12. En-Ar-Chaea
Ein erweitertes Konzept von "Energie" als Zentralthema
für eine "Physik der Qualitäten". Leider ist der alte griechische
philosophische Term "energeia" von den physikalischen Wissenschaften mit
einer sehr verengten Bedeutung vereinnahmt worden, und jeder, der das Wort
"Energie" in einem anderen Sinn als dem von den Physikern erlaubten verwendet,
setzt sich damit der Lächerlichkeit aus. Für die alten Griechen
bedeutete "energeia" aber noch etwas ganz anderes als für die
heutigen Physiker. Es wäre daher besser, für alle weiteren
Diskussionen den altgriechischen Begriff zu verwenden und sich nicht mehr durch
einen physikalisch eingeengten Rahmen behindern zu lassen. Gleichzeitig erlaubt
uns das Aoide-Denken einen Einblick in noch tiefere und archaischere Schichten,
nämlich in die "archae" der en-ergeia, die
"En-Ar-Chaea".
Das alte griechische Wort en bedeutet: 1) in, an, bei,
auf, vor, unter; 2) darin, daran, darauf, dabei, darunter; das Vorhandensein,
die Annäherung (an eine Qualität); 3) hinein- (entwickeln, gehen,
Zustand verändern).
ergon, (indogermanisch: wergon): Werk, Tat, Handlung,
Wirklichkeit, Tun, Geschäft, das durch Arbeit Erzeugte, Gestaltete.
energeia: Wirksamkeit, Tatkraft, Verwirklichung.
ex: heraus, von... weg
eros: Liebe, Verlangen, Anziehungskraft
In der Philosophie wird das Verhältnis von energeia und
ergon auch als Akt und Potenz bezeichnet. Unsere Welt ist die Welt des ergon,
des Geschehenen. Die energeia ist das, was vor dem Entstandenen liegt, und der
Anfang (die archae) ist nicht von der selben Natur wie das Angefangene (das
ergon). (Principium non est Principiatum). Hier kommen wir auf die vielen
verschiedenen Facetten und Bedeutungen des altgriechischen Wortkomplexes (des
onoma-saemeiphonischen Feldes) zwischen energeia, archae, chaos, gaia und eros.
In Hesiods Theogonie finden wir:
ex archaes... hoti proton genet auton (115)
von Anfang an, was von diesen als erstes entstand...
Aetoi men protista chaos genet, autar epeita gai' eurysternos
(116) ... haed' eros (120)
Zuallererst wahrlich entstand das Chaos, aber dann die
breitbrüstige Gaia... und der Eros
12.1. Die Wiederkehr der Aoidoi und das Ende des Schriftzeitalters
Wenn wir mit dem Aoide-Denken die Grenzen der linguistisch und
etymologisch eingezäumten Vorgehensweise hinter uns lassen, so finden wir
in dem Klangfeld folgende Bezüge:
Das "en-ergon" stellt eine Denk-Bewegungsform dar, zu der das
"ex-archae" die konverse Form ist. Nach Hesiod ist die Folge der
Manifestationen: ar-chae, chaos, gaia (gea, chea), chthonos, rhea. Diese
Klangfelder beinhalten eine Abwandlung der Formen des Chi, zwischen seiner
unmanifestierten Form im Hebräischen Aleph (der nicht im griechischen
Alphabet existiert) und manifestiert als Konsonant dem griechischen Lautzyklus:
chi - gamma - xi - kappa - rho - chi. Der Aleph ergibt als Vokal manifestiert
die griechischen Laute Alpha, {Aeta/ä}, E(psilon), Iota,
{ü/Y(psilon)}, U (oy), Omikron, Omega. Die Theogonie läßt sich
damit als eine Klang-Kosmogonie entschlüsseln, im Sinne der Platonischen
Kabbala wie oben angegeben. Die Grundstruktur dieser Klang-Kosmogonie ist die
En-Ar-Chaea. Das Chi hat in dieser Interpretation dieselbe Bedeutung wie in den
asiatischen Philosophien das Ki oder Chi. Der Eros ist nach Hesiod der Bruder
der Gaia (Chaea), geschaffen in der ersten Stufe der Schöpfung aus dem
Chaos. Und Hesiodos selber heißt eigentlich Chaes-Aoidos. Mit der
En-Ar-Chaea können wir somit die Schöpfung vom Anfang zum Ende gehen,
von Alpha nach Omega, wie auch von Omega zu Alpha (oder Chi-Alpha-Omega:=
Chaos). Dies ist wiederum der Weg des Avatar, wie in der Bhagavad Gita
beschrieben. Die Bezüge in der christlichen Mythologie, wie der Christos
ebenfalls das Chi von Alpha nach Omega vollzieht, sind hier aus
Platzgründen leider nicht im Detail möglich, aber das Prinzip ist
für jeden wohl ersichtlich. Nur soviel sei hier gesagt: Das Prinzip ist der
Chiastos, der dann in einer Verballhornung zum Christos wurde. Der Chiastos aber
ist das Kreuzholz, welches als das Yugum (siehe Yoga) die Verbindung der zwei
Stierköpfe (Alephs) darstellt.
12.2. Klang-Kosmogonie
Die spezielle Form der mir übermittelten Botschaft ist
jedoch eine Klang-Kosmogonie, wie sie vor allem durch Kepler
(Sphärenharmonie), den Harmonikern Albert von Thimus und Hans Kayser, und
in unserer Zeit von J.E. Behrendt (Nada Brahma), beschrieben worden ist. Ich
habe über meine Arbeiten in diesem Themenbereich mehrere
größerer Texte geschrieben: "Werkzeuge für den Aufbruch zu neuen
Ufern des Bewußtseins" (1983),
"Umrisse des Leerstellendenkens" (1993),
"Infrastructures of Representation" (1995),
"A Morphology of Cultural Patterns" (1996).
Ich möchte hier eine knappe Darstellung wesentlicher
Aspekte dieser Arbeit geben, besonders wie ich sie im Bezug zur Physik und
Mathematik der Qualitäten, und den Zahlencodex des Universums sehe.
Der Vedische Kalender setzt den Beginn des Kali Yuga auf den
18. Februar, 3102 B.C. Dieses Datum wird astronomisch so definiert (Thompson,
Vedic Cosmography, p. 19): the astronomical date of the beginning of the Kali
Yuga, set exactly "at midnight on the meridian of Ujjan in India on February 18,
3102 B.C." The gravitational situation was like this: "The seven planets,
including the sun and moon... are all lined up in one direction on the other
side of the earth." (a.a.o., 19). Weiter in Morphologies of Cultural Memory:
"This means that the gravitational mass centers of the whole solar system were
lined up on the far side of the sun, leaving the earth exposed without its
normal shield of the outer planets to any interstellar influences that may have
been there at the time. It can be imagined that this was a gravitational
singularity in the history of the solar system, and could have had very
pronounced effects. Even though we now have the modern computing power
available, the constellation can not be mathematically validated, just because
of the instabilities such an event would have caused in the multi-body
gravitational arrangement of the solar system (Ralph Abraham: Chaos, Gaia,
Eros). Another interesting factor in this calculation is that the moon's disk
has the exact size as the sun's disk, when seen from the earth, and this means
that this very moment was a perfect solar eclipse for the day side of the earth,
shrouding it in complete darkness." Parallel dazu wird dieses Datum mit dem Tod
von Krishna assoziiert. Wir befinden uns damit jetzt (zur Niederschrift dieses
Beitrags) kurz vor dem Beginn des Jahres 5099 K.Y. (Kali Yuga) oder 5100 K.Y.,
je nach Nullsetzung.
Die Dauer der vedischen Yugas berechnet sich nach der Formel
(n*432.000 Jahre): Satya/Krita 1728.000 (4*), Treta 1296.000 (3*), Dvapara
864.000 (2*), Kali 432.000 (1*). Nach dieser Berechnung wären wir erst ganz
knapp am Anfang des Kali Yuga, mit dem größten Teil von 428.000
Jahren noch zu kommen. Es gibt allerdings andere Interpretationen, die eine
Zahlensymbolik dahinter vermuten, die nicht nach Solarjahren zu rechnen ist.
Dies ist unter anderem bei McClain, "The Myth of Invariance" dargestellt, auf
dessen Buch ich hier aus Platzmangel verweisen muß. Ein Beispiel sei die
Anordnung der Yugas in der Tetraktys nach Pythagoras mit: 1+2+3+4 = 10 (*432.000
J.)
1= Punkt
2= Linie
3= Fläche
4=Körper
12.3. Metaphorische Interpretation der Yugas
Nach der metaphorischen Interpretation der Yugas können
also verschiedene Zeitzählungen zu Grunde gelegt werden. Rudolf Steiner
nimmt für das Ende des Kali Yuga das Jahr 1899 an, und nach indianischen
Zählungen, so bei Arguelles (Maya-Kalender) und den Cherokee, wird das Ende
unseres jetzigen Zeitalters auf das Jahr 2012 gesetzt. Es steht wohl für
alle wahrnehmenden und sensitiven Menschen außer Zweifel, daß die
planetare menschliche Entwicklung vielleicht noch maximal 20 Jahre in den
bisherigen Bahnen weiterverlaufen kann, bevor eine größere
Diskontinuität eintreten muß, egal, welche Form sie annehmen wird -
ob als Ökokatastrophe, oder vielleicht auch als ein großer
Durchbruch. Etwa wenn Energie-Erzeugung durch thermonukleare Fusion beherrscht
wird, oder in ganz anderer Richtung, etwa eine grundlegende Transformation des
planetaren Bewußtseins.
Ich möchte hier eine Form der Transformation beschreiben,
die wesentlich von einer Zurückverbindung (Re-Ligio) mit der
untergegangenen Bewußtseinsform der Menschheit vor dem Kali Yuga
geprägt ist. Dieses Zeitalter wurde in der griechischen Mythologie das
"Aion Chryseon", das goldene Zeitalter, genannt. Wir lassen hier einmal die
Bedeutung der Worte außer Acht und richten unsere Aufmerksamkeit auf den
Klang. Das "chrys..." ist die Wortwurzel, die sowohl in dem Namen Krishna, und
dem Christos, vorkommt, der vor allem in Rudolf Steiners Schriften die
Hauptrolle spielt (z.B. "Die geistige Führung des Menschen und der
Menschheit". Sein Christusbild ist allerdings wesentlich anders als es die
christlich-kirchlichen Dogmen wollen). Steiner nennt dieses Zeitalter auch das
atlantische. Er sagt: "Von diesem Hereinklingen dessen, was die Götter
wußten, nahmen die alten Kulturen ihren Ausgang." Die damalige Menschheit
wurde noch von dem Klang des Göttlichen geleitet, oder, wenn wir es etwas
anders ausdrücken wollen, sie konnte noch das Wort des Avatar direkt
hören, genau so, wie es in der Bhagavad Gita beschrieben ist. Mit dem Tode
Krishnas, wie der Avatar in der vedischen Wissenschaft genannt wird, endete das
Zeitalter, das wir nach ihm auch das "Krishna Yuga" nennen könnten, um eine
direkte Entsprechung zum "Aion Chryseon" zu schaffen.
In der griechischen Denk- und Sprechweise nannte man die
Personen, die die lebendigen Transformatoren (oder Übermittler) von der
Sphäre des Avatar zu den Menschen waren, die Aoidoi, und im Vedischen waren
sie die Rishis. Sie waren die Seher und Propheten ihres Zeitalters. In der
semitischen Welt nannte man sie die Nabijim. Diese Nabijim waren es, die das
Material übermittelten, das die Bibel bildet. Wie Julian Jaynes in "The
Origin of Consciousness" aufzeigt, wurden diese Nabijim, von denen es immer eine
gewisse Zahl im Volke gab, wie Ungeziefer verfolgt und vernichtet, nachdem sich
die jüdische Religion mit ihrer Priesterschaft erst einmal etabliert hatte.
Es ist ganz klar, daß jeder organisierten Religion mit dem Macht- und
Interpretationsmonopol auf eine einmal gegebene göttliche Botschaft (die
vorzugsweise in der neuen Technologie der Schrift bewahrt wurde), das bei der
Priesterschaft liegt, ein freies Prophetentum der Aoidoi, Rishis, und Nabijim
eine tödliche Konkurrenz war, die mit allen Mitteln bekämpft werden
mußte. Denn die Propheten konnten durch ihren Spruch ein einmal
übermitteltes Gotteswort durch ein neues ersetzen, und damit alle
vorhergehenden Prophezeihungen (und die gesamte Gelehrsamkeit und
Machtfülle der Priesterschaft) wertlos machen. Dies war auch der
geschichtliche Kampf, den der "letzte der Nabijim", Muhammad, gegen das Judentum
und das Christentum führte, und den die Bewahrer seiner Lehre, die Mullahs,
heute gegen jeden Möchtegern-Propheten mit Feuer und Schwert führen,
wie es z.B. Mirza Ali Muhammad von Shìraz, und Mirza Hoseyn Ali Nuri, den
Begründern der Bahai, ergangen ist.
12.4. Die Ur-Schamanische Wissenschaft des Abendlandes
Nach der Ansicht der Vertreter der Klang-Kosmologie ist der
ätherisch-/akustische Sinnesbereich die höchste Stufe der menschlich
zugänglichen Sinne. Er stellt die "Pforte der Wahrnehmung" dar (nach "The
Doors of Perception", Aldous Huxley), zu den höheren
Warhnehmungs-Bereichen, welche auch die "Akasha-Chronik" genannt werden. Dieser
Bereich war das Arbeitsmedium der Aoidoi. In Part 9 of "Infrastructures of
Representation": "Die Glasperlenspieler: The Basics of Syn-Aisthetic Technology"
erläutere ich die Struktur dieser Bewußtseinsform, die ich
Onoma-Saemaiophonic (kurz: Onoma-Semephonic) nenne.
Diese Struktur ist meines Wissens bisher noch nie in der
Literatur behandelt worden, und stellt im strengen Sinne eine "Platonische
Kabbala" dar, die auf die Differenz von "stoichea" und "grammata" aufbaut. Sie
kann vielleicht auch als die Esszenz der "Ungeschriebenen Lehren Platos"
bezeichnet werden. Diese Differenz ist in der jüdischen Kabbala in
wesentlich vereinfachter Form vorhanden, welche die klanglichen und
kosmogonischen Elemente zugunsten einer einseitig numerischen Interpretation
ausschließt.
Weitere Materialien zu diesem Themenkreis finden sich
hier:
Noch ein Exkurs: Das Kali Yuga kann auch das "Babylonische
Zeitalter" genannt werden. Denn exakt um den Zeitpunkt des von der westlichen
Wissenschaft als mythisch bezeichneten vedischen Datums (wobei es aber auf ein
paar hundert Jahre nicht ankommt), also um -3102 wurde in Mesopotamien (Sumer)
die Schrift erfunden. Dieser Einbruch wurde in der jüdisch/christlichen
Bibel mit dem Turmbau von Babel dargestellt. Babylon steht hier stellvertretend
für den gesamten mesopotamischen Kulturraum mit seinen Errungenschaften.
Seit 5100 Jahren hat sich die Zivilisation der Schrift und die damit verbundenen
Machtsysteme auf der Erde ausgebreitet. Heute hat sie den gesamten Planeten
erobert. Das "Babylonische Zeitalter" ist nach dem biblischen Mythos
gekennzeichnet von einem Auseinanderbrechen der menschlichen Denkformen: einmal
der verschiedenen menschlichen Sprachen, und dann die verschiedenen Modi des
Denkens, wie sie durch die unterschiedlichen Zeichensysteme der (alphabetischen
u.a.) Schriften, der mathematischen und musikalischen Notationsformen
manifestiert sind. Das Aoide-Denken war eine Denkform, in der der Klang der
Worte noch für die alte pythagoräische Einheit von Musik, Mathematik,
Physik, und Bedeutung stand, die erst mit der Erfindung der Schrift in die
verschiedenen Notationsformen auseinandergefallen ist. Was wir als
pythagoräisches Wissen bezeichnen, war schon zu Zeiten des antiken
Griechenland der Versuch, etwas zurückzuholen und wiederzuerinnern, das
schon Jahrtausende zuvor verloren gegangen war.
Die "Wiederkehr der Aoidoi" besteht in dem Wiedererwecken
dieser archaischen Denkform, welche auch als die Ur-Schamanische Wissenschaft
des Abendlandes bezeichnet werden kann. Ihre Wiederkehr vollzieht sich aber
unter Einbeziehung der wissenschaftlichen Erkenntnisse der Menschheit. Die
bisher entwickelten Schriften haben bei allen zivilisatorischen Vorzügen
die Folge einer unendlichen Zersplitterung und babylonischen Verwirrung des
Menschheitsgedächtnisses. Für eine weitere Entwicklung der Menschheit
muß das Schriftzeitalter bewußt und bedacht beendet werden. Wir
müssen es als Menschheit, und als Inkarnation des Bewußtseinsprinzips
des Kosmos, unternehmen, dieses Zeitalter in einer bewußten Anstrengung
hinter uns zu bringen.