that has been used in the last 5000 years, to the end that there is
no reason at all to try to find new systems that might be more useful.
9.6.3. The structure of the Kratylos
text
The structure of the semi-monologue in Kratylos is peculiar.
As in most other works by Plato, we find Sokrates doing most of the argument. He
talks about 90 % of the time and his partners Hermogenes and Kratylos can only
interject a few statements like: "Yes indeed", "Sure", "I see", "Why?", "I
believe that", "of course", and so on. Therefore, we cannot call this kind of
conversation a true dialogue. Unfortunately, the people who are most
knowledgeable about the subject, position 1) Prodikos (384b) and Protagoras
(386a) are not there, Hermogenes professes being largely ignorant and acts only
as dummy or sparring partner for Sokrates in 75 % of the text. And Kratylos, the
proponent of position 2), has hardly the opportunity to say two coherent
sentences about his view on the matter when he finally gets the word in the last
25 % of the text, starting at 428d, to 440.
Sokrates himself professes, as usual, to be completely
ignorant, because he has only heard the "one-Drachme" talk of Prodikos, and not
the one for 50 Drachmes (384c). After professing his ignorance, he anyhow goes
on developing all sorts of interesting but not very convincing
etymologies
[131] to support position 2), but
finally comes to a position that true understanding is better attained through
the things themselves (439b). How this is to be done, he apparently doesn't have
the time left to expound, since the text ends two pages later.
9.6.4. Did Plato make a
joke?
So the whole work could be interpreted as some kind of
tongue-in-cheek practical semiotic joke that Plato makes to befuddle his
students in the academy and us across the millennia. Or it can be assumed that
Plato didn't have the right conceptual tools to make a semiotic analysis. This
seems to be a modern interpretation which is also proposed by Eco
(ECO-SPRACHE
, 25). But there are two questions
remaining: First: Plato is known to be one of the most outstanding geniuses of
mankind. But humor was not one of his strong points. Second: Why did he go
through such an effort to make it known to posterity, that he didn't know very
much to say about the matter? If we assume that Plato saw enough relevance in
the subject to write about it, or have someone else write down his talks about
it, then there are again two possibilities: 1) He knew more about it than he
wanted to write, the unwritten teachings being in the background. 2) He was
guessing himself, but wanted to preserve something that even he, one of the most
knowledgeable men of his time, had only a dim recollection of, so that it became
not totally lost to posterity.
9.6.5. The terms used by
Plato
In Plato's time, Greek was not yet a standardized language.
Every greek region had their own dialect. The Ionian was different from the
Athenian, that again different from Spartan, and the Italian greek dialects were
different still. Plato makes reference to these differences in Kratylos.
Classical greek, as it is known today, is the
koinae
, the standardized language of the
post-alexandrian oikumene, a product of the work of scholars whose main base was
Alexandria.
It is usually straightforward to find equivalents between
classical greek and modern languages for words of common culture use like:
house, ship, knife, loom, horse, sheep, river, tree, mountain, etc., because
they denote easily identifiable tangible, physical objects that are common in
western, indo-european cultures. Philosophical texts, present a particular
problem for translation because of the extreme variance of semantic fields of
key terms used as compared with modern european languages. Kratylos is even more
problematic because Plato uses his words in a technical sense, and uses them
while he talks about them, without having a proper meta language at his avail.
We should note that ususally our modern meta languages derive most of their
words from greek roots. Here are some of the keywords used by Plato:
onoma - name, denomination, appellation,
designation,word, expression.
chraema - this semantic field denotes things of
practical relevance and objects of human environment: thing, action, usage,
money, belongings, happenings.
There are many similar-sounding, similar-meaning words in the
field: chreia, chreos, chreoo, chrae, chraezoo, chraestos, chraestes,
chraeo.
chraema was the term used by Protagoras. If the very
global meaning of "thing" is substituted for the more specific sense of "objects
of human environment" then we get the most obvious and commonsense statement of
"the human is the measure of all objects of the human environment". No one in
his right mind would want to argue against this. Otherwise what would they be
there for? Today, one would call that statement a core requirement of
ergonomics. And as ergonomics consultant, Protagoras might still make
good money today.
pragma - things done, business, negotiation.
This term is used by Kratylos. There is very slight variance
to chraema, but it might be significant. The semantic field of pragma is
a little more oriented towards process, dealings, and doings. The word
praxis belongs to this field.
Plato uses this term in the majority of places that are
translated as "thing".
onta, einai - being things.
With the "to ti aen einai" the thingness of things starts to
appear in Aristoteles. Plato uses this term sparingly (385b) and he does not
seem to differentiate very much between all the three terms.
9.6.5.1. Pythagorean Cosmology and the Alphabet:
The Stoicheia as used in
Kratylos and Timaios
In most translations of Plato's works,
stoicheia
and
grammata
are treated as synonyms: meaning letters
of the alphabet. But for Plato, there is a quite marked distinction: when he
talks about
stoichea, he talks about spoken sounds, or
phonemes
, and when he says
grammata, he
means the
written letter. The translation of Kratylos has to be treated
with special care to yield any useful information of what Plato was talking
about. The semantic field of stoichea is:
stoicheoma: element, fundamental building block,
first principle
stoicheoo: to teach the basics
stoicheomata: the 12 signs of the zodiac
stoicheon: letter of the alphabet
stoichos: the rod or stylus of a sundial that casts
the shadow by which the time is
indicated on the dial
It is easy to see that the term is heavy with connotations
from ancient cosmology. This subject has been treated in another of Plato's
dialogues: Timaios
. The first meaning of
stoicheoma
denotes the idea of a first principle
of the cosmos
. This is also
called the
archae
. The
zodiacal
signs can be clarified in connection with the
sundial
. The sundial was introduced in Greece by
Anaximander
. He is also connected with the original
formulation of the ancient greek theory of the four
elements
and the
apeiron. The following passage
from Timaios gives us the connection between cosmological primitive elements and
letters-of-alphabet. (HÖLSCHER-ANAXIM
, p.
172)
.
Now we must go back to a second, and new,
beginning (archae) which adequately befits our purpose, just like we did with
the earlier subject. We must consider the true nature of the
fire
, the water
, the
air
, and the earth
for
themselves, before heaven
was created, and we have to
consider their states before its creation
. Because up
to now no one has enlightened (illuminated) on their origin. Instead, as if we
knew what really is the true nature
of the
fire
, the water
and the others,
we talk about them as the origins (archa
i), in the way
that we equate them with the letters (the
stoichea
or original components) of the cosmos.
But it is not adequate that the amateur may even compare them with the form of
the syllables
Timaios 48b , PLATO-WERKE
, Vol.
VII, engl. transl. A.G.
The four elements
as Timaios describes
them in the quotation, are also called
stoichea
.
Anaximander
had brought the sundial from
Babylon
. The dial is partitioned in 12 sections, like
any modern clock is, corresponding to the 12 hours of the day. The 12-scheme of
the hours corresponds to the 12-scheme of the months of the year and the 12
zodiacal signs
wich are all of
babylonian
(or chaldean
) origin.
In the world of antiquity, if one wanted to learn about
astronomy/astrology
, one went to
Babylon
, because here were the first and foremost
experts of all the oikumene on that subject. Timaios,
who is the fictional narrator in that monologue, has been introduced to the
group in 27a as the one who is the most expert of them on
Astronomy/Astrology
. Obviously
Timaios
must have been in
Babylon
to learn the basics (or
stoicheoma
) of the story he is telling in Plato's
"Timaios", just like Anaximander
before him.
We now have one detail left to clarify: Why and how might the
word stoichea have acquired the meaning of letter-of-alphabet which is usually
denoted by the word grammata
? Let us create a mental
image of a sundial
: We see a rod, or stylus, the sun
shines, and the stylus casts a shadow. Then we call into memory another
memorable fable of Plato
, the
cave
parable
. There, Plato talks about a big cave where
miserable humans are chained fast to their seats so they cannot move and only
watch the shadows dancing on the cave walls, forever entertaining themselves
guessing what these shadows mean and what they stand for. The connection to the
stoichea becomes immediately clear. The symbols of the
alphabet
are viewed as the shaped holes through which
the pure light of the divine logos shines. The shadows that are cast on the
dial of the sundial or the cave walls are the meanings of those symbols as we
perceive them from our lowly perspective. Plato talks in
Phaidros
, 276a of the grammata as the shadow pictures of
the living, animated logos
. He uses a very subtle
word-play here, the opposition of
eidotos
(true
knowledge) and
eidolon
(shadow image).
->:
SHADOW, p. 264
Ton tou eidotos
logon legeis, zonta kai enpsychon, ou ho gegrammenos eidolon an ti legoito
dikaios
You mean the living, ensouled speech, the
logos, of the truly knowledgeable, of which the written version can only
be looked at as shadow image.
(PLATO-WERKE
, Vol. V,
276a)
We also find a statement in the same vein in Plato's revealing
seventh letter
. This work, which may hold the key to all
of Plato's teachings, is found in the Appendix. With all these indications and
examples from different works, it is sure worth trying to find an explanation
for Plato's interesting speculation.
9.6.5.2. The Kratylos examples are taken from greek epic tradition
When we look at the examples Sokrates gives for the
similiarity of name and thing, we quickly see that Plato was careful to choose
mostly words that have no physical referent. He derives his terms mostly from
mythology and other greek terms of the ethical domain. He starts out with Homer
as one of those people who are
daemiourgon onomaton that is master in the
art of forming words (390e). This is is highly significant because we find a
direct correspondence to the
daemiourgos of Timaios who is creating the
world. Then he goes through an assorted list of greek gods and heroes. He
follows the genealogy list as given by Hesiodos, and in 409, he comes to the
planets and stars, the four elements, and the four seasons. in 411 he talks
about abstract and ethical terms like virtue, righteousness, etc. This gives an
indication that Plato did not have the intention to show us the relations of
names for physical objects but rather, to the thought and association structure
contained in the greek mythologies. And here, it makes much more sense to
speculate about a connection between the thing and the name, and the sounds of
the names: This structure was created and transmitted by the ancient aoidoi, as
the poets, singers, and bards of greek antiquity were called.
->:
AGE_AOIDOI, p. 398.
So there is no problem to relate them to the phenomena
perceived. The greek gods and mysteries literally "lived" in the rhymes and
metres of ancient greek poetry, and it would be impossible to extract them from
there. Another indication for this is Plato's use of
pragma to denote the
"things". He doesn't talk about a thingness-in-itself as Kant may have
postulated, but about a going-on. That is for example the reciting of an epic
text. While the text was recited, the mental imagery unfolded in the inner
vision of the aoide and his audience. So the examples Plato refers to, his
pragmata, were for the ancient greek audience of epics a true process, of
the nervous system, and not concepts. In this respect, we can perceive an
auto-poieitic element, as the sounds themselves create their meaning by
rhythm, meter, and association. The rhythm and meter component cannot be treated
here, so another work will be referred to which does an extensive discussion on
that subject: LATACZ89
.
9.6.5.3. The Rho of "movement"
An example can be given to substantiate some statements made
in Kratylos. In 434c, the letter rho is presented as meaning "movement". The
semantic field of rho yields the following:
Under
rho we find
rhema
,
the river, the stream.
rheo
: everything in
dissolution by flowing away and apart.
panta
rhei
, as Heraklit
said.
rhoae
, rhoos
,
rhytos
is again everything flowing.
rhoth
- is connected to the
sound of moving water.
rhombos
is connected to
kymbo and
kyklos, and the modern derivation
rotation.
rhyax
,
rhyas
is the upwelling and breaking forth of
forceful currents and undercurrents.
rhythmos
is again connected to
rhombos,
kymbo and
kyklos. It is
the rhythmic recurrence in all cyclical processes, also the (well-formed)
proportion of
Pythagoras
fame, leading us into
harmonia.
9.6.6. Neurology, Epics, and the
brain hemispheres
The question of self-stabilizing neuronal homeostatic patterns
evoked by metered poetry has been extensively treated by Pöppel and Turner
(in AESTHETICS88
[132], p.71-90) In their
paper, Turner and Pöppel make a strong case for the effects of metered
poetry on the development of a wholesome, whole-brained usage of the mind.
Metered poetry has the capability of inducing the brain to a mode of functioning
that is actually of a higher quality than the free-form prosaic mode of thinking
that has become the norm in script based
civilization
[133]. We
thus have an indication that the epic poetry induces mental states and modes of
functioning today falsely called "trance". This is often associated with the
more prophetic aspects of aoidoi. In the indian Vedic
tradition
, we find the
rishis
, whose task was predominantly that of
seers and prophets. It also gives us an opportunity to reconsider the tradeoffs
humanity has bought into by adopting writing, occasion for a reconsideration of
the inherent drawbacks of this powerful civilatory instrument. Plato also issues
a stern warning about the use of script in Phaidros (274c -
276e
[134].. The german text is given in the
Appendix:
->:
PHAIDROS, p.
262.
Pöppel and Turner write:
Human society itself can be profoundly
changed by the development of new ways of using the brain. Illustrative are the
enormous socio-cultural consequences of the invention of the written word. In a
sense, reading is a sort of new synthetic instinct, input that is reflexively
transformed in to a program, crystallized into neural hardware, and incorporated
as cultural loop into the human vervous circuit. This "new instinct" in turn
profoundly changes the environment within which young human brains are
programmed... our technology [functions] as a sort of supplementary nervous
system.
(AESTHETICS88, p.75)
The fundamental unit of metered poetry
is what we shall call the line... it is recognizable metrically and nearly
always takes from two to four seconds to recite... The line is nearly always a
rhythmic, semantic, and syntactical unit as well - a sentence, a colon, a
clause, a phrase, or a completed group of these. Thus, other linguistic rhythms
are accomodated to the basic acoustical rhythm, producing that pleasing
sensation of appropriateness and inevitability, which is part of the delight of
verse and aid to the memory.
The second universal characteristic
of human verse meter is that certain marked elements of the line or group of
lines remain constant throughout the poem and thus indicate the repetition of a
pattern. The 3-second cycle is not marked merely by a pause, but by distinct
resemblances between the material in each cycle. Repetition is added to
frequency to emphasize the rhythm. These constant elements may take many forms,
the simplest of which is the number of syllables per line... Still other
patterns are arranged around alliteration, consonance, assonance, and end rhyme.
Often, many of these devices are used together, some prescribed by the
conventions of a particular poetic form and others left to the discretion and
inspiration of the individual poet.
The third universal characteristic of
metrical poetry is variation. Variation is a temporary suspension of
the metrical pattern at work in a given poem, a surprising, unexpected, and
refreshing twist to that pattern... Meter is important in that it conveys
meaning, much as melody does in a song. Metrical patterns are elements of an
analogical structure, which is comprehended by the right cerebral hemisphere,
while poetry as language is presumably processed by the left temporal lobe.
If this hypothesis is correct, meter is partially a method of introducing
right brain processes into the left brain activity of understanding language.
In other words, it is a way of connecting our much more culture-bound
linguistic capacities with relatively more primitive spatial recognition pattern
recognition faculties, which we share with the higher animals.
(AESTHETICS88, p.76-77)
Here it might be useful to turn our
attention to the subjective reports of poets and readers of poetry as an aid to
our hypothesizing. These reports may help to confirm conclusions at which we
have tentatively arrived...
The imagery of the poem can become so
intense that it is almost like a real sensory experience. Personal memories...
are strongly evoked; there is often an emotional re-experience of close personal
ties with family, friends, lovers, and the dead. There is an intense realization
of the world and of human life, together with a strong sense of the
reconciliation of opposites - joy and sorrow, life and death, good and evil,
human and divine, reality and illusion, whole and part, comic and tragic, time
and timelessness... There is a sense of power combined with effortlessness. The
poet or reader rises above the word, so to speak, on the "viewless wings of
poetry" and sees it all in its fullness and completeness, but without loss of
the clarity of its details. There is an awareness of one's own physical nature,
of one's birth and death, and of a curious transcendence of both, and, often, a
strong feeling of universal and particular love and communal
solidarity.
(AESTHETICS88, p.81-82)
To reinforce their hypothesis the authors turn to new and
speculative fields of scientific inquiry, which are variously termed
"neurobiology", "biocybernetics", and "psychobiology". Quoting an Essay by
Barbara Lex, "The Neurobiology of Ritual Trance" (LEX74), they state:
... various techniques of the alteration of
mental states... are designed to add to the linear, analytic, and verbal
resources of the left brain the more intuitive and holistic understanding of the
right brain; to tune the central nervous system and alleviate accumulated
stress; and bring to the aid of social solidarity and cultural values the
powerful somatic and emotional forces mediated by the sympathetic and
parasympathetic nervous systems and the ergotropic and trophotropic resources
they control.
(AESTHETICS88, p.82)
The linguistic capacities of the left
hemisphere, which provide a temporal order for spatial information, are forced
into an interaction with the rhythmic and musical capacities of the right
hemisphere, which provides a spatial order for temporal
information.
(AESTHETICS88, p.83)
The traditional concern of verse with the
deepest human values - truth, goodness, and beauty - is clearly associated with
its involvement with the brain's own motivational system. Poetry seems to be a
device the brain can use in reflexively calibrating itself, turning its
"hardware" into "software", and vice versa... As a quintessentially cultural
activity, poetry has been central to social learning and the synchronization of
social activities. Poetry enforces cooperation between left brain temporal
organization and right brain spatial organization and helps to bring about that
integrated stereoscopic view that we call true understanding. Poetry is, par
excellence, kalogenic - productive of beauty, of elegant, coherent, and
predictively powerful models of the world.
(AESTHETICS88, p.84-85)
We also find the forces that will work to suppress
poetry:
A bureaucratic social system, requiring
specialists rather than generalists, might well find it in its interest to
discourage reinforcement techniques like metered verse because such techniques
put the whole brain to use and encourage world views that might transcend the
limited values of the system.
(AESTHETICS88, p.87)
They quote from Sidney:
"It may well be that the rise of
utilitarian education for the working and middle classes, together with a loss
of traditional folk poetry, had a good deal to to with the success of political
and economic tyranny in our times. The masses, starved of the beautiful and
complex rhythms of poetry, were only too susceptible to the brutal and
simplistic rhythms of the totalitarian slogan or advertising jingle. An
education in verse will tend to produce citizens capable of using their full
brains coherently - able to unite rational thought and calculation with values
and commitment"
(SIDNEY69, AESTHETICS88, p.90)
If we apply the scientific findings to our hypothesis of the
societal role of the Epic Tradition, we get this surprising picture: The Aoidoi
of the past Oral Age served a much more important function than history had
allotted to them. They were the guardians of the sacred chants and poems whose
purpose was much more than entertaining, or keeping a mythological record of the
past, a sort of proto-history. They were the masters of the forgotten arts of
attuning the soul with the body, of projecting the past and the future, and
healing the cracks and fissures of human society. When civilization arose and
humans adopted writing, the use of poetry as cultural memory system was quickly
discarded and relegated to purely entertainment purposes. The important
cathartic role played by theater, and especially tragedy, in ancient greek
society is one of the last vestiges of this once vigorous tradition. Once the
art of the Aoidoi was forgotten, humanity was on full course into the Iron Age,
the Kali Yuga, the Age of "Blood, Sweat and Tears". The connection between the
brutality of script based civilizations and the degenerated mode of brain
functioning produced by a unilateral concentration and hypertrophy of left brain
activity is suggestive.
In a passage further down, the subject will be taken up from a
different angle:
While the epic tradition rested on a fairly select group of
people, all traditional cultures had many occasions for participatory events
where the larger part of the population was involved: festivals, dancing and
drumming. Tribal african culture has developed the art of dance and rhythm to a
high level. A particular case are the polyrhythmic traditions of this globe.
These are particularly effective in attuning the brain halves. Flatischler has
researched and revived these arts (FLATISCHLER-RHY).
In such communal rhythmic events, it was not only the single
person or a small group who experienced the wholesome effect of rhythm but the
total community. Even though contemporary civilizations still have preserved
remainders of their cultural heritage, this has become confined to specialist
performers, with a passive audience whose single and only role is now to
applaud. Modern civilization thus has experienced a high degree of
de-culturization, losing those effects of participatory culture that were most
necessary for the coherence of the community and the mental restoration of the
individual.
9.6.7. Semephonic fields
Now we can try to fill in some structures how an edifice of
sounds and meaning can be constructed. We will therefore introduce the term
semephonic
as abbreviation for this hypothetical
interrelation of semantic/phonetic elements of a
language
. Let us call the
stoichea
of Plato the
greek root
sounds
. Now let us assume a root sound connection
between words, i.e. that words bearing a similar sound will have a similar or
connecting meaning field, forming a
semephonic link.
Semephonic
fields are called networks of words that are connected by
semephonic
links.
The alphabet is the list of the greek root sounds. When the
greeks adapted it from the phoenician Aleph-Bayt system, they had to transfer a
coding system from a very different language model. As semitic notation system,
the Aleph-Bayt didn't contain vowel notation. This was possible because in
semitic languages, one can determine the meaning of words by their
characteristic 3-consonant root structure. This is not so in indo-european
languages where there are many words that are distinguished by different vowels
only. The consequence of this shifting around of phonemic value of symbols was
that related sounds were assigned to letters spread evenly about the alphabet.
This makes the detection of the groups difficult, because dictionaries list them
by alphabetic sort order and obscure the connections. The vowels form a
particularly difficult subject because there are many combinations of vowels
which are synonymous or part of the grammatical verbal flexion pattern: ea, ae,
ai, io, oi, and so on. Another problem is caused by the spiritus asper, which is
derived from the semitic sound value of Aleph, and for which only a diacritical
mark exists, so that it is hard to track in the dictionary.
9.6.8. The root of western culture:
The semantic field of techne
When we look at the semantic field of techne, we find
many similar-sounding words that bear some connection of meaning, but are
spelled slightly differently.
teucho, teuxo,
tetykein: to create, form, manufacture, smithing,
carpentering
the root verb form of the field
techne: art, craft, skill, trick, fraud
tekton: carpenter, constructor, smith, creator,
procreator->tekno
tektaino: woodworking, carpentering, metal working->
texis
tektonike: the art of woodworking (giving the hyle a
morphe)
teuchos: tool, gear, ship gear, vessel, armor,
weapon
tykos: stone hammer -> tykisma -> typis ->
teich
tykisma: stone building, stone wall
teich-: everything pertaining to fortification
walls
tekmar: to set a goal, to judge from signs, conclude,
to reckon,
to calculate
tekno: to procreate children
texis: melting, dissolve-> etaxen,
->taxis
etaxen, etakaen:
to change appearance through dissolution
takeros: molten
taxis: order, battle order
tagma: the thing ordered, positioned
taktikos: pertaining to the battle order, tactical
typis: hammer
typo-: everything created through impression,
embossing, printing, engraving
9.6.9. Base structures of semephonic
fields
When we go through many such word fields, we come to a
grouping that corresponds to how the sounds are formed by the human voice
apparatus. When the first element is repeated as last, this indicates that the
structure is closed, i.e. forms a ring (gyros or kyklos). See also:
Illustrations ILL:G1
to G5 for some hypothetical
mappings of greek root sound structures and their connection to
Hesiod
's Theogony
. Such mappings
can of course only be attempted seriously with the necessary technological
infrastructure, i.e. a completed Symbolator.
gutturals:
The first group are the guttural root sounds: chi - gamma - xi
- kappa - rho - chi
dentals:
Then there is a group of dental sounds: delta - tau - theta -
sigma - zeta - delta
The combination sound psi connects this group with the
labials, and
xi connects to the guttural group
labials:
The next group are the labial sounds: beta - phi (combination)
- psi (combination) - pi - beta
liquidae:
Lastly, the voces liquidae: lambda - my - ny
Vowels:
The vowels form a different class: alpha - epsilon - aeta -
iota - omikron - ypsilon - omega
Greek morphology allows for a wide variance of vowel
combinations that are synonymous, or have slight, but significant differences in
meaning, like for example
idea and
eidea, or
eidotos
(true knowledge) with omikron and
eidolon
with omega.
We can see in the example of techne above, that the
core semephonic structure determinant for this field is:
t, {e/a}, guttural
9.6.10. The semephonic Field of
Aoidos
Let us picture the semephonic field of the words connected
with the
aoidos. We noted that the Aoidos is not only a poet and a bard
but also a seer and prophet. Hesiod uses the word in numerous locations in
HESIOD-THEO
. We can consider his work as a path
leading us back into the
aoide thought structure. Just by outlining the
semephonic connections contained in the word
aoidos are we able to set a
starting point for the uncovering of this archaic thought system. Since european
thought has been shaped so intimately, using the words of the european mother
language, greek will serve best to introduce us back into this territory that
humanity has lost 2500 years ago.
aoidae is the hymn or poetry, the myth.
audae is the sound, the voice, the call, the
message.
aeido
,
aeisomai
,
asomai
,
means: to sing, call, shout, or making any sound when struck (like metal
objects).
aoidos and eidos are sound-connected, leading
into the field of idea.
9.6.11. The field of aio
Closely related to the root sound of
aoidos is the verb
aio
. It has a very interesting semephonic
structure. It is built of vowels only. Since Greek did not have a notation for
"u", we have actually all the vowels wrapped up in one word. This is highly
significant. The closest pan-indogermanic connection to this kind of sound
structure is the Sanskrit mantra
aoum
.
The next interesting aspect of
aio
is its omnidimensional meaning: It
simultaneously means: to
hear, to
perceive, to
sense, to
see, to
understand, to
know. Then it also has the meaning
of the
aspiration, the
spirit. We will immediately see the
connection to Aleph
mentioned earlier. The significance
of this field cannot be grasped with our common categories of knowing. The
aoidos
was the knower of a different kind of
knowledge.
This is the archaic knowledge, the living, breathing, aspirating
pneuma of logos
, of which Plato
talks in Phaidros (276a)
.
aer
means air, wind, mist,
fog.
aeros or
eros
has a
connection here.
aiora
aiera
means suspension, hanging or floating
freely in the air.
9.6.12. An example of epic imagery:
The Proimion of Parmenides
Parmenides stands exactly at the cross-roads or the cultural
switch which greek society made from the oral memory system of the old epic
tradition of Homer and Hesiod to the newer written text based prosa style used
by the later philosophers. His work is still composed in Hexameter but its
content is already philosophical, not mythical any more. Conceptually, this work
is a very significant step in the development that led to Plato, and Plato
derives many of his key ideas from there. It has been asked why he resorted to a
style of writing that was already antiquated at his time and would under
philosophical views not be considered fitting to the subject matter. Parmenides
can be considered as one who still had access to the old traditional art of the
aoide, and knew how to apply it. This can be experienced in the proimion
(introductory passage) where he uses the formal methods and the mental imagery
of the older epic tradition to full effect. It has been noted that the proimion
poses a strong contrast in style to the main text: Whereas the main text deals
with the immutable eternal realm of truth, the proimion recounts a breathless
race (PLEGER-VORSOKR
, p. 102). This is the first part
of the proimion. In the original, it continues to verse 32. We will only
consider the part framed by
hippoi ... hippous. See also:
->:
PARMENIDES_SEIN, p. 280.
9.6.12.1. The Text
B1
hippoi tai me pherousin, hodon t' epi
thymos hikanoi, (1)
pempon, epei m' es hodon beaesan polyphemon
agousai
daimonos, hae kata pant' astae pherei
eidota phota.
tae pheromaen. tae gar me polyphrastoi
pheron hippoi
harma titainousai, kourai d' hodon
haegemoneuon. (5)
axin d' en chnoiaesin hiei syringos
autaen
aithomenos. doiois gar epeigeto
dinotoisin
kyklois amphoterothen, hote sperchoiato
pempein
Heliades kourai, prolipusai domata
nyktos
eis phaos, osamenai kraton apo chersi
kalyptras. (10)
entha pylai nyktos te kai aematos eisi
keleuthon,
kai sphas hyperthyron amphis echei kai
lainos oudos.
autai d' aitheriai plaentai megaloisi
thyretois.
ton de Dikae polypoinos echei klaeidas
amoibous.
taen dae parphamenai kourai malakoisi
logoisin (15)
peisan epighradeos, hos sphin balanoton
ochaea
aptereos oseie pyleon apo. tai de
thyretron
chasm' achanes poiaesan anaptamenai
polychalkous
axonas en syrinxin amoibadon
eilixasai
gomphois kai peronaeisin araerote. taei rha
di auteon
ithys echon kourai kat' amaxiton harma kai
hippous. (21)
9.6.12.2. The Semephonic Field
hippoi tai me pherousin
the horses that carry me
hurriedly
The semephonic field of
phora
,
phero
contains the meanings of carry, fly, pull
away. The english words
far,
furthering,
forth have a
connection here.
pheromenos means hurriedly, fast, quick. This leads
over to the field of messages and messengers. The connotations of "carry" carry
over into the semantic field of bearing (fruit), fertility.
hoson
as far as
t' epi thymos hikanoi
the will will carry
thymos
means not only
will but also
soul, feeling, heart, courage, boldness.
pempon,
pulled me forth,
epei m' es hodon beaesan polyphemon agousai
daimonos
having brought me onto the renowned path of
the goddess
hodos
: the way, the path,
hosos
: as far, as much, as long (on the
way).
polyphemon
also means: where
many voices are heard. We can relate
phaeme
to
lat.
fama, and
fame. A further relation is with
phone
. See below, the connection to
phos.
daimonos
means god, goddess,
divine being, and the (super-) human souls of the golden
age
(see above:
chrys
-
chros
- and the accompanying semephonic field).
daemon
: knowing, sage.
daemosyne
is experience, knowledge, wisdom,
sagesse. Here we have the connection to the lost wisdom of the golden
age.
hae kata pant' astae pherei eidota
phota
which leads the well educated man through
all places.
(This translation may lead us into strange places
indeed.)
We first notice that we have a full succession of words for
"leading" (to somewhere specific) from the wealth of archaic greek sound
imagery:
pherousin..
hoson...
hikanoi...
pempon...
hodon...
agousai...
pherei. The last word gives us the
lead where we are being led to: into the reigning concept of the proimion: The
Light -
Phos. We know the word
pharos
for lighthouse, "the light that leads the
way".
pherei -
pharos -
phos. This is implied here.
We are not mislead too far off the right path when we assume
that the eidota phota bears a special meaning here, as the illuminated
and illuminating images that we are being led to by the daimonos or
the spirits of the archaic age of aoidoi.
asteios
: urbane, well
educated.
9.6.12.3. The field of eidos
eidos
idon
: to see, to appear, to know, to understand,
to recognize,
eidol
- is everything connected to
images and idols. We can draw a direct connection from
aoidos to
eidos
idea
and
idaee
leads us into the
platonic
philosophy of
idea
or essence of the phenomena. This is the
essence of Parmenides' work: the eternal, unchanging being that can be grasped
and understood only with the
nous
or
spirit-understanding.
9.6.12.4. The field of phos/phaos
The semephonic field of
phos
,
photo-
,
phoos
and
phaos
is reigned by
phoibos
the god of light:
Apoll
. This field extends to
everything seen, visualized, also luminance, and illumination:
photisma
.
phoibos: splendor, shining,
sparkling, brilliant, luminous.
phoibasma,
phoibetes: prophet,
oracle, mantics.
phoinos
: purple, phoenician,
dark red (glowing).
phosphoros
: luck, fortune,
rescue.
phos and
phone
are
strongly related.
phone is connected to everything making sounds, the
realm of voice, speaking, talking. We see the connection to
logos
.
The next interesting observation is the polarity of
Phaos and
Chaos. This becomes relevant when we look at the song
of the
aoidos of chaea
, the
chaes-aoidos
, or as he is better known:
Hesiodos
. Here we find the
chaos. As we
will recall, it is an often used imagery of creation myths, also the one in the
bible, to describe a
transition of chaos to phaos. (Let there be light).
This corresponds to the phonemic switch from guttural, deep down in the throat
to labial, which is at the outer ends of the lips. This phonetic change could be
quite significant.
tae pheromaen.
thus I was carried forth
tae gar me polyphrastoi pheron
hippoi
to where the knowledgeable horses led
me
We may assume that there is a subtle semephonic connection
between phero, phora, and phrasto- via the metaphor of
message mentioned above.
harma
titainousai,
they tearingly pulled forth the
chariot
titaino
- connects us to the
archaic word of
titanic energies. The meaning is connected to an
ultimately extended or intended bow. The mental imagery gives us the figure of
a titan who is stretched bent between heaven and earth. We have a titanic
effort descripted here,
all forces are bent under the will-power to the point
of breaking. We are being told and being led into the deeper and deeper
reaches of the archaic mind, the titanic mind, of the first generation of
creation that Hesiod tells us about.
harma
is the two-wheeled
chariot of homer
ic adventure origin. We will get some
interesting details on it in a moment. For classical Greek thought, the
harma is the "Leitmotif" or lead symbol of the archaic mental frame. We
recall
Phaeton
, because this is the point where
he lost control over his horses and careened straight into his desaster with the
sun chariot. We are on the safe side, because we have expert guidance without
which we would have no chance.
Further meanings of the root
harm
- are: put together, join together, couple,
sleep together, unite,
harmony,
harmonikos. In the indian Sanskrit
kourai d' hodon
haegemoneuon.
Sun-daughters guided the
way
Here we have the connection to the sun god(ess). Actually, it
is explicitly given later on, in (9), where we get the word
Heliades
.
This is Women's Work.
axin d' en chnoiaesin hiei syringos autaen
aithomenos.
the axle in the wheel hubs screetched the
shrill sound of a reed whistle, red hot was it.
aithos
or
aitops
is the field of fire, burning, heat,
glowing red with heat, also the red hot iron.
We are lead back to
phos
and
phone
, giving us the connection of the light and
the sound, the
phoinos
, which means purple red.
We also get the cosmic connection we also mentioned in the sound field of
chnon
, axon
,
pramantha
or
prometheus
, the fire drill, leading us into the
deep abysses of archaic cosmology
(SANTILLANA93
).
The double meaning of aio as hearing and wind-sound
reappears, only immensely magnified to the limits of endurance. The sound
fields of audae and asomai appear.
doiois gar epeigeto dinotoisin kyklois
amphoterothen,
because it was driven by two whirling
wheels on both sides
we may recall the other meanings of
kyklos
in the cosmic realm, meaning eternal recurrences
and stellar revolutions.
hote sperchoiato pempein Heliades
kourai,
as with even more hurry the heliadic
daughters led the way
We get the feeling of continuously rising tension. This is
very serious business, fraught with danger, and we must not slow down, because
something (the night) will catch up with us when we do, engorging and engulfing
us mercilessly, throwing us back into the abyss. This is the next best visual
imagery coming as close as is possible to some very phantastic scenes out of the
Star Wars Mythology
where the rocket ships of the
federation make it barely through a closing stellar passage.
prolipusai domata nyktos
eis phaos,
leaving behind us the house of night,
toward the light.
Now we have almost made it. We have escaped the precession of
the equinoxes
and are now beyond the time
barrier
. We have entered the realm of the
eternal
. (Interpretation according to:
SANTILLANA93
).
osamenai kraton
apo chersi kalyptras.
forcibly removing the veil from the
head.
osamenai
has the root sound of
ousia
, the essence of
Aristoteles
. We are connected back to
eidota
, the
images of the eternal being.
The veil is removed, now we can see clearly, truly, and really. The eternal
vision is cleared for us. It takes some more effort to remove this last veil.
ous- is the root word for a handle, the handle by which we can hold
things in reality.
entha pylai nyktos te kai aematos eisi
keleuthon,
here is the gate of the ways of the night
(nyktos
) and the day
(aematos
).
keleuthos
is again another word
for the way, the path, the voyage. The next connection to a known sound field
we have is
kyllos
, leading us to
kyklos
. There are
straight and directed
(ithys
) paths and voyages and there are
cyclical
paths. This gate signifies their parting, the cosmic cross-roads.
Keleutheia
is a name for Pallas
Athene
.
There is one more station to pass, but it is not an obstacle
to us, just another sign that we have made it. This is the gate separating the
Ways. It is the gate of the passage of time, of endless ever-recurring kyklois
of day and night.
kai sphas hyperthyron amphis
echei kai lainos oudos.
and a gate lintel and a stone step surround
it.
We find in the word
hyper-thyron
the root of the german
Türe
Tor
, and the
english
door
.
lainos
means made from stone.
echo
- means: hold, hold fast, give a
hold.
autai d' aitheriai plaentai megaloisi
thyretois.
The gate itself, shining with etheric
light, is filled with huge swinging doors
ton de Dikae polypoinos echei klaeidas
amoibous.
for which Dike the all-sentencing
(punishing) polypoinos
holds the keys to entry
and exit.
This will lead us straight to
Anaximandros
and the
apeiron
. There the Dike is not a mythological
goddess but the impersonal cosmic law of all things arising and
decaying.
taen dae parphamenai kourai malakoisi
logoisin
peisan epiphradeos,
To her spake the Sun-daughters with gentle
words and persuaded her
hos sphin balanoton ochaea aptereos oseie
pyleon apo.
to pull back the bolted bar from the
door
tai de thyretron chasm' achanes poiaesan
anaptamenai
and it opened wide, like a yawning, gaping
abyss, the gorge of the doors
This leads us straight to Hesiod
's
account of
The Beginning.
chasm
and
achanes
is the imagery of the
chaos
. Depicted is the gate of the
apeiron
which is the gate of
chaos. We
are now lead through the maelstrom, called
Amlodhi's
mill
(SANTILLANA93
). The
theme is the same as above. We are leaving the realm of temporal existence,
proceeding into the eternal realm. We may call to memory our contemporary
physical cosmological imagery of
black holes
, the
maelstrom of gravity that exactly parallels this archaic tale.
polychalkous axonas en syrinxin amoibadon
eilixasai
gomphois kai peronaeisin
araerote.
turning the
polychalkous
brazen, /bronze (aere perennis) axes
(pylons) with nails and rivets in their hinges
taei rha di auteon ithys echon
kourai kat' amaxiton harma kai
hippous.
right through there, in the straight way,
the Sun-daughters guided the chariot and the horses.
ithys
,
itharos
is everything connected to
straight(forward), also clear, pure.
idea
is not
far away from this idea.
ithyphallos
is the
erected phallos.
amaxa-
,
amaxi-
, is everything belonging to the chariot
and the cart. Also the
stellar signs of the big and little
dipper
(great and small vessel,
mahayana
and
hinayana
).
Whew, we made it!
We have left the kykloid ways of temporal existence and have
returned to the straight path of Eternal Truth. This brazen door made of
aere perennius had slammed shut 2500 years ago, and no one had entered
here afterwards. Plato only had a dim recollection of what had occurred here.
He did not have the key any more. For him, this was already dark, obscure
mythology, as it was for all the countless generations of philosophers after
him.
9.6.13. Deeper meanings of Greek
names
After this tour de force which will surely earn us a heavy
beating by linguists, philologists, and philosophers alike, we might be really
brazen and get tempted to ask a really idiot
question.
[135] What if there was more to the
name Parmenides than just an arbitrary name (onoma homoion to pragmati)? We know
from the amerind people how they chose names to reflect an essential character
trait of the bearer (Chief Sitting Bull). What if we were to parse the word
Parmenides and come to something like:
para-men-ithys (straight
beyond the mind). We can then graduate to Hesiodos, and analyse that as
chaes-aoidos , the aoidos of
chaos-chea-gea-gaia-rhea, which is
exactly what describes the essence of his
work.
[136] Then we might advance to
Anaximandros, and get something like: Anax-andros, or Ana-Axin-Andros.
Timaios has some connection to the greek word
timao, or to weigh,
to deliberate. Then we might try
Prometheus, whose brother interestingly
was called
Epimetheus (the
before-thinker, and the
after-thinker). Santillana and v.Dechend note that there is a connection
to the vedic root term
Pramantha, or fire drill
(SANTILLANA93
). And last, but not least, we get the
toughest job of them all: Homer. He was the first and foremost
aoide as
we have already mentioned. That again is connected to
aio. Let us now
make a quick detour to a different corner of the world and take up the thread
that we connected to the word
aoum. We now get this little
onoma-semephonic kyklos:
[137]
aoide - aio - aoum - soma - haoma - homeros -
aoide
Nice, isn't it? If it only were not for the linguists,
philologists, and philosophers who will surely give me "the Giordano Bruno
treatment" for that one alone. But I am not totally making this up out of my
sweet phantasy. Actually, we can find all the blueprints for this in the works
of Marius Schneider
(SCHNEIDERM
).
9.6.14. Semephonics and the Vedic
science
While there is quite a barrier against thinking in terms of
semephonic fields in the european theater that has been imprinted by hellenistic
thinking, the same has been common knowledge in India for millennia. Of course,
there it is called by a different technical term. Semephonics is the old vedic
science of mantra, connected with the vedic cosmology. There is a direct
connection to ancient greek, because we have here the three great stems of the
ancient indo-european language family: Ancient (homeric and pre-homeric) Aoide
Greek, persian Zend
Awesta
, and
Sanskrit. The archaic Rishi Sanskrit
is still found in
the Rg Veda, and it is can be compared to classical Sanskrit much as Aoide
Greek
has to be compared to the
koinae
. The root sound connection means that
words bearing a similar sound will have a similar or connecting meaning field.
The interconnection of such fields as we find in the old hymns and epics gives a
structure that is vastly beyond the meaning attributed to the words as defined
by philological methods
[138]. This mode is
the thought structure of the archaic seers, bards and prophets: the Aoidoi. Our
understanding of archaic pre-literate thought of oral cultures will gain another
dimension when we perceive their words as diffuse, field-like, interconnected
entities.
In Vedic science, the root sound structures are called bija
mantras, and we find there a complete thought system or cosmology of how
these root sound structures combine to form the whole phenomenal universe. The
works of Homer, Hesiodos and the proimion of Parmenides' work also contain still
a vestige of this old cosmology.
9.6.15. Technical construction and
visualization of Semephonic Networks
To test the hypothesis, it would be necessary to go
systematically through the hymns and epics of Homer, Hesiodos, and others and
search out and map all possible semephonic interconnections. If one wanted to do
this in the manual way, charting all these interrelations and interdependencies,
it would take a very long time. It would involve following through all the
semantic field interconnections with the conventional philological tools we
have: dictionaries, or thesauri. The alphabetical ordering is a linear mapping
of the semantic fields cut up, mutilated and thoroughly mixed and distorted by
the completely arbitrary alphabetical boundaries. To reassemble them manually is
extremely time consuming. Proper tools, as they become available with modern
hypermedia systems will facilitate this task greatly. Computer tools are
essential for the work. The software for doing this still has to be constructed
but existing software tools can be adopted for this. It is possible to model
such a structure is with a system similar to a molecular simulation program.
This is suggestive since the sound connections form a model akin to atomic
binding forces. As we see with a glance to Timaios, the ancient cosmology had a
sound combination structure that had a correspondence to modern molecular
chemistry models.
When such a project is completed, we will have a network
structure that is vastly beyond the plain meaning attributed to the words as
defined by philological methods. This mode is the thought structure of the
archaic seers, bards and prophets: the Aoidoi. If proper multimedia support is
added, we can even make these representations "come to live" and "sing their own
song".
9.6.16. Hypermedia as Scaffolding
for Whole-Brained Mind Use
Although computer tools should not be used as a substitute for
a function our civilized brains have lost in those last 5000 years, the new
technology may serve an extremely valuable role in producing a scaffolding for
the mind that is disused of learning the ancient languages and memorizing
thousands of lines of poems.
The likely candidates for a poetry that may help us reviving
the Aoide mode of consciousness are the works of Homer and Hesiod. It is not the
right approach to just rotely memorize them, or worse, memorize the
translations. Also the traditional humanistic grammatical methods of instruction
that were the horror of countless generations of students should be treated with
care. Modern technology can help us rediscovering the hidden structures of those
ancient works and present them in a way that will make it an interesting and
rewarding work for those who want to bring their minds to this lost mode of
functioning.
9.6.17. Give me the right
Vorstellung and I will unhinge the universe
We might now ask what the connection is to Schopenhauer's
Vorstellung. If we take the Vorstellung as our point of departure,
we may easily see, that everything we perceive, the phenomenon of the thing that
our sensorium produces for us, and the word for that phenomenen, are not two.
They are just two ends of the same spectrum, called the Vorstellung. And
then, the question is trivial. Since they both are part of the
Vorstellung, one must be fitting to the other. And they cannot be in
coincidental relation with each other, but they must be united in a frame of
reference of systematic unity. If it were not so, then we couldn't speak and
converse and think, basta. The question to be dealt with further on is: How.
We need to clarify the infrastructure, so that we may be able to find
optimized representations. That is, how we can fine-tune our mental
instrumentarium, if we only know where the handle is, or, to paraphrase
Archimedes: Give me the right Vorstellung, and I will unhinge
the universe.
9.7. A Hypothetical Semephonic Network of Aoide Vocabulary
See: ILL:G
-1-5: The greek semantic
cycle or gyros of chi-gamma-xi-kappa-rho-chi.
It should be mentioned that this network is highly
hypothetical and bound to cause much philological and linguistic
protest.
9.7.1. The Chi Root - The Crossing
The semephonic root of the greek phoneme chi is the semitic
sound Aleph
. In the indo-european language structure,
the sound Aleph does not appear, except as the diacritical mark on the vowels.
Spoken indo-european language doesn't have this sound any more. Westerners can't
even produce it. The sound of Aleph can at best be described as a dry cough
coming from very far down in the throat, or even in the abdomen. It could be
described as the sound of hara (in the japanese Zen
diction). In the cabbalistic scheme, Aleph is the root of all things existing.
In the Zen diction, the hara is the center of the human being. This is not
without significance in the present case. As we see,
Hesiod
os embarks on this theme in his
theogony
.
The Greek root sounds
gamma
,
chi
,
kappa
,
xi
,
rho, are closely related which does not show in the dictionary because
the word ordering sequence has spaced them far apart. All words containing these
sounds will be candidates for inspection. At the time when Greeks learned
writing, the letter
chi
was connected with
crossings
[139]
.
chiasmos
and
chiasma
denote cross patterns as
grammata,
graphae, or
glyphae
, like cross-marks
in clay or as wooden sticks laid cross-wise (like nordic
rune
s, German
Buchstaben
-
Buch-stäbchen
). The cross-mark also
denotes something recognized as false or suspicious.
It should therefore be noted with special attention that the
characteristic symbols of our european culture are the
cross
and the
christos
(the anointed
, the messias, the
crucified
). We just have to exchange the sound patterns
of
christos
with
chiastos
and are back at an original crossing
obscured by the christian mythological overlay. The
cross or
chiasmos is the character or the sign of the
chiastos, in
its most technical sense.
Of course the important question to ask is: what has been
crossed with what and why was this original crossing obscured? We may
look for more material on this in the greek creation mythology of
Hesiodos.
9.7.2. Before It All Began: The
Chaos
Not without good reason does Hesiod
tell us that before
The Beginning (the
ar-chae
), there was
something quite useless to try to even name. Therefore he called it the
chaos, the unfathomable cave, the gaping, the yawning, the emptiness, the
void, or in the words of Anaximandros: the
apeiron
.
(HESIOD-THEO
,
DIELS-FRAGMENTE
).
9.7.3. Our Brave New Age of
Chaos
Also with good reason, our present age is the age of
re-emergence of the chaos
, as is amply evidenced by the
rise of Chaos Theory
, and the general chaos pervading
all the personal, political, ethical, and noetic domains of human life. (See
also: BOLZ-CHAOS, BOLZ-KONTR).
The sound pattern is:
Chi
,
Alpha
and
Omega
. This may lead us
in a deep abyss
indeed. Because chaos may not be a word
defined by a meaning (which is
nothing) but an
anagram
of the
chiasmos
or crossing of Alpha and Omega. And the
word
ar-chae can be parsed as the
ara-chae, that is what follows
the
chae.
ara
means everything following
in temporal or logical sequence
[140]. The
drift from
chae
to
chao
is described below. We can further list the
words:
chasko
,
chasmos
,
charybdis
,
charon
,
the ferry-boat man to
hades
or
chades
. We see the intense mythological
connection with sound fields.
The meaning of "Alpha and Omega"
is
overlaid by christian interpretations but below these, more material is hidden.
We can see the connection to the buddhist use of
shunyata
(
->:
SHUNYATA
). We may also be able
to establish a connection to the symbolical machines mentioned above: We
have here a word that is not arbitrarily connected to meaning, rather it is a
kind of mental computer program to calculate and find meaning in.
9.7.4. The Chi Extends in Semantic
Space
chae
is, if we allow us the
freedom to interpret Hesiod, the first incarnation and the invisible,
unconscious, and subsurface (or chthonic)
name and
aspect of the
Mother Earth
(
gaia
being her surface aspect, see the
gamma
entries).
Persephone
is the other name of this aspect. In
the myth, she is the daughter of De meter
, going to
Hades
(chades
) every winter and
re-emerging every spring in the month of
gamelion.
chthon
is everything connected
to
chae. In Hesiod
's account of The Beginning,
we can see the drift from
chaos
to
chaea
to
ara-chae
to
chthon.
(HESIOD-THEO
) This is mirrored by the meaning of
cave
, cavis
,
cueva
, all descendants of the original root sound,
also the female womb,
hysteron
-chysteron
.
chiazo
has a connotation in the
musical realm, using an unusual (suspicious) sound or harmony pattern. Here we
see the crossover or crossing of harmonies shine up as
chi
.
chilia
denotes a thousand-fold,
like a millennium or a thousand men. The
chiliastai
are the believers in the
chiliasmos
, the
millennium-long reign of
the
christos
/
chiastos
.
We have a correspondance in the roman numeral
X, the greek
chi,
which means not thousand but ten.
cheramos
is a more specific
word for caves, crevices, holes, hiding places.
chero
has the meaning of
robbed, deprived, widowed. Let us recall the more delicate parts of
Hesiod
's account of
The Beginning
(HESIOD-THEO
) when
chronos
or
kronos
(the time
god
or
Saturn
) privated or deprived the sky god
ouranos
of his private
parts
by means of a scythe or
harpae
(chero - charpae
-
sharp
-
scharf
)
, thereby
separating the
chaea
or
gaia
from her consort
ouranos
, and depriving her of her lover and
making her a widow. (See also: SANTILLANA93
, p.
120-124.) The privated private parts of ouranos fell into the sea, the
okeanos
, there becoming transformed into froth, and in
the course of events fathering the love goddess Aphrodite
(aphros=froth)
, born of the froth, rising from a sea
shell or
cheramis
. We can assume a sound
connection between
chero
and
cheronos
.
chloro- means everything green, i.e. the children of
mother earth, the plants.
choanon
is the hollow form into
which molten metal is poured. The sound pattern is the reversal of chao - choa.
See the connection to
texis
.
chnon
or
choinike
is the wheel hub. We find this in
Parmenides' text: (PARMENIDES69
, PARMENIDES74, B1,
6
). The wheel hub is
that which does not move while
everything around it moves. This has found ample metaphorical use in the Tao
Te King
and Buddhist
teaching
about the wheel of rebirths
. (See also:
LAOTSE)
. Further meanings are:
axis
, center of astronomical
rotations
, like the earth axis. (See also:
SANTILLANA93
, p. 125-126.)
We would make the
conjecture that the proimion (opening
passage) of Parmenides' work which is framed by the words "hippois" at the
beginning and "hippous" at the end has a special meaning.
(PARMENIDES74
, B1, 1,21
->:
PARMEN-PROIMION
) Parmenides was not
just trying to add some dramaturgic spice to his lecture about "to gar
auto noein estin te kai einai" (
to know is to be). The connection of
whistling wheel hubs and red-hot axles may as well point into a cosmological
dimension that we are no more aware of:
axin d'en chnoiesin hiei syringos auten
aithomenos doiois gar epeigeto dinotoisin kyklois
amphoterothen...
PARMENIDES74, B1, 6-8
chro
- has all the connotations
of time
. The god
Chronos
or Kronos
reigns this semantic sub-field. A connection
with
gaia
or
chea
is through the word
ches
or
chizo
which denotes everything belonging to the
past. Appropriately,
chrono
- belongs to the
present moment and extends into the future.
chronologia
is the connection of logos, i.e.
measuring and time.
chry
- is connected to gold,
like gold the metal. Gold is the material preferably used by
Hephaistos
, the divine smith and craftsman
(tekton). Gold is in all cultures invariably connected to the divine, the
heavenly realm. We have a connection to the
golden
age
of which the ancients spoke so often. We might
call this age golden because it was under the reign of
ouranos
, before time had set in, i.e. before
Kronos
(the time god) had separated
chaea
and ouranos or heaven and earth. In that age, they
were still united and heaven reigned on earth. The sound pattern switching from
chry (gold) to
chro (time, Kronos) should amply indicate a
fundamental shift from the
better to the
words (actually we wanted
to write
worse, but as it came out,
words fits equally
well).
chre
- is connected to the
earthenly realm of money, commerce, the realm of the god
Hermes
(chermes
). In a further related meaning, we come to
title, name, and character.
chre- and
chry- converge (or better:
cross over) in the word
christos
.
chreo
- is connected to lack of
money, need, necessity.
chresme
-
chreste
- is the semantic field of oracles.
chresterion
is the sacrificed animal (again a
connection to
christos where we have a sacrificed
lamb
)
.
chrestes
is a money-lender.
Remark the opposition of
chrestes vs.
christos
as recounted in the New
Testament
.
chresto
- denotes the word field
of everything useful, obiedient, honest, sincere, benign, compassionate, meek.
For example as a good christian citizen.
chrima
and
chrisma
denotes the semantic field of: 1)
honorable: ointment, perfume, 2) practical: whitewashing, painting (as in house
painting, not picture), and 3) demeaning: smear, grease, cheat. From this we
fall into the word root of the Christian
Religion
:
christos
the anointed, painted,
greased, or cheated. Pick the meaning of your choice. There is a strange
correspondence between the cherished Christian mythology and the impression we
get from the sound field: Christianity always talked about and wished for the
recurrence of the Golden Age of humanity, the
aion chryseon, with the
Christos
the
pantokrator
,
as the reigning god of the age. What we see actually happening though, is
something falling a little short of this noble aim: Our age is the
age of
the chrestes
: money reigns the world.
9.7.5. The Semantic Field of
Gamma
The semantic field of
gamma is reigned by the second
incarnation of the
Mother Earth
goddess
gaia
, ge, or
gea
(or
chaea
in
her subconscious
chthonic
or
Persephone
aspect). Gaia is also called
Demeter
for "
de
meter"
or
mater
,
mother
,
mère
,
Mutter
as her name derivations are in the
european languages.
ge-, geo- is everything connected to agriculture
and land.
gala
is the milk (the mother
gives), also the
galaxis
or milky way. (See also:
SANTILLANA93
)
gamos
is the semantic field of
marriage and sexual reproduction.
Hieros gamos
is
the annual celebration of the celestial marriage of the mother goddess gaia with
her seasonal consort.
gamelion was the greek month reserved for marriage,
between january and february. This was in Greece the time of pre-spring, i.e.
when Persephone, the chthonic aspect of gaia re-emerged to the
surface.
gaster is everything connected to nutrition, digestion,
like in gastronomy, that is the nutritive aspects of gaia.
gaulos is a vessel to contain the gala, the milk.
Connected to storage and transportation of goods. In one special meaning a
phoenician trade ship.
geito- means everything in the neighborhood.
gena- and gina- gono- is connected to family,
descendance, birth, birthday, life-span, generation, genealogy, genitals,
genetics. kine- and kinai- are the relations in the kappa
field.
gyno- is everything connected to women.
gera- and gero- means everything connected to
old age.
The ge-gantes or gigantes are the ab-orignal
(ar-chaic) sons of mother earth ge or chea.
glypho- connects us to the semantic field of
graphe and
gramma. The process is always the same: inscribing or
furrowing marks or patterns or forms or morphae into some mother substance or
hyle
or
xyle
or
ghyle
or
adamah
.
gloss- is everything connected to the tongue and the
spoken word.
gnos- and gnom- are related to nous and
noos, also to genos via genoma to gnoma, meaning
sign, symbol, mark. To know.
The field of
gnos-,
gnosis is reigned by
Sophia
the mother goddes of
knowing
.
graphe
or
gramma
derived from the process of inscribing or
furrowing. Grammar, science, learning, documentation.
grammata
are the written
characters of the Alphabeta. See the correspondence with
stoichea
. Plato talks in Phaidros of the grammata
as the shadow pictures of the living, animated logos.
griphe
is a riddle, related to
gryph-
and
kryph-
(krypto).
gorgo
is the horrible aspect of
ge
. In the hindu pantheon this is
Kali
.
gorgyre is a subterranean
prison.
goni- is everything connected to angles. The connection
to gyne- will be visible to everyone who knows the old sumerian ideogram
for woman. (Unfortunately not available as character under Windows.)
The gamma semantic field is completed, with gyros, the
circle. We will see the connection of gyros and kyklos.
9.7.6. The Semantic Field of Xyle or
Hyle
hyle (wood, building material, the famous term used by
Aristoteles in his philosopical meaning) is sound-related to xyle, which
also gives rise to a whole collection of words all dealing with wood and
woodworking. From there we come to our word stylus.
The connection goes on: xiphi- and xiphe-
denotes everything connected with steel as in sword, dagger, but also steel
tools. xois is a wood carving knife. xyale also denotes a carving
knife. Here is also the connection to the writing tool stylus.
The root xes- concerns words that deal with polishing,
roughing, scratching, engraving, and all sorts of surface finishing. Here we
come in close semantic proximity to the already known root of graphe- and
gramma.
xoanon means a woodwork wood carving, also an
idol.
xyro- is the root for everything connected with cutting
hair. Interestingly enough, the well known expression of the sword suspended
from a horse's hair finds its etymological roots here: "epi xyrou histatai
akmes". "It all depends on one hair", "by hair's breadth". Everyone who
already has experienced a close shave will find some meaning
there.
9.7.7. The Semantic Field of Kappa
This semantic field of kappa is extremely varied and it
is not really possible to adequately display the twisted webwork of its many
intertwined semantic threads in any other than graphic display. There are many
connections with the chi and gamma sound fields as is to be
expected.
There is a whole field of roots that spell different but have
similar meanings of hollowness, roundness, and emptiness. This gives a strong
semantic connection to the chaos and chthon sound field.
kaetos derives from chaetos-chthon and means a large monster in
the sea, like Leviathan.
keno- keneon ( -> chnon, ->
choanon), are roots connected with emptiness. kados, kaddichos
(hollow measure), kaiadas (gaping hole in the earth).
kong{e/os} a hollowness and roundness, hollow shield,
sea shell, like cheramis used for ladling water. Modern language
derivations are conch and concha. koilos is likewise a
hollowness, a cave, or a bay, likewise kotyle.
korone and koronis are connected to
crown, ring, corona, German: Kranz.
kosmos means not only the cosmos, but also order,
arrangement, decoration, embellishment, laud(atio).
The sound field of ky- contains a whole collection of
relations. The reigning root might be kyklos, cycle or circle. It has
many connotations, like wheel, cyclic movement, yearly seasons, the celestial
vault or globe. kyllos is everything bent, round. kylindros is the
cylinder. kyle is a cup, bowl, beaker. In German, there are the words
Kuhle and Kelle bearing a sound relation.
kytos (<-> kotys), kyttaros,
kyphella have a strong connection to keno, hollowness.
The root kym- is equally rich. Here we find many words
related to waves. kymbaton is a wave, kymaino means making
waves. kymbe, kymbalon is a cymbal, i.e. a (hollow) metal bowl
that makes sound waves. kymbos is equally a hollowness or a bowl.
Hollowness and roundness semantically connect the kyklos to the
kymbo-, i.e. waveness.
kyo- means pregnant, mentioned in Hesiod's theogony
(HESIOD-THEO
). Here we connect back to
chaia
and
gaia.
kytokia is birth.
koima means sleep, sleeping together, (in the Indian
language: kama), karos (deep sleep, ~ of death) and koma
(sleep of death).
koi- (switched io-sound from kyo) means
everything connected to the nuptial bed. koitos is the root of
koitus, not, as is falsely assumed, from the Latin
co-ire.
kinai means lust, i.e. the agitated movements at
the occasion of the koitos, which leads us into the next field of
kine.
kine- is connected to everything moving. In
Aristotelian and Scholastic philosophy, the kinesis is the distinction of
life. In Timaios 52d to 53b, Plato talks about the kinetic device to mix
and separate everything in the creation of the kosmos.
kinion is a spindle, leading to kloste (thread),
klosma (web, thread), and finally klotho, the goddess of fate who
spins the thread of fate.
kadmos is the sound connection to
adam and
kedem
.
9.8. Human culture before history: The Age of Aoidoi
Prior to the age of civilization
that
began about 6000 years ago, there is no clear historical consensus what existed
(and where) in the period starting with the Neolithic
Revolution
around -12000 ending at the onset of the
first civilizations -4000. In those 6000 to 8000 years, all the inventions and
developments pertaining to culture had been made.
9.8.1. Distinctions between
Civilization and Culture
The following discussion rests strongly on the distinction
between what is called "civilized
" and what is
"cultured
". Now how these two interesting terms are to
be defined, is probably up to a lot of discussion among different schools and
different philosophical outlooks. I do not want to get embroiled in the
controversies inevitably ensuing from stating it one way, and having a hundred
people come and telling me that I am an idiot because I didn't use their
definition. "Cives
" is the latin term for the
citizen
, or state subject
, of
the Imperium Romanum
. It is therefore a quite late
invention, and something has to be found that also covers all the state subjects
of the civilizations of Egypt
ian and
Mesopotamia
n origin, not to mention the
Chinese
, and perhaps those of Mohenjo
Daro
and Harappa
, or of Minoan
Crete
, or the Pelasgian
cultures. And where will we put Catal Hüyük
?
The more we go on digging in the past, the more cases we will find, where it
will be hard to find the true-and-only dividing line between civilization and
culture. I will therefore try to give a naive overview that illustrates the
point, and try to give a list of features that will roughly serve for the
distinction:
"
Cultured
" are called people
who have
- plant and animal domestication
- pottery
- spinning, weaving, knotworks, ropes
- woodwork
- tools and specialist manufacture for objects of daily
environment
- trade
- rituals
- dance, song, poems, lore
- instrumental music and rhythmics
- decoration on their bodies, objects and buildings
- an elaborate system of knowledge and cultivation of the
transcendent, commonly called
a religion, together with architecture or landscaping devoted
to the purpose.
"
Civilized
" are to be called
those cultures who are using:
- hierarchical organization of specialists and
bureaucrats
- permanent
settlements
[142]
- monumental architecture, and
- deployment of human waves in armies and labor
camps.
It becomes apparent that most of the attributes of "culture"
with the exception of pottery and architecture are of highly perishable to
extremely ephemeral nature. Since a song or a dance or a poem will not leave the
slightest archeological remains, such entities are hard to document for the
archeological study of ancient culture. We also find that we have almost no
handle to call any people "primitive". This should be a reserved term that is to
be withheld until no evidence at all for any of the above cultural traits can be
furnished. There is a difference between "primitive" and "barbarian", and as
Neiryinck indicates, a highly civilized people can be quite barbarian.
Some features which would usually be grouped under
"civilization" may be much older than commonly assumed: for example Metallurgy,
Mathematics, Astronomy, and Navigation.
Metal has been used probably from the earliest beginnings of
humanity. Whenever pieces of raw copper, silver, or gold could be found, they
were hammered with stones and used for a purpose, if mostly decorative.
Meteorite iron was quite common in different places, like the Sahara, und was
therefore also used very early. There is only the difficulty to prove that. The
extreme scarcity of metals before the advent of ore smelting prevents
archeological remains. No one would have thrown the tiniest scrap of metal away,
but it was handed down countless generations. Only in the bronze age, when metal
became more common could people afford the luxury of leaving it in the graves of
their dead to be found later by
archeologists
[143]. Once pottery is
available, the oven technology for metal smelting is there too. This is why we
can speak of a metal age from that time on. Metal use is then only a question of
access to ore deposits or trade routes.
Mathematics
and
Astronomy
must have certainly been used when megalithic
cultures erected their monuments. SANTILLANA93 advances the theory that precise
astronomical and mathematical knowledge must have been present from the earliest
ages on.
Navigation
is probably also much older
than we think: High-sea navigation is a question of two factors: astronomical
orientation (refer to the above paragraph) and sea-worthy vessels (which can be
made with very basic technology, as Heyerdahl has shown). The presence of Tuna
fish
remains in neolithical refuse heaps forces the
conclusion that there must have been seagoing boats to go where the fish are
caught: Out in the open seas.
9.8.2. Aoidoi, Rishis, Nabijim: The
Oral Memory-Bearers
The best common denominator of this period of humanity between
-12000 and -4000 is what it had not: script. Therefore we could call it the age
of non-scriptural transmission or shorter: The Age of Aoidoi. This is how
the story tellers, bards, poets, seers and prophets were called in ancient
Greece. Each language group had their own name for them, and they were present
in every culture. In India, they were called the Rishis, in the Semitic
countries, the Nabijim. We are in this text using the term aoide
as generic, for all the bards, seers and singers of all cultures of that
forgotten age.
Caution! It has to be mentioned here again, that the
following discussion touches on some heated controversies of the philology
community. It is dangerous to meddle with the accepted academic consensus about
Homer, and therefore, there might be violent emotional reactions to the
following. See
->:
ONOMA_SEMEPHON, p.
369.
The aoidoi about whom most people will have heard before are
Homer and Hesiod. They were the last exemplars of this vanishing species of
cultural-memory-bearers, relics of the preceding oral era, who died out quickly
after writing culture emerged in ancient Greece about -800 to -700. Their
special deed was to have preserved a good part of the lore circulating in
ancient Greece by translating the formerly oral material into the newly invented
alphabetic script. Havelock's writings contain many details on the technological
aspect of the alphabet, and its value to preserve the ancient verses quite
accurately so that they survived the next 3000 years in the books and archives
long after human minds had become too feeble or too occupied otherwise to carry
them in living memory.
9.8.3. Culture before the Advent of
Civilization
Since about 1960, considerable material on cultures before
civilization has been brought about by workers like James Mellaart in Catal
Hüyük from about -8000 to -6000 (MELLAART) and Maria Gimbutas in the
"Old Europe" cultures situated in the Balkans (GIMBUTAS), especially the Vinca
culture dating about -6000 to -3500. The rich findings prove that these peoples
had evolved a very high level of culturization, with exquisite art and
craftsmanship that required extensive division of labor. A strong prevalence of
female idols and fertility signs has prompted researchers to assume that these
cultures were mostly matristic in orientation. The Vinca culture displays a
wealth of objects marked with symbols that bear a certain resemblance to Minoan
Linear A and old Phoenician script. Before there is a definite (and quite
impossible) proof that these symbols have been used as script, they are regarded
by archeology as ornaments (HAARMANN).
9.8.4. The Memory Technology of
Pre-scriptural Culture
The cultural attributes listed above were handed down and
evolved from the beginning of the neolithic over 300 generations, that is 6000
years spanning the whole age of pre-civilized but cultured humanity. That this
tradition was at countless occasions locally broken, uprooted, or dispersed by
natural desasters and invasions with consequent loss of population has no
consequence to the overall continuity that can be observed in the whole
mediterranean and near-eastern theater. As Mellaart noted: Once a cultural
invention has been made, it will remain. The fact of a 6000-year tradition
without the written record poses some exciting challenges for a project of
reconstructing and re-engineering the informational requirements and
implementation of such a persistent cultural memory system based on the human
mind solely. This is the motivation for the present work. The transmission
involves all sorts of mechanisms which can be classed in three
domains:
1) Language, Voice, and Melody, Song, Instrument Music and
Rhythm (Drumming).
These mechanisms are ephemeral and could only be kept in
living memory before the advent of scriptural and technological recording
mechanisms. They had to be handed down from person to person.
Epic or Aoide tradition, metered verse:
hymns, epics, poems, sung and transmitted by professional
bards or Aoidoi
Prose: fables, fairy tales
Games: for adults and children
Jokes, riddles
Songs: There are special songs for all crafts and
professions:
workers, sailors, hunters, warriors and soldiers,
priests
as well as for all occasions:
festivals, ceremonies, rituals and daily and seasonally
recurring works like planting, harvesting, building
Rhythm and Drumming:
African Cultures have a drumming rhythm for every occasion.
When coming to a village it is possible to hear from miles away what kind of
event is taking place.
(See also: FLATISCHLER-RHY)
2) Non-vocal ephemeral body cultures (like martial arts, and
dance), transmitted through the master-apprentice system.
Healing
Many physical skills are hard to impossible to put into words
so they are still today transmitted the same way they always were.
3) Arts and Crafts Tradition, transmitted through the
master-apprentice system.
These mechanisms involve non-ephemeral stages.
The objects created can serve as information
carriers.
Ornamental encoding are more than purely decorative. Patterns
found on the wall paintings of Catal Hüyük showed up unchanged on
Anatolian Kilims woven 8000 years later (MELLAART-GOD, Illustrations H). This
exemplifies well the extreme durability and persistence of non-scriptural
transmission even in the face of greatest adversities.
Buildings and Monuments used as long-term storage information
mechanisms.
Much ancient monumental architecture served a double function
encoding e.g. mathematical and astronomical knowledge. Most famous: Maya
architecture, Stonehenge, the Great Pyramid. Unknown to archeology must remain
all architectonic constructions that were made of live material: gardens,
orchards etc.
There is enough information on gardening art in historical
cultures to let us infer that this did not spring out of nothing and that there
must have been an equally rich tradition preceding it in prior ages.
In this picture, the epic tradition represented by the Aoidoi
is just the tip of the Iceberg. The hypothesis developed here is that the
material cultivated and transmitted by them served a specific function, and had
a different cultural value than the other categories. Therefore, the Aoide
tradition is used as representative of this era, a sort of "Leitfossil" in the
study of archaic memory systems. A possible and hypothetical scenario of a
society based on the Aoide memory structure is given in the Chapter: "The
Cultural Memory System of the Aoide Era"
Most of the transmission mechanisms listed above are still
with us, active and successful, even if pushed to the fringes by societal
pressures and power structures. They are usually not among the skills that are
compulsory subjects in the public schools. Up to about 200 years ago, the
greater part of humanity still lived mainly under the influence and direction of
oral tradition. Even where there existed script based power elites, rural
society was largely oral. All tribal cultures of Afrika maintained this
tradition which is just today becoming extinct.
9.8.5. Vedic Brahmin Culture: The
Greatest Oral Tradition
A similar picture is presented by the large coherent Brahmin
culture of India. Although script has been in mundane and administrative use
since about 2500 years, the oral tradition of the holy songs and epics of Veda
and Upanishad was insured by religious injunction. It was considered desecrating
the holy songs by committing them to writing. Brahmanic oral memory technology
is to be noted among the greatest achievements of mental training of all human
history. Brahmins could memorize whole volumes of hundreds of thousands lines of
verse, faultlessly, up to the minutest detail. The british colonial regime
succeeded to destroy the brahmin education system in the 18th
century
[144]. India has never since recovered
from this cultural lobotomy.
It is interesting to note the the brahmanic tradition sets the
beginning of the present age, the Kali Yuga (the iron age in greek mythology)
with the death of the Avatar Krishna, and the great battle of Kurukshetra which
is portrayed in one of the greatest works of the oral tradition, the Mahabharata
and the Bhagavad Gita. This mythical event is to have happened 5200 years ago.
Even though scientific dating has allowed a maximum probable date of -1600 for
the indo-european invasions to India and subsequent cultural turmoils and
battles, the mythological date is quite exact in another way - it coincides
closely with the the end of the age of pre-literate humanity, the age of Aoidoi
and Rishis, the end of the culture of oral tradition, and the rise of script
based civilization.
9.8.6. The Omnipresence of embedded
Ontologies
The forces that shaped modern european languages are to be
found 2500 years ago in the development of greek language. The semiotic
decisions and developments made between the time of Heraklit and Anaximander
about -600 and the time of the Alexandrinian library became the foundation of
the whole of western thought structure. They filtered directly into Roman
Imperial Latin, the language of Cicero and Horaz, and from there into Church
Latin, the Scholastic Age, and from there, with incorporation of the wisdom of
the Byzantine Empire in european Renaissance thought and finally the thought
systems of modernity: Bacon, Galileo, Copernicus, Newton, Descartes, Leibniz and
Kant. The apparent diversity of european languages makes us forget that the
underlying world models, their built-in ontologies, are extremely uniform.
Because it is so all-pervasive, it is extremely difficult to separate out the
determinants of this world-system. Kant's Critique was only the last of a long
series of efforts to sort them out in a set of universal categories and arrive
at a base that is not determined by the indo-european graeko-roman thought
structure.
9.8.7. The Mental Structure of the
Age of Aoide Cultures
When we want to deal with the mental system of the
pre-scriptural era, we have to do just that. And in the process, we might trip
and fall, get lost in wrong turns and dead ends. This is a risk that has to be
taken if we want to leave behind the thought frames that have supported our
cultures since 6000 years. It is important to note that even our expression
"thinking" may be misleading here because the type of mentation typical for
those other cultures may be of a quite different, and maybe even uncomparable,
mode than our contemporary mental organization.
9.8.8. The Cultural Memory System of
the Aoide Era
When we are focussing on the cultures preceding civilization:
The culture of Catal Hüyük, discovered by James Mellaart, the "Old
Europe" cultures known through the work of Mariam Gimbutas, the
Pelasg
ian cultures of the northeastern Mediterranean,
and the Megalith Culture spanning all of Europe. To mention all these cultures
in one breath may cause some archeological protest. What do they have in common?
Let us try to sum it up: They experienced a fairly high level of cultural
well-being with very low grades of centralized authority and organization, and
had no (decipherable) phonetic script
[145],
that is, they relied heavily on oral tradition as cultural memory mechanism.
What we are arguing here that in this oral tradition is a
possible
[146] cultural substrate,
organization and stabilization process that was extremely efficient and
enduring, kept culture alive and happy for at least six millennia, and that we
as humanity have a lot to learn from what they created - even if the intervening
script based civilizations did their best to eradicate and destroy all and any
remnants and memories of the earlier era to the last vestige. They did not
succeed completely. An old Taoist saying states that the more you try to forget
something during the day, the more persistently will it reappear in your dreams
during the night.
To understand Aoide thinking, to understand the underlying
memory system base of the epos, it is advisable to suspend what we might have
heard about greek or other mythologies before. We should forget the stories of
mythology, of brave heroes, of fidel and infidel wives, of gallant elopers, of
all the fairy-tale ideas of the Greek pantheon of partying, gossiping,
fornicating, and fighting gods. Let us consider this is as convenient cover-up,
as the meat, but not the bones of the message. Let us look at the story from an
information processing view. We all know that there are certain subjects that
people will not easily forget: blood and gore, daggers and dungeons, romance and
love. We only need to watch TV today to find that the old subjects are still
popular. Human nature hasn't changed much in all those millennia.
Now it is possible to encode a different material in this
cover-story material, to be decoded only by specific people, some sort of
archaic public key method. It is quite possible to think of some sort of
modulation technique by which one could vary certain elements of a story, which
would be very innocuous to unsuspecting outsiders but very significant for those
who know.
9.8.9. The decentralized, networked
cultural memory Carriers
The Aoide had a vital function to fulfil in archaic oral
cultures: They were the decentralized, networked cultural memory carriers and
processing service for the whole culture. There was no culture without them.
They were called by different names in different places. They were not only
singers and poets, but also prophets and seers. In the semitic lands, they were
called Nabijim, and through their recountings was originally formed the body of
lore that is today known as the Old Testament. In ancient India, they were
called the Rishis. In Europe they were bards, troubadours, and so on. In the
decentralized networking structure of a rural society where message propagation
speeds are mostly limited by the leisurely pace of a man walking from one
village to the next, and the message packet carrying capacity limited to what he
deems worth remembering, there is a very specific outlook on what is regarded as
news. We could say that this kind of messaging system limits itself to
relaying news that will stay news - as it was once coined by Whole Earth
Review (WER).
In such a society the only people traveling regularly were the
traders and the Aoidoi who were often traveling with them, being welcomed on
board a ship, or with a caravan crossing the empty reaches of Central Asian
steppe between China, India, Persia and
Syria
[147]. They were a much sought-after
source of education, information, and entertainment, in about this order of
precedence. Every few years a local noble who had some money to spend and some
wine
[148] to offer threw a big party, and
took care to make it known many months in advance. There were always a few
Aoidoi on such events, and it was among them that much of the action of the
feast occurred. While they were recounting and interrelating their stories and
chants, contesting for the
golden bough, the equivalent of the
poet
laureate today, or the prize of the golden ring, the prettiest woman from
the audience as willing consort for the night, they educated and entertained the
audience, while at the same time refreshing and re-organizing their personal
store of knowledge. By this the body of lore accumulated over the centuries
grew, was modified, changed, renewed. It changed on a very leisurely pace of
maybe ten verses out of ten thousand in a hundred years. But if you add up two
or five thousand years of story telling and chanting, you will get the picture
of a quite vividly evolving information culture. People were in no hurry then.
You will easily see that the body of mythical lore accumulating and renewing
over these thousands of years was not controlled by the conscious decision of
any one of its bearers, the Aoide, since the changes were not even noticeable
during the lifetime on any one of them. Nor was it controllable in the first
place. It is not very likely that one of them might have sat down and re-edited
and re-formatted his story. There were no word-processors then. Only after
writing was invented, and specifically, alphabetic writing, could such a thing
have happened. The big historical debate is therefore whether the one whom we
call Homer was capable of writing. If he was, he could actually write down the
story and edit it. But before that, it simply wasn't possible. An epic poem is
not a piece of linear writing but something where everything is connected to
everything else by melody, rhythm, rhyme, meter, and association in a very
homeostatic self-stabilizing dynamic structure. It is next to impossible to just
take out a piece here and paste it in there. So, there were only very few
occasions when something like this happened, and it was most likely to occur
during one of these Aoide contests, when excitement was high, and a few
improvised well fitting verses might win the prize. The winner was the one who
excelled everyone else in melody, rhythm, rhyme, meter, and association. The
Aoidoi formed guilds of a sort. The rules of epos were their organization code.
What they related were not stories of the usual kind.
9.8.10. The Global Aoide Messaging
System
Now, even while one Aoide might not travel very far from the
place he was born
[149], there was a very
efficient way for the messages to travel much, much farther. We should keep in
mind that the coding of epics had a very efficient sort of self-stabilizing
mechanism as indicated above. This can cross language barriers. We should
remember that in the olden times before national states that rigidly controlled
one national language opposing another, there were only quite flexible
boundaries of dialect. The famous example is China, where it is said that at a
distance of 100 Li, people spoke a different dialect but could understand each
other fairly well, and at a distance of 1000 Li, they couldn't understand each
other any more, even though they both were speaking some dialect of Chinese.
Ditto for the large indo-european and semitic language groups in the western
half of Eurasia. So it was no problem for an Aoide of one dialect to adopt a
story from a colleague of a different, but related dialect. Even if the
colleague was from further away, chances were good that they knew to speak and
sing a dialect common to both. If the story was interesting enough, it was
always worth the effort. By this, a story could travel, at an even slower pace
than a man on foot, not only a continent, but the whole globe. 500 years is an
appropriate time it took to travel across Eurasia from the farthest East to the
extreme West. This is the basic mechanism explaining the curious similiarity of
myths all over the globe that Santillana and Dechend are referring to
(SANTILLANA).
The tradition survives into modern times in fringe areas of
Europe, more of it in Africa, but it has degenerated and long been pushed aside
by writing civilization. After writing had supplanted the memory functions of
the bards the few remaining ones were employed mainly for entertainment purposes
by the noble courts, as we see in the troubadours and the welsh bards.
9.8.11. Aoide Information Processing
We will now look at the phenomenon of Aoidoi from a
information processing angle and try to re-engineer the information processing
devices they had invented. The information requirements of an oral culture are
extremely stringent: To pack everything to be preserved over many
generations
[150] into packets of verse that
must not exceed the limits of human verbal memory. This can be vast. We know of
several megabytes that a single Brahmin scholar will recite faultlessly with the
exact intonation, duration, pitch and what
not
[151]. If we measure this in multimedia
data requirements, we can easily fill a gigabyte hard disk. The Aoide also has
instant random access to any verse and to all the connections of all the verses
with similar-sounding, similar-associating, similar-rhyming, verses in the whole
epos. If we calculate this up in terms of data requirements for hypertext keys,
you will end up with a hyper link data base about ten times as big as the
original data. We may now calculate the data access time limits to get any
possible connection within the absolutely essential time lag factor of a maximum
of 100 milliseconds
[152].
9.9. Song as syn-aisthetic technology
I will give here a perspective of the role of song and chant
in the creation of a super-soul, or collective consciousness that serves to
unify individual people in a whole.
9.9.1. The case of ancient Egypt
Ancient Egypt had maybe the longest unbroken endurance of any
civilization on this planet, about 3000
years
[153]. It ceased to exist as an
independent culture around -300. Its cultural stability presents modern
westerners with a similar mystique that it already had for Plato. For us it is
unimaginable that anyone could reach into a drawer and pull out a list of
forerunners in office listing 100 generations or 3000 years, as has happened to
greek visitors in egyptian temples. One such incident is reported in Timaios.
Even only a period of a tenth, 300 years is an almost unimaginably long time for
us
[154]. Therefore, it is difficult for us to
make a judgement of what this culture represented. Modern opinion about this
culture is divided in two opposite and irreconcilable views: The esoteric view,
which projects into Egypt a magical kingdom of superhuman, enchanted beings,
high priests, princesses, and god-kings, with all sorts of magical powers. No
mention of the all-too human conditions like the disease and manual toil that
was rampant in ancient Egypt
[155]. This view
was very prevalent in the Renaissance time, when the Florentine neoplatonic
school of Ficino
[156]
and Pico della
Mirandola
[157]
was
florishing, and later the Baroque, like Athanasius Kircher's. After the
deciphering of Hieroglyphs by Champollion, it became more fashinable to view
Egypt as a place that was managed very well for a very long time with a very
conservative attitude, a primitive technology, and held in check by a
sophisticated socio-religious system that allotted everyone his place in a very
strict and rigid hierarchy. This modern view is voiced by Neirynck: "During the
27 centuries of pharaonic reign, Egypt has formed a stable technical system that
was characterized by insignificant inventiveness. Certain technological feats
are remarkable because of their dimensions, for example the pyramids. But these
were only a systematic and extensive application of very rudimentary
techniques." (NEIRYNCK-ING
, 130).
Both views may be off the mark because Egypt may represent
something that has vanished from our conceptual systems. Let us consider the
example of the technologial achievements, for wich our modern society prides
itself so much that it regards Egypt as "primitive". Let us visualize the
building of the pyramids
[158]. A Hollywood
movie gives us the suggestion: We imagine a human wave approach magnified beyond
all limits: Tens of thousands of workers grouped in small armies of several
hundred to thousand each pulling and toiling huge stone slabs weighing hundreds
of metric tons, under the cracking whips of their slave
drivers
[159]. Is this a realistic picture?
From historical accounts of slave labor in America, we know that the quality of
slave labor is always much inferior to freeman labor. Can forced labor be
brought to perform to such an unimaginable precision as is displayed in the
paving of places measuring 100 m across, with a height differential of three
millimeters? Or the limestone covering of the pyramids which equalled the Inca
masonic precision to the point that one couldn't insert a knife's edge between
them? And surpassing Inca architecture, the plane surfaces of the pyramid sides
were polished absolutely plane, like mirrors. Egypt architecture created the
most perfect approximation in a physical structure to the absolute euclidean
plane, and the absolute straight line, that any culture on earth before or
after, was able to produce. Even though in principle, we could do this today
with our modern technology, no one has the money to pay for it. If you had been
there to look along the edge of the Cheops pyramid, you had 200 m of absolutely
straight visor line leading into the sky. And standing on the top, one could
enjoy the sensation of three absolutely straight lines leading from the eye's
convergence point into the ground. (Literature:
EDWARD-PYR
, DORNER-PYR
,
MENDEL-PYR
,
STADEL-PYR
).
9.9.2. Stones moved by
song
I will now give a totally different scenario, one that is
different from the cherished technological preconceptions of superiority and
modern cultural arrogance of linear progress, as well as from esoteric
phantasmagory. Therefore it will probably be rejected by everyone: The old
legends had it that those huge slabs of stone were moved by song
(SCHNEIDERM).
[160] Now the esoteric view of
this might be that some egyptian Orpheus master singer sat quietly beside a
stone, sang it a song, and the whole thing began to float in thin air and
levitate towards its intended place in the pyramid structure. We don't need to
be that naive. But as always, there is a grain of salt in the story. Now imagine
those large armies of laborers, not toiling and panting and sweating, driven by
fear of the slave drivers' whips, but all united in an overbearing, harmonious
chant and work dance: An unimaginably enlarged vision of a sacred mass ceremony,
the plain of Gizeh filled by this multitude of people, all united in the service
of their highest ideal. Singing together the song of construction. We know very
well the shanties sung by the sailors, and how song has always been used to
coordinate working groups of people. It is impossible to direct a huge mass of
hundreds or thousands of people with brutal methods except for very brutal
tasks. But when it comes to inserting a stone slab into an existing structure,
this is not the case. This is absolute precision work. If something goes wrong,
this can become a catastrophe for those hundreds of people, and the ruin for the
whole building.
So, this is an entirely more sympathetic picture of how the
egyptians went about the construction of their monuments. They were on the
whole, a quite sensuous and life-enjoying culture, who lived as well as they
could, and not letting their living life being spoilt by their preoccupation
with the afterlife. (ASSMANN-STEIN
)
How can this be proved? An approach to this would be in the
analysis of the Hieroglyphic inscriptions that are always present when large
working groups are shown. Commonly they are interpreted as speech. If we can
detect meter or rhyme in them, then we will have a strong case for
song.
Mendelssohn gives some more important details on the possible
societal role of the pyramid building in early egyptian civilization
(MENDEL-PYR, 129-136
). Most pyramids date from the Old
Kingdom (c.2686-2181 BC). At a very basic and superficial level the pyramid
building craze can be interpreted as the symbol of the hybris and
self-aggrandizement of the Pharaos. The interpretation of Pyramids as Pharao
graves is today most prevalent. But there is a problem with the dating of the
buildings. All the data indicate that the pyramids were not successively built
one after the other, but while one was under construction, the next one was
begun. And some Pharaos built several pyramids. This may give an indication that
pyramid building was some sort of Pharaonic "Reichs-Arbeitsdienst" keeping the
grown population of Egypt occupied while they had nothing to do in the flood
season. Mendelssohn indicates that there is a very important economic reason why
a new pyramid had to be started while the one under construction was nearing
completion. Because of the difficulty of moving the material up the last third
of the height of the completing pyramid, and because ever less material was
needed, the work force had to be drastically reduced for the building. That
would have had severe economic and social consequences, leading to worker
unrest. It has to be added that a huge army of 100.000 men assembled in one
plain is absolutely uncontrollable by force with the weaponry available to Egypt
military at that time. Bronze weapons and armor were introduced much later in
Mesopotamia, and never used by Egyptian military. And the Pharaos surely
couldn't use the same population twice: Once as workers and the same time as
military. So there is no other possible way to see the phenomenon, than this
way: everyone was there, because he had joined the party on free will, and if
not entirely so of his own will, then because he had been sent there by his
folks in the home village. Other inscriptions on the huge stone slabs indicate
that there were local working groups, doing their work, and these inscriptions
bear the mark of pride and honor of the great work and deed done. So, we may
interpret the egyptian pyramid building adventure as the great deed of honor and
accomplishment that served to weld the whole of the egyptian population together
as one unified nation and culture. And this may be the main secret why Egypt was
able to stay united for the next 2300 years to come. After this was
accomplished, one didn't need to build pyramids any more.
9.9.3. Technology and modern
Egypt
Ancient Egypt had managed her fertility well for 3000 years,
was able to feed its population, and could divert an enormous percentage of
gross national income to the utter luxury of covering the whole country with so
many stone monuments that even 2000 years of marauding and wanton destruction
have left enough for us to keep us in suspense for sheer admiration. If we were
to track the economy of ancient Egypt, our modern day economists would sink
beneath the ground at the level of efficiency on which Egypt operated to afford
all those stone monuments. If this 3000-year building craze siphoned off 50 % of
yearly GNP, it still didn't lead into immediate state bancrupcy, as similar such
happenings always produced in european countries within 30 or 50 years (see
France's Roi Soleil programme, which led straight into the French Revolution).
No, the thing continued for 3000 years unbroken, which means that it was
economically sound, to say the least.
Now let us look at some marvel of our modern technology that
we are so proud of, and that we feel so superior about, when we compare
ourselves with ancient Egypt:
"The consequence of building the High Aswan
Dam in Egypt. Completed in 1970, this dam on the Nile was designed to produce
electricity and increase the supply of water available for year-round
irrigation. The technical goals were clearly attainable, but long before
construction started, at least one ecologist (Raymond F. Dasmann) pointed out
some highly probable and highly undesirable consequences of controlling the flow
of the Nile completely. Unfortunately, nobody was listening to ecologists in the
1950s.
What ensued turned out to be worse than
feared. A brief review on the consequences - not to be called side effects"! -
is worthwile. First, the perpetual wetting of irrigation channels made possible
by the new dam favored the survival of snails and their parasites, thus
augmenting the human toll of schistosomyasis, a seriously debilitating disease
in tropical countries. In addition, throttling the flow of the Nile into the
Mediterranean stopped the deposition of silt in the delta, a process that had
been making new farmland for centuries. Now normal erosion by the sea results in
actual loss of previously deposited farmland. Unforseen was the effect of
decreased river flow on fisheries in the sea. The shrimp fisheries of the
eastern Mediterranean, deprived of their yearly gift of nutrient-rich flood
waters, have declined 97 percent. This has been hard on the fishermen. But worse
is to come.
For five thousand years agriculture in the
Nile Valley flourished because of the yearly deposition of a millimeter of rich
silt during flood time. Fron now on that missing gift has to be compensated for
by expensive chemical fertilizers. Moreover, without the yearly flushing of the
soil by flood waters, salt will accumulate and eventually ruin the soil for
farming. In probably less than a hundred years, five thousand years of
successful agriculture will be brought to an end. Such a disaster deserves a
more evocative name than "side effect."
HARDIN85, 54
To complete the statistics: In another 20 to 50 years, the
accumulated millions of tons of silt in the Aswan basin will have filled it up,
so that the turbines will clog, it will not give any more electricity nor water.
Then Egypt will be ruined for good and for ever. Thanks to modern technology.
Not very much more needs to be said about the superiority complex of western
technologists when they look down at "primitive ancient Egypt".
9.9.4. Song in war and peace of folk
traditions and tribal life
We need only to collect all the ancient myth and lore to
complete this picture. Warrior songs were an essential part of the picture. Not
without a reason is the great homeric epos of Ilias a war song. And if we read
the Rg Veda, and the Mahabharata, and Hesiod's Theogonia, we are transported
back to an immense archaic battlefield of titanic powers. Every culture had
these warrior songs, from the american Indians, to the germanic Berserkers, to
the Vikings, to the arabic Jihad warriors, to the hymns chanted by Cromwell's
Ironsides when they smashed the royalists. There are only one or two places on
this planet that I know of which didn't seem to have partaken in this habit:
Catal Hüyük and the ancient Pelasgian and Minoan Crete cultures. But
it is unlikely that they were able to get along entirely without warriors in
their age and world.
But song is also widely used in peaceful and industrious
settings: The Shibipo women in Peru are famous for their large pottery vessels
that are painted with intricate patterns. The vessels are so big that when two
women are working at painting one, they can't see each other. So what they do to
coordinate their work, is to sing a specific song. And the outcome is that the
pattern will be complete and unbroken, without any prior drawing or design
sketched out.
9.9.5. Song in traditional carpet
manufacture
The same can be found in traditional tribal carpet manufacture
of Iraq and Iran. Here, the workers, women or young girls, are working to a
song. The pattern of the carpet is determined by the song. Any slight change in
the song is reflected in the change of colors and patterns of the carpet. So
while knotting the carpet, the children get to learn the old songs, and have
incorporated them into the visible and durable pattern of the carpet when they
are finished. This has at one time been an ingenious mixture of school and
production. Only when capitalist methods came to those places were the children
exploited as working machines, to produce and produce until they became blind.
But the well-intended outcry of the civilized western buyers of these carpets
has only served to throw out the baby with the bath. Now the children cannot
learn these songs any more, and they get lost to humanity. And adults are not
suitable for the fine knot-work nor for the
songs.
[161]
9.9.6. Computer analysis of song in
the archeological record
Even though there is little chance that we will ever find an
archeological equivalent of a tape recording of songs of ancient cultures,
modern computer tools allow us some kinds of high sensitivity data analysis that
were unthinkable a few years ago. For example the analysis of pottery
ingravation marks. This goes as follows: The arm of the potter who is marking a
vessel turning on the pottery wheel, is in the same way sensitive to body
vibrations as is the receiver of an Edison phonograph. While the potter is
inscribing a pattern into the pot with a stylus, the whole system acts as a kind
of frequency recording device. So we will certainly see a coupling of the heart
beat of the potter inscribed as miniature oscillations (or micromodulations) of
the line drawn by the pottery stylus. When he or she sings and speaks, these
micromodulations of the geometrical pattern of pottery ornaments will be equally
preserved and are now detectable with a computer. Any other free-hand movements,
like the painting of surfaces, can also yield such traces of
modulation.
9.9.7. The unbelievable story of
musical staircases and spiral labyrinths
This would probably make the Guiness book of records as the
most brazen archeological lie that anyone would ever be able to dream up. I
would never have believed it myself, if it hadn't happened to me. Interestingly,
the thing was described almost exactly in Douglas Hofstadter's "Goedel, Escher,
Bach" (HOFSTADTER79, p. 120
): There he talks about
Achilles wandering around in the dark in a place that makes all impression of
being a spiral labyrinth with some peculiar groove marks on the walls. While he
is fumbling his way through this labyrinth, Achilles lets his walking cane graze
over the surface of the wall. Suddenly he hears a music. He realizes he is
walking in the grooves of a record. This is nice in theory, but difficult in
practice, because of the uneven rhythm of the gait of someone walking on even
ground. But if you change the experimental setting just a little bit, then it
might just be workable.
Let's see about the application in reality. I experienced this
on an island of the Canary Group. There are paths in the mountains of these
islands that look like they are dry ravines. Winding, narrow, covered with big
stones, leading from nowhere to nowhere. Only the regularity and even layout of
the stones indicates that this was not just accidental water force that placed
them here. Remarkable is that the gradient of descent is very uniform. While I
was walking down one of these paths, I had a big stick, about 2 metres long, in
my hand. I soon realized that the gentle pull of gravity on my body removed all
the effort of physical exertion that is usually connected with walking. The
slope of the path did the walking for me. Then I realized that the stick
developed a kind of life of its own, the stick and my body formed a coupled
resonant system, as one would say in physical language. Then comes the trick.
The underground of the stones had a kind of reverberant
property
[162]. And every stone made a
different sound because of the different size. So, believe it or not, while I
was walking down that path with my stick dancing beside me without my wilful
control, it hit upon those stones in a regular rhythm and played a melody. One
could call this a geological xylophone
[163].
Would you think this was just an accidental trick of nature? The strange
"coincidence" why I was able to get the effect at all, was because I had read
that the aboriginial inhabitants, the Guanches
, who had
lived on these islands before the Spaniards exterminated
them
[164], had always carried along with them
such long sticks. Supposedly to catapult themselves over the many cracks and
crevices of these jagged islands. I therefore had gotten me a stick just like
theirs, to try out the catapulting trick. Unfortunately that didn't work out too
well, but the stick came in handy, as you have seen. What do you know? I always
believed that just because people live in the stone age, they don't necessarily
have to be brutes. And you only have to read those stories of amazement and
wonder that the spanish brutes related about the beauty and almost divine
gentleness of the Guanche priestesses. Of course those girls were not all killed
right away, but raped into the spanish matrimony of their captors, and had
children from them, so that one can say the Guanches were not totally
exterminated...
For a more complete account of the story, see:
->:
ERD_MUSIK, p. 352
Yes, and before I forget it: On these islands still exists the
tradition of "el silvo", a peculiar whistling language that people use to "talk"
to each other over distances of over one kilometer.
9.9.8. Song in religious
setting
Hymns and chanting have since time immemorial been intimately
connected with the religious setting. Here the application of the synaisthetic
technology of song had reached its ultimate heights. Here we may list the
architectonic reverberatory wonder of the great gothic
cathedrals
[165] which served as resonance
body for a huge mass of several thousand people all assembled in this space, and
being lifted on the unification of their breath vibrations as they chanted. They
were carried on the wings of their spirituality into heights that were never
before, and never after achieved again. This may be one reason that so many of
these magnificient buildings sprung up in such a short time on a continent that
could muster much less coordinated resources than ancient ecypt could almost
4000 years earlier. The acoustic properties of cathedrals as reverberatory
bodies have never been studied, to my knowledge.
It is therefore informed speculation that the unification of
such great masses of people could be achieved with architectonic constructions
that had the kind of reverberatory characteristics as the cathedrals. By
necessity, this technology had to be forgotten as soon as it was invented,
because it was too dangerous for the curch power structure. Because the people
were too close to realizing that it was not some distant word of god shouted
down at them from the pulpits, that lifted them into these spiritual heights,
but their own breath and chanting, that unified and amplified them in their
divine super-soul. Very soon, several modifications were introduced in the
cathedrals, wooden chairs and architectonic embellishments, so that the acoustic
characteristic of these light-and-sound domes was destroyed. The material of the
windows was important, too, and what influence the gothic glass art had on the
acoustic side, has never been even imagined. Nowadays, the windows are made with
steel frames, and not with the old construction which involved lead and other
supporting materials. Steel was impossible to get in those times, and iron was
very expensive
[166]. I suppose that the
supportive material of the windows was bronze.
9.9.9. Cathedrals as forerunners of
hypermedia technology
We can see the cathedrals as a very specific and very
impressive forerunner of current hypermedia and virtual reality visions. The
colored glass windows, the constantly moving views and perspectives of the
pictures the people perceived while wandering along the floor
labyrinths
[167], and the reverberations of
the space provided for a suprasensory atmosphere that was by far more impressive
and all-encompassing than anything we will get with our modern computer
technology for at least 20 to 30 years to come. Looking into the peephole of a
computer screen, or into the goggle viewers of a VR helmet seems to be
ridiculous compared with the overbearing sensory input that was given by the
cathedral.
Somehow, the mechanisms of church power structures
necessitated that the center of control stayed always with those on the right
side of the barrier. So the reverbaratory characteristics of churches were
designed toward the principle of acoustical lens, and the pulpit was located at
its focus. Here the preacher could be heard equally in all the
building.
Gregorian chant was cultivated in the monasteries and has
produced another example of the highest refinement of spiritual culture (aka
synaisthetic technology) of humanity.
Much of the spiritual power of christian apostolical groups
can only be understood through the group experience of chanting. Baptists,
Adventists, Mormons, and many others widely practise mass chanting events where
several thousand people convene.
When the organ was invented, finally those huge spaces of
churches could be filled by a mechanism that was controlled by one person only,
and the difficult coordination of hundreds of human voices became less of a
problem. This is where the high art of Johan Sebastian Bach sets in.
9.9.10. Song as instrument of
authoritarian domination
Finally, and to the unhappy end, we find the desastrous
application of the synaisthetic technology in the brutal hands of dictators and
mind-warpers. Germany had been the scene of the first large-scale application of
the synaisthetic technology of song as
Geheimwaffe. "Ein Volk, ein Reich,
ein Führer", that was not only the application of radio technology as
carrier of Goebbels' propaganda lies, of radio technology coordinated
Blitzkrieg Panzer attack tactics, and of the industrial war mobilization
of a whole continent. It was also effected by the unscrupulous application of
the ancient knowledge, that if you let a great mass of people sing and chant
together, they will form a super-human collective organism. Beyond the immediate
desastrous effects of leading a whole national culture into ruin, it had an even
more devastating effect, because collective song was considered from now on as
hideous, and dangerous. Unfortunately the intellectuals, who were not affected
as much by the power of chanting, because they were too deeply wrapped up in the
verbiage going on in their heads, saw only the hideous effect that was
perpetrated with this technology. A quite fitting account of this is given by
Konrad Lorenz: "To sing along means to give the devil a chance to come
in
[168]".
(LORENZ-ABB
, 188). This unfortunately served to throw
out the baby with the bath. Collective song was banned from official culture in
Germany, and its powers were forgotten as best as one could in the general
cultural amnesia of post-war Germany. The problem is, as usual, that because you
can do a lot of damage with the application of a powerful method, this doesn't
mean that the method itself is bad. I believe that humanity will have to recover
the spiritual values of song out of dire necessity.
9.10. The mentation modalities
of sounding and moving
visual images
In the very clearly defined application of the
Symbolator
, we need to get a basic theory of how visual
symbols
are to be connected in a systematic way to
sound. We can also say: What is the nature of sound images? We need to have
a symbolizing system that can be
heard and sung as well as
seen and
sketched. There must be a direct transformation between the visual images
and the sounds.
The meaning of syn-aisthesis
is that
the main senses, visual and auditive must be able to participate evenly. As
it was stated in the introduction, we are now about to discuss the mentation
modalities
of sounding and moving visual
images.
Now we are ready to enter into the realm of the Timaios
question posed in the beginning. Let us repeat the citation:
9.10.1. The Timaios
question
meignys de meta taes ousias kai ek trion
poiaesamenos hen, palin holon touto mouras hosas prosaeken dieneimen, hekastaen
de ek te tautou kai thaterou kai taes ousias memeigmenaen. aercheto de diairein
hode. mian apheilen to proton apo pantos moiran, meta de tautaen aphaerei
diplasian tautaes, taen d' au tritaen haemiolian men taes deuteras, triplasian
de taes protaes, tetartaen, de taes deuteras diplaen, pemptaen de triplaen taes
tritaes, taen d' hektaen taes protaes oktaplasian...
And when he had made the three into one, he
divided this whole into as many parts as was appropriate, and each of them was a
mixture of "the same", "the different" and "the substance". And he began to
divide thusly: First he took one part of the whole, then double of the same, as
third he took one-and-a-half of the second, it being thrice of the first, and as
fourth he took the double of the second, as fifth thrice the third, as sixth
eight times the first, as seventh twenty-seven times the
first...
Timaios, 35b-c, PLATO-WERKE
, Vol.
VII, engl. transl. A.G.
The Timaios
question has specific
application for
the Infrastructure of Represesentation. In the view of
the pythagorean system, as it is described in Timaios, we find a model that can
serve as powerful metaphor for the auditive part of our multimedial synaisthetic
symbolization system, the Symbolator.
9.10.2. The Universe as Sound: The
cosmology of harmonics
I want to express my thanks to Peter
Neubäcker
who organizes the "Münchener
Arbeitskreis für Harmonik". He has provided for many years the opportunity
to meet and have discussions with the leading harmonics
researchers in Germany and Austria. Harmonics
is now
almost forgotten, or at best considered as a very special subject in the history
of music (BIB:HARMONIK
). It seems peculiar that this
field has its only surviving proponents in the german-speaking countries. Godwin
remarks about this:
One can only answer this question with
another: Why do German-speaking composers predominate on classical concert
programs? It is simply the case that most current work in speculative music
appears in German, whether from Switzerland (Lauer and other anthroposophists),
Austria (Haase and his pupils), or Germany itself. Perhaps it is their rich
heritage of musica instrumentalis that inclines Germans and Austrians to
think more musically than other peoples. Perhaps it is the memory of German
idealist philosophy that makes their musical Platonism or Pythagoreanism an
acceptable stance.
Formerly, harmonics has been more widespread. In the mythology
of many traditional cultures, there existed a fundamental connection between
sound and the creation of the universe. We have a reminiscence of this in the
biblical
account, whose usual translation: "God
spake..." and "in the beginning was the word", is misleading, because there is a
deeper meaning of sound hidden in the respective passages of the original texts.
The music ethnologist Marius Schneider
(SCHNEIDERM
, done extensive research on sound in
cosmology and cosmogony all over the earth. See: ->:
SCHNEIDER_KOSMO, p.
312.
The old cultures not only placed the sound
or the word at the beginning of all existence, but they regarded this
phenomenon, which is physical and mental at the same time, as the substance of
all things, and as continuously active and activating background behind all
concrete appearances of the created world.
The Indian cosmology of the Veda
s
contains many elements of sound. Here it is the science of mantra, or the bija
mantras, that are the seeds of the universe. In the ancient western tradition,
there is the pythagorean
system that is described in
Plato's Timaios
. In more recent times, we have
Cusanus
(CUSANUS-ZAHL
),
Kepler and his Harmonia Mundi, and in modernity
Schopenhauer
, A. v. Thimus
,
Hans Kayser
, Rudolf Haase
and
the work of the "Institut für harmonikale Grundlagenforschung", in Wien,
today Werner Schulze
continues this work.
Modern physics is not too far off the ancient systems, only
here it is not "sound
" but the terms
"vibration
" or "oscillation
",
and "wave-particle dualism
" to describe the aspects of
atomic particles that don't fit the old atomistic solid-ball
metaphor
any more. Atomic particles behave as if they
were wave phenomen
a in certain circumstances. Before the
current atomic model, there was Lord Kelvin
's (William
Thomson
) and James Clerk
Maxwell
's theory of atomics as motional dynamic vortex
rings
, similar to smoke rings, in an ether.
Leonardo
had drawn such vortices in his sketch-books.
Kelvin's theory was abandoned by Physics when the Michelson-Morley
experiment
proved that there was no ether. That may not
be the last word in the matter since electromagnetic vibrations don't need an
ether to propagate, either.
The question here is not about a model that might substitute
our current physical theories. This may turn out to be too much mathematical
formalism to work out. Here the question is whether it is possible to apply this
as a model for the representation. In the very clearly defined
application of the symbolator, we need to get a basic theory of how visual
symbols are to be connected in a systematic way to sound.
9.10.3. The ancient order of the
Glasperlenspiel
In his Glasperlenspiel
, Hermann
Hesse
has given a clear vision of a synaisthetic
representation system that serves as base for a re-united structure of all the
sciences and arts (HESSE43
,
HESSE73
). The relevant pages from his book are given in
the appendix. I have to leave that part in German until I find time to translate
it. There are also english translations of the work available.
I do not conform with Hesse's approach to make the
Glasperlenspiel
a solely conservative system,
preserving, and replaying what the genius of former ages had created. The genius
of humanity is by no means spent or worn out. It definitely has been suppressed,
because all creativity has been systematically exorcised from education,
institutionalized, and hierarchically organized systems. But there is a very
important lesson to be learned from him. It is of no great use for humanity to
continue creating new material unless there is a suitable system for the
coherent representation and ordering of all those things that have been produced
so far. And it is therefore much better that humanity devote its energy to
creating such a system, instead of trying to discover new things that have
diminishing usefulness to the point of zero, because existant solutions cannot
be found any more.
The creation of the Symbolator is therefore, in essence,
nothing but the practical implementation of Hesse
's
Glasperlenspiel
.
It is important to take note of Hesse's account of the lineage
of Glasperlenspieler that exists in real human history. His lineage coincides
with the lineage of the harmonic workers that was listed above. The greatest
minds and spirits of humanity belong to it.
9.10.4. The implementation of
syn-aisthetic representatation systems
We now have the necessary main conceptual components for our
Symbolator
: The representation of visual images and
sounds in symbol systems. Now we will switch from the
theoreia to the
praxis: How all this will be implemented in Silicon and
Software.
The tactile sense can be incorporated to a certain extent. It
is extremely important as feedback system for motional control. It will be very
difficult to build a technical simulator that can supply the whole spectrum of
tactile stimuli we can perceive, like texture, smoothness, softness and
hardness, tactile motion, moisture, etc. This surely must incorporate bionic
technology, that is systems that behave like animated matter. With some
investment, we can also build representations for the kinesthetic sense. These
are already technically realized in flight and automobile simulators. The smell
and taste senses will probably have to wait for still quite a while before we
can access them in a technical manner. This would call for a fully-fledged
bionic technology.
[131] They may be
sufficient to impress his sparring partner Hermogenes, but we can be quite sure
that Protagoras himself would have torn them to shreads.
[132] This is based on the
article by Turner and Pöppel: "Metered Poetry, the Brain, and Time" in
AESTHETICS88.
[133] This view stands in
marked contrast to a theory proposed by Julian Jaynes in "The Origin of
Consciousness in the Breakdown of the Bicameral Mind" (JAYNES76). He assumes
that consciousness has emerged only in the latest historical era, namely the
onset of civilization. Although Jaynes doesn't explicitly mention script use as
the primary cause for the breakdown, this seems to be exactly the case from our
point of view. And from our view, the consciousness we are forced to live with
now is but a very degenerate remainder of something that was once whole and
wholesome. One can exemplify here, how it is sometimes necessary to follow your
predecessor's work step by step by step - walking and thinking backwards,
double-thinking and reverse-engineering the whole thing. And this is the scene
we get after unrolling his work.
The theme of Jaynes' work as put in a question:
Was the origin of contemporary civilized egotistic
consciousness caused by the "Breakdown of the Bicameral Mind"?
In the Radio Eriwan way, we answer:
In principle yes, but it was not a wall of consciousness
broken down, but one that has risen. And the result were not two chambers but
twenty-two. And these chambers are the compartements into which the living,
breathing pneuma or logos of Aoide language was forced and procrusteated: The
Alphabet. Not the poor Aoidoi and Nabijim were the miserable creatures, but we
are, stuck with a viciously efficient system of codification that atrophied and
degenerated vital functions of human speech-hear-understand-feel, as you might
interpret the archaic meaning of the greek word "aio". Therefore, we suggest
that the Alphabet be called ABK, not ABC, as akronym of a nice greek word we are
inventing just for the occasion:
The AlphaBetiKolobos
[134] Unfortunately, Plato
himself must not have taken his own words too seriously since he left us with
the largest volume of written material produced by any individual up to his
time. For his defence it could be mentioned that he probably never wrote
anything himself. Plato was an aristocrat und thus still bound up with the class
struggle against writing. As Havelock has noted, the greek aristocracy resisted
for very long time the writing introduced by the lowly people: the merchants and
craftsmen. The aristocracy considered the epic tradition the only culture
befitting them. Nevertheless, Plato allowed his scribes to note down his
diatribes that have been handed down to us well-preserved over 2400
years.
[138] This should not be
construed to imply that the methods and the rigor of philology as it has evolved
since the days of the library of Alexandria are to be discarded: On the
contrary, philology is the solid base on which to build all further excursions.
(For further introduction to classical philology, see PFEIFFER78). With the
mental tools available up to now, the methods of philology are the best
available. The difference here is that there will be new mental tools, and with
the new tools, new methods of investigation.
[139] Here we have a
typical hen-egg question of the history of writing: It is commonly assumed in
linguistics that the sound
chi could only be corresponded with a
cross-mark
after the alphabet was invented. But since the cross-mark is
probably one of the oldest ornamental symbols of all, to be found in the symbols
of the Vinca culture predating the alphabet by 5000 years, it should not be
ruled out altogether that there is an older connection of
chi and
cross.
[140] Again, it should be
noted that this is not so by standard linguistic practice. But we have to remind
here that we are not attempting standard linguistics.
[141] A borderline case is
the South American Inca empire which had all the traits of civilization except
script. They also had no wheels, and no work animals.
[142] Urbanization (lat:
cives, the urban citizen) may be a tempting qualifying disctinction for
civilization to apply. But we have to bear in mind that Egypt, a protoype of
civilization, was of quite rural character. Neither the Pharao nor the peasants
cared to build their living quarters with durable material. Stone architecture
was reserved for the dead. Cities arose only where foreigners settled, and
became more common quite late, in the Alexandrinian age.
[143] We must also account
for the shift in societal structure that came with the bronze age and military
dominance through metal weapons. This again connects to the rise of patriarchy.
In matristic society there is not so much tendency to associate objects as
"personal property". Then everything was more or less treated as commons. In a
society that doesn't treat objects as personal property, there is no reason to
put objects in person's graves.
[144] Personal
communication of Swami Paramananda Bharati, on the occasion of the "Mind
Revolution" Conference, Burda Akademie 3. Jahrtausend, München, 15-17 Feb.
1995.
[145] See the discussion on
the pottery marks of the Vinca culture. Were they geometric ornaments or were
they script?
[146] Since evidence on
this subject is uncertain and hard to come by, this discussion must be lead on a
highly hypothetical "what-if" level. No claim is made "that it was exactly so to
the exclusion of any other way".
[147] The onset of
trans-eurasian caravan traffic cannot be dated for sure. Sumer and the Indus
valley civilizations had a vigorous trade. As soon as the camel was
domesticated, the caravans could have made their way. Thus there have been lots
of long nights to spend story-telling through the millennia. This is how arose
the famous body of lore called the stories of Arabian Nights much later. They
were not Arabian but Persian, generated during hundreds of thousands of
man-years on the caravan lanes of Central Asia.
[148] or Soma, or Haoma,
Kava, Hongos, Ayahuasca, etc.
[149] Except in the case of
caravan and sea voyages.
[150]Archaic cultures
capable of erecting a Stonehenge certainly had to plan ahead for about 1000
years that it took to construct the whole thing. They were thinking in terms
astronomical movements and constellations. The span of one human life was of no
concern here.
[151] For example the
100.000 line Mahabharata Epos.
[152] You wouldn't want an
Aoide to stop in the middle of a singing contest, and say: "uh, ar - this mighty
god, oh well, I don't quite remember what, did about this and that" would you?
Neither did he.
[153]China's culture may
have about the same endurance, but there, invaders disrupted the civilization
repeatedly. Because of the much larger size of the chinese territory, it is
difficult to apply the same kind of criteria.
[154]The highest ideal of
long-range planning that modern society could aim at, without ever
accomplishing, is the infamous five-year plan.
[155]Since we have so many
mummies to examine, we are very well informed about the diseases that struck
pharaonic egypt. They were a quite lively selection of the biblical plagues:
Bone deformations, parasites, and tooth diseases were all too common. There were
always little stones and sand in the flour, wearing down the teeth very quickly,
and leading to a painful death because of secondary infections of destroyed
teeth.
[156]Ficino, Marsilio, from
SOFT-ENCYC
{fee-chee'-noh, mahr-seel'-ee-oh}
The Italian philosopher and theologian Marsilio Ficino, b.
Oct. 19, 1433, d. Oct. 1, 1499, was the most influential Christian Platonist of
the Italian Renaissance. In 1462 he became the head of the Platonic Academy near
Florence, where he spent most of his life translating the works of Plato from
Greek into Latin and writing commentaries on them and the principal
Neoplatonists (see NEOPLATONISM). Ficino believed that true philosophy and true
religion are in harmony with each other. He stressed themes of good, love,
humanity, and immortality, and conceived the universe as a hierarchy of beings
from God down to prime matter, with humankind, the microcosm, as the center and
bond of the universe. In his Theologia Platonica (Platonic Theology, 1482), he
combined Christian theology with Platonic philosophy.
John P. Doyle
Bibliography: Allen, M.J., The Platonism of Marsilio Ficino
(1984); Collins, A. B., The Secular Is Sacred: Platonism and Thomism in Marsilio
Ficino's Platonic Theology (1974); Kristeller, P. O., The Philosophy of Marsilio
Ficino, trans. by V. Conant (1943).
[157]Pico della Mirandola,
Giovanni, Conte, from SOFT-ENCYC
{pee'-koh del'-lah mee-rahn'-doh-lah}
Giovanni Pico della Mirandola, b. Feb. 24, 1463, d. Nov. 17,
1494, was a well-known Neoplatonist philosopher of the Italian Renaissance.
After studies in Bologna, Ferrara, Padua, and Pavia, in 1484 he went to
Florence, where Marsilio FICINO converted him to NEOPLATONISM. In 1486, Pico
published Conclusiones nongentae in omni genere scientiarum (900 Conclusions in
Every Kind of Science), covering logic, natural philosophy, metaphysics,
theology, ethics, and the Kabbalah. A proposed disputation, in which Pico was to
defend his theses, was forbidden by Pope Innocent VIII when 13 of them were
declared heretical. Pico fled to France, where he was briefly imprisoned (1488),
but later returned to Florence.
Pico's thought is an eclectic attempt to reconcile Judaism,
Christianity, and Greek philosophy. He classifies all things in three
categories: super-celestial, God and the angels; the celestial, the Sun, Moon,
planets, and stars; and the terrestrial, material things below the Moon.
Mediating all categories is humankind, "the Divine Masterpiece," whose special
dignity is in its freedom and its power to shape its own destiny.
John P. Doyle
Bibliography: Dulles, Avery, Princeps Concordiae: Pico della
Mirandola and the Scholastic Tradition (1941); Kristeller, Paul O., Eight
Philosophers of the Italian Renaissance (1964) and Renaissance Thought: The
Classic, Scholastic, and Humanistic Strains, rev. ed. (1961); Wirszubski, C.,
Pico della Mirandola's Encounter with Jewish Mysticism (1988); Yates, Frances
A., Giordano Bruno and the Hermetic Tradition (1964).
[158]See also "Pyramids" in
Appendix I
[159]The obelisque of the
queen Hatchepsut in Karnak weighs 374 metric tons. Ordinary pyramid stones of
the Cheops pyramid weigh on the average 2.5 tons. The Great Pyramid has
2,300,000 of these blocks, weighing a total of 6 million tons. A different
source gives about 7 million. To build the thing, 84,000 workers, working 80
days a year, had to work for 20 years, or 134 million man-days. (NEIRYNCK-ING,
131, 132).
[161]Eyewitness account as
told by Alfred Schinz. He saw this in the city of Nedjef in Iraq, location of
the grave of Ali. It is the main center of Shiite Islam. The girls working at
the carpet can do so only until they reach puberty. That limits exploitation.
The carpeting tradition is completely in the hands of children, giving them a
certain autonomy in their work.
[162]In German, there is
the remarkable fact of one single word
Ton for
Ton-Erde (clay
earth) and
Ton as sound. Clay layers in the ground do exactly serve as
acoustical wave guides because of the total reflection of sound in the different
densities of the earth material. This is the same principle as glass fiber light
wave guides. Clay is a very homogenous material, and can stretch for miles in
uninterrupted subterranean strata. Australian aborigines are known to use this
effect for long-distance communication.
[163]xylophone, from
SOFT-ENCYC
{zy'-luh-fohn}
A xylophone is formed of a series of acoustically undercut,
graduated wooden bars suspended in keyboard arrangement on a frame, now
typically extending three-and-a-half OCTAVES. A similar instrument an octave
lower than a xylophone is a marimba. Modern instruments customarily carry
sympathetically tuned, tubular metal resonators below each bar. Manipulating two
to four mallets, the player produces tones by his choice of mallets, from a
brilliant, brittle sound to a mellifluous throbbing.
Predecessors of the xylophone date from prehistoric times in
Southeast Asia, and reached Africa before the period of European exploration,
and Central and South America possibly before the era of slave trade. By the
late 15th century, it appeared in Europe, typically developing with four rows of
bars mounted on rolls of straw (Strohfiedel). This instrument was deftly used by
Camille Saint-Saens in this nonresonant form in his Danse Macabre
(1874).
The modernized instrument, which is often used in popular
entertainment, has recently found wider use in orchestras.
Robert A. Warner
Bibliography: Blades, James, Percussion Instruments and Their
History, 2d ed. (1975); Blades, James, and Montague, Jeremy, Early Percussion
Instruments (1976); Marcuse, Sybil, Survey of Musical Instruments
(1975).
[164]They had reached the
islands in 1479 and needed still more than a century to conquer them all. The
extermination of the Guanches was probably a kind of small scale laboratory test
for the later mass exterminations of the south american Indians.
[165]Gothic Cathedrals and
Churches, from SOFT-ENCYC
For the builders of Gothic cathedrals (see GOTHIC ART AND
ARCHITECTURE), bringing light into the nave by using the ribbed groin vault was
not only a practical matter, but also involved theological considerations, for
the sunlight entering these buildings through their enormous stained-glass
windows, a light from heaven, was equated with the divine radiance. The pointed
arch, a characteristic device of Gothic architecture that permits the
construction of taller cathedrals, draws the eye upward, toward God. Another
technical device that allowed Gothic builders to produce their soaring,
light-filled structures is the flying BUTTRESS, which rises up on the exterior
of the building and supports its thin upper walls. Flying buttresses allow the
removal of almost all supporting elements of the building to the exterior. This
results in the luminosity and seeming weightlessness of such French High Gothic
interiors as that of AMIENS CATHEDRAL (begun 1220); the intricate "skeleton" of
the building is visible only on the exterior.
The facades and doorways of the Gothic cathedrals, which faced
the newly prosperous cities in which they were built, were covered with
elaborate scriptural programs of sculptural decoration that were "read" by the
townspeople as they entered the church.
Gothic architecture has been equated with the scholastic
philosophy of its day; in both, the insistence upon an order and a unity
composed of separate but related parts is meant to reflect the order and unity
of the elements of God's universe.
[166]I have to speculate
here until I get more details how the windows were constructed in gothic times.
[167]Every cathedral had
one such labyrinth. As far as I know, there is only one left, in Chartres. The
others were torn out by narrow minded parish administrators. One account relates
that the children were running around and playing in the labyrinth maze during
mass, and disrupting the service. So the bishop had the labyrinth torn out.
Today, the wooden benches obstruct these paths.
[168]"Mitsingen heißt
dem Teufel den kleinen Finger reichen".